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Mit
der Etablierung nukleinsäureanalytischer Methoden
in der klinischen und molekularbiologischen Laboratoriumspraxis,
insbesondere der klinischen Analytik, haben Methoden zur Nukleinsäureaufreinigung
eine rasante technologische Entwicklung durchlaufen. Besonderes
Augenmerk gilt vor allem Nukleinsäureisolationsverfahren, die
geeignet sind auf automatischen „Liquid Handling”-Systemen appliziert
zu werden. Herausragend sind hier Festphasenextraktionskonzepte,
d. h. die aus dem zu untersuchenden Probenmaterial zu isolierenden
Nukleinsäuren
werden an feste Oberflächen
gebunden, in der Probenmatrix enthaltene Verunreinigungen aus dem
heterogenen System heraus gewaschen und anschließend die gereinigten Nukleinsäuren von
der festen Phase wieder abgelöst.
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Eine
außerordentliche
Stellung in diesen Systemen nehmen die Adsorbentien in Form von
superparamagnetischen Mikropartikeln ein, da durch die mögliche Manipulation
dieser Adsorbentien mit magnetischen Feldern ein manuelles Eingreifen
in den Extraktionsverlauf umgangen und der Prozeß damit besonders vorteilhaft
vollautomatisch gestaltet werden kann.
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Eines
der ältesten
Verfahren, die dieses grundsätzliche
Prinzip nutzen, ist die von Gillespie und Vogelstein vorgeschlagene
Anwendung von silikatischen Materialien, wie fein verteiltem Glas,
an welche Nukleinsäuren
in Pufferlösungen
fixiert werden, die im wesentlichen chaotrope Salze als Pufferbestandteil
verwenden [Proc Natl Acad Sci U. S. A. 76 (1979) 615–9]. Van
Boom hat dieses Verfahren unter Nutzung ähnlicher silicatischer Matrices
und Puffersysteme auf komplexere biologische Materialien erweitert
[Boom R. et al. J. Clin. Microbiol. 37 (1999) 615–9,
EP 389 063 und
CA 2271603 ]. Nachteilig in diesen
Systemen ist vor allem, dass die Nukleinsäuren nur unter den chaotrophen
Bedingungen, die zu ihrer Bindung an die festen Oberflächen geführt haben,
auch an den Oberflächen
verbleiben. Die zur Bindung der Nukleinsäuren notwendigen chaotropen
Salze stören
aber empfindlich die an die Nukleinsäuerisolierung folgende eigentliche
Analytik.
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Diese
störenden
chaotropen Salze wurden bislang durch den Einsatz von Waschlösungen die
einen erheblichen Anteil von in Wasser löslichen organischen Lösungsmitteln
haben (meist deutlich mehr als 50 Vol% organisches Lösungsmittel)
von der festen Phase gewaschen, wobei die zu isolierenden Nukleinsäuren an
der festen Phase gebunden bleiben. Diese organischen Lösungsmittel
haben jedoch auch ein ebenfalls erhebliches Inhibitionspotential
für die vor
allem auf enzymatischen Reaktionen beruhende Nukleinsäureanalytik
und müssen
deshalb vor der eigentlichen Elution der Nukleinsäuren entfernt
werden, was den Prozess erheblich verlangsamt und technisch kompliziert
(Temperaturerhöhung
um Verdampfen zu beschleunigen, lange Wartezeiten).
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Ein
auf der Nutzung nichtchaotroper Salze beruhendes Verfahren begründen Bendzko
et al. [
DE 19856064 ,
US 2001041332 ]. In dem
sie sogenannte kosmotrope Salzlösungen
zur Bindung von Nukleinsäuren
an silikatische Oberflächen
nutzen, ohne dabei jedoch die prinzipiellen Nachteile des Ursprungverfahrens
zu beseitigen.
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In
US 2003049671 wird vorgeschlagen,
mit negativ geladenen Gruppen modifizierte vornehmlich silikatischen
Oberflächen
zur Isolation von Nukleinsäuren
zu verwenden. Es werden jedoch keine Bedingungen unter denen Nukleinsäuren an
diese Materialien binden beschrieben und es ist nahe liegend das
der prinzipielle methodische Ansatz den Verfahren mit chaotropen
oder kosmotrope Salzen entspricht.
