DE102006042083B4 - Verfahren und Vorrichtung zur Bestimmung eines effektiven Vents - Google Patents
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Abstract
Verfahren zum Bestimmen eines effektiven Vents eines Hörgeräts durch
– Ausführen einer OLG-Messung (S1) des in einem Gehörgang angeordneten Hörgeräts,
gekennzeichnet durch
– Vergleichen (S3) der OLG-Messung mit einer OLG-Referenzkurve (S2),
– Ermitteln (S4) eines Werts, der den Verschlussgrad des Hörgeräts oder deren Otoplastik im Ohr des Trägers repräsentiert, aus dem Vergleich.
– Ausführen einer OLG-Messung (S1) des in einem Gehörgang angeordneten Hörgeräts,
gekennzeichnet durch
– Vergleichen (S3) der OLG-Messung mit einer OLG-Referenzkurve (S2),
– Ermitteln (S4) eines Werts, der den Verschlussgrad des Hörgeräts oder deren Otoplastik im Ohr des Trägers repräsentiert, aus dem Vergleich.
Description
- Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung eines effektiven Vents und ein entsprechendes Verfahren zum Anpassen der Verstärkung eines Hörgeräts durch Ausführen einer OLG-Messung (Open Loop Gain) des Hörgeräts in einem getragenen Zustand. Darüber hinaus betrifft die vorliegende Erfindung eine entsprechende Vorrichtung zur Bestimmung eines effektiven Vents eines Hörgeräts.
- Hörgeräte sind tragbare Hörvorrichtungen, die zur Versorgung von Schwerhörenden dienen. Um den zahlreichen individuellen Bedürfnissen entgegenzukommen, werden unterschiedliche Bauformen von Hörgeräten wie Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte (HdO), In-dem-Ohr-Hörgeräte (Ido), Concha-Hörgeräte bereitgestellt. Die beispielhaft aufgeführten Hörgeräte werden am Außenohr oder im Gehörgang getragen. Darüber hinaus stehen auf dem Markt aber auch Knochenleitungshörhilfen, implantierbare oder vibrotaktile Hörhilfen zur Verfügung. Dabei erfolgt die Stimulation des geschädigten Gehörs entweder mechanisch oder elektrisch.
- Hörgeräte besitzen prinzipiell als wesentliche Komponenten einen Eingangswandler, einen Verstärker und einen Ausgangswandler. Der Eingangswandler ist in der Regel ein Schallempfänger, z. B. ein Mikrofon, und/oder ein elektromagnetischer Empfänger, z. B. eine Induktionsspule. Der Ausgangswandler ist meist als elektroakustischer Wandler, z. B. Miniaturlautsprecher, oder als elektromechanischer Wandler, z. B. Knochenleitungshörer, realisiert. Der Verstärker ist üblicherweise in eine Signalverarbeitungseinheit integriert. Dieser prinzipielle Aufbau ist in
1 am Beispiel eines Hinter-dem-Ohr-Hörgerät dargestellt. In ein Hörgerätegehäuse1 zum Tragen hinter dem Ohr sind ein oder mehrere Mikrofone2 zur Aufnahme des Schalls aus der Umgebung eingebaut. Eine Signal verarbeitungseinheit3 , die ebenfalls in das Hörgerätegehäuse1 integriert ist, verarbeitet die Mikrofonsignale und verstärkt sie. Das Ausgangssignal der Signalverarbeitungseinheit3 wird an einen Lautsprecher bzw. Hörer4 übertragen, der ein akustisches Signal ausgibt. Der Schall wird gegebenenfalls über einen Schallschlauch, der mit einer Otoplastik im Gehörgang fixiert ist, zum Trommelfell des Geräteträgers übertragen. Die Stromversorgung des Hörgeräts und insbesondere die der Signalverarbeitungseinheit3 erfolgt durch eine ebenfalls ins Hörgerätegehäuse1 integrierte Batterie5 . - Bei der offenen Hörgeräteversorgung sind anstelle von individuell angefertigten Ohrpassstücken bzw. Otoplastiken so genannte „Instant Fit Ohrstücke” (Ear Tips) üblich. Diese Ohrstücke werden nicht individuell angefertigt. Sie werden für eine offene Hörgeräteversorgung, aber auch für eine geschlossene angeboten. Die Wahl des Ear Tips bestimmt unter anderem den Abfluss tiefer Frequenzen aus dem Ohrkanal. Dieser Abfluss muss bei der individuellen Anpassung, insbesondere der Verstärkungsanpassung, an den Hörgeräteträger berücksichtigt werden.
