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Als
grauen Star oder Katarakt bezeichnet man die häufig altersbedingte Eintrübung der
ursprünglich
klaren Augenlinse. Zur Behandlung des grauen Stars bedarf es einer
operativen Entfernung der getrübten
Linse (Kataraktoperation). Anschließend wird eine künstliche
Linse (Intraokularlinse oder IOL) eingesetzt.
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Durch
die Entfernung der Linse steigt jedoch die Gefahr einer Schädigung der
Netzhaut des Auges, die beispielsweise durch eine erhöhte Durchlässigkeit
der Intraokularlinse für
blaues Licht hervorgerufen werden kann. Als blaues Licht bezeichnet
man kurze, vergleichsweise hochenergetische Wellenlängen des
sichtbaren Lichts, typischerweise im Bereich von 400–500 nm.
Blaues Licht ist sowohl ein Bestandteil der Sonnenstrahlung als
auch des künstlichen
Lichts. Die Transmission von blauem Licht durch die Linse des menschlichen
Auges verringert sich als Ergebnis des normalen Alterungsprozesses. Damit
wird die Menge an blauem Licht, das die Netzhaut erreicht, ebenfalls
verringert. Wird die Augenlinse im Rahmen einer Kataraktoperation
entfernt und durch eine Intraokularlinse ersetzt, so kann dieser natürliche Schutz
vor einer Schädigung
der Netzhaut entfallen, wodurch die Entwicklung oder das Fortschreiten
einer Makuladegeneration begünstigt
werden kann.
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Um
das menschliche Auge nach einer Kataraktoperation vor den einfallenden
Strahlen höherenergetischen
blauen Lichts zu schützen,
werden Intraokularlinsen angeboten, die mit einem Blaulichtfilter versehen
sind. Derartige Linsen sollen einen erheblichen Anteil des blauen
Lichts aus dem sichtbaren Wellenlängenbereich herausfiltern und
einer Schädigung
der Netzhaut vorbeugen ohne dabei die Farbwahrnehmung des Patienten
zu beeinträchtigen. Auch
UV-Filter werden zu diesem Zweck in Intraokularlinsen verwendet.
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Allerdings
ist durch die mit einem Farbfilter oder UV-Filter versehenen Linsen
ein effektiver Schutz erst dann gewährleistet, wenn die künstliche Linse
in die Linsenkapsel des Auges eingesetzt ist. Während der Durchführung der
Operation, d.h. insbesondere während
und nach dem Entfernen der natürlichen
Augenlinse und vor dem Einsetzen einer künstlichen Linse, ist die Netzhaut
des Auges einfallendem höherenergetischen
Licht, z.B. eines Operationsmikroskops, ausgesetzt.
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Aufgabe
der vorliegenden Erfindung ist es damit eine Möglichkeit zu schaffen, um die
Netzhaut schon während
eines chirurgischen Eingriffs am Auge, d.h. insbesondere nach der Entfernung
der natürlichen
Augenlinse bei einer Kataraktoperation, vor einfallendem höherenergetischen,
insbesondere blauem Licht, zu schützen.
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Gelöst wurde
diese Aufgabe durch die Bereitstellung eines Fluids zur intraokularen
Anwendung, das mindestens ein Farbmittel mit einer Lichtabsorption
im Wellenlängenbereich
von 400–500
nm umfasst. In diesem Zusammenhang wurde festgestellt, dass die
Zugabe eines Farbmittels zu Fluiden, die im Rahmen von chirurgischen
Eingriffen am Auge Verwendung finden, dazu geeignet ist, effektiv
die Belastung der Netzhaut durch energiereiches blaues Licht zu
reduzieren oder vollständig
zu vermeiden. Insbesondere eignen sich als Fluide zum Einsatz im Rahmen
der vorliegenden Erfindung viskoelastische Lösungen oder intraokulare Spüllösungen.
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Bei
der Schädigung
der Netzhaut, die durch die erfindungsgemäßen Fluide verhindert bzw.
vermindert werden kann handelt es sich insbesondere um eine Makuladegeneration,
d.h. um eine Beschädigung
der Netzhautzellen oder Photorezeptorzapfen in der gelben Makularegion
im Zentrum der Netzhaut, wie sie beispielsweise durch das Auftreffen
energiereicher Strahlen auf die betreffende Region ausgelöst werden
kann (photochemische Prozesse).
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Wie
vorstehend erläutert
betrifft die vorliegenden Erfindung Fluide die im Rahmen eines chirurgischen
Eingriffs am Auge, insbesondere einer Kataraktoperation, eingesetzt
werden können.