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Dagegen
wird die Nutzung von negativ geladenen Karboxylgruppen tragenden
magnetischen Mikropartikeln zur Isolierung von DNA durch Hawkins ausführlich beschrieben
[
WO 9609379 ], der DNA
unter Verwendung von Puffersystemen mit hohem Anteil von Polyethylenglycol
und nicht chaotropen Salzen an karboxyliert Oberflächen bindet.
Auch hier ist der Einsatz von organischen Lösungsmitteln in den Waschpuffern
erforderlich, um die Komponenten der Bindungspuffer aus dem System
zu entfernen. Ein ähnlicher
Ansatz wird in
WO 02066993 verfolgt.
Anstelle der Karboxylgruppen tragenden magnetischen Mikropartikel
werden hier Zellulosederivate mit speziellen magnetischen Eigenschaften
zur Nukleinsäureisolation
mit Hilfe von polyethylenglycolhaltigen Puffern vorschlagen.
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Die
Verwendung von silikatischen Materialien in Kombination mit Puffersystemen,
die organische Lösungsmittel
enthalten, wird in
EP 0512 767 eingeführt. Hier
spielen die Polaritätsverhältnisse
der Komponenten im verwendeten heterogenen System eine entscheidende
Rolle. Ebenfalls müssen
die organischen Lösungsmittel
durch Evaporation vor der eigentlichen Elution der Nukleinsäuren aus
dem System entfernt werden, da sonst die sich der Isolation anschließende Nukleinsäureanalytik
gefährdet
ist.
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Methodisch
grundsätzlich
anders ist das Verfahren, welches den so genannten Charge Switch Mechanismus
verwendet [
WO 0248164 ].
Hier werden Nukleinsäuren
in einem wässrigen
Puffersystem mit einem schwach sauren pH-Wert unter Nutzung eines Ionenaustauschmechanismus
an positiv geladene Oberflächen
gebunden. Bei Beibehaltung des schwach sauren pH-Wertes, werden
in rein wässrigem
Medium unter kontrollierter Ionenstärke die Verunreinigungen aus
dem System heraus gewaschen und anschließend durch Einsatz schwach
alkalischer Bedingungen die Nukleinsäuren vom Träger eluiert. Dies gelingt aufgrund
der in das System eingebrachten ionenaustauschaktiven Gruppen (i.
d. R. aliphatische oder heterocyclische Aminogruppen), deren Ladung
in Abhängigkeit
vom pH-Wert des Mediums positiv oder neutral ist. Die Bindung der
Nukleinsäuren an
die Oberflächen
erfolgt dabei direkt unter Wechselwirkung der negativ geladenen
Nukleinsäuren
mit der positiv geladenen Oberfläche
der beschriebenen Partikel.
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Problematisch
ist in diesem System, dass erstens eine Anbindung aller in der Probenmatix
enthaltenen Makromoleküle
mit einer negativen Nettoladung wahrscheinlich ist und damit die
Koisolation von Proteinen und negativ geladenen Polysacchariden, wie
z. B. Heparin, droht, was die Qualität der isolierten DNA negativ
beeinflusst. Auch sind Ionenaustauschwechselwirkungen sehr empfindlich
gegenüber
höheren
Ionenstärken
und der Anwesenheit von Detergenzien im Bindungsmedium. Beides erfordert ein
sehr genaues Einstellen der Bindungsbedingungen (neben dem pH-Wert
besonders die Salzkonzentration und den Gehalt von z. B. kationischer
Detergenzien), was problematische Kompromisse bei der Ausgestaltung
der Lysebedingungen zum Aufschluß des Probenmaterials erzwingt.
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Demgegenüber sind
die eingangs beschriebenen, auf polaren Wechselwirkungen beruhenden Mechanismen
wesentlich robuster, was erhebliche Konsequenz für die eingesetzten Lysepuffersysteme hat.
