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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur intensiven Durchmischung von elektrisch leitenden Schmelzen in Kristallisations- und Erstarrungsprozessen mit den im Anspruch 1 genannten Merkmalen.
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An einer fest-flüssig-Phasengrenze tritt ein sogenannter Segregationseffekt auf, wo sich bei der Erstarrung Mischungs-, Dotierungs-, Legierungs- und Verunreinigungsstoffe mit einer geringeren Löslichkeit im Festen als im Flüssigen (z. B. B, Al, P, Fe, Cu, Ge, Pb in Silicium) anreichern, solche mit einer höheren Löslichkeit sich mit der Zeit verringern. Im ersten Fall ist der Gleichgewichtsverteilungskoeffizient ko = cs/cl < 1, wobei mit cs,l die Gleichgewichtskonzentrationen in der festen (s) und flüssigen (l) Phase sind, im zweiten ko > 1. Bei fehlender oder unzulänglicher Durchmischung entsteht eine Diffusionsgrenzschicht der Dicke dD, die die Effektivität der Stoffreinigung, die Homogenität der Zusammensetzung der festen Phase sowie die morphologische Stabilität der Kristallisationsfront herabsetzt. Je geringer der Durchmischungsgrad der Schmelze desto größer wird dD. Eine solche Nichtgleichgewichtsbedingung wird durch den effektiven Verteilungskoeffizienten keff = ko[ko + (1 – ko)exp(–R dD/D)]–1 beschrieben, der je nach Dicke der Diffusionsgrenzschicht dD, der Kristallisationsrate R und des Diffusionskoeffizienten D einen Wert zwischen ko und 1 annehmen kann.
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Ein Gleichgewichtsverteilungskoeffizient ko < 1 kann ausgenutzt werden, um einen Festkörper höherer Reinheit als das Ausgangsmaterial zu bekommen. Der größte Reinigungseffekt wird erzielt, wenn bei konstanter Kristallisationsrate die Dicke dD gegen Null geht und keff = ko wird (vgl. obige Formel), d. h. wenn eine hocheffektive Konvektion bzw. Strömung an der Phasengrenze vorliegt (K. Hein, E. Buhrig (eds.), Kristallisation aus Schmelzen, Dt. Vlg. Grundstoffind., Leipzig 1983). Dies ist in der praktischen Kristallzüchtung und bei der polykristallinen Erstarrung zumeist nicht der Fall, da natürliche thermische Konvektion und Rotation der Schmelztiegel nicht hinreichend intensiv und effektiv sind, um dD vollständig abzubauen. Dieses Problem tritt insbesondere bei der gerichteten Erstarrung polykristalliner Siliciumblöcke für die Photovoltaik auf, da diese bei einer relativ hohen Rate R und gewöhnlich ohne Containerrotation kristallisieren. Die Folge ist eine erhöhte Konzentration von Fremdstoffen im Volumen des multikristallinen Blockes und damit eine verringerte Ausbeute an solarfähigem Material, dessen photovoltaische Effiziens durch eine erhöhte Ladungsträgerstreuung an den eingebrachten Fremdatomen herabgesetzt wird (J. Schmitt, G. Willeke, FVS, PV-UNI-Netz, Worshop 2003; A. Goetzberger, B. Voß, J. Knobloch, Sonnenenergie: Photovoltaik, Teubner, Stuttgart 1994).
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Eine unvollständige Durchmischung bedingt zudem eine stetige Zunahme der Fremdstoffkonzentration cs über die Kristalllänge z gemäß cs(z) = keff co (1 – g)keff-1 mit co – Startkonzentration der Beimischung, g – kristallisierte Fraktion, was zur axialen chemischen Inhomogenität führt. Dies ist besonders bei der Kristallisation von Mischsystemen und bewußt dotierten Kristallen nachteilig. Natürliche Konvektion ist zudem unkontrolliert und in ihrer örtlichen Verteilung inhomogen, was zusätzlich eine keff-Variation über den Kristalldurchmesser oder multikristallinen Blockquerschnitt und damit radiale chemische Inhomogenität hervorruft. Eine effektive und intensive Durchmischung der Schmelze kann diese Nachteile überwinden, indem die Länge der erstarrten Fraktion g mit minimaler und gleichzeitig homogener Fremd- bzw. Dotierstoffkonzentration so weit als möglich in Richtung Endgebiet der Kristallisation verlängert wird, was nur mit einer fehlenden Grenzschicht dD und damit konstanten Gleichheit von keff = ko gemäß obiger Formeln erzielt wird (K. -Th. Wilke, J. Bohm, Kristallzüchtung, H. Deutsch-Thun, Frankfurt a. M. 1988).
