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Die
Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Messen von Kanten-
oder Randspannungen in Glasscheiben nach einer thermischen Behandlung, insbesondere
nach einem Biegevorgang, bei dem die Glasscheiben in den Bereich
ihrer Erweichungstemperatur, ggf. darüber hinaus erhitzt werden.
Sie bezieht sich auch auf entsprechende Vorrichtungen.
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Speziell
bei nicht insgesamt vorgespannten Glasscheiben, die zu einem Scheibenverbund
(Verbundsicherheitsglas) weiterverarbeitet werden sollen, werden
entlang deren Kanten oder Rändern
gezielt bleibende Randspannungen erzeugt, damit diese Scheiben während ihrer
Weiterverarbeitung und Montage sowie im Einbauzustand weniger anfällig gegen
von ihrem Rand ausgehende Risse bzw. Brüche sind. Dieses sowohl für ebene
als auch für
gebogene Glasscheiben relevante Problem wurde bereits mannigfach
abgehandelt, wie im Folgenden anhand einiger Beispiele erörtert wird.
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Solche
Randspannungen werden vergleichbar mit dem ganzflächigen Vorspannen
von Glasscheiben dadurch erzeugt, dass insbesondere zur Weiterverarbeitung
in Verbundglas vorgesehene Glasscheiben nach dem Erhitzen und Biegen
an ihrem Umfangsrand beschleunigt so abgekühlt werden, dass sich ein umlaufender
Rahmen von Druckspannungen bildet. Diese beschleunigte Abkühlung tritt
in den meisten Fällen
ohne weiteres Zutun dadurch ein, dass Rand- und Oberflächenbereiche schneller
abkühlen
als der Großteil
der Glasmasse.
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Dieses
beschleunigte Kühlen
kann aber auch durch Konvektion beim Aufblasen von kaltem Gas, insbesondere
von Luft, verstärkt
werden. Es ist auch möglich,
den Rand von Glasscheiben mit einem Kühlring in Kontakt zu bringen,
dessen Temperatur deutlich unter der Temperatur der Glasscheibe
und der Umgebung liegt.
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DE 102 57 972 B3 beschreibt
schließlich
ein Verfahren zum Einbringen von Kantendruckspannungen in Glasscheiben,
bei dem ein Kühlring
der Glaskante lediglich angenähert
wird, ohne sie indessen zu berühren.
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Die
Randspannungen bilden in graphischer Darstellung ein typisches Profil,
wenn man sie in einem gedachten Schnitt senkrecht zur Glaskante
in die Glasfläche
hinein betrachtet. Geht man von der üblichen Darstellung von Druckspannungen
als negativ und von Zugspannungen als positiv aus, so beginnt dieses
Profil an der Glaskante im negativen (Druck-)Spannungsbereich. Es
steigt mit abnehmender Druckspannung an und schneidet bei Null-Spannung
die x-Achse, auf der die Länge
oder Tiefe des gedachten Schnitts senkrecht zur Glaskante aufgetragen
ist, um im positiven (Zug-)Spannungsbereich weiter zu verlaufen
und sich zuletzt wieder der besagten Null-Spannung anzunähern (in
dem im Idealfall spannungsfreien Bereich des Glases).
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Es
ist möglich
und notwendig, dieses Profil zu messen. Dabei sollen insbesondere
Inhomogenitäten
und lokal unzureichende Druckspannungen und erhöhte Zugspannungen entlang der
Glasscheibenkante gefunden werden. Es gibt auch Grenzwerte nach
oben und unten, innerhalb deren sich diese Spannungen befinden sollten,
weil außerhalb
des eingegrenzten Bereichs das Schadenrisiko erhöht ist.
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Unter
dem Handelsnamen „Edge
Master” sind
Messgeräte
bekannt (Stress Photonics, Inc., Madison, WI, USA), mit denen eine
teilautomatische Aufnahme von Randspannungswerten von Glasscheiben
möglich
ist. Teilautomatisch bedeutet hier, dass diese Geräte von Hand
an verschiedenen Punkten der Glasscheibenkanten bzw. auf kantennahen Oberflächen aufgesetzt
werden müssen.
Sodann wird mithilfe von polarisiertem Licht unter Nutzung des photoelastischen
Effekts in Reflexion eine Bildaufnahme erzeugt, die eine Aussage über die
Spannungsverteilung und/oder über
den Verlauf des vorerwähnten
Spannungsprofils ermöglicht.
