-
Die
vorliegende Erfindung betrifft ein Angiogenese förderndes
Substrat.
-
In
lebenden Säugetieren bilden Endothelzellen, die existierende
Blutgefäße auskleiden, neue Kapillaren, wo auch
immer diese benötigt werden. Die Endothelzellen haben die
bemerkenswerte Fähigkeit, ihre Anzahl und Anordnung den örtlichen
Erfordernissen anzupassen. Gewebe sind von der Blutversorgung abhängig,
die durch das Blutgefäßsystem erfolgt. Das Gefäßsystem
wiederum hängt von den Endothelzellen ab. Die Endothelzellen
schaffen ein anpassungsfähiges Lebenssicherungssystem, das
sich in fast alle Körperregionen verästelt.
-
Während
die größten Blutgefäße, die
Arterien und Venen, eine dicke, starke Wand aus Bindegewebe und
teilweise glatter Muskulatur aufweisen und im Innern nur mit einer äußerst
dünnen, einfachen Lage von Endothelzellen ausgekleidet
sind, findet man in den feinsten Verästelungen des Gefäßsystems,
den Kapillaren, Wände, die lediglich aus Endothelzellen
und einer so genannten Basallamina bestehen. Endothelzellen kleiden
so das gesamte System der Blutgefäße aus, das
vom Herzen bis in die kleinste Kapillare reicht und sie kontrollieren
den Durchgang von Faktoren und Zellen in die und aus der Blutbahn.
-
Zellen
in Geweben setzen bei Sauerstoffmangel Angiogenesefaktoren frei,
die das Wachstum neuer Kapillaren anregen. Örtliche (mechanische) Reizungen und
Infektionen verursachen ebenfalls die Proliferation neuer Kapillaren,
von denen sich die meisten zurückziehen und verschwinden
sobald die Entzündung abklingt.
-
Die
neu entstehenden Blutgefäße entstehen immer zuerst
als Kapillaren, die an bestehenden kleinen Gefäßen
aussprießen. Dieser Vorgang wird Angiogenese genannt.
-
Das
Aussprießen der Kapillaren setzt sich fort bis der jeweilige
Spross auf eine andere Kapillare trifft und sich mit ihr verbinden
kann, sodass Blut darin zirkulieren kann (vgl. z. B. B.
Alberts et al., Molekularbiologie der Zelle, VCH Weinheim, 3. Auflage 1995,
Seiten 1360–1364).
-
Angiogenese
stimulierende Faktoren sind vielfältig bekannt und umfassen
z. B. die Faktoren HGF, FGF, VEGF und andere mehr.
-
Es
wurde in der Literatur (vgl. z. B.
EP 1 415 663 A1 und
EP 1 555 030 A1 ) vorgeschlagen,
solche Angiogenese stimulierenden Faktoren in einer Matrix mit Depotwirkung
zu applizieren, wobei als Depotmatrix ein Gelatinehydrogel aus einer
Gelatine mit einem mittleren Molekulargewicht von 100.000 bis 200.000
Dalton (Da) empfohlen wurde.
-
Für
unterschiedliche Typen von Kollagen werden deren Eignung als Stützstruktur
bei der Bildung neuer Gefäße beschrieben, ebenso
wie deren anti-angiogenetischen Effekte. Als Beispiele für
diese Literatur darf auf S. M. Sweeney et al., Journal of
Biological Chemistry Vol. 278, No. 33, Seiten 30516 bis 30524 (2003) sowie R.
Xu et al. in Biochemical and Biophysical Research Communications
289, Seiten 264 bis 268 (2001) verwiesen werden.
-
Aufgabe
der vorliegenden Erfindung ist es, ein Angiogenese förderndes
Substrat bereit zu stellen, welches einfach und kostengünstig
herstellbar ist.
-
Diese
Aufgabe wird durch ein Angiogenese förderndes Substrat
gelöst, welches einen nicht-porösen Formkörper
umfasst, welcher aus einem unter physiologischen Bedingungen unlöslichen,
resorbierbaren, Gelatine enthaltenden Material gebildet ist.
