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Die
vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung
zum Gewinnen von situationsabhängigen
Kontextdaten in einem Fahrzeug. Ferner betrifft die Erfindung ein
Verfahren zur Auswahl von Informationen, die in einem Fahrzeug einem
Fahrzeuginsassen zur Kenntnis zu bringen sind, welches das Verfahren
zum Gewinnen von situationsabhängigen
Kontextdaten verwendet. Ferner betrifft die Erfindung ein Informationssystem
für Insassen
eines Fahrzeugs, welches die Vorrichtung zum Gewinnen von situationsabhängigen Kontextdaten
umfasst.
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Moderne
Fahrerinformationssysteme bieten dem Fahrer eine Fülle von
Informationen, die nur zum Teil für die primäre Aufgabe des Fahrers – der Fahrzeugführung – benötigt werden.
Viele Fahrerinformationssysteme passen sich den aktuellen Bedürfnissen
und Zielen des Fahrers nur bedingt an und erfordern umständliche
Bedienabläufe,
um eine zufrieden stellende Information des Fahrers zu erzielen.
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Fahrerinformations-
und Fahrerassistenzsysteme bieten dem Nutzer eine wachsende Vielfalt
an Informations- und Interaktionsmöglichkeiten. Neuartige Navigationssysteme,
differenzierte Komfort- und Klimaeinstellungen, Telefon, Medienplayer,
E-Mail und Terminkalenderfunktionen sind heute bereits in einigen
Kraftfahrzeugen zu finden. Die Fähigkeiten
des Fahrers zur Aufnahme und Verarbeitung von Informationen während der
Fahrt sind jedoch limitiert. Ein umfangreicheres Informations- und
Interaktionsangebot führt
daher nicht automatisch zu verbesserten Informationsdiensten im
Fahrzeug.
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Um
einer Informationsüberflutung
im Cockpit eines Kraftfahrzeugs entgegen zu wirken und die Komplexität der Bedienung
von Fahrerinformationssystemen zu reduzieren, soll die visuelle
Komplexität,
d. h. die Anzahl der für
den Benutzer sichtbaren Bedien- und Anzeigeelemente, im Cockpit
des Fahrzeugs reduziert werden. Es ist beispielsweise bekannt integrierte
Benutzerschnittstellen anzubieten, die aus wenigen Bedienelementen
und einer frei programmierbaren Anzeigefläche bestehen. Allerdings muss
die Vielfalt an Informationen und Interaktionsmöglichkeiten nach wie vor kognitiv
verarbeitet werden – der
Nutzer muss in komplexen Menüstrukturen
navigieren. Ein weiteres Ziel ist es daher, nicht nur die visuelle
Komplexität
zu reduzieren, sondern auch Bedienabläufe bereitzustellen, welche
die Aufmerksamkeit des Fahrers in erster Linie auf der Straße belassen
und nicht in die Tiefen von Menüstrukturen
lenken.
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Es
ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein Verfahren und eine
Vorrichtung der eingangs genannten Art bereitzustellen, mit denen
situationsabhängige
Kontextdaten mittels kontextbezogener, im Fahrzeug erfassbarer Basisdaten
gewonnen werden können.
Mit dem Verfahren und der Vorrichtung soll es außerdem möglich sein, den Fahrzeuginsassen
Informationen kontext-adaptiv zur Kenntnis zu bringen. Hierdurch soll
ferner der Bedienkomfort im Fahrzeug erhöht werden. Es sollen den Fahrzeuginsassen
insbesondere nur jene Informationen präsentiert werden, die den jeweiligen
situationsspezifischen Bedürfnissen
entsprechen.
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Diese
Aufgabe wird erfindungsgemäß durch
ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und eine Vorrichtung
mit den Merkmalen des Anspruchs 16 gelöst.
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Bei
dem erfindungsgemäßen Verfahren
werden kontextbezogene Basisdaten erfasst und mittels einer Datenverarbeitungseinrichtung
so interpretiert, dass Kontextdaten gewonnen werden, denen eine
Wahrscheinlichkeitsverteilung zugeordnet ist.
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Unter „kontextbezogenen
Basisdaten" werden
im Sinne der Erfindung alle Einflussgrößen verstanden, die für den Kontext
bzw. die Situation, in dem sich das Fahrzeug befindet, relevant
sind und die gemessen, beobachtet, übertragen oder auf andere Weise
erfasst werden können.
Ihnen kann zwar ein Messfehler zugeordnet sein, ihnen ist jedoch
keine Wahrscheinlichkeitsverteilung in dem Sinne zugeordnet, dass
in die Bestimmung unsichere oder ungewisse Daten einfließen oder
Einflussfaktoren unberücksichtigt
bleiben. Im einfachsten Fall sind die Basisdaten Messwerte eines
Sensors.
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Unter
Kontext wird allgemein jede Art von Information, die zur Beschreibung
der Situation einer Entität genutzt
werden kann, verstanden. Eine Entität ist dabei eine Person, ein
Ort oder ein Objekt mit Relevanz für die Interaktion zwischen
einem Benutzer und einer Anwendung, einschließlich des Benutzers und der
Anwendung selbst. Hier werden unter dem Kontext der Interaktion
des Fahrers mit dem Fahrzeug alle Informationen verstanden, die
für die
Interaktion des Fahrers mit dem Fahrzeug relevant sind. Das sind
insbesondere die aktuelle Situation und ein Benutzermodell des Fahrers.
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Die
Beschreibung der Situation lässt
sich in Kategorien unterteilen. Man kann dabei zwischen der Situation
im Fahrzeugumfeld (z.B. die eigene Position, die Position anderer
Fahrzeuge, Wetter, Verkehrslage), der Situation im Fahrzeuginnenraum
(Zustand und Verhalten des Fahrers und ggf. weiterer Insassen) und
dem Fahrzeugzustand selbst unterscheiden.
