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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Einrichtung zur Fernsteuerung einer Arbeitskapsel eines Magnetspulensystems.
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In der Medizin ist es häufig notwendig, im Inneren eines Menschen oder Tieres als Patienten eine medizinische Maßnahme auszuführen, die z. B. eine Diagnose oder Behandlung sein kann. Zielgebiet einer derartigen medizinischen Maßnahme ist oft ein Hohlorgan im betreffenden Patienten, insbesondere dessen Gastrointestinaltrakt. Über lange Zeit wurden die medizinischen Maßnahmen mit Hilfe von Katheterendoskopen durchgeführt, welche nicht- oder minimalinvasiv von außerhalb des Patienten in diesen eingeführt wurden. Herkömmliche Katheterendoskope weisen hierbei verschiedene Nachteile auf, z. B. verursachen sie beim Patienten Schmerzen oder können entfernt liegende innere Organe nur schwer oder gar nicht erreichen.
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Zur katheterfreien bzw. kabellosen Endoskopie sind deshalb z. B. Videokapseln der Fa. Given Imaging bekannt, welche der Patient schluckt. Die Videokapsel bewegt sich aufgrund der Peristaltik durch den Verdauungstrakt des Patienten und nimmt hierbei eine Reihe von Videobildern auf. Diese werden nach außerhalb des Patienten per Funk übertragen. Der Patient kann sich während des mehrere Stunden dauernden Kapselaufenthaltes im Körper frei bewegen, da er entsprechende Empfangsantennen und einen Rekorder zur Aufzeichnung der Videobilder am Körper mit sich führt. Ausrichtung der Kapsel und damit Blickrichtung der Videobilder sowie Verweildauer im Körper des Patienten sind hierbei zufällig bzw. nicht beeinflussbar. Außer der Bildaufnahme hat die Kapsel keine aktive Funktionalität. Diagnosefunktionen, wie gezielte Betrachtung, Reinigung, Biopsie sind ebenso wenig möglich wie gezielte Behandlungen im Inneren des Patienten, z. B. Medikamentengabe. Für eine vollständige endoskopische Untersuchung ist dies inakzeptabel bzw. nicht zufrieden stellend.
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Neuerdings ist es deshalb, z. B. aus der
DE 103 40 925 B3 oder der Patentschrift
DE 10 2005 010 489 B4 bekannt, mit Hilfe eines Magnetspulensystems magnetische Körper durch Hohlorgane eines Patienten mittels magnetischer, berührungsfreier Kraftübertragung zu bewegen. Die Kraftausübung erfolgt hierbei also gezielt, berührungslos und von außen kontrolliert.
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Ein magnetischer Körper ist hierbei z. B. eine einen Dauermagneten enthaltende Arbeitskapsel, auch Endokapsel oder Endoroboter genannt. Die Arbeitskapseln weisen Funktionalitäten eines herkömmlichen Endoskops auf, z. B. Videoaufnahme, Biopsie oder Clips. Mit einer derartigen Arbeitskapsel kann so eine medizinische Maßnahme autark, d. h. kabellos bzw. katheterfrei durchgeführt werden, es besteht also keinerlei Kabel- oder mechanische Verbindung von der Arbeitskapsel nach außen. Während der medizinischen Maßnahme befindet sich der Patient zumindest zeitweise ganz oder teilweise innerhalb des Magnetspulensystems.
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4 der Zeichnungen zeigt ein entsprechendes, aus der
DE 103 40 925 B3 bekanntes Magnetspulensystem
100, das im Folgenden kurz beschrieben wird. Für eine weiterführende, ausführlichere Beschreibung des Magnetspulensystems
100 bzw. dessen Funktionsweise wird auf die
DE 103 40 925 B3 verwiesen. Das Magnetspulensystem
100 umfasst vierzehn Erregerspulen
102a–n, von denen in
4 nur die Erregerspulen
102a–c,
102e, und
102g–n sichtbar sind. Die sechs Erregerspulen
102a–f sind dabei rechteckig ausgeführt und bilden die Kanten eines Quaders.
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Die verbleibenden acht Erregerspulen 102g–n bilden zusammen die Mantelfläche eines in den eben beschriebenen Quader eingebetteten Zylinders. Jede einzelne der Erregerspulen 102a–n ist über eine Versorgungsleitung 104a–n an einer Leistungsversorgung 106 angeschlossen. In 4 sind der Übersichtlichkeit halber nur die Versorgungsleitungen 104a–c und 104e dargestellt. Über die Leistungsversorgung 106 wird jeder der Erregerspulen 102a–n unabhängig voneinander eine bestimmte Stromstärke mit bestimmtem zeitlichem Verlauf, natürlich im Rahmen der Leistungsfähigkeit der Leistungsversorgung 106, eingeprägt.