-
Materialien
auf der Basis von Gelatine werden aufgrund ihrer guten Bioverträglichkeit
bereits seit Längerem für medizinische Anwendungen
eingesetzt, beispielsweise als Matrixmaterial für die Freisetzung
pharmazeutischer Wirkstoffe oder als Trägermaterial für
die Besiedlung mit Zellen. Im Gegensatz etwa zu Kollagen ist Gelatine
in reproduzierbarer Qualität und hoher Reinheit herstellbar.
Weiterhin ist sie im Körper im Wesentlichen vollständig
resorbierbar.
-
Im
Rahmen der vorliegenden Erfindung wurde nun überraschenderweise
festgestellt, dass das Gelatine enthaltende Material als solches
einen Angiogenese fördernden Effekt zeigt, d. h. in seiner
unmittelbaren Umgebung die Ausbildung neuer Blutgefäße stimuliert,
ohne dass es hierzu weiterer Angiogenese fördernder Faktoren,
wie z. B. die oben genannten Signalmoleküle VEGF, FGF oder
HGV, bedarf.
-
Besonders
bemerkenswert ist dabei, dass der erfindungsgemäße
Angiogenese fördernde Effekt bei einem nicht-porösen
Formkörper, der aus dem Gelatine enthaltenden Material
gebildet ist, beobachtet wird. Bei früheren Untersuchungen
der Erfinder war zunächst ein Angiogenese fördernder
Effekt bei porösen Formkörpern aus Gelatine enthaltendem Material
gefunden worden, wobei die Angiogenese in erster Linie innerhalb
der Formkörper stattfand, d. h. ein Einwachsen von Blutgefäßen
in die Poren, Hohlräume oder Zwischenräume des
Formkörpers beobachtet wurde. Der pro-angiogenetische Effekt
wurde daher in erster Linie der porösen Struktur des Formkörpers
zugeschrieben (siehe die deutsche Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen
10 2005 054 937 ). Beispiele
für solche Strukturen sind Schwämme, Gewebe oder
Vliese.
-
Demgegenüber
konnte nun gezeigt werden, dass gemäß der vorliegenden
Erfindung auch ein nicht-poröser Formkörper als
Angiogenese förderndes Substrat verwendet werden kann,
wobei die Blutgefäßbildung nicht in dem Formkörper,
sondern in seiner räumlichen Umgebung erfolgt. Ohne an
diese Theorie gebunden sein zu wollen, wird davon ausgegangen, dass
dieser Effekt durch eine Freisetzung löslicher Komponenten
der Gelatine hervorgerufen wird und daher von der Struktur des Formkörpers weitgehend
unabhängig ist.
-
Nicht-poröse
Formkörper aus einem Gelatine enthaltendem Material sind
in der Regel einfacher herzustellen als solche mit einer porösen
Struktur. Auf der anderen Seite hat der Einsatz eines Formkörpers
aus einem unlöslichen Material, welcher erst nach einer
bestimmten Zeit resorbiert bzw. abgebaut wird, gegenüber
dem Einsatz löslicher bzw. gelöster Gelatine den
Vorteil, dass die Angiogenese gezielt an einem bestimmten Ort, nämlich
der Umgebung des eingesetzten Formkörpers, stimuliert werden
kann.
-
Vorzugsweise
ist das Gelatine enthaltende Material ein Gelatine basierendes Material
und besteht zu überwiegenden Anteilen aus Gelatine. Dies bedeutet,
dass die Gelatine den größten Anteil bei eventuell
weiteren verwendeten Komponenten des Materials stellt.
-
Weiter
bevorzugt wird ein Gelatine basierendes Material verwendet, welches
im Wesentlichen vollständig aus Gelatine besteht.
-
Besonders
geeignete Gelatinetypen sind Schweineschwartengelatine, die vorzugsweise
hochmolekular ist und einen Bloomwert von ca. 160 bis ca. 320 g
aufweist.
-
In
einem erheblich geringeren Umfang beobachtet man einen Angiogenese
anregenden Effekt auch bei niedermolekularer, wasserlöslicher
Gelatine mit einem mittleren Molekulargewicht von weniger als 6
kDa, jedoch ist ein solcher Effekt verglichen mit anderen ebenfalls
in geringerem Umfang stimulierenden Agenzien vergleichsweise unspezifisch.
-
Die
verwendete Gelatine hat deshalb bevorzugt ein mittleres Molekulargewicht
von mehr als ca. 6 kDa.