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Bekanntlich kann eine künstliche Durchmischung elektrisch leitender Schmelzen bei Kristallisationsprozessen mit nichtstationären Magnetfeldern erzielt werden (D. T. J. Hurle, R. W. Series in: D. T. J. Hurle (ed.), Handbook of Crystal Growth, Vol. 2a, Elsevier, North-Holland 1994, pp. 259). Zur Erzeugung der dafür notwendigen Lorentztriebkräfte wird gewöhnlich ein Spulensystem um den Kristallzüchtungs- bzw. Kristallisationskessel angeordnet, was für eine azimutale Schmelzrotation in sternförmig angeordnete Polpaare (P. Dold, K. W. Benz, Progr. Crystal Growth Charact. Mat. 38 (1999) 7) oder für einen vertikalen Strömungstoroid in übereinander folgende Spulensegmente unterteilt wird (P. Schwesig et al., J. Crystal Growth 266 (2004) 224; R. Lantzsch et al., J. Crystal Growth 305 (2007) 249). Azimutale Rotation oder longitudinale Wanderung der Magnetfelder wird durch Versorgung der Polpaare oder Spulensegmente mit Dreiphasen-Wechselstrom einer bestimmten Frequenz f und eines bestimmten Phasenwinkels ϕ erzeugt. Die elektrische Spulenverschaltung kann delta- oder sternförmig erfolgen, wobei eine Sternschaltung den Vorteil einer beliebigen Wahl des Phasenwinkels aufweist (
DE 10 2007 020 239 A1 ). Prinzipiell wird mit einem vertikal wanderndem Magnetfeld eine effektivere Durchmischung und damit ein intensiverer Einfluß auf die Diffusionsgrenzschicht als mit einem rotierenden erzielt (A. Cramer et al., Proc. 4-th Int. Conf. Electromagnetic Processing of Materials (EPM 2003), Lyon 2003, p. 359).
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Eine energetisch und ökonomisch vorteilhafte Variante ist die In-situ-Erzeugung der Magnetfelder in den bei Kristallisationsvorgängen benötigten Heizern bzw. Heizspulen (P. Rudolph, J. Crystal Growth 310 (2008) 1298), was sowohl für rotierende (
DE 2107646 ,
DE 3750382 ) als auch vertikal wandernde Felder (
DE 10102126 ,
DE 10349339 ,
DE 10 2007 020 239 A1 ,
DE 10 2006 020 234 A1 ) beschrieben wird. Nachteilig für Durchmischungsvorgänge ist bei beiden Feldarten die bisher ausschließlich praktizierte Konstanz der Feldparameter Richtung, Frequenz und Phasenwinkel über den gesamten Kristallisationsprozess. Dadurch werden nur stationäre Strömungen erzeugt (moderate Lorentzkräfte) oder transiente Strömungen, die sich nachteilig auf das Temperaturfeld und damit die Form der Phasengrenze auswirken (große Lorentzkräfte). In der Literatur findet sich nur die eine Vorgehensweise, vor Prozessbeginn zwischen auf- oder abwärts gerichtetem Wandermagnetfeld zu wählen (T. P. Lyubimirova et al., J. Crystal Growth 266 (2004) 404; P. Schwesig et al., J. Crystal Growth 266 (2004) 224; R. Lantzsch et al., J. Crystal Growth 305 (2007) 249). Stationäre Strömungen führen in der Regel zu einer inhomogenen Dicke der Diffusionsgrenzschicht entlang der Phasengrenzfläche. Seit Kurzem wird die Beeinflussung der Diffusionsgrenzschichtdicke mit pulsierender Amplitude des Wechselfeldes, einem sogenannten alternierenden Magnetfeld, untersucht (A. Mitric et al., J. Crystal Growth 287 (2006) 224).
