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Die
Erfindung betrifft die Verwendung eines Verfahrens der Endothelzellkultivierung
unter Schwerelosigkeit nach [Infanger M. et al. Apoptosis. 2006; 11:
749–764,
Infanger M. et al. J. Gravit. Physiol. 2004; 11: P199–200.] zur
in-vitro-Herstellung von dreidimensionalen schläuchchenförmigen Blutgefäßendothelien
(Intima) aus einschichtig adhärent wachsenden
Endothelzellen nach den Merkmalen des Anspruches 1.
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Die
bei Verwendung des oben genannten Verfahrens herstellbaren dreidimensionalen schläuchchenförmigen Blutgefäßendothelien
gleichen der inneren, das Lumen auskleidenden Endothelzelllage (Intima)
natürlicher
Blutgefäße. Menschliche
und tierische Blutgefäße bestehen
aus drei Lagen. Neben der Intima folgt noch eine mittlere Lage (Media)
aus glatten Muskelzellen und eine äußeren Lage (Adventitia) aus
Fibroblasten (1). Bei funktionsfähigen Blutgefäßen sorgen
die glatten Gefäßmuskelzellen
der Media dafür,
dass die Gefäße die Fähigkeit
zur Kontraktion haben, während
sie gleichzeitig elastisch sind und die Reißfestigkeit ihrer Wand den
Blutdruck aushält.
Die Endothelzellen der inneren Schicht (Intima) bilden ein geschlossenes
Endothelium als Innenauskleidung eines Gefäßes. Das Endothelium reguliert
den physiologischen Austausch gelöster Stoffe und die Migration
von Zellen zwischen dem Innenraum eines Gefäßes und dem umgebenden Gewebe.
Zusätzlich
gibt es Signale an die beiden äußeren Zellschichten,
wehrt Infektionen ab und verhindert ungewollte Blutgerinnung [Marsden
P. A. et al. J. Am. Soc. Nephrol. 1999; 1: 931–948]. All diese Funktionen
des Endotheliums sind im Prinzip zwar bekannt, im Detail sind sie
zurzeit aber Gegenstand intensiver Untersuchungen [Luscinskas F.
W. et el. Seminars Immunol. 2002; 14: 105–113]. Diese Forschung kann
durch definierte Modelle wie einem Endothelzellschläuchchen,
das einer natürlicher
Intima gleicht, entscheidend unterstützt werden.
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Außerdem werden
oft bei chirurgischer Behandlung von Gefäßerkrankungen leicht zugängliche implantierbare
Blutgefäße mit unterschiedlichen Durchmessern
benötigt.
Viele Patienten, die sich zum Beispiel einer Bypassoperation unterziehen müssen, haben
nicht genügend
Venen, welche als Ersatz für
ihre atherosklerotischen Arterien dienen könnten. Auch für die Transplantations-
und Wiederherstellungschirurgie werden Gefäßersatzmaterialien benötigt. Beispielsweise
stehen bei der Transplantation von Hautlappenpräparaten nicht immer ausreichend
Gefäße zur Verfügung. Deshalb
ist es auch wünschenswert,
biologischen Ersatz für
Blutgefäße verschiedenster
Art für
die Chirurgie herzustellen. Eine Möglichkeit des biologischen
Ersatzes sind Blutgefäße, die
in vitro Schicht für
Schicht aus Einzelzellpopulationen von Endothelzellen (Intima),
glatten Gefäßmuskelzellen
(Media) und Fibroblasten (Adventitia) aufgebaut worden sind.
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Als
1986 Weinberg C. B. und Belle E. A. [Science 1986; 231: 397–400] zum
ersten Mal demonstrierten, dass es möglich ist, separierte Rinderaorta-Endothelzellen,
glatte Gefäßmuskelzellen
und Fibroblasten in vitro zu einem gefäßähnlichem Gebilde zusammenwachsen
zu lassen, wurde ein schläuchchenförmiges Kunststoffmaschenwerk
als Stütze
benutzt. In weiteren Arbeiten zur Verbesserung der Methode wurden
zunächst
vorläufige
Blutgefäßkonstrukte
hergestellt, indem Schläuchchen
aus natürlichem
Kollagen [Huynh T. et al., Nature Biotechnol. 1999; 17: 1083–1086] mit
Heparin beschichtet wurden, oder schläuchchenförmige Ausgangsgerüste aus
synthetischer, aber natürlich
abbaubarer Polyglycolsäure
[Shum-Tim D. et al., Ann. Thorac. Surg. 1999; 68: 2298–2305] oder
aus glatten Muskelzellen [L'Heureux
N. et al., FASEB J. 1998; 12: 47–56] mit isolierten Blutgefäßzellen
inokuliert und für
einige Zeit in vitro inkubiert wurden. Die vorläufigen Blutgefäßkonstrukte
wurden dann in geeignete Empfängertiere
implantiert, wobei man annahm, dass weitere empfängertiereigene Zellen in das
vorläufige
Blutgefäßkonstrukt
einwandern oder es umlagern werden, sodass nach einiger Zeit ein
vollwertiger Gefäßersatz entsteht.