-
Um
eine optimale Bioverträglichkeit des erfindungsgemäßen
Substrates bei der medizinischen Anwendung zu gewährleisten,
wird als Ausgangsmaterial bevorzugt eine Gelatine mit einem besonders geringen
Gehalt an Endotoxinen eingesetzt. Bei Endotoxinen handelt sich um
Stoffwechselprodukte oder Bruchstücke von Mikroorganismen,
welche in dem tierischen Rohmaterial vorkom men. Der Endotoxingehalt
von Gelatine wird in internationalen Einheiten pro Gramm (I.E./g)
angegeben und gemäß dem LAL-Test bestimmt, dessen
Durchführung in der vierten Ausgabe des Europäischen
Arzneibuches (Ph. Eur. 4) beschrieben ist.
-
Um
den Gehalt an Endotoxinen möglichst gering zu halten, ist
es vorteilhaft, die Mikroorganismen möglichst frühzeitig
im Zuge der Gelatineherstellung abzutöten. Ferner sollten
entsprechende Hygienestandards beim Herstellungsprozess eingehalten
werden.
-
Somit
kann der Endotoxingehalt von Gelatine durch bestimmte Maßnahmen
beim Herstellungsprozess drastisch gesenkt werden. Zu diesen Maßnahmen
zählen in erster Linie die Verwendung frischer Rohmaterialien
(z. B. Schweineschwarte) unter Vermeidung von Lagerzeiten, die sorgfältige
Reinigung der gesamten Produktionsanlage unmittelbar vor Beginn
der Gelatineherstellung sowie gegebenenfalls das Auswechseln von
Ionenaustauschern und Filtersystemen in der Produktionsanlage.
-
Die
im Rahmen der vorliegenden Erfindung eingesetzte Gelatine weist
bevorzugt einen Endotoxingehalt von ca. 1.200 I.E./g oder weniger,
noch mehr bevorzugt von ca. 200 I.E/g oder weniger auf. Optimalerweise
liegt der Endotoxingehalt bei ca. 50 I.E./g oder weniger, jeweils
gemäß dem LAL-Test bestimmt. Im Vergleich hierzu
weisen manche handelsübliche Gelatinen Endotoxingehalte
von über 20.000 I.E./g auf.
-
Wie
bereits oben angesprochen, ist der nicht-poröse Formkörpers
des Angiogenese fördernden Substrats erfindungsgemäß aus
einem unter physiologi schen Bedingungen unlöslichen Material gebildet,
sodass er über einen bestimmten Zeitraum seine strukturelle
Integrität erhält und die Angiogenese auf den
gewünschten Zielbereich lokalisiert werden kann. Da jedoch
Gelatine unter physiologischen Bedingungen schnell aufgelöst
wird, ist das Gelatine enthaltende Material vorzugsweise vernetzt.
-
Entsprechend
einer weiteren Ausführungsform der vorliegenden Erfindung
kann einer schnellen Auflösung entgegengewirkt werden,
indem man die Gelatine zusammen mit anderen, langsamer in Lösung
gehender Komponenten verwendet (Beispiele für solche resorbierbaren
Biopolymere sind Chitosan und Hyaluronsäure). Solche Komponenten
können zum Zweck einer zeitweisen Immobilisierung der Gelatineanteile
verwendet werden.
-
Wählt
man die Vernetzung zur Stabilisierung des Materials, kann insbesondere
der Gelatineanteil des Gelatine enthaltenden Materials vernetzt
sein, wobei zum einen auf eine chemische Vernetzung, aber auch auf
eine enzymatische Vernetzung zurückgegriffen werden kann.
-
Bevorzugte
chemische Vernetzungsmittel sind Aldehyde, Dialdehyde, Isocyanate,
Carbodiimide und Alkyldihalogenide. Besonders bevorzugt ist dabei
Formaldehyd, welches gleichzeitig eine Sterilisierung des Formkörpers
bewirkt.
-
Als
enzymatisches Vernetzungsmittel wird bevorzugt das Enzym Transglutaminase
eingesetzt, welches eine Verknüpfung der Glutamin- und
Lysinseitenketten von Proteinen, insbesondere auch von Gelatine,
bewirkt.