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Weiterhin ist bekannt, das eine besonders effektive und homogene Durchmischung von Schmelzen mit mechanisch erzeugten Beschleunigungen bzw. Vibrationen erzielt werden kann. Dadurch werden die Strömungsmuster und -geschwindigkeiten stetig geändert und in Summe besser homogenisiert. Bei manchen Kristallzüchtungen wird die beschleunigte Tiegel- oder Ampullenrotation, zumeist gekoppelt mit einer Umkehr der Drehrichtung, angewendet und als „accelerated crucible rotation technique (ACRT)” bezeichnet (H. Scheel, E. Schul-Du Bois, J. Crystal Growth 8 (1971) 304; H. Scheel, J. Crystal Growth 287 (2006) 214; P. Capper, Prag Crystal Growth Charact. Mat. 28 (1994) 1). Auch wird die Einkopplung einer Ultraschallfrequenz praktiziert (Kh. Avetisov et al., Crystallography Reports, Springer 2006; G. N. Kozhemyakin, J. Crystal Growth 257 (2003) 237). Beide Verfahren bergen aber in sich das Risiko einer mechanischen Zerstörung des kristallisierenden Barrens. Zudem ist eine ACRT-Anwendung z. B. bei der Blockkristallisation von photovoltaischem Silicium, insbesondere in rechteckigen Gießformen mit Einwaagen zwischen 200 und 400 (1000) kg großtechnisch kaum realisierbar, da sie zu gefährlichen Fliehkräften und Schmelzausbrüchen aus den nach oben hin offenen Containern führen würde.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Verfahren anzugeben, mit denen die Durchmischung der Schmelzen optimiert und somit die Qualität der herzustellenden Formkörper verbessert werden kann.
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Die Aufgabe wird gelöst mit dem erfindungsgemäßen Verfahren mit den Merkmalen des Anspruches 1.
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Weitere bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur intensiven Durchmischung von elektrisch leitenden Schmelzen mit Hilfe eines wandernden Magnetfeldes bei Kristallisations- und Erstarrungsprozessen, das in einem den Schmelztiegel bzw. -container umgebenden zylindrischen oder rechteckigen Spulensystem oder auch Heizer aus mindestens zwei Windungsabschnitten nach dem Prinzip einer Dreieck- oder Sternschaltung mit Phasenschiebung erzeugt wird, ist dadurch gekennzeichnet, dass mindestens ein magnetfeldbeeinflussender Parameter des magnetischen Wanderfeldes periodisch oder aperiodisch verändert wird, wobei die magnetfeldbeeinflussenden Parameter die auf- oder abwärts verlaufende Richtung des Wanderfeldes, Frequenz, Phasenwinkel und Stromstärke sind.
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Die Parameter des aufwärts- bzw. abwärtsbewegenden magnetischen Wanderfeldes sind die physikalischen Größen Richtung des magnetischen Wanderfeldes, die Frequenz, die Stromstärke und der Phasenwinkel.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren werden stetig variierende sowie umschlagende Strömungszustände in elektrisch leitenden Schmelzen (Metalle, Halbleiter sowie einige Oxide und Fluoride) bei Kristallzüchtungs-, polykristallinen, oder glasartigen Erstarrungsvorgängen erzeugt, was die Mischungsintensität, -homogenität, -effektivität vor der fest-flüssig-Phasengrenze erhöht. Damit ist ein deutlich besserer Einfluss auf den Segregationseffekt bei der Erstarrung als bei bisherigen Verfahren zu erzielen. Dieses führt einerseits zu einer höheren Reinheit und andererseits zu einer besseren chemischen Homogenität der verfestigten Phase.