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Völlig überraschend
konnte festgestellt werden, dass Nukleinsäuren unter Einwirkung von Puffern
mit einem im Vergleich zum formulierten Stand der Technik geringen
Anteil von weniger als 30 Vol% an teilweise oder komplett wasserlöslichen
organischer Lösungsmitteln,
ionischen und/oder nichtionischer Detergenzien und chaotropen Salzen
an polare Oberflächen,
vorzugsweise mit organischen Säuren
modifizierten Oberflächen
fester Stoffe adsorbiert werden können. Diese Oberflächen erfordern
grundsätzlich
keine strukturellen Eigenschaften, wie sie für Kieselgele oder ähnliche
silikatische Adsorbentien (Gläser)
typisch sind, etwa Silanolgruppen, Silizium-Sauerstoff-Siliziumbindungen
oder partiell geladene Silanolgruppenderivate.
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Durch
Waschen der an die genannten Oberflächen gebundenen Nukleinsäuren mit
wässrigen Lösungen von
Mediatoren, die sowohl Affinität
zur eingesetzten Oberfläche,
als auch Affinität
zu Nukleinsäuren
haben, kann der der Adsorption von Nukleinsäuren an die eingesetzte Oberfläche zugrunde
liegende Mechanismus von einer direkten Wechselwirkung der Nukleinsäuren mit
der Oberfläche,
in eine durch den Mediator vermittelte, indirekte umgewandelt werden.
Das führt
dazu, dass die Oberflächen mit
rein wässrigen
Puffern, ohne Zusatz bindungsvermittelnder Substanzen zu den Waschpuffern,
wie die eingangs beschriebenen chaotropen oder kosmotropen Salze
oder organische Lösungsmittel,
gewaschen werden können.
Erst das Aufheben der Wechselwirkung des Mediators mit der gebundenen
Nukleinsäure,
was vorteilhaft durch Erhöhung
des pH Wertes, der Temperatur oder beider Parameter erfolgen kann,
führt zur
Elution der Nukleinsäure
von der festen Oberfläche.
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In
einer besonderen Ausführungsform
der Erfindung kann die Analytik, die sich an die Nukleinsäureisolation
anschließt,
auch ohne die Elution der Nukleinsäuren von der Oberfläche erfolgen.
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Das
erfindungsgemäße Verfahren
zur Isolation von Nukleinsäuren
ist dadurch gekennzeichnet, dass Nukleinsäuren unter Verwendung von Puffersystemen,
die ein mit Wasser mischbares organisches Lösungsmittel in einer Konzentration
von 10–50
Vol% ein chaotropes Salz in einer Konzentration von 1–2 Mol/l
und ein ionisches und/oder nichtionisches Detergenz mit einer Konzentration
von 1–20%
enthalten adsorbtiv an polare Oberflächen gebunden werden und diese
Oberflächen
nach Entfernen der Bindungsmixtur mit wässerigen Lösungen von oligomeren Polyaminen
(Mediatoren) gewaschen werden.
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Die
Bindung erfolgt vorteilhaft bei pH-Werten um den Neutralpunkt.
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Dabei
ist die Struktur der erfindungsgemäßen Oberfläche polaren Charakters, besonders
bevorzugt ist die Modifikation mit organischen Säuren wie Phosphorsäureestern,
Phosphonsäure-,
Sulfonsäure-
oder Karbonsäurederivaten,
besonders bevorzug sind Karbonsäurederivate.
Auch Kombinationen der erwähnten
Säuregruppierungen
können
erfolgreich verwendet werden, ebenso wie die Kombination von polaren
Säuregruppen
mit anderen polaren, aber auch unpolaren organischen Gruppen, wie Ether-,
Hydroxyl-, Alkyl- oder
Alkylengruppen.
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Die
Möglichkeit
der Bindung von Nukleinsäuren
an die mit organischen Säuren
modifizierten Oberflächen
unter den beschriebenen Pufferbedingungen überraschte besonders, da beide
interagierenden Spezies bei pH Werten in der Nähe des Neutralpunktes negativ
geladen sind und sich elektrostatisch abstoßen, was einer Adsorption entgegenwirkt. Trotz
dieser Tatsache lassen sich die Nukleinsäuren an die beschriebenen Oberflächen mit
der genannten Pufferkomposition binden.