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Hinsichtlich
des Benutzermodells berücksichtigt
das erfindungsgemäße Verfahren
die individuellen Eigenschaften verschiedener Nutzer und die persönlichen
Präferenzen
des einzelnen Nutzers. Die Erstellung einer Bedienhistorie, d.h.
die kontinuierliche Speicherung und Auswertung von Daten hinsichtlich
des Bedienverhaltens eines Nutzers kann als Basis für die Einschätzung solcher
Präferenzen
verwendet werden.
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Obwohl
sehr unterschiedliche kontext-adaptive Anwendungen und Funktionen
im Fahrzeug denkbar sind, weisen diese die Gemeinsamkeit auf, sinnvoll
mit Kontext umgehen zu müssen. „Mit Kontext
umgehen" bedeutet
dabei Kontextinformationen zu sammeln, zu interpretieren und anzuwenden.
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Unter „Kontextdaten" werden im Sinne
der Erfindung die Daten verstanden, die sich bei einer Interpretation
der Basisdaten ergeben. Unter dem Begriff „Interpretation" wird hier verstanden,
dass Schlussfolgerungen auch bei unvollständigem Wissen gezogen werden.
Aus diesem Grund ist den Kontextdaten eine Wahrscheinlichkeitsverteilung
zugeordnet, da sich bei der Interpretation der Basisdaten kein sicherer
Wert für
die Kontextdaten ermitteln lässt.
Es lässt
sich vielmehr nur die Wahrscheinlichkeit angeben, dass die Kontextdaten einen
bestimmten Zustand annehmen.
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Die
Basisdaten können
auf vielfältige
Art gewonnen werden. Beispielsweise können die Basisdaten mittels
Sensoren des Fahrzeugs erfasst werden. Hierbei werden insbesondere
alle Sensoren berücksichtigt, die
in irgendeiner Form Daten liefern, welche für die Situation in dem sich
das Fahrzeug befindet, in irgendeiner Form relevant sind. Ferner
können
die Basisdaten aus zumindest einem in dem Fahrzeug vorgesehenen
Speicher ausgelesen werden. Schließlich können Basisdaten mittels zumindest
einer Kommunikationsschnittstelle von fahrzeug-externen Informationsquellen übertragen
werden. Die Daten können
beispielsweise über
ein Mobilfunknetz oder ein drahtloses Datennetz übertragen werden.
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Gemäß einer
bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens umfassen die
Basisdaten physikalische Daten der Umgebung des Fahrzeugs, Daten
zur Verkehrssituation in der Umgebung und/oder auf der Route des
Fahrzeugs, Daten zum Betriebszustand des Fahrzeugs, Daten zum Fahrzeuginnenraum
und/oder Daten zu Fahrzeuginsassen. Die Daten zu den Fahrzeuginsassen
können
sowohl physiologische als auch psychologische Daten umfassen.
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Bei
der Interpretation der Basisdaten werden sehr heterogene Informationen
aus verschiedenen Quellen ausgewertet. Für die Interpretation werden
insbesondere Methoden aus dem Gebiet der künstlichen Intelligenz herangezogen.
Gemäß einer
bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird zur Interpretation
der Basisdaten ein gerichteter azyklischer Graph verwendet. Unter
einem „gerichteten
azyklischen Graph" wird
ein Digraph verstanden, welcher keinen Zyklus enthält. Ein
Digraph ist in der Graphentheorie ein Graph, dessen Kantenmenge
eine zweistellige Relation über
den Knoten ist.
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Gemäß einer
weiteren bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens
wird zur Interpretation der Basisdaten ein Bayes'sches Netz verwendet, dessen Variablen
die Basisdaten bilden. Unter einem Bayes'schen Netz wird ein azyklischer, gerichteter
Graph verstanden, in dem die Knoten Zufallsvariablen sind und die
Kanten bedingte Abhängigkeiten
zwischen den Variablen beschreiben. Jedem Knoten des Netzes ist
eine bedingte Wahrscheinlichkeitsverteilung der durch ihn repräsentierten
Zufallsvariable zugeordnet. Eltern eines Knotens v sind diejenigen
Knoten, von denen aus eine Kante zu dem Knoten v führt. Eine
Kante von einem Knoten u zu einem Knoten v bedeutet, dass u einen
direkten Einfluss auf v hat. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung des
Knotens quantifiziert den Einfluss, den die Elternknoten auf den
Knoten haben.
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Die
Topologie des Bayes'schen
Netzes kann als eine strukturierte Wissensbasis aufgefasst werden, aus
der Informationen, die in einer Vielzahl von verschiedenen Situation
gültig
sind, herausgelesen werden können.
Ein Bayes'sches
Netz repräsentiert
die allgemeine Struktur kausaler Prozesse in einer Domäne, statt die
Details einer Vielzahl von Momentaufnahmen aus der Domäne.
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Mit
einem Bayes'schen
Netz lässt
sich die gemeinsame Wahrscheinlichkeitsverteilung aller beteiligten Variablen
unter Ausnutzung bekannter bedingter Unabhängigkeiten kom pakt repräsentieren.
Sind X
1, ..., X
n einige
der im Graphen vorkommenden Zufallsvariablen, so berechnet sich
deren gemeinsame Verteilung als
Hat ein Knoten keine Eltern,
so handelt es sich bei der assoziierten Wahrscheinlichkeitsverteilung
um eine unbedingte Verteilung (d.h. um a-priori Wahrscheinlichkeiten).
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Gemäß eine bevorzugten
Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens
umfassen die Kontextdaten die Aufmerksamkeitsbeanspruchung und/oder
den Stresslevel des Fahrers des Fahrzeugs. Die Aufmerksamkeitsbeanspruchung
bzw. der Stresslevel des Fahrers können insbesondere mittels des
vorstehend beschriebenen Bayes'schen
Netzes berechnet werden. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung zu diesen
Kontextdaten liefert in diesem Fall ein Maß für die Aufmerksamkeitsbeanspruchung
bzw. den Stresslevel des Fahrers in einer aktuellen Fahrsituation.
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Die
durch das Verfahren gewonnenen Kontextdaten können für verschiedene kontextadaptive
Anwendungen in dem Fahrzeug verwendet werden. Ein Beispiel hierfür ist die
Auswahl von Informationen, die in einem Fahrzeug einem Fahrzeuginsassen
zur Kenntnis zu bringen sind.