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Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird während des Durchmischungsvorganges die Richtung des eingekoppelten magnetischen Wanderfeldes oszillatorisch oder taktmäßig auf- und abwärts geändert, wobei die Wechselperiode nach der Trägheitstransiente der jeweiligen Schmelzflüsse abgestimmt wird. Je nachdem, welche Höhe das durch die gerichtete Kristallisation sich stetig verringernde Schmelzvolumen aufweist, kann die Oszillations- bzw. Taktfrequenz programmierbar verändert und der jeweiligen Situation angepasst werden. Mit gleicher Zielsetzung kann weiterhin erfindungsgemäß auch der Winkel des Phasenschubs des eingespeisten mehrphasigen Wechselstromes im Bereich 0 < ϕ < 180° oszillatorisch bzw. taktmäßig geschaltet und die Taktfrequenz programmierbar während des Kristallisationsprozesses verändert werden. Des Weiteren kann sich erfindungsgemäß die Frequenz während des Kristallisationsvorganges oszillatorisch zwischen zwei Werten ändern oder eine beliebige Frequenzmodulation annehmen. Ebenfalls erfinderisch ist die Kombination einer oszillierenden bzw. taktmäßigen Änderung der Wanderrichtung mit oszillierendem Phasenwinkel und veränderlicher Frequenz zugleich.
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Kristallzüchtungs- und Kristallisationsanlagen, in denen die Lösung eingesetzt werden kann, arbeiten vorrangig nach der Czochralski-, vertikalen Bridgman- bzw. Gradient-Freeze-Methode, dem Kyropolus- und Heat-Exchanger-Verfahren, der Edge-defined Film fad (EFG) und String Ribbon Growth (SRG) Methode, dem kokillenmäßigen Blockkristallisationsverfahren („ingot casting”) und dem elektromagnetischen Stranggießen („cord casting”). Die Erfindung ist insbesondere für die Produktion solarfähigen polykristallinen Siliciums erhöhter Ausbeute nach dem Blockkristallisationsverfahren von Bedeutung. Die Lösung kann auch in der Glasindustrie zur Durchmischung schwach leitender Glasschmelzen eingesetzt werden. Erste Arbeiten zum Einsatz eines alternierenden Magnetfeldes sind kürzlich durchgeführt worden (D. Cepite, A. Jakovics, B. Halbedel, U. Krieger, Magnetohydrodynamics 43 (2007), 195, D. Huelsenberg, B. Halbedel, G. Conrad, A. Thess, Y. Kolesnikov, U. Luedtke, Glass. Sci. Technol. 77 (2004), 186). Die Strömungsgeschwindigkeiten in der Glasschmelze sind sehr gering da die Viskosität hoch und die elektrische Leitfähigkeit gering ist. Mit den bisher in der Literatur erwähnten Verfahren zum Einsatz elektromagnetischer Felder werden nur zeitlich konstante Lorentzkräfte erzeugt, die zu stationären Strömungen führen. Die Durchmischung ist somit begrenzt. Mit dem eingangs genannten Verfahren können zeitlich veränderliche Lorentzkräfte erzeugt werden, die zu einer zeitlich veränderlichen Strömung führen und damit eine bessere Durchmischung der Schmelze ermöglichen.
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Die Erfindung wird nachfolgend in Ausführungsbeispielen anhand der zugehörigen Zeichnungen erläutert.
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Es zeigen:
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1a eine Darstellung eines Strömungsbildes einer Germanium-Schmelze mit Strömungsvektoren bei einem sich abwärts bewegendem magnetischen Wanderfeld,
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1b eine Darstellung eines Strömungsbildes einer Germanium-Schmelze mit Strömungsvektoren bei einem sich aufwärts bewegendem magnetischen Wanderfeld,
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1c eine graphische Darstellung der Strömungsgeschwindigkeiten zu 1a,
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1d eine graphische Darstellung der Strömungsgeschwindigkeiten zu 1b,
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2a eine graphische Darstellung von Strömungsgeschwindigkeiten bei einem taktmäßig abwärts bewegenden magnetischen Wanderfeld,
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2b eine weitere graphische Darstellung der Strömungsgeschwindigkeiten bei einem taktmäßig abwärts bewegenden magnetischen Wanderfeld,
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2c eine andere graphische Darstellung der Strömungsgeschwindigkeiten bei einem taktmäßig abwärts bewegenden magnetischen Wanderfeld,