Häufig
aber wurde kein voll und dauerhaft funktionsfähiges Gefäß ausgebildet, weil die Ausbildung
des Endotheliums, das für
die Abwehr von Thrombosen und Infektionen sowie für die physiologische
Steuerung der glatten Gefäßmuskelzellen
der Media sorgt, zu lange dauerte.
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Seither
versucht man Blutgefäße in vitro
soweit aufzubauen, dass sie zum Zeitpunkt einer möglichen
Implantation bereits ein funktionsfähiges Endothelium haben. Es
wurden Endothelzellen und glatte Gefäßmuskelzellen gleichzeitig
in eine Matrix eingebettet. Diese lagerten sich dann in Gegenwart geeigneter
biologischer Faktoren schichtweise um einen zentralen Zylinder an
[Tranquillo et al.,
WO-2005/003317 ,
2005]. In weiteren Anstrengungen wurde die Ausbildung von Endothelzellschichten
und deren Fähigkeit
zur Kapillarbildung genauer studiert. Es wurde der Einfluß natürlicher
extrazellulärer
Matrix auf das Endothelzellverhalten untersucht [Berthod F. et al.,
J. Cell Physiol. 2006; 207: 491–498]. Außerdem wurde
erforscht, inwiefern extrazelluläre Matrix
durch Nanofibrillenmatten ersetzt werden kann [Ma Z. et al., Biomaterials
2005; 26: 2527–2536].
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Auch
wurden Polyurethanfibrillen verwendet, um Anhaftungsfähigkeit
und Verhalten der Endothelzellen zu studieren [Williamson M. R.
et al., Biomaterials 2006; 27: 3608–3616]. Diese Studien brachten wichtige
Erkenntnisse zur Physiologie der Endothelzellen. Bisher wurde aber
noch nicht berichtete, dass Endothelzellschläuchchen in Millimetergröße isoliert werden
konnten.
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Zur
Verbesserung der Herstellung von intimaähnlichen Endothelzellschläuchchen
schlagen wir vor, die Endothelzellschläuchchen aus einschichtig adhärent wachsenden
Endothelzellen im Weltraum oder vorzugsweise auf einer Schwerelosigkeit
simulierenden Maschine wie z. B. einer „Random Positioning Machine” (RPM)
herzustellen. Einschichtig adhärent
wachsenden Endothelzellen können
sehr einfach aus allen möglichen
Typen humaner oder tierischer Endothelzellen herangezüchtet werden,
welche entweder frisch aus einem Blutgefäß isoliert worden sind (Primärkulturen)
oder bereits permanent als Zelllinie wachsen. Außerdem ist es möglich Endothelzellvorläuferzellen,
die z. B. aus Knochenmark von Tieren oder Menschen gewonnen werden,
zunächst
zu Endothelzellen ausreifen zu lassen, um sie dann als einschichtig
adhärent
wachsenden Endothelzellen bis zur passenden Zelldichte zu kultivieren. Die
Wahl des einzusetzenden Endothelzelltypes hängt davon ab, für welchen
Zweck ein intimaähnliches
Endothelzellschläuchchen
gebildet wird. Wird die Entwicklung eines transplantierbaren Blutgefäßes angestrebt,
sind autologe Endothelzellen aus Primärkulturen oder aus Endothelzellvorläuferzellen des
späteren
Gefäßempfängers zu
bevorzugen. Werden Endothelzellschläuchchen zu Forschungszwecken
verwendet, sind Zellen genau charakterisierter Endothelzelllinien
oft vorteilhaft.