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Besonders
effektiv funktioniert das Verfahren, wenn die organischen Säuren in
der Form ihrer polymeren Derivate als homo- und/oder copolymere Strukturen
auf die Oberfläche
aufgebracht werden.
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Damit
ist ein überraschend
einfaches Verfahren gefunden worden, welches es erlaubt, aus einer Vielzahl
von unterschiedlichen Nukleinsäuren
enthaltenden Lösungen,
auf einfache, kostengünstige
und schnelle Weise Nukleinsäuren
in hoher Reinheit zu isolieren.
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Dem
Fachmann ist die chemische Struktur der Nukleinsäuren im Sinne dieser Erfindung
bekannt. Es werden unter Nukleinsäuren sowohl native Desoxyribonukleinsäuren (im
Weiteren als DNA bezeichnet), wie auch Ribonukleinsäuren (im
Weiteren als RNA bezeichnet) mit einer Kettenlänge von mehr als 20 Basenpaaren,
insbesondere mehr als 100 Basenpaaren verstanden.
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Dabei
ist der chemische bzw. biologische Ursprung der Nukleinsäuren nicht
für die
Möglichkeit
ihrer Isolierung nach dem erfindungsgemäßen Verfahren von Belang.
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Es
können
Nukleinsäuren
aus biologischen Flüssigkeiten
wie beispielsweise Blut, Plasma, Serum oder Bakterienkulturen isoliert
werden. Die biologische Rolle der Nukleinsäuren ist dabei unerheblich. Es
können
beispielsweise sowohl genomische Nukleinsäuren aus Zellkernen, wie auch
Nukleinsäuren aus
Organellen, etwa Mitochondrien, nach dem erfindungsgemäßen Verfahren
isoliert werden.
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Manchmal
ist es von Vorteil, insbesondere bei der Isolierung von Nukleinsäuren aus
biologischen Materialien, die ursprünglichen Probenmaterialien
mit Hilfe von enzymatischen Prozessen, mechanischen oder thermischen
Behandlungen oder Kombinationen dieser Verfahren, vor der eigentlichen Isolierung
aufzuschließen
und die Nukleinsäuren leichter
der Isolierung zugänglich
zu machen.
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Ebenso
ist neben der Isolierung von Nukleinsäuren aus biologischen Materialien
die Isolierung von Nukleinsäuren
aus Mischungen und Rezepturen zur in vitro Manipulation von Nukleinsäuren möglich. Beispielhaft
seien hier erwähnt
Reaktionsgemische zur DNA Sequenzierung, Reaktionsansätze der
Polymerasekettenreaktion (PCR), Reaktionsansätze zur Spaltung von Nukleinsäuren mit
Restriktionsendonukleasen.
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Unter
Oberflächen
im Sinne dieser Erfindung werden insbesondere Phasengrenzflächen zwischen flüssigen und
festen Phasen verstanden.
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Polare
Gruppen im Sinne der Erfindung sind vorzugsweise nichtionische polare
Gruppen, wie Hydroxyl- oder Thiolgruppen, oder negativ geladene Gruppen,
vorzugsweise organische Säuren,
wie Phosphorsäuremono
und -diester, Phosphon-, Sulfon- oder Karbonsäuren. Es können diese funktionellen Gruppen
als funktionelle Spezies allein oder im Gemisch der genannten Funktionalitäten auf
einer Oberfläche
kovalent fixiert werden.
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Die
für das
erfindungsgemäße Verfahren notwendigen
festen Phasen mit organischen Säureresten
auf der Oberfläche
lassen sich durch direkte Synthese aus den Monomeren polymerisationsfähiger organischer
Säuren
herstellen, wobei es vorteilhaft sein kann, dem Polymerisationsansatz
zusätzliche
Komponenten, wie Vernetzer oder Löslichkeit vermindernde Monomere
zuzusetzen.