Es ist bei diesem – insbesondere
durch das mehrfache manuelle Um- und Aufsetzen – verhältnismäßig langsamen Vorgehen aber
nicht auszuschließen,
dass eine Spannungsschwäche
gerade zwischen zwei gemessenen Punkten liegt. Das Aufsetzen des
Geräts
und der Kontakt mit der Glaskante sind erforderlich, damit stets
ein genau gleicher Abstand des optischen Aufbaus von der Glasoberfläche, eine
Ausrichtung relativ zur Glaskante und ein bestimmter Einfallswinkel des
polarisierten Prüflichts
sichergestellt ist. Außerdem
sollen so auch Fremdlichteinflüsse
weitestgehend ausgeschlossen werden. Es werden dazu üblicherweise
Stichproben aus einer Glasscheiben-Serienproduktion genommen.
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In
FEINGOLD, J. M. et al: Stress Relief – New PC-Based Scanners Improve
Qualitiy and Productivity for Glass Fabricators; International Glass Review,
Issue 1 – 2003,
Seiten 63 bis 66,
JP 2003-262553
A und
US 6,200,665
B1 werden Verfahren zum Messen oder Bewerten von Kanten-
oder Randspannungen in Glasscheiben beschrieben.
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Eine
Besonderheit an diesen Geräten
ist jedenfalls, dass sie auch am Rand von Glasscheiben, die in der üblichen
Weise mit einem opakem Randstreifen bedruckt sind, die inneren Spannungen
im Glas in einer Reflexbildaufnahme darstellen und aufzeichnen können. Das
polarisierte Licht aus dem auf die Scheibenoberfläche aufgesetzten
Gerät durchdringt
das Glas bis zu dem besagten opaken Randstreifen (in welcher Ebene
einer Verbundscheibe er auch liegen mag) und wird dort teilweise
reflektiert. Aus der Änderung
der Polarisierung nach Durchlaufen des Glases gegenüber dem
Ausgangszustand lässt
sich direkt auf die im bis zum opaken Bereich durchschienenen Glas
vorherrschenden Spannungen schließen. Bei Scheiben ohne opaken
Randstreifen kann dieser durch eine geeignete opake Fläche jenseits
des durchschienenen Glases ersetzt werden, um auch diese Scheiben
messen zu können
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Der
Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ausgehend von den handgeführten Geräten ein
höher mechanisiertes
Verfahren zum Messen von Spannungen, insbesondere von Randspannungen, in
thermisch behandelten Glasscheiben zu schaffen sowie eine insbesondere
zum Durchführen
des Verfahrens geeignete Vorrichtung zu schaffen.
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Diese
Aufgabe wird hinsichtlich des Verfahrens erfindungsgemäß mit den
Merkmalen des Patentanspruchs 1 gelöst. Die Merkmale der dem unabhängigen Anspruch
jeweils nachgeordneten Unteransprüche geben vorteilhafte Weiterbildungen
dieser Anspruchsgegenstände
an.
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Weitere
Einzelheiten und Vorteile des Gegenstands der Erfindung gehen aus
der Zeichnung eines Ausführungsbeispiels
in Gestalt einer Fahrzeug-Windschutzscheibe und deren sich im folgenden
anschließender
eingehender Beschreibung hervor.
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Es
zeigen in vereinfachter, nicht maßstäblicher Darstellung
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1 eine
Ausführungsform
einer transparenten Scheibe (5) mit Bedruckung und mit
einer Kante (5R),
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2 einen
Querschnitt durch eine beschichtete Doppelglasscheibe.
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Indem
man ein an sich bekanntes Messgerät zum Erstellen von spannungsoptischen
Bildern mithilfe einer (vorzugsweise) automatisierten Führungseinrichtung
ohne Berührung
der Glasscheibe, jedoch stets unter Beibehaltung des korrekten (für alle Messpunkte
gleichen) Lichteinfallswinkels, Drehwinkels und Abstandes, an einer
Kante der zu unter suchenden Glasscheiben entlang führt, lässt sich
in verkürzter
Zeit eine sehr viel gründlichere
Untersuchung der Glasscheibe auf Spannungsfehler durchführen.
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Es
versteht sich, dass man dieses Verfahren auch ausführen könnte, indem
man die Glasscheibe selbst beweglich lagert und ihre Kante an der
feststehenden oder ruhenden Messvorrichtung entlang bewegt. Diese
Variante soll nicht ausgeschlossen werden, sondern wird als im Rahmen
der vorliegenden Erfindung liegend angesehen. Allerdings besteht
bei nicht ruhender Glasscheibe immer das Risiko, dass äußere Einflüsse (statisch – Schwerkraft
und/oder dynamisch – Schwingungen
aus der Bewegungsführung)
die erfassten Spannungen beeinflussen, so dass diese Variante eher
von sekundärer
Bedeutung bleiben wird.