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Unter
Schwerelosigkeit lösen
sich die einschichtig adhärent
wachsenden Endothelzellen innerhalb 24 bis 48 h nach Randomisierung
bzw. Aufhebung des Erdanziehungskraftvektors von den Böden der
Kulturflaschen ab. Sie arrangieren sich nun zu dreidimensionalen
schläuchchenförmigen Aggregaten,
die mit extrazellulärer
Matrix verstärkt
sind [Infanger M. et al. Apoptosis. 2006; 11: 749–764, Infanger
M. et al. J. Gravit. Physiol. 2004; 11: P199–200.]. Eine zurzeit kommerziell
erhältliche
Ausführung
der RPM erlaubt die Montage von 20 Kulturflaschen mit je einer Bodenfläche von
25 cm2 und einem Fassungsvolumen von 50
mL, sodass eine Gesamtfläche
von 500 cm2 Monolager (250 cm2 pro
RPM-Seite) montiert werden kann.
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Die
carrier-, matrizen- und gerüstunabhängig Produktion
dreidimensionaler Zellgebilde aus einschichtig adhärent wachsenden
Endothelzellen unter Schwerelosigkeit hat gegenüber den von Mueller-Klieser
W. in J. Cancer Res. Clin. Oncol. [1987; 113: 101–122] zusammenfassend
dargestellten herkömmlichen
Methoden der Herstellung von dreidimensionalen Zellgebilden aus
suspendierten tierischen oder menschlichen Einzelzellen eindeutige Vorteile.
In herkömmlichen
Spinnerflasks sind die Einzelzellen, während sie sich unter permanentem Rühren zu
dreidimensionalen Aggregaten zusammenlagern, erheblichen Scher-
und Stoßkräften ausgesetzt.
Im Overlayerverfahren, wo die Zellen auf Böden ausgesät werden, auf denen sie nicht
anhaften können,
wird der Zell-Zellkontakt durch die Erdanziehungskraft oder die
mangelnde Bewegungsfreiheit der Zellen stark beeinflusst. So blieb
bisher die dreidimensionale Aggregation von Zellen nach den oben genannten
klassischen Methoden meist darauf beschränkt, dass konzentrische Zelllagen
sich übereinander
lagerten. Die aus konzentrischen Ringen bestehenden Aggregate (Sphäroide) erreichen
nur eine bestimmte Größe. Wird
diese überschritten,
gibt es Probleme der Sauerstoff- und Nährstoffversorgung, sowie der
Metabolitenentsorgung und die Zellen in der Mitte beginnen abzusterben,
sodass nekrotische Zentren entstehen. Um die klassischen Methoden der
dreidimensionalen Spheroidbildung zu verbessern, wurde auch schon
versucht, dreidimensionale Zellaggregate in Schwerelosigkeit zu
züchten.
Das angewandten Verfahren beruht darauf, dass kurz vor Eintreten
der Schwerelosigkeit z. B. unmittelbar vor dem Start des „Rotating
Wallvessel Systems” spezielle
Kulturgefäße (Vessels)
mit geeignetem Medium, einer Matrix aus kugelförmigen Mikrocarriern und Einzelzellen
gefüllt
werden [Goodwin T. et al.,
US 5496722 ,
1996]. Innerhalb der folgenden Wochen des Kultivierens unter Schwerelosigkeit
entstehen dann dreidimensionale Zellaggregate, die aber soweit bekannt,
in keiner der drei Dimensionen die Größe eines Millimeters überschritten.
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Die
Verwendung des oben genannten Verfahrens der Endothelzellkultivierung
zur Herstellung dreidimensionaler Zellaggregate unter Schwerelosigkeit
hat gegenüber
bekannten Methoden folgende Vorteile: In Schwerelosigkeit, wenn
die Zellen von den Kulturgefäßböden sich
ablösen
und schweben, ohne dass es zu einer Nettobewegung des umgebenden
Mediums kommt, ist in Abwesenheit jeglicher Art von Matrizen, Gerüsten und
Carriern gewährleistet, dass
nur Kräfte,
die von den spezifischen Eigenschaften der jeweiligen Zelloberflächen ausgehen, die
Zell-Zellkontakte verursachen, sodass es zu zellartspezifischen
Zusammenlagerungen kommt. Daher werden, wenn Endothelzellen vorliegen, schläuchchenförmige Aggregate
gebildet. In dem hier beschriebenen Verfahren liegen beim Übergang von
1 g Konditionen in die Mikrogravität bereits einschichtig adhärent wachsende
Endothelzellen mit geeigneter Dichte vor, die mit auf den verwendeten Endothelzelltyp
optimiertem, ausgewählte
Wachstumsfaktoren enthaltendem, aber gerüst-, carrier- und matrizenfreiem
Medium überschichtet
sind. So bilden sich bereits nach 48 Stunden der Schwerelosigkeit
erste dreidimensionale Schläuchchen,
welche aber noch mehrschichtig sind [Infanger M. et al. Apoptosis.