- Die Verwendung derartiger Instant Fit Ohrstücke bzw. Ear Tips bedeutet, dass der Sitz des Ohrstücks und damit auch seine akustischen Eigenschaften von der individuellen Physiognomie abhängen. Im Fall des Einsatzes eines offenen Ear Tips kann bei einem engen Ohrkanal tatsächlich ein nennenswerter Verschluss vorliegen, so dass effektiv eine weit geschlossenere Versorgung resultiert als beabsichtigt. Demgegenüber kann bei Verwendung eines „geschlossenen” Ear Tips im Fall eines weiten Ohrkanals oder bei fehlerhaftem Sitz ein starker Leck-Effekt auftreten. Es ergibt sich somit durch das Ohrstück stets ein individueller Verschlussgrad bzw. ein „effektives Vent”.
- Bislang wurde dieses Problem nur unvollkommen gelöst. Da ein Vent zu einer Rückkopplung des Signals und damit zu Pfeifen führt, wenn die Verstärkung ausreichend hoch ist, kann die Verstärkung soweit begrenzt werden, dass kein Rückkopplungspfeifen auftritt. Hierzu werden Messungen des Open Loop Gains (OLG; offene Schleifenverstärkung) durchgeführt, um die maximal mögliche Verstärkung zu ermitteln und die Verstärkung in der Praxis entsprechend gering zu halten. Darüber hinaus wird üblicherweise die von der Anpassformel vorgeschriebene Verstärkung so modifiziert, dass die akustischen Effekte des vorliegenden Vents kompensiert werden. Bei der Verwendung von Instant Fit Ohrstücken wird jedoch davon ausgegangen, dass ein offener Ear Tip per Definition offen und ein geschlossener Ear Tip per Definition geschlossen ist. Der individuelle, tatsächliche Sitz des Ear Tips fließt in die Anpassformel nicht ein.
- Aus der Druckschrift
US 2002/0176584 A1 - Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht somit darin, die tatsächlichen akustischen Gegebenheiten bei der Anpassung eines Hörgeräts besser zu berücksichtigen.
- Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zum Bestimmen eines effektiven Vents eines Hörgeräts durch Ausführen einer OLG-Messung des Hörgeräts in einem getragenen Zustand, Vergleichen der OLG-Messung mit einer OLG-Referenzkurve, Ermitteln eines Werts, der den Verschlussgrad des Hör geräts oder deren Otoplastik im Ohr des Trägers repräsentiert, aus dem Vergleich. Ein Korrigieren der Verstärkung des Hörgeräts kann auf der Basis des ermittelten Werts erfolgen.
- Darüber hinaus wird bereitgestellt eine Vorrichtung zum Bestimmen eines effektiven Vents eines Hörgeräts mit einer Messeinrichtung zur Durchführung einer OLG-Messung des Hörgeräts, einer Vergleichseinrichtung zum Vergleichen der OLG-Messung mit einer OLG-Referenzkurve und einer Recheneinrichtung zum Ermitteln eines Werts, der den Verschlussgrad des Hörgeräts oder deren Otoplastik im Ohr des Trägers repräsentiert, aus dem durch die Vergleichseinrichtung gewonnenen Vergleich. Durch die Recheneinrichtung kann im Rahmen einer Anpassung gegebenenfalls ein Ermitteln eines Verstärkungskor rekturwerts oder eines korrigierten Verstärkungswerts auf der Basis des ermittelten Werts erfolgen.
- In vorteilhafter Weise wird somit auch bei Verwendung eines Instant Fit Ohrstücks der tatsächliche, individuelle Verschlussgrad durch das Ohrstück für die Anpassung berücksichtigt. Dabei wird durch eine OLG-Messung ein Maß für ein effektives Vent gewonnen, welches dann die Anpassung entsprechend beeinflusst.
- Vorzugsweise erfolgt die OLG-Messung in einem oder mehreren vorgegebenen Bandbereichen des hörbaren Frequenzspektrums. Dadurch kann die Berücksichtigung des effektiven Vents gezielter in den betroffenen Frequenzbereichen erfolgen.
- Die OLG-Messung und der Vergleich mit einem OLG-Referenzsignal kann gegebenenfalls nur in einem tieffrequenten Bereich durchgeführt werden. Dies stellt gegenüber einer breitbandigen Analyse eine vereinfachte Variante dar, da sich ein Vent hauptsächlich im tieffrequenten Bereich bis ca. 1 kHz bemerkbar macht.