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2d eine graphische Darstellung der Strömungsgeschwindigkeiten bei einem taktmäßig aufwärts bewegenden magnetischen Wanderfeld,
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2e eine andere graphische Darstellung der Strömungsgeschwindigkeiten bei einem taktmäßig aufwärts bewegenden magnetischen Wanderfeld,
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2f eine weitere graphische Darstellung der Strömungsgeschwindigkeiten bei einem taktmäßig aufwärts bewegenden magnetischen Wanderfeld,
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3a eine Darstellung einer numerisch modellierten Lorentzkraftdichteverteilung einer Germaniumschmelze bei Einkopplung eines abwärts bewegenden magnetischen Wanderfeldes,
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3b eine weitere Darstellung einer numerisch modellierten Lorentzkraftdichteverteilung einer Germaniumschmelze bei Einkopplung eines abwärts bewegenden magnetischen Wanderfeldes,
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3c eine Darstellung einer numerisch modellierten Verteilung von Stromlinien einer Germaniumschmelze bei Einkopplung eines abwärts bewegenden magnetischen Wanderfeldes,
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3d eine weitere Darstellung einer numerisch modellierten Verteilung von Stromlinien einer Germaniumschmelze bei Einkopplung eines abwärts bewegenden magnetischen Wanderfeldes,
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4 ein Blockschaltbild zur Erzeugung sowie Steuerung von Feldparametern eines magnetischen Wanderfeldes in Kristallzüchtungsanlagen,
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5 ein weiteres Blockschaltbild zur Erzeugung sowie Steuerung der Feldparameter eines magnetischen Wanderfeldes in Kristallzüchtungsanlagen.
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Die folgenden beispielbezogenen Verfahrensbeschreibungen stützen sich auf Wandermagnetfelder, die in einem kombinierten Heizer-Magnet-Modul erzeugt werden, dass spulenförmig einen konzentrischen Schmelztiegel mit einem inneren Durchmesser von 100 mm umschließt. Modellsubstanzen sind geschmolzenes Germanium und Silicium – beide Materialien von hoher Bedeutung für die Herstellung von Solarwafern. Das Heizer-Magnet-Modul ist als Mehrspulenanordnung aus mindestens zwei, hier drei, aber denkbar auch mehreren übereinander angeordneten Spulensegmenten ausgeführt, wobei jedes dieser mit einem Dreiphasenwechselstrom (WS) und Gleichstrom (GS) von einer außerhalb der Kristallisationskammer angeordneten Energieeinrichtung versorgt werden. Während der WS vorrangig zur Erzeugung des Wandermagnetfeldes genutzt wird, dient der GS zur Erzeugung der für den Schmelzprozess erforderlichen Wärme. Die elektrische Versorgung der einzelnen Spulensegmente erfolgt für den WS in Sternschaltung, wodurch ein Phasenwinkel zwischen den Spulensegmenten frei wählbar ist. Eine solche Verfahrensanordnung ist übertragbar auf rechteckige Container (Kokillen), wie sie bei der Kristallisation polykristallinen Siliciums für die Photovoltaik benutzt werden. Der Heizer-Magnet muß sodann als Spule mit Rechteckquerschnitt ausgeführt werden.
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Die Wirkung einer taktmäßig erfolgenden Änderung der Richtung wird für die Strömung in einer Ge-Schmelze in den 1a bis 1d und 2a bis 2f gezeigt. Bei einem abwärts laufenden Wandermagnetfeld (Phasenverschiebung –60°) ergibt sich ein ganz anderes Strömungsbild (1a und 1c) als bei einem aufwärts laufenden Wandermagnetfeld (Phasenverschiebung +60°). In beiden Fällen ist in der Nähe der Phasengrenze die Geschwindigkeit in der Mitte deutlich geringer als in den äußeren Bereichen. Damit ist die Dicke der Diffusionsgrenzschicht in diesem Bereich größer und der Einbau von Dotier- bzw. Fremdstoffen erfolgt sehr inhomogen entlang der Phasengrenze. Bei einem taktmäßigen Wechsel der Richtung des Wandermagnetfeldes (Frequenz 10 s) kann erreicht werden, dass sich die Strömung entlang der Phasengrenzfläche umdreht und zwischenzeitlich eine höhere und gleichmäßiger verteilte Strömung erreicht wird als in den beiden statischen Fällen (siehe 2a–2f). Das Temperaturfeld wird durch den taktmäßigen Wechsel nur gering beeinflusst, so dass die Form der Phasengrenze stabil bleibt. Die Diffusionsgrenzschicht wird jedoch geringer und die Verteilung von Dotier- und Fremdstoffen ist im Festkörper homogener.