Bei einer solchen Operation wird die Linsenkapsel des Auges geöffnet, und
deren Inhalt wird entfernt. Im Rahmen dieses Vorgangs kommt es zu
einem Flüssigkeitsverlust
im Auge, womit auch ein Stabilitätsverlust
einhergeht. Um diesen zu begrenzen und das Augenvolumen aufrechtzuerhalten
wird während
der Operation typischerweise eine Perfusion mit einer intraokularen Spüllösung durchgeführt. Da
diese Lösung
während des
operativen Eingriffs die Augenkammer durchspült, eignet sie sich als erfindungsgemäßes Fluid, wenn
ihr ein Farbmittel mit den passenden Lichtabsorptionseigenschaften
zugesetzt wird.
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Als
Basis für
das erfindungsgemäße Fluid kann
danach in einer Ausführungsform
jede auf dem Fachgebiet bekannte intraokulare Spüllösung eingesetzt werden. Bei
solchen Spüllösungen,
die von einer Reihe von Anbietern kommerziell erhältlich sind, handelt
es sich typischerweise um sterile wässrige Salzlösungen,
insbesondere um physiologische Salzlösungen, die in ihrem Salzgehalt
beispielsweise dem des Kammerwassers bzw. der Glaskörperflüssigkeit
entsprechen. Typischerweise enthalten solche Spüllösungen Natriumchlorid und Magnesiumchlorid,
ggf. zusammen mit einem oder mehreren Bestandteilen, ausgewählt aus
Calciumchlorid, Kaliumchlorid, Natriummonohydrogenphosphat und Natriumhydrogencarbonat.
Wie auf dem Fachgebiet bekannt, können sie geeigneterweise durch
weitere Salze oder andere Bestandteile angereichert werden, beispielsweise
mit einem Antibiotikum, mit Glucose und/oder Glutathion. Der pH-Wert
der Spüllösungen kann
mit einem Puffer eingestellt werden. Er liegt in der Regel um den
Neutralpunkt, insbesondere bei 6,7 bis 8,0, bevorzugt 6,8 bis 7,5
bzw. 7,0 bis 7,4.
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Zur
Bereitstellung eines erfindungsgemäßen Fluids wird die intraokulare
Spüllösung mit
einer geeigneten Menge des Farbmittels versetzt. Besteht die intraokulare
Spüllösung aus
zwei oder mehr Teillösungen,
die unmittelbar vor dem Eingriff vermischt werden um die gebrauchsfertige
Spüllösung zuzubereiten,
so kann das Farbmittel einer der Teillösungen, aber auch dem Gemisch
der Teillösungen
zugesetzt werden.
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Handelt
es sich bei dem erfindungsgemäßen Fluid
um eine intraokulare Spüllösung, so
wird bevorzugt, als Farbmittel ein Farbstoff verwendet. Es können jedoch
auch Pigmente zum Einsatz kommen, sofern sichergestellt ist, dass
bei der intraokularen Perfusion eine Anreicherung des Farbmittels
in der Augenkammer vermieden wird.
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Alternativ
oder ergänzend
zu der intraokulare Spüllösung kann
als erfindungsgemäßes Fluid
in einer zweiten Ausführungsform
auch eine viskoelastische Lösung
eingesetzt werden. Dabei handelt es sich um eine bevorzugte Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung. Auch als Basis für die viskoelastischen Lösungen der
vorliegenden Erfindung können Produkte
eingesetzt werden, die auf dem Fachgebiet der ophthalmologischen
Chirurgie seit langem etabliert und kommerziell erhältlich sind.
Viskoelastische Lösungen
werden vom Augenchirurgen für
verschiedene chirurgische Zwecke verwendet, einschließlich der
Aufrechterhaltung intraokularer Räume, des Schutzes ophthalmischer
Gewebe und als Hilfsmittel bei der Manipulation ophthalmischer Gewebe.
Im Rahmen einer Kataraktoperation werden viskoelastische Lösungen oder
Viskoelastika beispielsweise in Stadien eingesetzt in denen die
Aufrechterhaltung des Augenvolumens durch die Zufuhr einer Spüllösung nicht
gewährleistet
werden kann.
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Charakteristische
Eigenschaften von viskoelastische Lösungen sind ihre Viskoelastizität, ihre Viskosität und ihre
Oberflächenspannung.
Viskoelastische Lösungen
zeigen in der Regel nicht-newtonsches
Verhalten, d.h. ihre Viskosität
nimmt bei Scherbelastung ab. Sie sind damit injizierbar, können aber dennoch
im Ruhezustand Hohlräume
im Gewebe, wie z.B. die Augenkammer stabilisieren. Die Oberflächenspannung
der viskoelastischen Lösungen
bestimmt ihre Fähigkeit,
Oberflächen
im Augeninneren zu bedecken und sich gegebenenfalls mit ihnen zu verbinden.