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Jede der Erregerspulen 102a–n erzeugt somit für sich ein Magnetfeld. Im Innenraum 108 des Magnetspulensystems 100 kann damit eine nahezu beliebige Feldverteilung bezüglich Stärke und Richtung erzeugt werden. In diesem Innenraum 108 befindet sich ein nicht dargestellter Patient und in dessen Körperinneren eine Arbeitskapsel 110, welche ein nicht dargestelltes magnetisches Element, z. B. einen Dauermagneten, enthält.
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Dem Magnetspulensystem 100 ist eine Ortungsvorrichtung 112 zugeordnet, welche Lage und Orientierung der Arbeitskapsel 110 in einem dem Magnetspulensystem 100 zugeordneten Koordinatensystem 114 erfasst. Die Lage der Arbeitskapsel 110, bzw. die Lage des geometrischen Mittelpunkts dieser, ist in 4 durch die gestrichelten Linien 116 angedeutet. Die Orientierung der Arbeitskapsel 110 ist in 4 durch den Pfeil 118 dargestellt und wird von der Ortungsvorrichtung 112 in Bezug auf das Koordinatensystem 114 erfasst. Die Arbeitskapsel kann hierbei eine beliebige, z. B. längliche oder rotationssymmetrische, geometrische Form aufweisen. Die Orientierung entspräche dann z. B. der Richtung des Einheitsvektors in Längsrichtung der Arbeitskapsel 110. Für eine vollständige Bestimmung der Kapselorientierung muss der Drehwinkel um die Kapsellängsachse ebenfalls gemessen werden. Die gesamte Lage der Arbeitskapsel 110, also insbesondere die Schwerpunktskoordinaten und die Längsachsenrichtung, ist somit im Koordinatensystem 114 vollständig beschrieben und bekannt.
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Die Ortungsvorrichtung 112 kann als elektromagnetische Ortungsvorrichtung ausgeführt sein. Hierfür beinhaltet dann die Arbeitskapsel 110 3-6 zueinander orthogonale, nicht dargestellte Ortungsspulen. Diese arbeiten in einem Frequenzbereich mit einer Trägerfrequenz oberhalb ca. 10 kHz.
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Die Ortungsvorrichtung 112 übermittelt Lage und Orientierung der Arbeitskapsel 110 an die Leistungsversorgung 106. Diese beströmt daraufhin die Erregerspulen 102a–n derart, dass sich am Ort der Arbeitskapsel 110 ein Magnetfeld, in 4 durch die Feldlinien 120 dargestellt, einstellt. Das Magnetfeld ist so ausgelegt, dass es mit dem Dauermagneten in der Arbeitskapsel 110 derart wechselwirkt, dass eine erwünschte Kraft 122 und/oder ein gewünschtes, nicht dargestelltes Drehmoment an der Arbeitskapsel 110 angreift. Auf diese Art wird die Arbeitskapsel 110 im Patienten translatorisch bewegt, ausgerichtet und/oder rotiert.
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Die gesamte Energie, welche die Arbeitskapsel selbst während der Durchführung der medizinischen Maßnahme benötigt, wird z. B. über Batterien oder Kondensatoren im Inneren der Arbeitskapsel oder durch drahtlose Energieübertragung (nicht dargestellt) zur Kapsel bereitgestellt. Letztere ist besonders günstig für leistungsintensive medizinische Maßnahmen, wie z. B. Hohlorganausleuchtung, thermische Koagulation oder Laserapplikationen. Die induktive Energieeinkopplung in die Arbeitskapsel 110 benötigt eine nicht dargestellte Induktionsspule in der Kapsel und arbeitet mit Frequenzen von oberhalb ca. 500 Hz, z. B. bis ca. 500 kHz. Die Größe der Arbeitskapsel ist z. B. für den Einsatz im oberen Magen-Darm-Trakt einschließlich Dünndarm begrenzt auf ca. 25 mm Länge und ca. 10 mm Durchmesser; bei reinem Einsatz im Dickdarm etwas mehr. Hierdurch ist der Raum für Einbauten generell begrenzt.
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Zur Ausführung der beabsichtigten Aufgaben benötigt die Kapsel Steuersignale von außerhalb des Patienten, z. B. zum Auslösen einer Biopsienahme, zur mit anderen Aktivitäten synchronisierten Aufnahme von Videobildern, zur geänderten kapselinternen Vorverarbeitung von Videobildern, zur gezielten Medikamentengabe usw. Eine Fernsteuerung reicht hierbei von einfachen Befehlen, wie ”Biopsiezange ausfahren”, z. B. mittels Übertragung eines zweistelligen Nummerncodes, bis zur Übertragung von modifiziertem Programmcode in die Kapsel, z. B. für eine geänderte Bildvorverarbeitung bei Videoaufnahmen. Je nachdem wird ein nieder- oder hochfrequentes Trägersignal für die Fernsteuerung mit niedriger oder hoher Bandbreite zur Datenübertragung benötigt.