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Dementsprechend
betrifft die Erfindung ferner ein Verfahren zur Auswahl von Informationen,
die in einem Fahrzeug einem Fahrzeuginsassen zur Kenntnis zu bringen
sind, bei dem mittels des vorstehend beschriebenen Verfahrens situationsabhängige Kontextdaten,
denen eine Wahrscheinlichkeitsverteilung zugeordnet ist, gewonnen
werden und Informationen, die in dem Fahrzeug dem Fahrzeuginsassen
zur Kenntnis zu bringen sind, aus einer Gesamtmenge von Informationen
in Abhängigkeit
von den Kontextdaten ausgewählt werden.
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Die
Kontextdaten können
in diesem Fall z. B. das Interesse des Fahrers des Fahrzeugs an
zumindest einer Teilmenge der Gesamtmenge von Informationen umfassen.
Die Kontextdaten können
auch ein aus individuellen Benutzerdaten gewonnenes Benutzermodell
des Fahrers des Fahrzeugs umfassen.
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Gemäß einer
bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens sind die Informationen, die
in dem Fahrzeug den Fahrzeuginsassen zur Kenntnis zu bringen sind,
visuelle Anzeigeinhalte. Es kann z. B. die Menge der visuellen Anzeigeinhalte
in Abhängigkeit
von den Kontextdaten bestimmt werden. Ferner oder alternativ können die
visuellen Anzeigeinhalte selbst in Abhängigkeit von den Kontextdaten
bestimmt werden.
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Gemäß einer
bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens betreffen die
visuellen Anzeigeinhalte Zusatzinformationen einer Anzeige eines
Navigationssystems. Die visuellen Anzeigeinhalte können beliebige
Zusatzinformationen wie z. B. so genannte Points of Interest oder
Sonderziele sein.
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Die
erfindungsgemäße Vorrichtung
zum Gewinnen von situationsabhängigen
Kontextdaten in einem Fahrzeug umfasst Mittel zum Erfassen von Basisdaten
und eine mit den Datenerfassungsmitteln gekoppelte Datenverarbeitungsrichtung
mit Mitteln zum Interpretieren der Basisdaten derart, dass Kontextdaten
gewinnbar sind, denen eine Wahrscheinlichkeitsverteilung zugeordnet
ist.
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Die
Systemarchitektur der erfindungsgemäßen Vorrichtung umfasst somit
eine Datenerfassungskomponente, insbesondere eine Sensorsystemkomponente,
durch welche messbare, beobachtbare oder auslesbare Basisdaten gewonnen
werden, und eine Kontextinterpretationskomponente zur automatischen
Erschließung
nicht direkt beobachtbarer Kontextdaten. Dieser modulare Aufbau
der Bereitstellung der Basisdaten und der Verwendung derselben zur
Gewinnung von Kontextdaten ermöglicht
eine effiziente parallele Entwicklung verschiedenartiger Anwendungen,
welche die Ergebnisse der Kontextinterpretationskomponente verwenden können. Die
modulare Aufteilung der erfindungsgemäßen Vorrichtung hat gegenüber einer
nicht-modularen Systemarchitektur zwei Vorteile: (1) Alle kontextbezogenen
Basisdaten können über eine
einheitliche Schnittstelle von der Kontextinterpretationskomponente,
d.h. insbesondere den Mitteln zum Interpretieren der Basisdaten,
angefragt werden; dann können
die Kontextdaten durch denselben ganzheitlichen Schlussfolgerungsprozess über die
komplexen kausalen Zusammenhänge
zwischen den einzelnen Situationsparametern ermittelt werden; (2)
Unterschiedliche kontext-adaptive Funktionen greifen jeweils auf
dieselben Kontextdaten zurück.
Auf diese Weise können
durch die modulare Aufteilung redundante und inkonsistente Schlussfolgerungen
vermieden werden. Außerdem
können
beliebige Anwendungen im Fahrzeug auf die Kontextdaten, die sich
aus der Interpretation der Basisdaten ergeben haben, zugreifen und
diese zum Zweck eines kontext-adaptiven Verhaltens auswerten. Dabei
können
die Kontextdaten sowohl auf Anfrage einer bestimmten Anwendung,
als auch ereignisgesteuert geliefert werden.
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Die
Mittel zum Erfassen der Basisdaten umfassen gemäß einer Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Vorrichtung
Sensoren, einen oder mehrere Speicher, in denen Basisdaten gespeichert
sind, und/oder eine Kommunikationsschnittstelle, über welche
Basisdaten von fahrzeug-externen Informationsquellen übertragbar sind.
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Beispiele
für die
Mittel, durch welche Basisdaten zum Zustand des Fahrzeugs und seiner
Umgebung erfasst werden, sind ausgewählt unter der folgenden Gruppe:
Fahrzeuggeschwindigkeitssensor,
Drehzahlsensor, Sensoren zum Messen des Abstands und/oder der Geschwindigkeit
eines vorausfahrenden und/oder eines folgenden Fahrzeugs, Sichtweitensensoren,
Außentemperatursensoren,
Feuchtigkeits-, Regen- und/oder
Nässesensoren,
Sensoren zum Zustand des Scheibenwischers, Sonnenstrahlungssensoren,
Tankfüllstandssensoren,
Sensoren des Antiblockiersystems, des Spurhalteassistenten, des
Bremsassistenten, der automatischen Distanzregelung und der Einparkhilfe,
Sensoren für
Verkehrsregelungen, wie Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Spurbegrenzungen,
Sensoren für
Fußgänger oder
Radfahrer in der Nähe
des eigenen Fahrzeugs, Dachgepäckträgersensoren,
Sensoren für
die Kofferraumbeladung, Daten des fahrzeuginternen CAN-Buses, Uhren,
externe Informationsdienste, die z. B. Verkehrsinformationen, Nachrichten
und Informationen zu Events oder einem Wildwechsel übertragen,
Datenspeicher der Steuergeräte
des Fahrzeugs und des Navigationssystems, vom Navigationssystem
bestimmte oder über
das Navigationssystems eingegebene Daten, wie z. B. die Zieladresse
oder die Route zu einem bestimmten Ziel.