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Dass
die modifizierte Vorrichtung beim erfindungsgemäßen Verfahren die Glasoberfläche nicht berührt, hat
mindestens zwei wesentliche Auswirkungen. Einerseits wird damit
jegliche Beschädigung
der (eventuell noch fabrikneuen) Glasscheiben-Oberfläche beim
Mess- oder Nachprüfvorgang
vermieden, andererseits wird auch jegliche Beeinträchtigung oder
Veränderung
der tatsächlich
in der Glasscheibe eingefrorenen Spannungen vermieden. Bei manuellem
Aufsetzen des Geräts
kann es nämlich
infolge zusätzlicher
mechanischer Belastung des Glases zu nicht reproduzierbaren Verfälschungen
der Messwerte kommen.
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Andererseits
werden geeignete Maßnahmen zu
treffen sein, mit denen der Lichteinfallswinkel zur Tangente an
die Glasoberfläche,
die Ausrichtung des Messkopfes in Rotation um eine Achse senkrecht
zur Glasoberfläche
und sein Abstand zur Glaskante an jedem Messpunkt gleich gehalten
und der Einfall von ggf. störendem
Fremdlicht vermieden wird.
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Man
wird das Messgerät
ganz bevorzugt mithilfe eines Roboters an dem Scheibenumfang entlang
führen
und dabei eine Vielzahl von Messaufnahmen machen. Dem Roboter kann
die individuelle Scheibenform über
elektronisch gespeicherte Konstruktionsdaten zugeführt werden,
die im Herstellerwerk verfügbar
sind. Ein Abgleich dieser „idealen” Daten
mit der davon aufgrund von produktionsbedingten Maßabweichungen
verschiedenen realen Form der Scheibe kann mithilfe der Optik des
Messgeräts
erreicht werden, die in gewissen Grenzen einen Ausgleich schafft.
Insbesondere „erkennt” diese Optik
die wahre Lage der Scheibenkante an dem „plötzlichen” Vorhandensein eines die Änderung
der Polarisierung des abgestrahlten Lichts bewirkenden Substrats.
Dies lässt
mittels geeigneter Auswerteschaltungen und ggf. Nachregelung der
Roboterposition auch eine hinreichend genaue Positionierung des
Messgeräts
an der Scheibenkante zu. Es kommt letztlich darauf an, dass in jeder
Momentaufnahme des Messgerätes
zuverlässig ein
virtueller Schnitt mit definierter Länge von der Scheibenkante zur
Scheibenmitte hin erfasst wird, so dass jede Aufnahme denselben
Entwicklungsbereich der Randspannung ausgehend von Druck- über Null-
zu Zugspannung und deren Abklingen zeigt. Letzterer Abklingbereich interessiert
bei nicht vorgespannten Scheiben ohnehin nur am Rande.
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Dass
es sich um eine Untersuchung am Rand der jeweiligen Glasscheibe
handelt, kommt noch der Genauigkeit der Ausrichtung des Einfallswinkels
zugute. Gerade an ihrem Rand folgen gebogene Glasscheiben (für den Einsatz
in Fahrzeugkarosserien) am genauesten einer durch Konstruktionsdaten
vorgegebenen Sollform. Somit kann dem Roboter die jeweilige Ausrichtung
der Messvorrichtung anhand der für
alle Messorte bekannten oder berechenbaren räumlichen Positionen und Tangentenlage
auf der Glasoberfläche
recht genau ohne weitere (berührende)
Führungsmittel
vorgegeben werden. Damit lässt
sich eine sehr hohe Reproduzierbarkeit der gemessenen Spannungswerte
erzielen, d. h. Abweichungen von Messungen an einer einzigen Scheibe
bei Wiederholungsmessungen halten sich mit diesem Verfahren in engen
Grenzen.
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Derartige
Roboter sind als solche ebenfalls bekannt und werden in der Glasindustrie
beispielsweise auch zum Ausstatten von Glasscheiben mit entlang
deren Kanten extrudierten Kunststoffsträngen verwendet (vgl. z. B.
EP 0 524 092 B2 ).
Dort werden allerdings normalerweise mechanische (Rollen- oder Gleit-)Führungen
vorgesehen, um die vom Roboter geführte Extrusionsdüse stets
auf dem richtigen Kurs zu halten. Eine solche mechanische Führung ist
bei der vorliegenden Erfindung nicht zweckmäßig, weil auch sie die gemessenen
Spannungswerte verfälschen
könnte.