-
Die
Stabilität gegenüber Resorption unter den zuvor
angesprochenen physiologischen Bedingungen, denen das Material bei
seiner Verwendung ausgesetzt ist, kann unter entsprechenden physiologischen
Standardbedingungen in vitro nachgestellt werden. Hierbei wird ein
PBS-Puffer (pH 7,2) bei 37°C verwendet und unter diesen
Bedingungen lassen sich die Substrate auf ihr zeitabhängiges
Stabilitätsverhalten testen und vergleichen.
-
Bevorzugt
weist das Gelatine enthaltende Material einen vorgegebenen Vernetzungsgrad
auf. Durch die Vorgabe des Vernetzungsgrades kann insbesondere die
Resorptionsstabilität des Formkörpers eingestellt
werden, d. h. die Zeit, während der er unter physiologischen
Bedingungen seine strukturelle Integrität erhält.
So können beispielsweise nicht-poröse Formkörper
als Angiogenese fördernde Substrate eingesetzt werden,
die in Abhängigkeit vom Vernetzungsgrad des Gelatine enthaltenden
Materials z. B. ein, drei, sechs oder zwölf Wochen unter
physiologischen Standardbedingungen stabil sind, je nachdem, über
welchen Zeitraum eine angiogenetische Wirkung vom behandelnden Arzt
gewünscht wird.
-
Überraschenderweise
hat sich auch gezeigt, dass die Angiogenese fördernde Wirkung
des Formkörpers umso höher ist, je höher
der Vernetzungsgrad des Gelatine enthaltenden Materials ist, insbesondere
im Fall einer chemischen Vernetzung der Gelatine. Dieser öffnet
weitere Möglichkeiten, die Angiogenese auch quantitativ
gezielt zu stimulieren.
-
Der
nicht-poröse Formkörper wird vorzugsweise mittels
einer zweistufigen Vernetzung in seiner Struktur stabilisiert, wobei
in einer ersten Stufe das Gelatine enthaltende Material in Lösung
einer ersten Vernetzungsreaktion unterworfen wird, und dann ein aus
diesem Material hergestellter Formkörper in einer zweiten
Vernetzungsstufe weiter vernetzt wird.
-
Während
bei der ersten Vernetzungsstufe die Vernetzung in Lösung
geschieht, bietet sich für die zweite Vernetzungsstufe
insbesondere eine Vernetzung in der Gasphase an, beispielsweise
unter Verwendung von Formaldehyd.
-
Die
Herstellung von Formkörpern aus einem Gelatine enthaltenden
Material mittels eines zweistufigen Vernetzungsverfahrens ist in
der Offenlegungsschrift
DE 10 2004 024 635 A1 im Detail beschrieben.
-
Die
zweistufige Vernetzung hat insbesondere den Vorteil, dass insgesamt
ein höherer Vernetzungsgrad erzielbar ist, der dann darüber
hinaus auch noch über den gesamten Querschnitt des Formkörpers
im Wesentlichen gleichmäßig realisiert werden
kann. Dies hat zur Folge, dass die Abbaueigenschaften des Formkörpers
bei der Resorption homogen sind, sodass dieser für die
vom Vernetzungsgrad abhängige vorgesehene Zeitdauer im
Wesentlichen seine strukturelle Integrität behält
und dann in relativ kurzer Zeit unter Verlust der strukturellen
Integrität vollends resorbiert wird.
-
Durch
den vorgegebenen Vernetzungsgrad und das oben beschriebene homogene
Abbauverhalten lässt sich somit der Angiogenese fördernde
Effekt des erfindungsgemäßen Substrates sowohl
zeitlich als auch räumlich sehr gezielt einsetzen.
-
Für
viele Anwendungsfälle sollte der Vernetzungsgrad so gewählt
werden, dass während 7 Tagen ca. 20 Gew.-% oder weniger
des Gelatine enthaltenden Ma terials unter den oben genannten physiologischen
Standardbedingungen abgebaut werden.
-
Der
nicht-poröse Formkörper kann in sehr unterschiedlichen
Ausprägungen realisiert werden, über die bisher
noch nicht gesprochen wurde.
-
Gemäß einer
bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist der Formkörper
ein Flächenmaterial. Flächenmaterialien können
in vielfältiger Weise als medizinische Substrate im oder
am Körper eingesetzt werden.