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In 4 ist zur Kommunikation in der Kapsel 110 eine Empfängerspule 124, und außerhalb des Patienten eine Fernsteuereinheit 126 vorgesehen, die an eine Auswerte- und Steuereinheit 128 für die Kapselfunktionen angeschlossen ist. Die Fernsteuereinheit 126 dient zum Senden der Steuerbefehle zur Kapsel, aber auch optional zum Empfang von Rückmeldesignalen, z. B. zur Bestätigung eines von der Arbeitskapsel 110 empfangenen Befehls. Die Kommunikation entlang des Pfeils 130 verläuft also immer zur Kapsel hin und optional auch von dieser zurück.
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Weiterhin wird zur Datenübertragung von der Arbeitskapsel 110 nach außen ein hochfrequentes Trägersignal im Bereich 340 MHz benutzt, um z. B. Sensordaten oder Live-Videobilder aus dem Patienteninneren zu übertragen. Hierzu ist eine zusätzliche, nicht dargestellte Sendespule im Kapselinneren vorgesehen.
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Neben dem Magnetspulensystem für die Kraftausübung auf die Kapsel sind also etliche weitere Spulenanordnungen bzw. Systeme innerhalb und außerhalb der Kapsel nötig bzw. bei vollem Systemausbau und maximaler Kapselfunktionalität vorhanden. Je mehr Einzelspulen aber nötig sind, umso aufwändiger, voluminöser und teurer wird das Gesamtsystem.
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Aus der nicht veröffentlichten Patentanmeldung
DE 10 2005 012 387.2 ist es bekannt, mittels eines gemeinsamen bzw. einzigen extrakorporalen Spulensystems die Kraftausübung auf und die Positionsbestimmung der Kapsel gemeinsam zu realisieren. Kapselseitig ist eine Kombination beider Teilaufgaben nicht sinnvoll, da der Permanentmagnet durch eine mit Energie zu versorgende Spule ersetzt werden müsste. Diese Energie könnte in der Kapsel weder gespeichert noch zugeführt werden. Die Ohmschen Verluste in der Kapsel wären zu hoch.
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Aus der Patentschrift
DE 10 2005 053 759 B4 ist es bekannt, mittels eines gemeinsamen bzw. einzigen extrakorporalen Spulensystems die Kraftausübung auf und die drahtlose Energieübertragung zur Kapsel gemeinsam zu realisieren. Auch hier ist wegen der gleichen Gründe wie oben eine kapselseitige Kombination nicht sinnvoll.
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Aus der
US 2004 0215083 A1 ist eine sowohl senderseitige als auch kapselseitige Kombination von induktiver Energieeinkopplung und Fernsteuerung der Kapsel bekannt.
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Eine Kombination von induktiver Energieeinkopplung und Positionserkennung ist dagegen aus der
US 2004 0225184 A1 bekannt.
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DE 101 42 253 C1 offenbart ein Gradientenmagnetfeld zur Navigation einer Arbeitskapsel, welche zudem eine Antenne zur Kommunikation aufweist.
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GB 1 035 205 beschreibt zudem eine Arbeitskapsel mit einer Antenne zur Kommunikation.
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Alle bekannten Maßnahmen reduzieren die Einzelmodule bzw. Bauteile, und damit die Kosten und den Aufwand des Gesamtsystems aus Magnetspulensystem und Endoskopiekapsel. Dennoch verbleibt ein immer noch aufwändiges und teures System.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, das Gesamtsystem weiter zu vereinfachen bzw. Komponenten einzusparen.
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Hinsichtlich des Verfahrens wird die Aufgabe gelöst durch ein Verfahren gemäß Patentanspruch 1.
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Die Erfindung nutzt hierbei folgende Erkenntnis: Das Magnetspulensystem weist mehrere Erregerspulen auf, die in der Lage sind, das zur Kraftausübung auf die Kapsel notwendige erste Magnetfeld zu erzeugen, wobei hierbei unter Kraftausübung auch die Ausübung eines Drehmoments zu verstehen ist. Das erste Magnetfeld kann somit auch als Navigationsmagnetfeld bezeichnet werden. Das erste Magnetfeld ist inhomogen und setzt sich zusammen aus einem in Richtung und Stärke jeweils skalierbarem homogenen Magnetfeld und einem Gradientenmagnetfeld komplizierter Geometrie. Daher ist das Spulensystem leicht in der Lage, auch das zur Fernsteuerung verwendete zweite Magnetfeld zu erzeugen, und zwar in beliebiger Orientierung bezüglich des Magnetspulensystems. Das zweite Magnetfeld kann daher auch als Fernsteuermagnetfeld bezeichnet werden.