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Beispiele
für die
Mittel, durch welche Basisdaten zum Innenraumzustand des Fahrzeugs
erfasst werden, sind ausgewählt
unter der folgenden Gruppe:
Sensoren für Zigarettenrauch, Sensoren
für die
Innenraumtemperatur, Sensoren zur Bedienung einzelner Bedienelemente
im Fahrzeuginnenraum.
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Beispiele
für die
Mittel, durch welche Basisdaten zu den Insassen des Fahrzeugs erfasst
werden, sind ausgewählt
unter der folgenden Gruppe:
Sensoren zur Identifikation der
Fahrzeuginsassen, insbesondere des Fahrers, Sensoren zum Bedienverhalten eines
Fahrzeuginsassen, insbesondere eines Fahrers, wie z. B. Sensoren
für die
Bedienfrequenz bestimmter Bedieneinrichtungen, Sensoren für die Bedienfehlerrate
und die Geschwindigkeit der Bedienung, Sensoren zur Erfassung physiologischer
Daten des Fahrers, wie z. B. der Pulsfrequenz, der Atemfrequenz,
der Griffdruckkraft am Lenkrad und/oder der Sauerstoffsättigung
im Blut, des Hautleitwertes des Fahrers, Sensoren für die Blickrichtungserkennung
und/oder Gestik- und Mimikerkennung, Speicher, in denen persönliche bzw.
individuelle Daten von Fahrzeuginsassen, insbesondere des Fahrers
gespeichert sind, wie z. B. das Alter, das Geschlecht und der Wissensstand,
sowie persönliche
Präferenzen,
wie z. B. das Interesse an bestimmten Kategorien von Informationen.
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Es
wird bemerkt, dass von der Erfindung umfasst ist, dass nur einzelne
der vorgenannten Mittel zum Erfassen der Basisdaten verwendet werden
oder beliebige Kombinationen einer beliebigen Anzahl der vorgenannten
Mittel verwendet werden.
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Die
Kommunikationsschnittstelle kann uni- oder bidirektional ausgestaltet
sein. Sie kann eine Funkübertragung
von Daten, wie z. B. ein Radio oder den Datenkanal für Verkehrsmeldungen
umfassen. Ferner kann als Kommunikationsschnittstelle eine Mobilfunkeinrichtung
vorgesehen sein.
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Die
Mittel zur automatischen Interpretation der Basisdaten verwenden
gemäß einer
bevorzugten Ausgestaltung einen gerichteten azyklischen Graphen,
insbesondere ein Bayes'sches
Netz, dessen Variablen die Basisdaten bilden.
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Die
Kontextdaten können
insbesondere die Aufmerksamkeitsbeanspruchung und/oder den Stresslevel
des Fahrers des Fahrzeugs umfassen. Ferner umfassen die Kontextdaten
z. B. das Interessen des Fahrers eines Fahrzeugs an bestimmten Kategorien
von Zusatzinformationen, wie Points of Interest.
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Die
von der erfindungsgemäßen Vorrichtung
gewonnenen Kontextdaten können
von verschiedenartigen Anwendungen im Fahrzeug oder auch außerhalb
des Fahrzeugs genutzt werden. Erfindungsgemäß wird insbesondere ein Informationssystem
für Insassen
eines Fahrzeugs bereitgestellt, welches die vorstehend beschriebene
Vorrichtung zum Gewinnen von situationsabhängigen Kontextdaten umfasst.
Ferner umfasst das erfindungsgemäße Informationssystem
eine Einrichtung, mit welcher aus einer Gesamtmenge von Informationen
in Abhängigkeit
von den Kontextdaten, die Informationen auswählbar sind, die in dem Fahrzeug
den Fahrzeuginsassen, insbesondere dem Fahrer, zur Kenntnis zu bringen
sind. Auf diese Weise wird ein kontext-adaptives Fahrerinformationssystem
bereitgestellt.
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Eine
bevorzugte Ausbildung des erfindungsgemäßen Informationssystems umfasst
zumindest eine Anzeigevorrichtung, welcher die Informationen, die
den Fahrzeuginsassen zur Kenntnis zu bringen sind, anzeigen kann.
Ferner kann das Informationssystem ein Navigationssystem umfassen.
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Gemäß einer
bevorzugten Weiterbildung ist die Anzeigevorrichtung zum stereoskopischen
Anzeigen von Information ausgebildet. Die Anzeigevorrichtung zeigt
dem Betrachter somit dreidimensionale Bilder. Im Unterschied zu
einer perspektivischen zweidimensionalen Darstellung sieht bei der
stereoskopischen Anzeige das eine Auge des Betrachters ein geringfügig anderes
Bild als das andere Auge. Hierdurch wird eine reale dreidimensionale
Darstellung erreicht. Die stereoskopische Anzeige von Bildern hat
den Vorteil, dass der Betrachter die angezeigte Information sehr
schnell und intuitiv erfassen kann. Bevorzugt ist die Anzeigevorrichtung
zum autostereoskopischen Anzeigen von Information ausgebildet. Die
autostereoskopische Anzeige von Bildern unterscheidet sich von der
stereoskopischen Anzeige dadurch, dass bei ihr keine speziellen
Vorrichtungen, wie beispielsweise Brillen oder dgl., nötig sind,
um den dreidimensionalen Effekt beim Betrachten der Anzeige hervorzurufen.
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Für die autostereoskopische
Anzeige kann ein an sich bekanntes flaches Display mit einer Maske
für die
Trennung verschiedener Zwischenbilder verwendet werden. Die Maske
ist beispielsweise eine wellenlängenselektive
Filtermaske. Dieser Filter gibt die Lichtausbreitungsrichtungen
der einzelnen Subpixel des Displays durch Abdecken bzw. Filtern
vor. Einzelne Farbwerte der Pixel werden in verschiedenen Winkeln
in den Raum abgestrahlt. Auf diese Weise lassen sich für die beiden
Augen des Betrachters separate Bilder erzeugen, die beim Betrachter
zu einem dreidimensionalen Bild zusammengesetzt werden. Dabei zeigt
das Bild für das
eine Auge eine leicht versetzte Betrachtungsposition relativ zu
dem Bild, das für
das andere Auge bestimmt ist.