-
Besonders
bevorzugt handelt es sich bei dem Formkörper um eine Folie.
Derartige Folien können auf einfache Weise durch Gießen
einer Lösung eines Gelatine enthaltenden Materials hergestellt werden,
wobei dieses Verfahren mit dem oben beschriebenen zweistufigen Vernetzungsverfahren kombiniert
werden kann.
-
Folien
aus einem Gelatine enthaltenden Material sind gut handhabbar und
können vom behandelnden Arzt jeweils auf die benötigte
Größe zugeschnitten werden. Um die Flexibilität
der Folie zu erhöhen, kann das Gelatine enthaltende Material
zusätzlich einen oder mehrere Weichmacher enthalten. Bevorzugte
Weichmacher sind ausgewählt aus Glycerin, Oligoglycerinen,
Oligoglykolen, Sorbit und Mannit.
-
Die
Folie weist bevorzugt eine Dicke im Bereich von ca. 20 bis ca. 500 μm,
weiter bevorzugt von ca. 50 bis ca. 100 μm, auf.
-
Gemäß einer
weiteren Ausführungsform der Erfindung liegt der nicht-poröse
Formkörper in Form von Partikeln vor. Bei den Partikeln
kann es sich beispielsweise um Kügelchen, Granulat oder
Pulver aus einem Gelatine enthaltenden Material handeln.
-
Bevorzugte
Partikel weisen einen mittleren Durchmesser von ca. 0,1 mm bis ca.
5 mm auf.
-
Gemäß einer
vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung umfasst der
nichtporöse Formkörper ein oder mehrere nicht
Gelatine basierende pharmazeutische Wirkstoffe. Hierbei kann es
sich beispielsweise um entzündungshemmende oder antibiotische Wirkstoffe
handeln.
-
Bei
einer Ausführungsform der Erfindung ist der nicht-poröse
Formkörper mit Zellen besiedelt. In diesem Fall kann das
erfindungsgemäße Substrat für Zelltransplantationen
eingesetzt werden, bei denen eine Angiogenese im Bereich der implantierten
Zellen erwünscht ist.
-
Die
vorliegende Erfindung betrifft ebenfalls die Verwendung eines nichtporösen
Formkörpers, der aus einem unter physiologischen Bedingungen unlöslichen,
resorbierbaren, Gelatine enthaltenden Material gebildet ist, zur
Herstellung eines Angiogenese fördernden Substrats, welches
zum Einsatz im oder am menschlichen oder tierischem Körper
bestimmt ist. Vorteile und bevorzugte Ausführungsform dieser
Verwendung ergeben sich insbesondere aus der obigen Beschreibung
des erfindungsgemäßen Angiogenese fördernden
Substrats.
-
Bei
einer bevorzugten Verwendung wird das Substrat als Wundauflage oder
-abdeckung eingesetzt. Durch das Aufbringen des Substrates auf Verletzungen
oder Verbrennungen insbesondere der Haut kann die angiogenetische
Wirkung zur schnelleren Wundheilung beitragen.
-
Gemäß einer
weiteren bevorzugten Ausführungsform ist das Angiogenese
fördernde Substrat zur Implantation in den Körper
bestimmt. Das Substrat kann hierbei an den verschiedensten Stellen
des Körpers intracorporal eingesetzt werden, wo immer eine
gezielte Förderung der Angiogenese erforderlich oder wünschenswert
ist.
-
Bevorzugte
Anwendungsbereiche des erfindungsgemäßen Angiogenese
fördernden Substrats sind z. B. Transplantationen, die
Behandlung von Diabetes oder von Infarkten.
-
Bei
der Durchführung von therapeutischen Verfahren unter Verwendung
des erfindungsgemäßen Angiogenese fördernden
Substrates wird ein nicht-poröser Formkörper in
der jeweils erforderlichen Gestalt und Größe zur
Verfügung gestellt oder vom behandelnden Arzt entsprechend
zugeschnitten, um anschließend in oder an den entsprechenden Bereich
des menschlichen oder tierischen Körpers eingebracht zu
werden.