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Die Spulenströme in den Erregerspulen des Magnetspulensystems werden z. B. von Leistungsverstärkern angesteuert, wie sie derzeit zur Ansteuerung der Gradientenspulen in MR-Geräten verwendet werden. Mit diesen Leistungsverstärkern lassen sich zeitlich variable Ströme mit Frequenzanteilen bis ca. 10 kHz realisieren. Die Kraftausübung auf die Kapsel erfolgt jedoch mit einem inhomogenen, instationären Magnetfeld mit einem signifikanten Frequenzspektrum unter ca. 100 Hz.
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Die benötigten Fernsteuersignale für die Kapsel sind in der Regel niederfrequent. Derartige Signale liegen im Bereich einer Trägerfrequenz von maximal ca. 10 kHz. Dies ist für die meisten Fernsteueraufgaben ausreichend, da die zu übertragende Informationsmenge eher gering ist, verglichen z. B. mit einer Bildübertragung eines Kamerasignals.
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Das Magnetspulensystem ist also technisch in der Lage, derartige Fernsteuerfelder zu erzeugen und wird erfindungsgemäß hierzu benutzt. Da das Magnetspulensystem somit zwei Aufgaben erfüllt, nämlich die Kapselnavigation, also Kraftausübung anhand der Navigationsmagnetfelder und die Fernsteuerung, also Übertragung von Steuersignalen zur Kapsel, entfällt die separate Fernsteuersendespule außerhalb der Kapsel. Das Gesamtsystem wird dadurch einfacher und kostengünstiger. Komponenten werden eingespart.
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Die Spulenkörper des Magnetspulensystems werden so zur Navigation und Fernsteuerung gemeinsam genutzt. Auch eine gemeinsame Ansteuerung erfolgt hierbei. Dies reduziert den Aufwand des Gesamtsystems.
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Position und Orientierung der Arbeitskapsel müssen ohnehin für die Navigation, also Kraftausübung auf die Arbeitskapsel bekannt sein. Eine entsprechende Ortungseinrichtung ist also vorhanden, welche die relative Position und Orientierung der Empfangsspule zum Magnetspulensystem ermittelt. Natürlich muss die Lage der Empfangsspule in der Kapsel bekannt sein, wenn eine optimale Signaleinkopplung in diese erfolgen soll. Im einfachsten Fall ist daher die Empfangsspule starr in der Kapsel eingebaut.
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Damit ist die augenblickliche Orientierung der Empfangsspule im Magnetspulensystem bekannt. Wenn die Empfangsspule nicht entlang der Kapsellängsachse orientiert bzw. eingebaut ist, muss dafür der Drehwinkel um die Kapsellängsachse bekannt sein. Das zweite Magnetfeld kann dann stets so erzeugt werden, dass es in die Empfangsspule bestmöglich einkoppelt, z. B. genau entlang deren Spulenachse ausgerichtet ist. Bei gegebener Feldstärke des Fernsteuerfeldes ist so die in der Empfangsspule empfangene Leistung und damit die Signalqualität maximal. Die Erregerspulen werden deshalb vorzugsweise so angesteuert, dass ein zweites Magnetfeld erzeugt wird, welches zur Empfangsspule in gewünschter Weise ausgerichtet ist.
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Da im genannten Magnetspulensystem zur berührungslosen Kraftausübung auf die Arbeitskapsel eine entsprechende Ortungseinrichtung ohnehin vorhanden ist und die Erregerspulen zur Erzeugung des ersten Magnetfeldes ebenfalls ohnehin vorhanden sind, brauchen dann die Erregerspulen lediglich geeignet, also auf alternative Weise, d. h. mit alternativen Strommustern, angesteuert zu werden, um das zweite Magnetfeld zur Fernsteuerung in gewünschter Weise zu erzeugen.
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Hinsichtlich des Energieeintrages in die Arbeitskapsel sind die Erregerspulen ebenfalls derart für die Erzeugung der ersten magnetischen Felder dimensioniert, dass leicht Leistungen in einer Größenordnung erzeugt werden können, die zur Steuerung der Arbeitskapsel ausreichen.