- Bei einer speziellen Ausführungsform kann der Vergleich zwischen der OLG-Messung und der OLG-Referenzkurve durch Abstandsmessung erfolgen. Die Differenz lässt dann Rückschlüsse auf die Quantität bzw. Qualität des Vents zu.
- Alternativ kann der Vergleich zwischen der OLG-Messung und der OLG-Referenzkurve auch anhand einer Clusterzuordnung bzw. anderen linearen oder nichtlinearen Zuordnungen durchgeführt werden. Damit können auch andere akustische Eigenschaften des Vents berücksichtigt werden, die sich aus der reinen Abstandsbestimmung nicht ergeben.
- Bei einer weiteren Ausführungsform kann der Verschlussgrad des Ohrstücks explizit ermittelt und für die Korrektur der Verstärkung verwendet werden. Damit erhält der Audiologe einen Wert, der ihm Aufschluss gibt über die tatsächliche Größe des Vents. Somit kann er auch seine Erfahrung einfließen lassen, inwieweit der sich tatsächlich ergebende Vent für den Hörgeräteträger günstig ist oder nicht.
- Die vorliegende Erfindung ist anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert, in denen zeigen:
-
1 den schematischen Aufbau eines Hinter-dem-Ohr-Hörgeräts gemäß dem Stand der Technik und -
2 ein Blockdiagramm zur Darstellung des erfindungsgemäßen Anpassverfahrens. - Die nachfolgend näher geschilderten Ausführungsformen stellen bevorzugte Ausführungsbeispiele der vorliegenden Erfindung dar.
- Zur Anpassung wird das Hörgerät, das symbolisch in
1 wiedergegeben ist, drahtlos oder drahtgebunden an eine Anpassvorrichtung angeschlossen. Außerdem wird es im/am Ohr des Hörgeräteträgers in der vorgesehenen Weise angebracht. - Der wesentliche Gedanke der Erfindung besteht darin, dass aus einer OLG-Messung auf den Verschlussgrad, mit dem ein Ohrstück den Gehörgang verschließt, geschlossen werden kann. Bei einer OLG-Messung wird die offene Schleifenverstärkung über der Frequenz ermittelt. Dies bedeutet, dass die Rückkopplung an dem Verstärker der Signalverarbeitungseinheit
3 des Hörgeräts aufgetrennt und die maximale Verstärkung in Abhängigkeit der Frequenz gemessen wird, bei der es noch nicht zu Rückkopplungspfeifen oder anderen Rückkopplungsartefakten kommt. Es wird also gemäß Schritt S1 von2 eine OLG-Messung des Hörgeräts mit Instant Fit Ohrstück oder einem Ohrpassstück, bei dem der Vent nicht bekannt ist, durchgeführt. Die OLG-Messung erfolgt in einem oder mehreren speziellen Bandbereichen. - In der Anpassvorrichtung werden typische OLG-Referenzkuren beispielsweise in einer Datenbank gemäß Schritt S2 bereitgestellt. Diese OLG-Referenzkurven können sich auf Instant Fit Ohrstücke oder individuell angefertigte Ohrpassstücke, auf offene und geschlossene Ohrpassstücke usw. beziehen.
- In einer Vergleichseinrichtung wird die in Schritt S1 gewonnene OLG-Messkurve mit einer oder mehreren OLG-Referenzkurven, die gemäß Schritt S2 bereitgestellt werden, in Schritt S3 verglichen. Der Vergleich erfolgt gegebenenfalls nur für einen bestimmten Frequenzbereich, z. B. nur die tiefen Frequenzen im unteren Drittel des hörbaren Spektralbereichs. Der Vergleich kann anhand von einfachen, gegebenenfalls frequenzgewichteten Abstandsmaßen, z. B. frequenzgewichtete rms-Fehler (root means square), über bestimmte Kurvenbereiche durchgeführt werden. Alternativ kann der Vergleich auch durch aufwändigere, lineare oder nichtlineare Zuordnungen erfolgen (Clusterzuordnung, neuronale Netze, etc.). Der Vergleich führt schließlich zu einem Vergleichsergebnis.
- Das aus Schritt S3 gewonnene Vergleichsergebnis dient in einer Recheneinrichtung gemäß Schritt S4 zur Ermittlung eines Werts, der ein Maß für den Verschlussgrad darstellt bzw. beinhaltet. Im konkreten Beispiel von
2 wird aus dem Vergleichswert explizit der Verschlussgrad geschätzt. Dies bedeutet, dass ein explizites Mapping auf ein effektives Vent in Schritt S4 durchgeführt wird. Das Resultat ist also eine Schätzung des aktuellen, individuellen Verschlussgrads. - Bei der Anpassung wird nun der Verschlussgrad dadurch berücksichtigt, dass die Verstärkung entsprechend dem Verschlussgrad in Schritt S5 korrigiert wird. Hierzu wird beispielsweise in der Anpassformel der Verschlussgrad automatisch eingestellt und berücksichtigt.