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Das
Display kann beispielsweise ein Flachbildschirm, insbesondere ein
TFT-LCD- oder Plasma-Display sein. Auf diesem Display kann eine
optische Strukturmaske angebracht sein, welche die Trennung von Teilbildern
für eine
autostereoskopische Darstellung ermöglicht.
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Das
erfindungsgemäße kontext-adaptive
Fahrerinformationssystem kann u. a. physikalische Aspekte des Fahrzeugs
und der Fahrzeugumgebung, soziale Aspekte, wie z. B. Termine des
Fahrers oder der Zweck der Fahrt und schließlich physiologische und psychologische
Aspekte, wie z. B. die kognitive und emotionale Belastung des Fahrers
berücksichtigen
und der aktuellen Situation anpassen. Hierbei werden die Begleitumstände eines
Nutzungsvorgangs und die Einschätzung
ihrer Einflüsse
auf Intentionen und Ziele des Nutzers kontinuierlich wahrgenommen
und berücksichtigt.
Dabei wird vorteilhafterweise bereits auf die umfangreichen Informationen über den
Nutzungskontext zugegriffen, indem Daten aus dem fahrzeuginternen
Datenbus entnommen werden oder aus bereits vorhandenen Speichern
der Steuergeräte
des Fahrzeugs ausgelesen werden.
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Die
Erfindung gibt eine Architektur zur Realisierung kontext-adaptiver
Anwendungen im Fahrzeug und einen Ansatz zur situativen Anpassung
der Informationsdarbietung, insbesondere auf der Basis von Bayes'schen Netzen an.
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Um
einer Beeinträchtigung
der Fahrsicherheit zu vermeiden, sind die autonomen Entscheidungen
des Informationssystems bezüglich
der Anzeigeinhalte und Interaktionsformen in sich konsistent. Bei
dem erfindungsgemäßen Verfahren
und dem Informationssystems werden insbesondere auch die folgenden
Aspekte berücksichtigt:
Der
Nutzer kann die Auswirkungen seiner Handlungen auf das System verstehen
und voraussagen können (Transparenz
und Vorhersagbarkeit). Der Nutzer kann sehr einfach durch eine gezielte
Handlung eine von ihm gewünschte
Reaktion des Systems erwirken (Kontrollierbarkeit). Die für die Entscheidungsfindung
durch das System erhobenen Daten werden nicht zu Zwecken verwendet,
die vom Nutzer nicht autorisiert wurden (Privatsphäre).
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Auf
diese Weise kann durch den Einsatz kontext-adaptiver Anzeigesysteme
für das
Informationssystem nicht nur eine Verbesserung der Sicherheit sondern
auch des Nutzungserlebnisses erreicht werden.
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Die
spezielle Bediensituation im Kraftfahrzeug ist vom Vorhandensein
umfangreicher Informationen von z.T. hoher Komplexität bei zugleich
eingeschränkter
Aufmerksamkeitskapazität
des Fahrers, sowie einem begrenzten Raum für Anzeigeflächen geprägt. Durch das erfindungsgemäße Verfahren
und Informationssystem werden die Informationen, die dem Fahrer
zur Kenntnis gebracht werden, reduziert. Gleichzeitig werden jedoch
die Informationen dargeboten, die für den Fahrer in seiner aktuellen
Situation die höchste
Relevanz haben. Werden die Informationen visuell angezeigt, werden
erfindungsgemäß die begrenzten
Anzeigeflächen
im Fahrzeug optimal ausgenutzt.
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Die
Erfindung wird nun anhand von Ausführungsbeispielen mit Bezug
zu den Zeichnungen erläutert.
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1 zeigt
die allgemeine Systemarchitektur eines Ausführungsbeispiels der erfindungsgemäßen Vorrichtung,
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2 zeigt
ein Beispiel zur Erläuterung
der Einschätzung
des Stresslevels des Fahrers eines Fahrzeugs aus heterogenen Basisdaten,
wie sie bei dem erfindungsgemäßen Verfahren
vorgenommen wird,
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3 zeigt
ein Ausführungsbeispiel
des erfindungsgemäßen Fahrerinformationssystems,
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die 4A und 4B zeigen
Darstellungen der Anzeigevorrichtung des in 3 gezeigten
Ausführungsbeispiels,
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5 zeigt
die Ermittlung der Aufmerksamkeitsbeanspruchung des Fahrers eines
Fahrzeugs gemäß einem
Ausführungsbeispiel
der Erfindung und
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6 zeigt
eine vereinfachte Darstellung eines Bayes'sches Netzes zur Einschätzung der
Interessen des Fahrers eines Fahrzeugs an bestimmten Kategorien
von Points of Interest, welche gemäß einem Ausführungsbeispiel
der Erfindung vorgenommen wird.
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Mit
Bezug zu den 1 und 2 wird ein
erstes Ausführungsbeispiel
für das
Verfahren und die Vorrichtung zum Gewinnen von situationsabhängigen Kontextdaten
in einem Fahrzeug beschrieben.
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1 beschreibt
die Systemarchitektur der Vorrichtung. Die unterste Ebene betrifft
die Sensorik 1, welche kontextbezogene Basisdaten erfasst.
Die Basisdaten werden an die nächst
höhere
Ebene, nämlich
den Interpretationsebene 2 übertragen. Bei der Kontextin terpretation
werden komplexe Schlussfolgerungen über kausale Zusammenhänge zwischen
den vielfältigen
Situationsparametern gezogen, denen die Basisdaten zugeordnet sind.
In dieser Ebene werden die Kontextdaten gewonnen. Wesentlich hierbei
ist, dass Schlussfolgerungen auch bei unvollständigem Wissen gezogen werden
und den Kontextdaten daher eine Wahrscheinlichkeitsverteilung zugeordnet
wird, welche von der Unvollständigkeit
des Wissens abhängt.