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Das Magnetspulensystem kann erstes und zweites Magnetfeld in voneinander unterschiedlichen ersten und zweiten Frequenzbereichen erzeugen. Die Frequenzbereiche können dann insbesondere nicht überlappend ausgeführt werden, so dass Navigation und Fernsteuerung gesonderten Frequenzbereichen zugeordnet sind. Eine gegenseitige Störung ist so ausgeschlossen. Das zweite Magnetfeld vermag nämlich die Kapsel nicht in Bewegung zu versetzen, wenn dieses am Kapselort keinen signifikanten Gradientenanteil aufweist und somit keine Kraft auf die Kapsel ausübt und das Kapselträgheitsmoment in Verbindung mit dem relativ hohen Frequenzbereich von z. B. über 1 kHz dafür sorgt, dass das im zeitlichen Mittel verschwindende zweite Magnetfeld zu einer vernachlässigbaren „Zitterbewegung” der Kapsel aufgrund des eingeprägten Drehmoments einerseits und des Kapselträgheitsmoments andererseits führt.
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Besonders günstig zur Kraftausübung auf die Arbeitskapsel sind magnetische Felder in einem ersten Frequenzbereich etwa zwischen 0 Hz und 50 Hz. Ein hiermit nicht überlappender zweiter, höherer Frequenzbereich von 500 Hz bis 10 kHz kann dann für die Magnetfelder zur Fernsteuerung verwendet werden, ohne mit denen zur Kraftausübung und denen des elektromagnetischen Meßsystems zu interferieren. Der Frequenzbereich von 500 Hz bis 10 kHz eignet sich hierbei besonders zur Übertragung durch menschliches Körpergewebe zur Kapsel bei den gegebenen Abständen von ca. 20 bis 60 cm zwischen Magnetspulensystem und Arbeitskapsel.
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Durch die Unterscheidung der Frequenzbereiche für die ersten und zweiten magnetischen Felder zur Kraftausübung und zur Fernsteuerung beeinflussen sich diese gegenseitig kaum. Z. B. kann das zweite Magnetfeld hochfrequent und das erste zur Navigation niederfrequent gewählt werden.
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Erstes und zweites Magnetfeld können daher überlagert werden. Dies führt dazu, dass während der Navigation bzw. Kraftausübung und Bewegung der Arbeitskapsel durch den Patienten gleichzeitig eine Fernsteuerung der Kapsel stattfindet. Somit ist eine ständige Kontrolle der Kapselfunktionen, also eine Steuerung zu jedem beliebigen Zeitpunkt, möglich.
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Alternativ kann das zweite Magnetfeld im zeitlichen Multiplex zum ersten Magnetfeld erzeugt werden. Erstes und zweites Feld werden also zeitlich im Wechsel, und nicht gleichzeitig erzeugt. Hierdurch steht sowohl für die Bewegung bzw. Kraftausübung auf die Arbeitskapsel als auch für die Fernsteuerung die jeweils maximale Leistung des Magnetspulensystems zur Verfügung, was eine störungsfreie Signalübertragung ermöglicht.
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Während der Fernsteuerung ruht dann z. B. die Kapsel im Patienten ohne Kraftausübung. Durch entsprechend kurze zeitliche Abstände zwischen zwei Fernsteuerungen kann so dennoch eine quasi kontinuierliche Steuerung erfolgen. Die Arbeitskapsel kann dann so benutzt werden, dass diese lediglich im ruhenden Zustand aktiv gesteuerte medizinische Maßnahmen durchführt.
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Die Position und Orientierung der Fernsteuerspule zum Magnetspulensystem kann auf verschiedene Weise ermittelt werden. Eine Möglichkeit ist die Ermittlung durch ein Röntgensystem. Hierbei wird der Patient während der Durchführung der medizinischen Maßnahme geröntgt, so dass auf dem Röntgenbild die Kapsel in Position und Orientierung erkennbar ist. Aufgrund des hohen Röntgenkontrastes der Kapsel kann die Dosis der Röntgenbestrahlung für den Patienten sehr niedrig gehalten werden. Eine entsprechende Registrierung, also Kenntnis der relativen Lage zueinander, der Koordinatensysteme von Magnetspulensystem und Röntgensystem ist hierbei natürlich notwendig, entsprechende Lösungen sind aus der Literatur bekannt. In der Kapsel müssen somit keine zusätzlichen Ortungsvorrichtungen installiert sein. Der gesamte Innenraum der Kapsel steht für andere Einbauten zur Verfügung.
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Eine zweite Alternative ist die Verwendung eines elektromagnetischen Meßsystems. Hierzu sind in der Kapsel nur minimale Einbauten, d. h. solche mit geringem Platzbedarf, notwendig, z. B. eine elektromagnetische Sende- oder Empfangseinrichtung. Diese kann entsprechend klein ausgeführt werden, so dass sie nur wenig Platz in der Arbeitskapsel benötigt.