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Im zweiten Beispiel in den 3a bis 3d ist die Situation für ein Wechsel der Frequenz bei einem aufwärts laufenden Wandermagnetfeld (φ = 60°) dargestellt. Bei einer Frequenz von f = 50 Hz ergibt sich eine große Konvektionsrolle (3a), bei einer Frequenz von f = 500 Hz entsteht zusätzlich eine kleine gegenläufige Konvektionsrolle am äußeren Rand. In beiden Fällen ergeben sich für den Stoffeinbau Nachteile. Im Fall kleiner Frequenz führt der Bereich geringer Strömung in der Mitte zur Inhomogenität, im zweiten Fall ergibt sich die Inhomogenität in der strömungsarmen Zone zwischen den beiden Konvektionsrollen. Durch eine taktmäßige oder oszillatorische Änderung der Frequenz können die Nachteile der beiden Fälle fester Frequenz überwunden werden.
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Die 1a–1d zeigen Darstellungen von dreidimensional berechneten Strömungen in einem mit Germanium-Schmelze gefüllten Zylinder mit dem Radius r = 52.5 mm und der Höhe von h = 40 mm. Die Bedingungen entsprechen einer Kristallzüchtung nach dem VGF-Verfahren. Die Geschwindigkeiten sind als Vektoren in einem vertikalen Schnitt (1a und 1b) und als Absolutbetrag entlang einer Linie 2 mm über der Phasengrenze (1c und 1d) dargestellt. Jeweils links (1a und 1c) sind die Ergebnisse für ein abwärts laufendes Wandermagnetfeld (Phasenwinkel φ = –60°) und rechts (1b und 1d) die Ergebnisse für ein aufwärts laufendes Wandermagnetfeld (Phasenwinkel φ = 60°) dargestellt. Frequenz und Stromamplitude ist in beiden Fällen f = 50 Hz und I = 20 A. Deutlich zu sehen ist die geringe Strömung über der Phasengrenze in der Mitte des Zylinders.
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Die 2a–2f zeigen graphische Darstellungen von berechneten Strömungen. Sie betreffen die gleiche Geometrie und Bedingungen wie bei Berechnungen in 1a-1d. Es wird nun taktmäßig zwischen abwärts und aufwärts laufendem Wandermagnetfeld hin- und hergeschaltet. Die Taktfrequenz beträgt 10 s. In der oberen Reihe ist der Absolutbetrag der Geschwindigkeit 2 mm oberhalb der Phasengrenze für das abwärts laufende Wandermagnetfeld für verschiedene Zeiten nach Umschaltung dargestellt (2a: 2.5 s, 2b: 5 s, 2c: 7.5 s). Die Geschwindigkeiten sind signifikant größer und homogener verteilt als in 1c. In der unteren Reihe ist der Absolutbetrag der Geschwindigkeit 2 mm oberhalb der Phasengrenze für das aufwärts laufende Wandermagnetfeld für verschiedene Zeiten nach Umschaltung dargestellt (2d: 2.5 s, 2e: 5 s, 2f: 7.5 s). Auch hier sind die Geschwindigkeiten größer als im Fall ohne Umschaltung (1d).
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3a zeigt die numerisch modellierte Lorentzkraftdichteverteilung (axialsymmetrische Berechnung) in einer Germaniumschmelze mit einem Radius r = 50 mm bei Einkopplung eines abwärts gerichteten Wandermagnetfeldes der Frequenz f = 50 Hz, mit Phasenwinkel ϕ = 60° und Stromamplitude I = 200 A. Die maximale berechnete axiale Lorentzkraftdichte beträgt in diesem Beispiel 200 N/m3 und die radiale maximale Komponente der Lorentzkraftdichte 140 N/m3.
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3b zeigt die numerisch modellierte Lorentzkraftdichteverteilung (axialsymmetrische Berechnung) in einer Germaniumschmelze mit einem Radius r = 50 mm bei Einkopplung eines abwärts gerichteten Wandermagnetfeldes der Frequenz f = 500 Hz, mit Phasenwinkel ϕ = 60° und Stromamplitude I = 20 A. Die maximale berechnete axiale Lorentzkraftdichte beträgt in diesem Beispiel 20 N/m3 und die radiale maximale Komponente der Lorentzkraftdichte 25 N/m3.