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Verfahren
zur Polymerisation sind aus dem Stand der Technik bekannt. Vorteilhafterweise
erfolgt die Polymerisation der Monomeren organischen Säuren in
Gegenwart einer vernetzenden Monomerkomponente, im organischen Lösungsmittel,
da hier die Produkte aus dem Reaktionsansatz ausfallen und leicht
abzutrennen sind.
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Weiterhin
sind dem Fachmann Verfahren zur Aufbringung funktioneller Gruppen
auf Trägermaterialien
hinlänglich
bekannt. Beispielhaft seien hier angeführt die Aminofunktionalisierung
von silikatischen Materialien durch Reaktion mit 3-Aminopropyltriethoxysilan
und dem anschließenden
Umsatz mit Bernsteinsäureanhydrit
zur Fixierung von Karboxylgruppen oder der Reaktion von Hydroxylgruppen
einer Oberfläche
mit in Phosphorsäure
gelösten
Phosphor(V)oxid zur Aufbringung von Phosphorsäureestergruppen. Weitere Verfahren
zur Oberflächenmodifikation
sind in bei Weetall [Methods in Enzymology (1976) 134) ausführlich beschrieben.
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Besonders
vorteilhaft im Sinne dieser Erfindung ist die Verwendung von polymeren
organischen Säureresten,
wie sie auch in
WO 2005066361 beschrieben
sind. Dabei kann es sich um Homopolymere der organischen Säuren handeln,
wie beispielsweise Polyacryl- oder Polymethacrylsäure. Ebenso eignen
sich Heteropolymere von organischen Säuren, wie beispielsweise Mischpolymerisate
von Styrensulfonsäure
und Maleinsäure.
Auch Heteropolymere aus polymerisationsfähigen organischen Säuren und
Monomerkomponenten, die keine Säuregruppierung
haben, werden als polymere organische Säuren im Sinne dieser Erfindung
betrachtet.
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Die
Anbindung dieser polymeren organischen Säuren auf die Oberfläche der
festen Phasen erfolgt dabei nach ähnlichem chemischen Prinzipien wie
sie beim Modifizieren von Oberflächen
mit monomeren Säuregruppierungen
zum Einsatz kommen. Beispielhaft seien hier erwähnt die Reaktion mit an fester
Phase gebundenen Aminogruppen mit polymeren Sulfonsäurechloriden
oder mit Polyacrylsäuren
in Gegenwart von Kondensationsreagenzien wie Karbodiimiden.
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Werden
organischen Säuren
als Modifikation auf feste Phasen aufgebracht, können als feste Phasen organische
Materialien, insbesondere organische Polymere mit funktionellen
Gruppen, beispielsweise Aminogruppen oder Hydroxylgruppen auf deren
Oberfläche
verwendet werden.
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Auch
anorganische mineralische Oberflächen
von z. B. Kieselgelen, Kieselgelen mit superparamagnetischen Eigenschaften,
als Glasplatten ausgebildete Mikroreaktoren, Glaskapillaren sind
als modifizierbare Oberflächen
zur Nukleinsäureisolation einsetzbar.
Die ursprünglich
in den genannten Materialien vorhandenen Oberflächensstrukturen werden dabei
durch die Oberflächenmodifikation
in der Weise verändert,
dass das modifizierte Material kein dem Ausgangsmaterial entsprechende
Adsorbtionseigenschaften mehr besitzt, demzufolge nicht mehr als
Adsorptionsmaterial mit den für
die Stoffklasse typischen Adsorptionseigenschaften eingesetzt werden kann.
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Zur
Nukleinsäureisolation
nach dem erfindungsgemäßen Verfahren
wird eine nukleinsäurehaltige
Lösung,
vorzugsweise eine durch eine enzymatische Behandlung in einem Lysepuffer
oder durch einen mechanischen Aufschluß vorbehandelte biologische
Probe, wobei die biologische Probe eine Körperflüssigkeit wie Blut oder dessen
Bestandteile, Urin, Teil einer Pflanze, Materialien aus der forensischen,
wie klinischen Analytik, insbesondere Schleimhautabstriche von Wangenschleimhäuten, getrocknete
Blutspuren, Haare, Epitelzellen sein kann, mit einem Bindungspuffer
in Gegenwart einer festen Phase, deren Oberfläche polare Gruppierungen, insbesondere
organische Säuren
aufweist, gemischt.