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Insbesondere können in der Arbeitskapsel drei bis sechs orthogonal zueinander ausgerichtete Ortungsspulen vorhanden sein, welche zur Ermittlung der Orientierung der Fernsteuerspule benutzt werden. Da die Ortungsspulen zu Ihrer Funktion kaum Energie aus einem externen Magnetfeld aufnehmen müssen, um die Positionserkennung durchzuführen, können diese deutlich kleiner als die Fernsteuerspule ausgelegt werden und benötigen somit kaum Platz in der Kapsel.
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Das elektromagnetische Positionsmeßsystem kann in einem wiederum zu erstem und zweitem Frequenzbereich unterschiedlichen dritten Frequenzbereich arbeiten, um mit keinem der anderen Systeme zu interferieren. Insbesondere kann das elektromagnetische Positionsmeßsystem mit einer Frequenz von mindestens 10 kHz betrieben werden. Alternativ können Positionsmesssystem und zweites Magnetfeld zur Fernsteuerung alternierend betrieben werden.
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Um die Erregerspulen besonders gut zur Erzeugung der magnetischen Felder zur Kraftausübung und Fernsteuerung ansteuern zu können, können die Erregerspulen mehrere Anzapfungen aufweisen und über verschieden Anzapfungen betrieben werden. Somit brauchen nicht verschiedene Spulen zur Erzeugung der verschiedenen Felder vorgesehen werden, sondern eine Spule kann in verschiedenen Betriebsarten betrieben werden. Eine entsprechende Halterung und eine Kühlung für die Erregerspulen braucht somit nur einmal vorgesehen zu werden.
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In machen Fällen kann es vorteilhaft sein, nicht nur Fernsteuerbefehle vom Magnetspulensystem zur Kapsel zu übertragen, sondern auch z. B. Rückmeldungen von der Kapsel nach außen zu senden. Dies ist im einfachsten Fall eine Rückmeldung, dass der Fernsteuerbefehl empfangen wurde, z. B. ein sogenanntes Acknowledge-Signal. Es können aber auch einfache Sensordaten, z. B. ein Temperatur- oder pH-Wert oder sonstige Informationen von der Kapsel gesendet werden. In diesem Fall kann das Rückmeldesignal vom Magnetspulensystem empfangen werden. Das Magnetspulensystem funktioniert dann als Empfangsantenne und eine derartige separate wird überflüssig. Das Rückmeldesignal kann dann über ein Filter im Magnetspulensystem aus diesem ausgekoppelt und zur Weiterverarbeitung weitergeleitet werden, z. B. an die oben genannte Steuer- und Auswerteeinheit für die Fernsteuerung.
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Hinsichtlich der Einrichtung wird die Aufgabe der Erfindung gelöst durch eine Einrichtung gemäß Patentanspruch 13.
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Die Steuereinheit steuert also das Magnetspulensystem derart an bzw. stellt die in den Erregerspulen fließenden Ströme derart ein, dass das Magnetspulensystem zur Kraftausübung auf die Arbeitskapsel ein erstes magnetisches Feld am Ort der Arbeitskapsel erzeugt. Hierzu nutzt die Steuereinheit die von der Ortungseinrichtung ermittelte Position und Orientierung der Arbeitskapsel. Zur Fernsteuerung der Arbeitskapsel steuert die Steuereinheit darüber hinaus das Magnetspulensystem derart an, dass dieses ein zweites Magnetfeld am Ort der Arbeitskapsel zur Fernsteuerung erzeugt.
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Die sich aus der erfindungsgemäßen Einrichtung ergebenden Vorteile wurden bereits im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren erläutert.
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Die Einrichtung kann ein Röntgenortungssystem zur Ermittlung von Position und Orientierung der Arbeitskapsel, wie oben erläutert, aufweisen. Zusätzliche Empfängerspulen in der Kapsel sind dann überflüssig und es ist mehr Raum für andere Einbauten in der Kapsel vorhanden.
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Alternativ kann die Einrichtung hierzu auch ein elektromagnetisches Ortungssystem enthalten, wobei die Arbeitskapsel drei orthogonal zueinander ausgerichtete Ortungsspulen enthalten kann.
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Wie beschrieben, können die Erregerspulen auch verschiedene Anzapfungen aufweisen, über die sie wahlweise, z. B. zur Erzeugung des ersten und zweiten Magnetfeldes, betrieben werden können.