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3c zeigt die numerisch modellierte Verteilung der Stromlinien (axialsymmetrische Berechnung) in einer Germaniumschmelze mit einem Radius r = 50 mm bei Einkopplung eines abwärts gerichteten Wandermagnetfeldes der Frequenz f = 50 Hz, mit Phasenwinkel ϕ = 60° und Stromamplitude I = 200 A.
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3d zeigt die numerisch modellierte Verteilung der Stromlinien (axialsymmetrische Berechnung) in einer Germaniumschmelze mit einem Radius r = 50 mm bei Einkopplung eines abwärts gerichteten Wandermagnetfeldes der Frequenz f = 500 Hz, mit Phasenwinkel ϕ = 60° und Stromamplitude I = 20 A.
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Im Folgenden wird beschrieben, wie eine oszillatorische, taktmäßige oder programmierbare Änderung der Richtung, des Phasenwinkels und der Frequenz eines magnetischen Wanderfeldes elektronisch realisiert wird.
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In 4 ist ein Blockschaltbild zur Erzeugung und Steuerung eines magnetischen Wanderfeldes dargestellt, das zeigen soll, wie die Durchmischung der leitfähigen Schmelze bewerkstelligt werden kann. Das Heizersystem besteht in diesem Fall aus 3 übereinander angeordneten Spulen aus leitfähigem Material (vorzugsweise Graphit), die sowohl zum Heizen als auch zur Erzeugung des Wandermagnetfeldes dienen. Sie sind hier als Widerstände dargestellt. 9a ist die obere Spule, 9b die mittlere Spule und 9c die untere Spule.
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Im Sinusgenerator 2 wird eine Wechselspannung erzeugt: u2 = Û·sinωt. Die Vorgabe der Frequenz f (ω = 2πf) und der Amplituden erfolgen durch die Datenverarbeitungseinheit 1. Phasenschieber 3a erzeugt daraus die Spannung: u1 = Û·sin(ωt – φ) und Phasenschieber 3b: u3 = Û·sin(ωt + φ). In der dargestellten Schalterstellung des Relais 4 ist Phasenschieber 3a mit Pulsweitenmodulator 5a verbunden und Phasenschieber 3b mit Pulsweitenmodulator 5b. Die Pulsweitenmodulatoren 5a, 5b und 5c erzeugen entsprechend ihrer Eingangssignale die pulsweitenmodulierten Signale, mit denen die Leistungsmodule angesteuert werden. Die Energieversorgungseinrichtung 6 stellt symmetrische Gleichspannungen bezogen auf die Bezugsmasse 10 für die Leistungsmodule 7a, 7b und 7c zur Verfügung. Die Halbbrückentransistoren in den Leistungsmodulen 5a, 5b und 5c schalten mit einem derartigen Tastverhältnis, dass sich nach den Tiefpassfiltern 8a, 8b und 8c die Sinusspannungen mit den entsprechend hohen Leistungen ergeben, die für das Beheizen des Kristallzüchtungssystems notwendig sind. Die Richtung des Wandermagnetfeldes ist in der dargestellten Schalterstellung des Relais 4 nach unten gerichtet. Wird der zweipolige Umschalter in die andere Schalterstellung umgeschaltet, ändert sich die Richtung des Wandermagnetfeldes. Es ist dann nach oben gerichtet. Die Datenverarbeitungseinrichtung 1 betätigt das Relais 4 in einem bestimmten Rhythmus und verbessert dadurch die Durchmischung der Schmelze.