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Das
entstehende Gemisch von Bindungspuffer und biologischer Probe enthält neben
dem Bestandteilen des Puffers der zum Lysieren der biologischen
Probe eingesetzt wurde, mindestens ein chaotropes Salz in einer
Konzentration von 1–2
Mol/l, vorzugsweise 1,5 Mol/l, ein mit Wasser mischbares organisches
Lösungsmittel
in einer Konzentration von 10– 50
Vol% vorzugsweise 25–30
Vol%, und ein ionisches und/oder nichtionisches Detergent mit einer Konzentration
von 1–20%,
vorzugsweise 3–10%.
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Als
chaotropes Salz werden bevorzugt Guanidiniumsalze, insbesondere
Guanidiniumhydrochlorid zur Anwendung gebracht.
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Als
organische Lösungsmittel
besonders geeignet sind Alkohole, vorzugsweise mit einer unverzweigten
aliphatischen Kohlenstoffkette von mindestens 2 Kohlenstoffatomen,
besonders bevorzugt sind drei Kohlenstoffatome.
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Bevorzugte
nicht ionische Detergenzien sind die aus der Reihe der mit dem Trivialnamen
Tween vertriebenen, besonders bevorzugt Tween 20.
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Als
ionische Detergenzien besonders geeignet sind Derivate von Karbonsäuren, insbesondere das
Natriumsalz des N-Laurylsarcosins.
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Die
stoffliche Natur der festen Phase ist für das erfindungsgemäße Verfahren
nicht erheblich sondern die Eigenschaften der Oberfläche der
festen Phase.
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Als
feste Phase kommen vor allen oberflächenmodifizierte organische
Polymere oder mineralische Materialien, vorzugsweise mit inherenten
magnetischen Eigenschaften, besonders superparamagnetische Mikropartikel
mit einem durchschnittlichen Teilchendurchmesser von 2–100 μm, besonders
3–8 μm zum Einsatz.
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Der
pH-Wert der Bindungsmischung beträgt zwischen 4 und 7, bevorzugt
Werte zwischen 6 und 7, ganz besonders 6,5.
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Nach
Binden der Nukleinsäuren
an die modifizierte Oberfläche
wird der Überstand
abgenommen und die an die Oberfläche
gebundenen Nukleinsäuren
mit einem Waschpuffer gewaschen, der ein Mediatormolekül mit Affinität zur festen
Phase und zu Nukleinsäuren,
vorzugsweise ein oligomeres Polyamin, besonders bevorzugt sind Derivate
des Polyethylenimins, enthält.
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Der
pH-Wert des Waschpuffers beträgt
zwischen 4 und 7, bevorzugt Werte zwischen 6 und 7, ganz besonders
6,5.
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Als
oligomeres Polyamin können
Verbindungen vom Typ kurzkettiger Polyethylenimine, bevorzugt oligomere
Polyamine des Types Spermin, Spermidin oder Putrescin und verwandte
Strukturen in einer Konzentration von 0,1 bis 20 mM. Besonders geeignet
sind Konzentrationen der oligomeren von 0,5–3 mM Polyethylenimin.
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Letzte
Spuren von Verunreinigungen können in
einem weiteren Waschschritt mit reinem Wasser oder salzarmen, schwach
gepufferten wässrigen
Lösungen
entfernt werden.
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Die
Elution der Nukleinsäuren
erfolgt dann unter Bedingungen, die die Wechselwirkung zwischen
der Nukleinsäure
und dem funktionalen Mediator und oder dem Mediator und der polaren
Oberfläche
aufheben, vorzugsweise bei einem pH-Wert zwischen 8 und 10 und Temperaturen
von 20 bis 75°C, vorzugsweise
im Bereich 30–55°C.
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Die
isolierten Nukleinsäuren
sind in der PCR und anderen molekularbiologischen Analysenverfahren
einsetzbar.