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Die Rückmeldesignale von der Kapsel können, wie oben beschrieben, vom Magnetspulensystem aufgefangen und aus diesem ausgeleitet werden. Alternativ kann aber auch im Magnetspulensystem eine extra zu diesem Zweck vorgesehene, und z. B. entsprechend empfangsoptimierte separate Empfangsspule vorhanden sein.
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Für eine weitere Beschreibung der Erfindung wird auf die Ausführungsbeispiele der Zeichnungen verwiesen. Es zeigen, jeweils in einer schematischen Prinzipskizze:
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1 ein Magnetspulensystem zur magnetischen Navigation und Fernsteuerung einer Arbeitskapsel,
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2 Spulenströme einer Erregerspule aus 1 zur Navigation und Fernsteuerung (a) getrennt, (b) aufeinander aufmoduliert und (c) im Zeitmultiplex,
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3 eine alternative Ansteuerung des Magnetspulensystems im Detail,
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4 ein Magnetspulensystem zur Bewegung eines magnetischen Körpers in einem Patienten gemäß Stand der Technik.
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1 zeigt nochmals das bekannte Magnetspulensystem aus 4 gemäß Stand der Technik, jedoch erfindungsgemäß modifiziert. Eine Auswerte- und Steuereinheit 2 empfängt von der Ortungseinrichtung 112 aktuelle Positionsdaten 4 der Arbeitskapsel 110 im Koordinatensystem 114 sowie von einer nicht dargestellten Bedieneinrichtung Solldaten für eine neue Position und Geschwindigkeit der Arbeitskapsel 110. Die Positionsdaten 4 sind die Lage (Linien 116) und Orientierung (Pfeil 118) der Arbeitskapsel 110 im Koordinatensystem 114, wie im Zusammenhang mit 4 ausführlich erläutert.
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Da die Lage der Empfängerspule 124 in der Arbeitskapsel 110 fest und damit wie beschrieben im Koordinatensystem 114 bekannt ist, liefern die Positionsdaten 4 der Auswerte- und Steuereinheit 2 ebenso Position und Orientierung der Empfängerspule 124.
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Die Auswerte- und Steuereinheit 128, die für die Steuerung der Kapselfunktionen zuständig ist, sendet, angedeutet durch den Pfeil 6, außerdem ein Steuersignal, das die Arbeitskapsel 110 erreichen soll, an die Steuer- und Auswerteeinheit 2 für die Kapselnavigation bzw. Ansteuerung des Spulensystems 100.
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Die Auswerte- und Steuereinheit 2 berechnet aus den Positionsdaten 4 die Ströme IA(t) bis IN(t) in den Erregerspulen 102a–n. In 1 ist exemplarisch nur IA(t) eingezeichnet. Durch den Pfeil 10 ist angedeutet, wie die Auswerte- und Steuereinheit 2 die Leistungsversorgung 106 ansteuert, welche dann die eigentlichen Ströme IA(t) bis IN(t) in den Erregerspulen 102a–n erzeugt.
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Die Ströme IA(t) bis IN(t) erzeugen am Ort der Kapsel 110 bzw. Empfängerspule 124 eine magnetische Feldstärke, angedeutet durch den Pfeil 8, welche die Empfängerspule 124 durchsetzt, von dieser empfangen, und in der Arbeitskapsel 110 als Fernsteuerbefehl dekodiert wird. Dies ist z. B. für eine Feldverteilung gegeben, bei der die magnetische Feldstärke in der in 1 angedeuteten Empfängerspule 124 parallel zu deren Mittellängsachse ausgerichtet ist.
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2a zeigt zwei zeitliche Stromverläufe Inav(t) und Ist(t), deren Summe die Stromstärke IA(t) in der Erregerspule 102a von 1 ist. Inav(t) ist hierbei ein beispielhafter zeitlicher Stromstärkeverlauf zur Navigation der Arbeitskapsel 110 gemäß Stand der Technik. Die Frequenz f1 von Inav(t) liegt hierbei im Bereich von 0–50 Hz. Ist(t) zeigt einen zeitlichen Stromverlauf für IA(t) zur Übertragung eines Fernsteuerbefehls zur Empfängerspule 124. Die Arbeitsfrequenz f2 von ISt(t) beträgt hierbei ca. 10 kHz, z. B. 1–100 kHz.
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Für die tatsächliche Bestromung der Erregerspulen 102a–n am Beispiel der Erregerspule 102a sind in den 2b und 2c zwei Alternativen dargestellt. 2a zeigt eine Stromverteilung IA(t), in welcher die Ströme Inav(t) und Ist(t) aus 2a überlagert sind, angedeutet durch den Summierer 12.