Die Kontextdaten werden dann einer Schnittstelle 3 zur
Verfügung
gestellt, auf die beliebige kontext-adaptiven Anwendungen 4 zugreifen
können.
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Die
einfachste Interaktion zwischen den kontext-adaptiven Anwendungen 4 und
der Schnittstelle 3 ist die gezielte Abfrage der Kontextdaten.
Bei der Abfrage können
die Kontextdaten dabei mit einem Zeitstempel versehen werden. Es
kann z. B. die aktuelle Einschätzung
des Steresslevels des Fahrers abgefragt werden.
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Außerdem können Kontextdaten
kontinuierlich überwacht
und von einzelnen kontextadaptiven Anwendungen 4 werden.
Beispielsweise kann einer kontext-adaptiven Anwendungen 4 immer
mitgeteilt werden, wenn der Steresslevel des Fahrers mit einer Wahrscheinlichkeit
von über
90 % den Zustand ERHÖHT
annimmt.
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Mit
Bezug zu 2 wird nun erläutert, wie
der Stresslevel und eine diesem Level zugeordnete Wahrscheinlichkeit
bestimmt wird. Der Stresslevel, z. B. des Fahrers des Fahrzeugs,
ist von den Kontextdaten umfasst, wie sie im Sinne der Erfindung
definiert sind.
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Die 2 zeigt
exemplarisch ein einfaches Bayes'sches
Netz zur Einschätzung
des Stresslevels des Fahrers. Bei diesem Modell wird davon ausgegangen,
dass die kognitive und emotionale Belastung des Fahrers einen direkten
Einfluss auf dessen Stresslevel haben. Der Stresslevel des Fahrers äußert sich
z. B. durch Zigarettenrauch im Fahrzeuginnenraum, die Herzschlagvariabilität oder den
Hautleitwert des Fahrers.
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Der
Hautleitwert des Fahrers ist in diesem Modell zudem abhängig von
der Innenraumtemperatur, die von einem Temperatursensor im Innenraum
des Fahrzeugs gemessen wird. Als Ursache für emotionale Belastung berücksichtigt
das Modell lediglich den Abstand des nachfolgenden Fahrzeugs, der
auch über
einen Sensor am Heck des Fahrzeugs detektiert wird. Die emotionale
und kognitive Belastung des Fahrers können zahlreiche Ursachen haben,
welche in einer umfassenderen Modellierung durch weitere Kno ten
und Kanten des Bayes'sches
Netzes berücksichtigt
werden können,
die jedoch hier der Einfachheit halber nicht gezeigt sind.
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Durch
die Instanziierung des Bayes'sches
Netzes anhand von Beobachtungen der Sensoren des Fahrzeugs werden
die Wahrscheinlichkeiten der mit den Beobachtungen in kausalem Zusammenhang
stehenden Variablen neu berechnet. In 2 sind z.
B. folgende Beobachtungen berücksichtigt:
Das nachfolgende Fahrzeug hält
einen Sicherheitsabstand nicht ein, was von dem entsprechenden Sensor
detektiert wird. Der Fahrer ist (wodurch auch immer) kognitiv stark
belastet, was ggf. durch ein separates Bayes'sches Netz bestimmt werden kann. Im
Fahrzeuginnenraum wird von einem Sensor Zigarettenrauch detektiert.
Der Hautleitwert des Fahrers ist erhöht, was z. B. mittels eines
Sensors am Lenkrad des Fahrzeugs bestimmt werden kann. Die Innenraumtemperatur
liegt zwischen 18 und 22°C.
Folgende unsichere Schlussfolgerungen werden anhand des Modells
daraus gezogen: Zum Zeitpunkt der Beobachtung ist mit einer Wahrscheinlichkeit
von etwa 85 % die emotionale Belastung des Fahrers hoch, mit einer
Wahrscheinlichkeit von etwa 97 % ist der Stresslevel des Fahrers
hoch und mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 88 % ist die Herzschlagvariabilität des Fahrers
hoch. Als Kontextdaten werden hier somit neben dem Stresslevel auch
die Herzschlagvariabilität
und die emotionale Belastung des Fahrers ermittelt und diesen Daten
eine bestimmte Wahrscheinlichkeit zugeordnet.
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Die
Inferenz, die durch das Bayes'sche
Netz realisiert wird, besteht in der Berechnung der aktualisierten
Wahrscheinlichkeit aller Variablen, deren Wert nicht durch Beobachtungen
(Evidenzen) festgelegt ist. Die Berechnung der Wahrscheinlichkeiten
erfolgt z. B. auf der Basis von so genannten Verzweigungsbäumen, die aus
dem Bayes'schen
Netz generiert werden. Algorithmen zur Berechnung von Wahrscheinlichkeiten
in Bayes'schen Netzen
sind an sich bekannt und kommerziell als Softwaretools erhältlich.
Beispielsweise bietet die Firma Hugin Expert A/S derartige Softwarewerkzeuge
an.
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Ein
Kennzeichen der Bayes'schen
Netze ist, dass man Schlussfolgerungen auch bei unvollständigem Wissen über die
im Modell berücksichtigten
Variablen ziehen kann. Beispielsweise kann bei den Sensorsystemen,
die in dem Beispiel der 2 im Fahrzeug verwendet werden,
nicht die Herzschlagvariabilität
des Fahrers gemessen werden. Mittels des Bayes'schen Netzes kann jedoch dennoch eine
Einschätzung
des Stresslevels vorgenommen werden. Dabei wird die Einschätzung der
Herzschlagvariabilität,
selbst wenn diese wie im vorliegenden Fall für die Einschätzung der
Situation im Fahrzeug nicht benötigt
wird, automatisch von dem System mitberechnet. Je mehr Basisdaten,
d.h. Evidenzen, im Bayes'schen
Netz jedoch vorliegen, desto verlässlicher werden die probabilistischen
Schlussfolgerungen, die aus dem Bayes'schen Netz abgeleitet werden können. Fehlen
im Bayes'schen Netz
der 2 beispielsweise die Informationen darüber, wie
hoch die Temperatur im Innenraum ist, und ob Zigarettenrauch im
Fahrzeuginnenraum detektiert wird, so ist die Schlussfolgerung bezüglich des
Stresslevels weniger aussagekräftig,
d.h. die Wahrscheinlichkeitsverteilung, die dem Stresslevel zugeordnet
ist, ändert
sich gegebenenfalls. Maßnahmen,
die eine Anwendung 4 (1) aus schwächeren Kontextdaten
ableitet, sollten dementsprechend schwächer sein, als solche, die
sie aus stärkeren
Kontextdaten ableitet.