-
Diese
und weitere Vorteile der Erfindung werden im Folgenden anhand der
Zeichnung sowie der Beispiele im Einzelnen erläutert. Es
zeigen im Einzelnen:
-
1:
Fotografische Darstellung der Blutgefäßbildung
ohne ein Angiogenese förderndes Substrat;
-
2a bis 2c:
fotografische Darstellungen der Blutgefäßbildung
bei verschiedenen erfindungsgemäßen Angiogenese
fördernden Substraten;
-
3:
fotografische Darstellung der Blutgefäßbildung
nach Resorption des Angiogenese fördernden Substrats.
-
Herstellung von Folien aus
einem Gelatine enthaltenden Material
-
Als
Beispiele für nicht-poröse Formkörper wurden
Gelatinefolien mit drei unterschiedlichen Vernetzungsgraden (Folien
A, B und C) mittels eines zweistufigen Vernetzungsverfahrens hergestellt.
-
Für
jeden der drei Ansätze wurden 25 g Schweineschwartengelatine
(300 g Bloom), 9 g einer 85 Gew.-%igen Glycerinlösung sowie
66 g destilliertes Wasser gemischt und die Gelatine bei einer Temperatur
von 60°C gelöst. Nach dem Entgasen der Lösungen
durch Ultraschall wurde zur Durchführung des ersten Vernetzungsschrittes
eine wässrige Formaldehydlösung (2,0 Gew.-%ig,
Raumtemperatur) zugegeben, und zwar 3,75 g dieser Lösung
beim Ansatz A und jeweils 6,25 g der Lösung bei den Ansätzen
B und C.
-
Die
Mischungen wurden homogenisiert und bei ca. 60°C in einer
Dicke von ca. 250 μm auf eine Polyethylenunterlage gerakelt.
-
Nach
dem Trocknen bei 30°C und einer relativen Luftfeuchtigkeit
von 30 für etwa einen Tag wurden die Folien von der PE-Unterlage
abgezogen und ca. 12 h unter denselben Bedingungen nachgetrocknet.
Die getrockneten Folien (Dicke ca. 50 μm) wurden zur Durchführung
des zweiten Vernetzungsschrittes in einem Exsikkator dem Gleichgewichtsdampfdruck
einer 17 Gew.-%igen wässrigen Formaldehydlösung
bei Raumtemperatur ausgesetzt. Im Falle der Folien A und B betrug
die Einwirkzeit des Formaldehyddampfs 2 h, im Falle der Folie C
17 h.
-
Von
den auf diese Weise hergestellten Formkörpern weist die
Folie A insgesamt den geringsten und die Folie C insgesamt den höchsten
Vernetzungsgrad auf, die Folie B liegt dazwischen. Dies spiegelt
sich im unterschiedlichen Abbauverhalten der Folien wider, wobei
die Resorptionszeiten der beschriebenen Folien unter physiologischen
Bedingungen im Tierversuch (siehe unten) zwischen ca. 14 Tagen (Folie
A) und ca. 21 Tagen (Folie C) liegen.
-
Aufgrund
des Einsatzes von Glycerin als Weichmacher zeigen die Folien eine
ausreichende Flexibilität, insbesondere in hydratisiertem
Zustand, um eine gute Handhabbarkeit bei der medizinischen Anwendung
zu gewährleisten, ohne dass ein Brechen oder Reißen
der Folien zu befürchten ist.
-
Nachweis der Angiogenese fördernden
Wirkung im Tierversuch
-
Die
Wirksamkeit der Gelatinefolien A, B und C als Angiogenese fördernde
Substrate in vivo wurde im Tierversuch untersucht. Als Versuchstiere
wurden zehn Wochen alte Mäuse des Stammes Balb/C der Firma
Charles River (Sulzfeld) mit einem Körpergewicht von 20
g verwendet.
-
Als
Substrate wurden jeweils 5 × 5 mm2 große
Stücke der oben beschriebenen Gelatinefolien eingesetzt.
Den Mäusen wurden jeweils zwei Folienstücke eines
bestimmten Vernetzungsgrades subkutan im Nackenbereich implantiert.
Hierzu wurden die Tiere narkotisiert und das Fell im Nackenbereich
abrasiert. Mit einer Pinzette wurde ein Stück der Nackenhaut
angehoben und ein Einschnitt von ca. 1 cm Länge durchgeführt. Über
diesen Einschnitt wurde mit einer stumpfen Schere eine subkutane
Tasche geschaffen, in die je zwei der Folienstücke mit
einer Pinzette eingelegt wurden. Der Wundverschluss erfolgte mittels
zweier Einzelknopfhefte.