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Die Bestromung bzw. Beschaltung der Erregerspulen 102a–n erfolgt hierbei über die Anzapfungen 18a und 18b jeder einzelnen Erregerspule 102a–n, die an diesen endseitig angeordnet sind, d. h. die gesamte Erregerspule 102a–n wird vom Strom IA(t) durchflossen. In 1 sind die Anzapfungen 18a, b und c, wie unten beschrieben, nur beispielhaft für die Erregerspule 102a dargestellt.
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Bei einer derartigen Bestromung findet in 1 die Navigation, also Kraftausübung der Kraft 122 auf die Arbeitskapsel 110 sowie die Fernsteuerung der Kapsel gleichzeitig statt, da auch beide Strommuster Inav(t) und Ist(t) gleichzeitig in den entsprechenden Erregerspulen 102a–n fließen.
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2c zeigt im Gegensatz einen Zeitverlauf des Stromes IA(t), bei welchem die Ströme Inav(t) und Ist(t) aus 2a im Zeitmultiplex als Strom IA(t) auf die Erregerspule 102a geschaltet werden.
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Vom Zeitpunkt t1 bis t2 fließt dort der Strom Inav(t), zwischen t2 und t3 der Strom Ist(t), zwischen t3 und t4 wiederum Inav(t) usw. Navigation bzw. Ausübung der Kraft 122 auf die Arbeitskapsel 110 findet somit nur in den Zeiträumen t1 bis t2, t3 bis t4 und nach t5 statt. In den Zeiträumen von t2 bis t3 und t4 bis t5 dagegen findet keine Kraftausübung auf die Arbeitskapsel 110, dafür Fernsteuerung statt, welche zu den erstgenannten Zeiträumen eben dann nicht stattfindet.
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Die Bestromung bzw. Beschaltung der Erregerspulen 102a–n erfolgt nun, wie oben beschrieben, nur für den Strom Tnav(t) über die Anzapfungen 18a und 18b jeder einzelnen Erregerspule 102a–n. Die Bestromung mit Ist(t) erfolgt jeweils über die Anzapfungen 18a und 18c. Die Anzapfung 18c ist hierbei z. B. mittig in den Erregerspulen 102a–n angeordnet. Nur ein Teil der Windungen der Erregerspule 102a–n wird also vom Strom Ist(t) durchflossen. Die Erregerspulen 102a–n weisen dann eine geeignetere Induktivität bzw. Widerstand für dieses Strommuster auf.
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Die zur Fernsteuerung benötigte Magnetfeldrichtung, dargestellt durch den Pfeil 8, ist insbesondere durch die sechs quaderförmig oder zylindrisch angeordneten Erregerspulen 102a–f realisierbar. Durch die unterschiedlichen Frequenzbereiche der Ströme Inav(t) und Ist(t) beeinflussen sich Navigation und Energieübertragung zur Kapsel 110 nicht gegenseitig.
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Optional kann die Kapsel Rückmeldesignale, angedeutet durch den Pfeil 22, an das Magnetspulensystem senden. Die Signale werden dann von einer oder mehreren der Erregerspulen 102a–n aufgefangen und an die Steuer- und Auswerteeinheit 2 geleitet. Dort ist ein Filter 20 integriert, das die empfangenen Rückmeldesignale ausleitet und entlang des Pfeils 22 an die Steuer- und Auswerteeinheit 128 zur Weiterverarbeitung weiterleitet. Die Empfängerspule 124 arbeitet dann gleichzeitig als Sendespule.
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Alternativ kann auch eine externe Antenne 24 vorhanden sein, die die Rückmeldesignale entlang des Pfeils 26 auffängt und zur Steuer- und Auswerteeinheit 128 leitet.
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3 zeigt nochmals die Ansteuerung des Magnetspulensystems 100 im Detail bzw. in einer Ausführungsalternative. Jeder der nicht dargestellten vierzehn Einzelspulen ist hierbei ein Leistungsverstärker 30a–n vorgeschaltet, der die eigentlichen jeweiligen Spulenströme IA(t) erzeugt.
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Die Ansteuerung der Leistungsverstärker 30a–n erfolgt hierbei jeweils durch die Steuer- und Auswerteeinheit 2 für die Navigation und die Steuer- und Auswerteeinheit 128 für die Fernsteuerung. Anders als in 1 werden also die Navigations- und Fernsteuersignale nicht in der Steuer- und Auswerteeinheit 2 vermischt. Die Ausgangssignale beider Einheiten werden daher durch getrennte Signalleitungen 32a, b jeweils über Vorverstärker 34 zu Kombinierern 36 geführt. Erst dort werden die Signale gemäß den Alternativen in 2 kombiniert oder gemultiplext und dann zu den Leistungsverstärkern 30a–n geführt.