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Mit
Bezug zu den 3 bis 6 wird ein
weiteres Ausführungsbeispiel
der Erfindung beschrieben.
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Das
Ausführungsbeispiel
betrifft ein Informationssystem für Insassen eines Fahrzeugs,
welches von der im ersten Ausführungsbeispiel
beschriebenen Vorrichtung zum Gewinnen von Kontextdaten Gebrauch macht.
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Die
Architektur des Informationssystems ist in 3 gezeigt.
Auf der untersten Ebene sind im Fahrzeug Sensoren 5 vorgesehen,
welche beobachtbare Daten erfassen. Die Sensoren 5 können alle üblicherweise
in einem Kraftfahrzeug bekannten Sensorsysteme umfassen. Welche
Sensoren 5 im Einzelnen verwendet werden, hängt von
der einzelnen kontext-adaptiven Anwendung ab. Im beschriebenen Ausführungsbeispiel sind
zumindest ein Sensor 5 für den Tankfüllstand, ein Sensor 5 für die Fahrzeuggeschwindigkeit,
ein Sensor 5 für
den Zustand des Fahrlichts, eine Uhr 5 und ein Sensor 5 für die Wischeraktivität vorgesehen.
Die von den Sensoren 5 erfassten Daten werden an einen
im Fahrzeug vorgesehen Datenbus 7 übertragen.
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Ferner
sind im Fahrzeug Speicher 6 vorgesehen, deren Daten auch über den
Datenbus 7 ausgelesen werden können. Die auf dem Datenbus 7 vorliegende
Daten werden über
die Schnittstelle 10 an die Datenverarbeitungseinrichtung 9,
die im Fahrzeug vorgesehen ist, übertragen.
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Des
Weiteren sind Kommunikationsschnittstellen 8 vorgesehen, über welche
Basisdaten von fahrzeug-externen Informationsquellen über die
Schnittstelle 10 am die Datenverarbeitungseinrichtung 9 übertragen
werden können.
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Die über die
Schnittstelle 10 der Datenverarbeitungseinrichtung 9 zugeführten Daten
werden einer Interpretationseinrichtung 11 sowie einer
Einrichtung 12 zum Erstellen eines Benutzermodells übertragen.
Ferner werden die Daten direkt an die Schnittstelle 13 übertragen. Über die
Schnittstelle 13 gelangen die über die Interpretationseinrichtung 11 und
die Einrichtung 12 gewonnenen Daten sowie die über die
Schnittstelle 10 eingelesenen Basisdaten an das Steuergerät 14 für ein Navigationsgerät des Fahrzeugs.
Das Steuergerät 14 greift
auf an sich bekannte Weise auf einen Speicher 15 zu, der
beispielsweise digitale Straßenkarten
enthalten kann. Die digitalen Straßenkarten umfasst auch Zusatzinformationen,
wie so genannte Points of Interest 17. Wie es später beschrieben
wird, bestimmt das Steuergerät 14 in
Abhängigkeit
von den gewonnenen Kontextdaten die Anzahl der Points of Interest 17,
die dem Fahrer oder den Fahrzeuginsassen zur Kenntnis gebracht werden.
Außerdem
wird eine Auswahl der Points of Interest 17 getroffen.
Das Steuergerät 14 überträgt schließlich an
eine Anzeigevorrichtung 16 Anzeigedaten.
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Ein
Beispiel für
Anzeigevorrichtungen und angezeigte Informationen ist den 4A und 4B gezeigt.
Es wird eine Straßenkarte
dargestellt, welche Zusatzinformationen, wie beispielsweise Restaurants,
Geschäfte,
Sehenswürdigkeiten
und Tankstellen enthält.
Diese Zusatzinformationen werden in Form von Icons in der Kartendarstellung
des Navigationssystems angezeigt. Der Nutzer kann die Icons über ein
Touchscreen anwählen
und erhält
daraufhin weiterführende
Informationen und Interaktionsmöglichkeiten.
Da für
eine Region, die auf der digitalen Straßenkarte angezeigt wird, üblicherweise
eine sehr große
Anzahl von Points of Interest gespeichert sind, wird erfindungsgemäß eine kontextadaptive
Selektion der Points of Interest im Navigationssystem durchgeführt, wodurch
einer Informationsüberflutung
durch eine unüberschaubare
Menge von Points of Interest in der Karte vorgebeugt wird. Durch
die Selektion der Points of Interest wird zum einen die Anzahl der
Icons für
die Points of Interest an die verfügbaren kognitiven Resourcen
des Fahrers in Abhängigkeit
von der Fahraufgabe angepasst. Zum anderen wird eine Kombination
von Points of Interest ermittelt, die den aktuellen Wünschen und
Interessen des Nutzers, d.h. insbesondere des Fahrers, möglichst
gut entspricht.
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In 4A ist
beispielsweise der Fall gezeigt, dass der Tankfüllstand gering ist, so dass
vermehrt Icons 19 für
Tankstellen in der näheren
Umgebung angezeigt werden. In 4B ist
der Fall gezeigt, dass die Kontextdaten anzeigen, dass der Fahrer
an Sehenswürdigkeiten
in der Umgebung interessiert sein könnte. Die Icons 19 für die Tankstellen
sind hier gänzlich
ausgeblendet und statt dessen werden Icons 18 für Sehenswürdigkeiten
gezeigt.