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Bei
dem erfindungsgemäßen Verfahren kommt
es weniger auf eine Aufzeichnung des Gesamtspannungsverlaufes als
vielmehr auf das Feststellen von unerwünschten Abweichungen an. Letztlich
sollen die Rand- oder Kantenspannungen innerhalb einer zulässigen Bandbreite
liegen, und sollen Glasscheiben, deren Randspannungen außerhalb dieser
Bandbreite liegen, wegen erhöhten
Schadenrisikos ausgemustert werden. Deshalb werden nach einer vorteilhaften
erfindungsgemäßen Weiterbildung
vorzugsweise die erfassten Spannungswerte schon während des
Durchlaufs ausgewertet. Man kann nämlich an sich die Spannungserfassung
schon dann abbrechen, wenn während
des Abfahrens einer Scheibenkante ein signifikantes Abweichen eines Spannungswertes
von den Vorgaben erfasst wird. Diese Glasscheibe wird dann zu verschrotten und/oder
der Wiederverwertung zuzuführen
sein.
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Zugleich
wird damit die zu verarbeitende Datenmenge reduziert. Es müssen nicht
alle Spannungswerte aufgezeichnet werden, sondern es interessieren
in der Fertigung an sich nur die Extremwerte. Nach einer Weiterbildung
des Verfahrens werden somit in der Art eines Schieberegisters immer
nur die jeweils höchsten
oder niedrigsten Werte der Spannungen festgehalten, während die
ohnehin im Toleranzbereich liegenden Werte nicht dauerhaft gespeichert
werden.
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Dies
hindert jedoch nicht, bei Bedarf auch ein vollständiges Spannungsbild einer
Scheibe zu erzeugen, das beispielsweise zum detaillierten Dokumentieren
von Prototypen und/oder von Stichproben aus einer laufenden Produktion
verwendet werden kann.
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Für die Aufnahme
der Spannungswerte können
noch weitere Randbedingungen von Bedeutung sein. Hierzu gehört die Forderung,
dass die zu messende Scheibe während
des Messvorgangs so spannungsneutral wie möglich fixiert werden sollte,
damit sich nicht unter Schwerkraftwirkung verfälschende Biegespannungen aufbauen
können.
Dies wird vorzugsweise dadurch erreicht, dass die Scheibe entlang
ihres gesamten Umfangs möglichst
passgenau aufgelegt wird; eine enge Abfolge von Punkten kann allerdings
dabei eine linienförmige
oder kontinuierliche Auflage ersetzen.
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Eine
weitere Arbeitsbedingung kann sein, dass das vom Messgerät ausgestrahlte
Licht reflektiert werden muss, so dass die Änderung der Polarisierung des
Lichtes bei zweimaligem Durchlaufen der Glasmasse erzeugt wird.
Diese Reflexion kann bei Einzelscheiben ebenso wie bei übereinander
liegenden Doppelscheiben erreicht werden. Speziell wird sie jeweils
an einer nicht lichtdurchlässigen
Bedruckung der Glasscheiben in deren Randbereich bewirkt.
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Eine
solche opake Bedruckung ist bei üblichen
Fahrzeug-Glasscheiben ohnehin vorgesehen, wobei sie in einer Verbundscheibe
entweder auf der im Einbauzustand inneren Seite (auch Seite 4 genannt)
oder auf der im Verbundinneren liegenden Hauptfläche der äußeren Scheibe (Seite 2)
angeordnet ist (siehe 1). Die Bedruckung wird in den meisten
Fällen
durch Aufdrucken und Einbrennen einer gefärbten Siebdruckpaste hergestellt.
Sie dient dem optischen Kaschieren eines randseitigen Klebestrangs
und dessen Schutz gegen UV-Einstrahlung mit Versprödungswirkung.
In Verbundscheiben mit elektrischen Einbauteilen (Heizung, Antenne,
Sensoren) werden unter dieser Bedruckung auch elektrische Zuleitungen
(„Sammelleiter”, „busbars”) optisch kaschiert.
Die im Zusammenhang mit der Erfindung stehende, an sich bekannte
Messtechnik macht sich das Vorhandensein dieser Bedruckung als dunklen, zumindest
teilweise reflektierenden Hintergrund zunutze. Es wird von Vorteil
sein, auch den weiteren Hintergrund im transparenten Messbereich
der zu untersuchenden Verbundglasscheiben dunkel und kontrastarm
zu halten.
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In
diesen Fällen
sollten natürlich
auch alle Auflagen, auf denen die zu untersuchende Glasscheibe ruht,
verdeckt sein, und vorzugsweise randnah unter der opaken Bedruckung
liegen.
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Weitere
Einzelheiten und Vorteile des Gegenstands der Erfindung gehen aus
der Zeichnung eines Ausführungsbeispiels
im Umfeld einer Biegevorrichtung und deren sich im folgenden anschließender eingehender
Beschreibung hervor.