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Bei
den viskoelastischen Lösungen
handelt es sich in der Regel um sterile, pyrogenfreie Lösungen auf
Wasserbasis, in denen eine oder mehrere makromolekulare Verbindungen
gelöst sind.
Typischerweise handelt es sich bei diesen Materialien um Polysaccharide
bzw. um Salze von Polysacchariden. Diese makromolekularen Verbindungen
verleihen der Lösung
ihre viskoelastischen Eigenschaften. Sie werden im Rahmen der vorliegenden
Erfindung als "viskoelastische
Materialien" bezeichnet.
Verschiedene Arten von viskoelastischen Lösungen werden in der Literatur
beschrieben und sind kommerziell erhältlich. Diese herkömmlichen
viskoelastischen Lösungen
werden bevorzugt als Grundlage für
die Fluide der vorliegenden Erfindung eingesetzt.
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So
eignen sich zur Verwendung im Rahmen der Erfindung beispielsweise
die viskoelastischen Lösungen,
die unter den Marken Viscoat® von Alcon Laborstories
Inc., Hialon® und
Healon® von
Pharmacia Corp,. Amvisc® von IOLAB, Vitrax® von
Allergan und Cellugel® von Alcon erhältlich sind.
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Des
Weiteren sind erfindungsgemäß geeignete
viskoelastische Lösungen
in
EP-136782-A2 ,
US 4,819,617 ,
EP-414373-A ,
US 5,409,904 ,
WO 93/25187 ,
US 7,060,297 B2 ,
EP-244178-A und
WO 89/01205 beschrieben.
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Als
viskoelastisches Material enthalten solche Produkte, die im Rahmen
der Erfindung eingesetzt werden können, beispielsweise Polyacrylamid, Proteoglycane,
Kollagen, Methylcellulose, Ethylcellulose, Polyvinylpyrrolidon und
Ceratan, Carrageenan, Hyaluronsäure
und ihre Alkalisalze, Chondroitinsulfat und seine Alkalisalze, Hydroxypropylcellulose
oder Carboxymethylcellulose oder Gemische aus zwei oder mehr der
vorgenannten Substanzen, wie ein Gemisch aus Natriumhyaluronat und
Chondroitinsulfat. Bevorzugt unter den viskoelastischen Materialien sind
Natriumhyaluronat, Chondroitinsulfat sowie Gemische davon.
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Die
Konzentration der viskoelastische Materialien in der viskoelastischen
Lösung
beträgt
in der Regel 0,1 bis 10% (Gewicht/Volumen), typischerweise 0,5 bis
7%. Konzentrationen wie sie beispielsweise auch in kommerziellen
viskoelastischen Lösungen anzutreffen
sind, liegen im Bereich von 1% bzw. 2% bis 5% bzw. 7% (alle in Gewicht/Volumen).
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Bei
chirurgischen Schritten, die eine Spülung bzw. Absaugung beinhalten,
ist es im allgemeinen bevorzugt eine viskoelastisches Material zu
verwenden, das relativ größere Adhäsionseigenschaften und
relativ geringere Kohäsionseigenschaften
besitzt. Bei einer gegebenen Konzentration ist die Kohäsionskraft
um so größer je größer das
mittlere Molekulargewicht ist. Relativ größere Adhäsionseigenschaften werden damit
von viskoelastischen Materialien gezeigt die ein niedrigeres Molekulargewicht
aufweisen, d.h. typischerweise weniger als 1.000.000 Dalton, vorzugsweise
weniger als 750.000 Dalton. Die Viskosität solcher viskoelastischen
Lösungen liegt
typischerweise bei 3000 mPas bis etwa 70.000 mPas bei einer Scherrate
von 2 s–1 und
25°C, bevorzugt
etwa 10.000 bis 60.000 mPas und insbesondere bevorzugt 30.000 bis
50.000 mPas.
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Bei
chirurgischen Schritten, bei denen die Manipulation von empfindlichem
Gewebe eine Rolle spielt, setzt man im allgemeinen viskoelastische
Materialien ein, die relativ größere Kohäsionseigenschaften
und relativ geringe Adhäsionseigenschaften besitzen.
Typischerweise werden diese Materialien mittlere Molekulargewichte über 1.000.000
Dalton und besonders bevorzugt über
2.000.000 Dalton besitzen.
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Neben
dem viskoelastischen Material/den viskoelastischen Materialien können die
erfindungsgemäß eingesetzten
viskoelastischen Lösungen noch
weitere Bestandteile, wie Salze und/oder Puffer, enthalten. Typischerweise
kommen hier beispielsweise Natriumchlorid, Kaliumchlorid, Calciumchlorid, Magnesiumchlorid,
Natiumcitrat, Natriumacetat und Phosphatpuffer zum Einsatz.