2006; 11: 749–764,
Infanger M. et al. J. Gravit. Physiol. 2004; 11: P199–200.].
Wenn nach dieser ersten Aggregatbildungsphase die Inkubation fortgesetzt
wird, werden auch einschichtige Endothelzellschläuchchen im Inkubationsgefäß gefunden,
welche der Intima von Blutgefäßen gleichen.
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Die
bei verlängerter
Verwendung des oben genannten Verfahrens der Endothelzellkultivierung unter
Schwerelosigkeit neu beobachteten einschichtigen, intimaähnlichen
Endothelzellschläuchchen
erscheinen als Ausgangsprodukt zur Herstellung künstlicher Blutgefäße geeignet,
weil sie durch extrazelluläre
Matrix verfestigt sind. Endothelzellen produzieren nämlich unter
Schwerelosigkeit in erhöhtem Maße extrazelluläre Matrix.
Dabei betten sie sich in die selbst produzierte extrazelluläre Matrix
so ein, wie es auch an natürlichen
Gefäßen zu beobachten
ist und haften nicht abgeflacht in einer Lage, wie es zu beobachten
ist, wenn sie an Kulturgefäßböden oder an
Gerüsten
haften. Also ist die Anordnung der Zellen im in vitro hergestellten
dreidimensionalen schläuchchenförmigen Endothelzellaggregat
der Anordnung der Endothelzellen in der Intima der natürlichen
Blutgefäße sehr ähnlich.
Daher kann auch der transendotheliale Schleußungsvorgang von löslichen Substanzen
und Zellen Schritt für
Schritt besonders realistisch studiert werden.
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Die
wichtigsten Voraussetzungen für
die erfundene Methode, die entscheidenden Schritte in der Herstellung
und die bedeutendsten Eigenschaften der Endothelzellschläuchchen
sind in folgenden Bildern dargestellt.
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1 zeigt
das Schema einer Arterie. Eine Arterie besteht aus den drei Lagen
Adventitia (außen, Tunica
adventitia), Media (mittig, Tunica media) und Intima (innen, Tunica
intima), von denen jede aus unterschiedlichen Zellpopulationen aufgebaut
ist.
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2 zeigt
eine „Random
Positioning Machine”,
(dreidimensionaler Klinostat; Dutch Space, Leiden, NL), die zur
Simulierung von Schwerelosigkeit dient. Die beiden von unabhängigen Motoren
getriebenen Rahmen werden von einem Computer nach dem Zufallsprinzip
gesteuert und bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von 60° pro Sekunde.
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3 zeigt
das Beispiel eines Endothelzellschläuchchens, das sich gebildet
hatte, nachdem einschichtig adhärent
wachsenden Endothelzellen mit einer Dichte von 200000 Zellen pro
cm2 Kulturgefäßboden 24 Stunden in Gegenwart
von VEGF der simulierten Schwerelosigkeit ausgesetzt waren.
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4 zeigt
einen Querschnitt durch ein dreidimensionales schläuchchenförmiges Blutgefäßendothelium ähnliches
Zellaggregat. Die Endothelzellen sind dem Lumen entlang in einer
extrazellulären Matrix
eingebettet aufgereiht.
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5 zeigt
eine histochemische Aufnahme eines Querschnittes durch eine Arterie
mit den drei Lagen Intima, Media und Adventitia (teilweise). Die Endothelzellanordnung
in der Intima (innerste Zellage am Lumen) gleicht der Endothelzellanordnung
im Endothelzellschläuchchen,
das nach dem hier beschriebenen Verfahren hergestellt wurde.
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Die
Bilder illustrieren das im folgenden beschriebene Ausführungsbeispiel,
welches beispielhaft zu betrachten ist und die Erfindung bezüglich der Verwendung
von Endothelzellarten, Endothelzelldichten und Wachstumsfaktoren
nicht auf die beschriebene Ausführung
limitiert.
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In
dem vorliegenden Ausführungsbeispiel wurden
Endothelzellschläuchchen
aus Zellen der humanen Zellinie EA.hy 926 unter Verwendung der „Random
Positioning Machine” (RPM)
hergestellt. Die benutzte RPM wurde von der Dutch Space in Leiden,
The Netherlands, gebaut (2).