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Im Ausführungsbeispiel, das in 5 dargestellt ist, wird gezeigt, wie mit Hilfe der Datenverarbeitungsanlage 1 über die Pfade Ia, Ib und Ic die Frequenz, die Amplitude und Phasenverschiebung φ geändert werden kann, um so eine Durchmischung der Schmelze in der gewünschten Weise zu erzielen. Hat u1 und u3 die entgegengesetzte Phasenverschiebung und wird die Phase im Bereich von minimal –180° bis maximal 180° variiert, so kann auf diese Weise die Umkehr der Feldrichtung erreicht werden. Die Variation der Phase und der Frequenz kann mit Hilfe einer Rechteckfunktion, einer Trapezfunktion, einer Sinusfunktion oder mit einer anderen periodischen Funktion erfolgen. Zusätzlich ist es möglich der Wechselspannung eine Gleichspannung hinzuzufügen, sodass unabhängig vom Wechselstrom, der die Lorentzkräfte in der Schmelze erzeugt, eine Größe vorhanden ist, mit der die Gesamtleistung beeinflusst werden kann. Die Zusammenführung erfolgt in den Summationsbausteinen 11a, 11b und 11c. An den Spulen erfolgt die Messung von Spannung und Strom und es wird hieraus die Leistung ermittelt. Der so gewonnene Leistungsistwert wird der Datenverarbeitungsanlage zugeführt und so kann eine Leistungsregelung vorgenommen werden über eine Variation des Gleichspannungsanteils unabhängig von den Wanderfeldparametern. Das geschieht über die Pfade IIIa, IIIb und IIIc.
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4 zeigt das Blockschaltbild für Richtungsumkehr. Das Heizersystem besteht aus 3 Spulen, 9a: obere Spule, 9b: mittlere Spule 9c: untere Spule. Der Sinusgenerator 2 dient zur Erzeugung einer Wechselspannung. Die Vorgabe der Frequenz und der Amplituden erfolgen durch die Datenverarbeitungseinheit 1. In der dargestellten Schalterstellung des Relais 4 ist Phasenschieber 3a mit Pulsweitenmodulator 5a verbunden und Phasenschieber 3b mit Pulsweitenmodulator 5b. Die Pulsweitenmodulatoren 5a, 5b und 5c erzeugen entsprechend ihrer Eingangssignale die pulsweitenmodulierten Signale. Die Energieversorgungseinrichtung 6 stellt symmetrische Gleichspannungen bezogen auf die Bezugsmasse 10 für die Leistungsmodule 7a, 7b und 7c zur Verfügung. Die Halbbrückentransistoren in den Leistungsmodulen 5a, 5b und 5c schalten mit einem derartigen Tastverhältnis, dass sich nach den Tiefpassfiltern 8a, 8b und 8c die notwendigen Sinusspannungen ergeben.
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5 zeigt das Blockschaltbild für Änderung der Kreisfrequenz, der Amplitude und der Phasenverschiebung φ. In den Summationsbausteinen 11a, 11b und 11c erfolgt die Zusammenführung von Wechsel- und Gleichstrom. Über die Pfade IIIa, IIIb und IIIc kann eine Variation des Gleichspannungsanteils unabhängig von den Wanderfeldparametern vorgenommen werden.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Datenverarbeitungsanlage
- 2
- Sinusgenerator
- 3a
- Phasenschieber
- 3b
- Phasenschieber
- 4
- Relais
- 5a
- Pulsweitenmodulator
- 5b
- Pulsweitenmodulator
- 5c
- Pulsweitenmodulator
- 6
- Energieversorgungseinrichtung
- 7a
- Leistungsmodul
- 7b
- Leistungsmodul
- 7c
- Leistungsmodul
- 8a
- Tiefpass
- 8b
- Tiefpass
- 8c
- Tiefpass
- 9a
- Spule
- 9b
- Spule
- 9c
- Spule
- 10
- Bezugsmasse
- 11a
- Summationsbaustein
- 11b
- Summationsbaustein
- 11c
- Summationsbaustein
- Ia
- Pfad für Steuerung von u1
- Ib
- Pfad für Steuerung von u2
- Ic
- Pfad für Steuerung von u3
- IIa
- Pfad für Wechselspannung u1 = Ûsin(ωt – φ)
- IIb
- Pfad für Wechselspannung u2 = Ûsinωt
- IIc
- Pfad für Wechselspannung u3 = Ûsin(ωt + φ)
- IIIa
- Pfad für Gleichspannungsteil Ugl1
- IIIb
- Pfad für Gleichspannungsteil Ugl2
- IIIc
- Pfad für Gleichspannungsteil Ugl3