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In
einer besonderen Ausführungsform
der Erfindung entfällt
die Elution der Nukleinsäuren
von der modifizierten Oberfläche
und die an die Oberfläche
gebundenen Nukleinsäuren
werden direkt und ohne eluiert zu werden in die molekularbiologische Analytik
eingebracht.
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Die
Erfindung soll nun anhand von einigen Beispielen erklärt werden,
ohne sie jedoch auf diese Beispiele zu beschränken.
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Die
Konzentrationsangaben „M” und „mM” beziehen
sich auf Mol/l und mMol/l.
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Die
Beispiele 1–4
beschreiben die Herstellung der im erfindungsgemäßen Verfahren eingesetzten
Vorprodukte.
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Beispiel 1:
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Herstellung vernetzter Karboxylgruppen
tragender magnetischer Mikropartikel
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2
ml Acrylsäure,
2 ml Ethylenglycol-bis-methacrylat, 10 ml Methacrylsäureethylester,
2 g frisch gefälltes
Eisen-(II, III)-oxid und 100 mg Dodecylsulfat Natriumsalz werden
in 130 ml Ethanol gelöst
und 10 Minuten mit Argon gespült.
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Dann
gibt man 200 mg Benzoylperoxid zur Mischung und erhitzt auf 75°C.
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Es
wird 17 Stunden bei dieser Temperatur gerührt, dann mit Hilfe eines starken
Permanentmagneten die magnetischen Bestandteile aus der Mischung
entfernt, 3 mal mit 200 ml Ethanol gewaschen, wobei die magnetischen
Bestandteile der Mischung immer mit Hilfe eines starken Permanentmagneten
separiert werden.
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Dann
saugt man ab und trocknet an der Luft.
- Ausbeute: ca. 10
g irreguläre
Partikel
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Beispiel 2:
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Herstellung von aminopropyliertem Kieselgel
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10
g magnetisches Kieselgel (AGOWA GmbH) werden 24 Stunden in einer
1%igen Lösung von
Aminopropyl-triethoxysilan in Ethanol am Rückfluß gekocht.
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Dann
saugt man das modifizierte Kieselgel ab, wäscht zweimal mit Ethanol, trocknet
an der Luft und erhitzt anschließend 4 h auf 110°C im Trockenschrank.
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Beispiel 3:
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Bindung von Polyacrylsäure auf aminopropyliertem magnetisches
Kieselgel
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5
g des im Beispiel 2 hergestellten Kieselgels werden in 100 ml eine
1%igen Acrylsäurelösung (MW 4.000.000,
Aldrich) in 10 mM Imidazolpuffer, pH 7 suspendiert.
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Zu
dieser Mischung gibt man 50 mg EDC[N-(3-Dimethylaminopropyl)-N'-ethyl-carbodiimid-hydrochlorid]
und rührt
4 Stunden bei Raumtemperatur.
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Dann
saugt man das Kieselgel ab, wäscht
es dreimal mit ca. 100 ml Wasser und trocknet es an der Luft.
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Beispiel 4
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Bindung von Polyacrylsäure auf aminogruppentragenden
Polystyrenpartikel
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5
ml einer 10%igen Suspension von Polystyrenmikropartikeln (EM2, VWR
International) mit einem mittleren Teilchendurchmesser von 3 μm werden
zu 5 ml einer 2%igen Polyacrylsäurelösung in
20 mM Imidazolpuffer, pH 7 gegeben. Man addiert 10 mg EDC[N-(3-Dimethylaminopropyl)-N'-ethyl-carbodiimid-hydrochlorid]
und rührt
4 h bei Raumtemperatur. Dann werden die magnetischen Mikropartikel
mit Hilfe eines starken Permanentmagneten abgetrennt und mit zweimal
20 ml destilliertem Wasser gewaschen, wobei die Partikel jedes mal
mit einem Permanentmagneten separiert werden.