- In einem speziellen Ausführungsbeispiel können die Daten der OLG-Messung direkt in ein Modell für Vent-Zu- und -Abfluss eingegeben werden. In diesem Modell findet indirekt der Ver gleich gemäß Schritt S3 und das Ermitteln des Verschlussgrads gemäß Schritt S4 bzw. eines entsprechenden Werts statt. Die Anpassung erfolgt dann aufgrund des Vent-Zu- und -Abflusses. Hierdurch kann ein explizites Mapping auf das effektive Vent entfallen.
- In vorteilhafter Weise kann durch das anhand von
2 geschilderte Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Verfahrens bzw. mit einer entsprechenden Vorrichtung der individuelle Verschlussgrad bei der Anpassung des Hörgeräts berücksichtigt werden, so dass eine bessere Versorgung und Akzeptanz erzielt werden kann. Dies bedeutet, dass zumindest im Hinblick auf die Berücksichtigung des Verschlussgrads keine individuelle Otoplastik notwendig ist und ein Instant Fit Ohrstück verwendet werden kann. Ein weiterer Vorteil des hier geschilderten Ansatzes, den Verschlussgrad mit Hilfe einer OLG-Messung zu bestimmen, besteht darin, dass die OLG-Messung bei Hörgeräten einfach durchgeführt werden kann und häufig ohnehin vorgenommen wird, insbesondere für so genannte Open Fit Geräte zur offenen Versorgung, die eine Hauptanwendung für die Instant Fit Ohrstücke darstellen.
Claims (9)
- Verfahren zum Bestimmen eines effektiven Vents eines Hörgeräts durch – Ausführen einer OLG-Messung (S1) des in einem Gehörgang angeordneten Hörgeräts, gekennzeichnet durch – Vergleichen (S3) der OLG-Messung mit einer OLG-Referenzkurve (S2), – Ermitteln (S4) eines Werts, der den Verschlussgrad des Hörgeräts oder deren Otoplastik im Ohr des Trägers repräsentiert, aus dem Vergleich.
- Verfahren nach Anspruch 1, wobei die OLG-Messung in mehreren vorgegebenen Bandbereichen erfolgt.
- Verfahren nach Anspruch 1, wobei die OLG-Messung und der Vergleich nur in einem tieffrequenten Bereich durchgeführt werden.
- Verfahren nach einem vorhergehenden Ansprüche, wobei der Vergleich durch Abstandsmessung zwischen der OLG-Messkurve und der OLG-Referenzkurve erfolgt.
- Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, wobei der Vergleich durch Clusterzuordnung erfolgt.
- Verfahren zum Anpassen der Verstärkung eines Hörgeräts mit einem Bestimmen des effektiven Vents nach einem der vorhergehenden Ansprüche und einem Korrigieren (S5) der Verstärkung des Hörgeräts auf der Basis des ermittelten Werts bezüglich des Verschlussgrads.
- Verfahren nach Anspruch 6, wobei der Verschlussgrad explizit geschätzt und für die Korrektur (S5) der Verstärkung verwendet wird.
- Vorrichtung zum Bestimmen eines effektiven Vents eines Hörgeräts mit – einer Messeinrichtung zur Durchführung einer OLG-Messung (S1) des in einem Gehörgang angeordneten Hörgeräts, gekennzeichnet durch – eine Vergleichseinrichtung zum Vergleichen (S3) der OLG-Messung (S1) mit einer OLG-Referenzkurve (S2) und – eine Recheneinrichtung zum Ermitteln (S4) eines Werts, der den Verschlussgrad des Hörgeräts oder deren Otoplastik im Ohr des Trägers repräsentiert, aus dem durch die Vergleichseinrichtung gewonnenen Vergleich.
- Vorrichtung zum Anpassen der Verstärkung eines Hörgeräts mit einer Vorrichtung zum Bestimmen eines effektiven Vents nach Anspruch 8, wobei die Recheneinrichtung auch zum Ermitteln (S5) eines Verstärkungskorrekturwerts oder eines korrigierten Verstärkungswerts auf der Basis des ermittelten Werts dient.
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