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Im
beschriebenen Experiment wurden zunächst humane EA.hy 926 Zellen
in DMEM-Kulturmedium
(Invitrogen, Eggenstein, BRD), das 10% fötales Kälbeserum (FCS) und 100 IE Penicillin/mL
und 100 μg
Streptomycin/mL enthielt, unter normalen Laborbedingungen als einschichtig
adhärent
wachsenden Endothelzellen bis zu einer Dichte von 200000 Zellen
pro cm2 Kulturgefäßboden gezüchtet. Anschließend wurden
die Kulturflaschen, auf deren Böden
die Endothelzellen einschichtig anhafteten, mit oben genanntem Medium
vollständig
und luftblasenfrei aufgefüllt.
Dann wurden noch 10 ng/mL VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor)
dazugegeben.
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Die
luftblasenfreien Kulturflaschen wurden unmittelbar nach Zugabe von
VEGF so nahe wie möglich
am Mittelpunkt des innen rotierenden Rahmens der RPM befestigt.
Die RPM stand in einem auf 37°C
temperierten Raum und wurde im Standardmodus betrieben. Ihre Rahmen
bewegten sich mit einer Geschwindigkeit von 60° pro sec. Wenn die RPM im Betrieb
war, wurden die Zellen klinorotiert, wobei der Richtungsvektor,
mit dem die Erdanziehungskraft die Zellen anzog, ständig so
rasch verändert
wurde, dass es zu keiner messbaren Nettobewegung der Zellen gegenüber dem
Medium und umgekehrt kam. Also wurde, ohne dass Aufwirbelmaßnahmen
nötig waren,
vermieden, dass die Zellen von der Massenanziehungskraft in Richtung
Erde bewegt wurden. Unter diesen Bedingungen konnten die Kräfte, die
von den Oberflächenkomponenten
der Zellen ausgingen, wirksam werden und zellartspezifische interzelluläre Kontaktaufnahme
in Gang setzen.
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Nachdem
die Kulturflaschen mit Zellen und Zellmedium, das 10 ng/mL VEGF
enthalten hatte, 24 Stunden der simulierten Schwerelosigkeit ausgesetzt waren,
hatten sich die meisten Zellen von den Böden der Kulturflaschen abgelöst. Die
abgelösten
Zellen bildeten dreidimensionale schläuchchenförmige Aggregate verschiedener
Größe (3).
Nach 48 Stunden waren fast alle Zellen von Böden der Kulturflaschen abgelöst. Zu diesem
Zeitpunkt waren die größten dreidimensionalen
schläuchchenförmigen Zellaggregate
bis zu 2 mm lang und hatten Durchmesser bis zu 0,3 mm. Derartige
Aggregate wurden nach 72 Stunden geerntet und genauer analysiert.
Alle Zellen lebten. Es gab keine nekrotischen Zentren, wie mit Hilfe
von Propidium Jodid nachgewiesen werden konnte. Ultradünnschnitte
durch die Aggregate zeigten unter dem Mikroskop, dass die Zellen
um ein zentrales Lumen organisiert waren. Wie 4 zeigt,
waren Endothelzellen entlang dem Lumen eingebettet in extrazelluläre Matrix
aufgereiht. Anordnung und Lage der Zellen glichen der inneren Zellschicht
einer Arterie, wie es im Arterienquerschnitt der 5 zu beobachten
ist. Auffallend und für
die weitere Verwendung der Produkte entscheidend wichtig ist der erhöhte Anteil
der extrazellulären
Matrix entlang dem Lumen (4, Pfeile).
Hier ist eine scharfe Grenze gegenüber dem Lumen gebildet. Entlang
dieser Grenze sind die Endothelzellen aufgereiht. Sie werden aber
außen
noch von weiteren Zellschichten umhüllt, so dass die entstandenen
schläuchchenförmigen Aggregate
mehrschichtig sind [Infanger M. et al. Apoptosis. 2006; 11: 749–764, Infanger
M. et al. J. Gravit. Physiol. 2004; 11: P199–200.]. Bei einigen schläuchchenförmigen Zellaggregaten
allerdings, die im beschriebenen Versuch einige Tage später bei
erneutem Absuchen der Zellkulturen beobachtet wurden, fehlten die äußeren Zellschichten,
so dass sie einschichtig waren und damit der Intima von Blutgefäßen ähnelten.
Diese Aggregate blieben einschichtig bis zur vierten Woche der Inkubation.
Dann waren sie so fest, dass sie mit Hilfe von Pipetten geerntet werden
konnten.
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REFERENZEN
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