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Der
pH-Wert der viskoelastischen Lösung
ist der intraokularen Verwendung angepasst und liegt typischerweise
um den Neutralpunkt, insbesondere bei 6,7 bis 8,0, bevorzugt 6,8
bis 7,5 bzw. 7,0 bis 7,4.
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Zur
Bereitstellung eines erfindungsgemäßen Fluids wird der viskoelastischen
Lösung
ein Farbmittel zugefügt.
Die erfindungsgemäßen Fluide
können als
gebrauchsfertiges Gemisch einer viskoelastischen Lösung mit
einem Farbmittel bereitgestellt werden. Es besteht jedoch auch die
Möglichkeit,
eine viskoelastische Lösung
und ein Farbmittel als medizinisches Kit in räumlich getrennter Form bereitzustellen
und die Komponenten des Kits unmittelbar vor dem Einsatz des gebrauchsfertigen
erfindungsgemäßen Fluids
zu vermischen.
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Als
Farbmittel kommen im Rahmen der Erfindung sowohl Pigmente als auch
Farbstoffe zum Einsatz. Um den Schutz der Netzhaut vor blauem Licht zu
gewährleisten
müssen
diese Farbmittel Lichtabsorption im Wellenlängenbereich von 400 bis 500 nm,
vorzugsweise von 430–500
nm oder 430–490
nm zeigen. Sie übernehmen
damit in den erfindungsgemäßen Fluiden
die Funktion eines Farbfilters, der höherenergetisches Licht der
entsprechenden Wellenlängenbereiche
aus dem sichtbaren Spektrum des Lichts herausfiltert. Ergänzend können die
Fluide der Erfindung auch Substanzen enthalten, die als UV-Filter
wirksam sind und Strahlung im Wellenlängenbereich < 400 nm absorbieren.
Die Farbmittel können nach
Absorption von Licht im genannten Wellenlängenbereich Fluoreszenz zeigen,
wobei die Emissionswellenlänge
jedoch über
die Grenze von 500 nm in den längerwelligen
Bereich verschoben sein sollte.
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Geeigneterweise
sollten die erfindungsgemäßen Fluide
mindestens ein Farbmittel umfassen, dessen Absorptiosspektrum ein
Maximum in den vorgenannten Wellenbereichen aufweist. Es können auch
Gemische von unterschiedlichen Farbmitteln verwendet werden deren
Absorptionsmaxima bei unterschiedlichen Wellenlängen in den vorgenannten Wellenlängenbereichen
zu finden sind.
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Aufgrund
ihrer Absorptionseigenschaften handelt es sich bei den genannten
Farbmitteln bevorzugt um gelbe Farbstoffe bzw. gelbe Pigmente. Sie sollten
nicht toxisch sein und in pH-Bereichen
einzusetzen sein, die keine physiologisch schädlichen Wirkungen hervorrufen.
Dem Fachmann sind geeignete biokompatible Farbmittel bekannt, die
im Bereich der Medizin Anwendung finden. Ein Beispiel für einen
geeigneten Farbstoff ist Fluorescein (z.B. auch in Form von Natrium-Fluorescein).
Als Beispiele für
Pigmente können
Carotinoide, insbesondere Lutein und Zeaxanthin genannt werden.
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Die
Konzentration des Farbmittels in den erfindungsgemäßen Fluiden
kann der Fachmann unter praktischen Erwägungen geeigneterweise einstellen. Die
verfügbare
Schichtdicke des Fluids während
des chirurgischen Eingriffs ist durch die Form der Augenkammer vorgegeben.
Während
des Durchtritts des Lichts durch das Fluid soll ein möglichst
großer
Anteil der Strahlung in den vorgenannten Wellenlängenbereichen absorbiert werden.
Idealerweise sollte dieser Anteil 100% betragen. Der vorteilhafte
Effekt der vorliegenden Erfindung zeigt sich jedoch bereits dann, wenn
der Anteil des blauen Lichts durch Absorption in den erfindungsgemäßen Fluiden
verringert wird, d.h. wenn beispielsweise 40, 50, 60 oder 70 % der
ursprünglichen
Intensität
des auf das Auge fallenden blauen Lichts durch das erfindungsgemäße Fluid
absorbiert werden.
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Nach
dem Einsetzen der Intraokularlinse kann das erfindungsgemäße Fluid
beispielsweise durch Absaugen oder Ausspülen aus dem Auge entfernt werden.
Beeinträchtigungen
des Sehvermögens
des Patienten durch das erfindungsgemäße Fluid treten daher nicht
auf.