-
Nach
12 Tagen wurden die Tiere getötet und die angiogenetische
Wirkung der implantierten Substrate optisch ausgewertet.
-
Die 1 zeigt
als Negativkontrolle den entsprechenden Bereich des subkutanen Gewebes
einer Maus, bei der keine Implantation des Angiogenese fördernden
Substrats durchgeführt wurde. Es ist eine nur sehr geringe
Durchsetzung mit Blutgefäßen zu beobachten, wie
es für das subkutane Hautgewebe der Maus normal ist.
-
Die 2a bis 2c zeigen
fotografische Aufnahmen des subkutanen Hautgewebes im Bereich der
implantierten Folienstücke A, B bzw. C, nachdem die entsprechenden
Mäuse 12 Tage nach der Implantation getötet wurden.
Die Lage der Folienstücke ist durch schwarze Quadrate gekennzeichnet (Bezugszeichen
A, B bzw. C für die entsprechende Folie), da die Folien
selbst in der Fotografie schlecht sichtbar sind. Versuchsweise wurden
die Folien z. T. mit Coomassie Brilliant Blue eingefärbt,
wie dies in der 2a sichtbar ist.
-
In
allen drei Abbildungen ist eine deutlich verstärkte Blutgefäßbildung
in der Umgebung der implantierten Folienstücke zu erkennen.
Sowohl die Anzahl als auch die Größe der Blutgefäße
sind jeweils deutlich höher als bei der Negativkontrolle
in 1. Dieses Ergebnis belegt, dass durch nicht-poröse Formkörper,
die aus einem unter physiologischen Bedingungen unlöslichen,
resorbierbaren, Gelatine enthaltenden Material gebildet sind, die
Angiogenese lokal stimuliert werden kann.
-
Um
den zeitlichen Rahmen der Angiogenese fördernden Wirkung
zu untersuchen, wurden bei einer weiteren Maus zwei Folienstücke
der Folie B (mittlerer Vernetzungsgrad) implantiert (wie oben beschrieben).
Diese Maus wurde nach 21 Tagen getötet und das subkutane
Gewebe im Bereich der Implantate wiederum optisch ausgewertet.
-
Das
Ergebnis zeigt die 3. Die relativ dünnen
Gelatinefolien B sind nach 21 Tagen bereits weitgehend resorbiert
und haben ihre strukturelle Integrität verloren. Gleichzeitig
zeigt die fotografische Darstellung, dass die neu gebildeten Blutgefäße,
die bei den entsprechenden Folien nach 12 Tagen beobachtet wurden
(vgl. 2b), sich wieder zurückgebildet
haben.
-
Dieses
Ergebnis zeigt, dass der angiogenetische Effekt des nicht-porösen
Formkörpers zeitlich begrenzt ist. Mit der fortschreitenden
Resorption des Angiogenese fördernden Substrats bilden
sich auch die Blutgefäße wieder zurück. Über
die Wahl des vorgegebenen Vernetzungsgrades kann jedoch die Resorptionsgeschwindigkeit
und damit auch der zeitliche Rahmen der Angiogenese beeinflusst
werden.
-
Insgesamt
bestätigen diese Versuche, dass mit Hilfe des erfindungsgemäßen
Substrates gezielt, sowohl räumlich als auch zeitlich,
die Angiogenese im menschlichen oder tierischen Körper
stimuliert werden kann.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste
der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert
erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information
des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen
Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt
keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- - EP 1415663
A1 [0008]
- - EP 1555030 A1 [0008]
- - DE 102005054937 [0014]
- - DE 102004024635 A1 [0036]
-
Zitierte Nicht-Patentliteratur
-
- - B. Alberts
et al., Molekularbiologie der Zelle, VCH Weinheim, 3. Auflage 1995,
Seiten 1360–1364 [0006]
- - S. M. Sweeney et al., Journal of Biological Chemistry Vol.
278, No. 33, Seiten 30516 bis 30524 (2003) [0009]
- - R. Xu et al. in Biochemical and Biophysical Research Communications
289, Seiten 264 bis 268 (2001) [0009]