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Beispiel 5:
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Isolierung von DNA aus humanem EDTA Blut
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10 μl Blut werden
mit 90 μl
Lysepuffer (1% SDS, 50 mM TrisHCl, 0,1 M NaCl, 20 mM EDTA, pH 8)
und 5 μl
Proteinase K Lösung
(40 μg/ml)
gemischt und 10 Minuten bei 55°C
inkubiert. Das Lysat wird zu einer Mischung aus 15 μl einer Suspension
der im Beispiel 3 hergestellten Partikel (100 mg Partikel in 1 ml
Wasser) und 300 ml Bindungspuffer (2 M Guanidinhydrochlorid, 10%
Laurylsarcosin-Natriumsalz, 30 Vol% Ethanol, 20 mM BisTris pH 6,5))
gegeben. Alle Komponenten werden sorgfältig gemischt und 2 Minuten
bei Raumtemperatur inkubiert.
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Dann
separiert man die Magnetpartikel mit der gebundenen DNA und wäscht mit
500 μl 3
mM Spermidinhydrochloridlösung
in 10 mM Kaliumphosphatpuffer, pH 6,5 und anschließend mit
500 μl destilliertem
Wasser.
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Die
an die Partikel gebundene DNA wird dann in 50 μl TE (10 mM TrisHCl pH 8, 1
mM EDTA) im Verlauf von 10 Minuten bei 55°C eluiert.
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Beispiel 6:
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Isolation von DNA aus Pflanzenmaterialien
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Ca.
30 mg pflanzliche Keimblätter
werden mit 250 μl
eines Lysepuffers (1% CTAB, 10 mM TrisHCl pH 8, 50 mM EDTA, 0,1
M Natriumchlorid) versetzt und in einer Kugelmühle gemahlen. Anschließend inkubiert
man das Mahlgut für
10 Minuten bei 55 Grad und zentrifugiert dann die festen Bestandteile
ab.
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200 μl des von
Feststoffen freien Lysates werden mit 30 μl der Partikelsuspension und
500 μl des
Bindungspuffers, die im Beispiel 5 verwendet wurden, versetzt und
alle Komponenten gut durchmischt.
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Nach
Abtrennen der an die Magnetpartikel gebundenen DNA wird wiederum
mit 500 μl
Waschpuffer (3 mM Spermidinhydrochloridlösung in 10 mM Kaliumphosphatpuffer)
und anschließend
mit 500 μl Wasser
gewaschen.
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Die
an die Partikel gebundene DNA wird dann in 100 μl TE (10 mM TrisHCl pH 8, 1
mM EDTA) im Verlauf von 10 Minuten bei 55 Grad eluiert.
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Beispiel 7:
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DNA Isolation aus einem Mundschleimhautabstrichen
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Ein
Wattetupfer, der zur Isolation von Schleimhautzellen aus dem Mund
benutzt wurde, wird in 150 μl
Lysepuffer (1% SDS, 50 mM TrisHCl, 0,1 M NaCl, 20 mM EDTA, pH 8),
der 5 μl
einer Proteinase K Lösung
(4 mg/ml Wasser) enthält
gesteckt und für
10 Minuten bei 55°C
inkubiert.
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Das
Inkubationsgefäß wird mit
einem kleinen Loch am Boden versehen und in ein Auffanggefäß gesteckt.
Durch Zentrifugation trennt man die flüssigen Bestandteile des Lysates
ab.
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100 μl des Lysates
werden zu einer Mischung aus 15 μl
einer Suspension der im Beispiel 3 hergestellten Partikel (100 mg
Partikel in 1 ml Wasser) und 300 ml Bindungspuffer (2 M Guanidinhydrochlorid,
10% Laurylsarcosin-Natriumsalz, 30 Vol% Ethanol, 20 mM BisTris pH
6,5)) gegeben. Alle Komponenten werden sorgfältig gemischt und 2 Minuten bei
Raumtemperatur inkubiert.
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Dann
separiert man die Magnetpartikel mit der gebundenen DNA und wäscht mit
500 μl 3
mM Spermidinhydrochloridlösung
in 10 mM Kaliumphosphatpuffer, pH 6,5 und anschließend mit
500 μl destilliertem
Wasser.
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Die
an die Partikel gebundene DNA wird dann in 50 μl TE (10 mM TrisHCl pH 8, 1
mM EDTA) im Verlauf von 10 Minuten bei 55 Grad eluiert.