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Das
Display der Anzeigevorrichtung
16 kann ein herkömmliches
TFT-, LCD- oder ein Plasmadisplay sein. Die Anzeigevorrichtung kann
jedoch auch ein Display zur autostereoskopen dreidimensionalen Darstellung
von Bildern umfassen. Um die autostereoskopische Wirkung zu erzielen
ist vor dem Display eine Maske angeordnet, welche die Lichtemission
des von dem Display abgestrahlten Lichts so verändert, dass autostereoskopische
Bilder darstellbar sind. Bei der Maske handelt es sich insbesondere
um eine wellenlängenselektive Filtermaske
bzw. eine optische Strukturmaske. Die Maske ermöglicht es, zwischen Teilbildern,
die zu verschiedenen Ansichten gehören, zu unterscheiden und jede
Ansicht in eine andere Richtung abzustrahlen. Es können somit
Teilbilder für
das rechte und für
das linke Auge getrennt werden. Beim Betrachten der Anzeigevorrichtung
können
die Teilbilder zu einer dreidimensionalen Ansicht zusammengesetzt
werden. Hierfür
sind keine weiteren Hilfsmittel, wie Brillen oder dgl., erforderlich.
Hinsichtlich weiterer Details dieser Anzeigevorrichtung wird auf
die
DE 103 09 194
A1 und die
DE
103 20 530 A1 verwiesen.
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Mit
Bezug zu 5 wird erläutert, wie die Interpretationseinrichtung 11 Kontextdaten
gewinnt. Als Beispiel wird die Aufmerksamkeitsbeanspruchung des
Fahrers und eine diesem Wert zugeordnete Wahrscheinlichkeitsverteilung
berechnet. Es wird betont, dass die Schlussfolgerungen, die zu dem
Wert für
die Aufmerksamkeitsbeanspruchung und der zugeordneten Wahrscheinlichkeit
führen,
mit Unsicherheiten behaftet ist. Es kann insbesondere nicht mit
absoluter Sicherheit eine erhöhte
Aufmerksamkeitsbeanspruchung aufgrund der gewonnen Basisdaten erschlossen
werden. Anhand der Basisdaten lässt
sich aber eine Wahrscheinlichkeit für eine erhöhte Aufmerksamkeitsbeanspruchung
ermitteln.
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Für diese
Schlussfolgerungen unter Unsicherheit wird erneut ein Bayes'sches Netz verwendet.
Dieses Bayes'sche
Netz ist in 5 gezeigt. In diesem Bayes'schen Netz repräsentieren
die Pfeile kausale Zusammenhänge
im Sinne von „x
hat einen direkten Ein fluss auf y". Die Balkendiagramme beschreiben die
Wahrscheinlichkeitsverteilungen, die bestimmten Kontextdaten zugeordnet
sind. Wird der Wert 100 in dem Balkendiagramm für einen bestimmten Wert angegeben,
handelt es sich um Basisdaten, die einen sicheren Wert besitzen.
Sie stellen die direkt beobachtbaren Variablen des Bayes'schen Netzes dar.
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Als
Variablen des Bayes'schen
Netzes werden folgende Basisdaten verwendet, die über die
Schnittstelle 10 der Datenverarbeitungseinrichtung 9 zugeführt werden:
Der Tankfüllstand
besitzt den Zustand „Reserve", der Wischer besitzt
den Zustand „schnell", die Fahrzeuggeschwindigkeit
besitzt den Zustand „schnell", das Fahrlicht besitzt
den Zustand „an" und die Uhrzeit
den Zustand „abends".
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Wie
aus 5 ersichtlich, ergibt sich für die Aufmerksamkeitsbeanspruchung
des Fahrers, dass diese mit einer Wahrscheinlichkeit von 97,65 %
erhöht
ist und mit einer Wahrscheinlichkeit von 2,35 % normal ist. Aus
diesen und ggf. weiteren Kontextdaten kann das Steuergerät 14 für das Navigationsgerät folgern,
dass eine geringe Anzahl von Points of Interest dargestellt werden.
Außerdem
kann anhand es Tankfüllstandssensors
gefolgert werden, dass vom Fahrzeug erreichbare Tankstellen bevorzugt
als Icons von der Anzeigevorrichtung 16 angezeigt werden.
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Mit
Bezug zu 6 wird ein weiteres Bayes'sches Netz erläutert, welches
von der Interpretationseinheit 11 verwendet wird, um das
Interesse des Fahrers an bestimmten Kategorien von Points of Interest
zu bestimmen. Wenn beispielsweise das Interesse des Fahrers an Informationen über sich
an der Fahrtroute befindlichen Raststätten eingeschätzt werden
soll, werden komplexe Schlussfolgerungen gezogen. Dieses Interesse kann
nämlich
z. B. von der Tageszeit, von Zeitdruck und vom Zweck der Fahrt abhängen, wobei
Letztere möglicherweise
aus der Anzahl der Insassen, der Beladung des Kofferraums und Informationen über die
Existenz bzw. die Benutzung eines Dachgepäckträgers ableitbar ist.
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Weitere
Kontextdaten ergeben sich aus der Einheit 12 der Datenverarbeitungseinrichtung 9 (3), welche
ein Benutzermodell erstellt. Auch hier werden die als Basisdaten
zur Verfügung
stehenden Informationen interpretiert, so dass entsprechende Kontextdaten
und deren Wahrscheinlichkeitsverteilung gewonnen werden. Als Basisdaten
für das
Benutzermodell wird beispielsweise die Person des Fahrers bestimmt
und aus Speichern individuelle Merkmale und Vorlieben des Fahrers
sowie seine Bedienhistorie bezüglich
der Interaktion mit dem Fahrzeug und den darin vorhandenen Bedienelementen
ausgelesen. Außerdem
können
die Basisdaten physiologische und psychologische Daten zu dem Fahrer
enthalten. Aus den Sensoren für
die Airbagsteuerung kann ferner das Gewicht und die Größe des Fahrers
und ggf. weiterer Fahrzeuginsassen sowie die ungefähre Position
der Insassen ermittelt werden. Die Einrichtung 12 kann
diese Basisdaten erneut mittels eines Bayes'schen Netzes so interpretieren, dass
Kontextdaten gewonnen werden, denen eine Wahrscheinlichkeitsverteilung
zugeordnet ist.