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Die
Erfindung betrifft eine neuartige Verwendung von 1-Arylisochromanderivaten
der Formel I zur Behandlung von Krebs.
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Durch
den hier erstmals geführten
Nachweis einer cytostatischen und zelldifferenzierenden Wirkung der
1-Arylisochromanederivate auf maligne C6-Ratten-Gliomzellen in vitro wird für diese
Stoffklasse eine neue Verwendungsmöglichkeit zur Prävention,
Behandlung oder Nachbehandlung von Gliomen bzw. Glioblastomen aufgezeigt.
Darüberhinaus
wird die proliferationsregulierende und redifferenzierende Wirkung
der 1-Arylisochromanderivate anhand des Nachweises eines Differenzierungsmarkers
bzw. Markerproteins, der verstärkten
Phosporylierung von Tyrosinresten des alpha-MHC-Proteins, demonstriert.
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Vitales
Wachstum von Zellen in Geweben kann sich für einen gesunden Organismus
durchaus negativ auswirken. Andererseits erweist sich der Tod auf
zellulärer
Ebene, bedingt durch Zellselbstmord, in gewissen Situationen als
lebensrettend. Eine ausgewogene Balance von Proliferation und Wachstumsstop,
zwischen Leben und Tod von Zellen, in einem Verband von Zellen mit
unterschiedlichen physiologischen Aufgaben ist für das Funktionieren eines multizellulären Organismus
essentiell und ermöglicht
ihm erst das Leben. Eine Störung
dieser Balance und somit eine Fehlregulation kann sich für einen
solchen Organismus als fatal erweisen. Sowohl das Zuviel an Proliferationssignalen
als auch ein Mangel an Proliferationshemmung stören das Gleichgewicht und können sich
in verschiedenen Erkrankungen, wie auch als Ursache der Entstehung
von Krebs äußern.
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Zelluläres Sterben,
was mit dem griechischen Wort "Apoptose" (= Fallen der Blätter im
Herbst) beschrieben wird, ist gewissermaßen ein progammiertes altruistisches
Absterben einzelner Zellen zum Wohle des Gesamtorganismus.
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So
werden von den rund 100 Billionen Zellen unseres Körpers mehrere
Milliarden täglich
neu gebildet, um verbrauchte und beschädigte zu ersetzen.
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Das
invasive Wachstum von Zellen kann gutartig, wie z.B. bei bestimmten
Hyperprolifertions-Erscheinungen der Haut, beispielsweise bei Psoriasis,
oder bösartig
wie z.B. bei malignen Tumorzellen sein. Letztere besitzen eine unphysiologisch
gesteigerte Proliferation und missachten andere Gewebegrenzen. So
modifizieren Tumore ihre Oberflächenstrukturen,
sind für
Immunzellen nicht mehr erkennbar bzw. angreifbar und können dann
leicht in andere Gewebe hineinwachsen.
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Ein
vielzelliger Organismus reguliert seine Entwicklung und funktionelle
Integrität
durch das komplexe Zusammenspiel unterschiedlich differenzierter
Zellen, die auf extrazelluläre
Signale durch Aktivierung spezifischer biochemischer Kaskaden reagieren.
Entscheidende Prozesse wie Zellproliferation, Differenzierung, Migration
und Apoptose werden durch verschiedene Signalmoleküle wie z.B.
Hormone, Wachstumsfaktoren oder Neurotransmitter gesteuert, welche
an Zelloberflächenrezeptoren
binden und diese aktivieren können.
Die Aktivierung von Rezeptoren, ausgelöst durch extrazelluläre Bindung
von Liganden an spezifische Transmembranproteine, reguliert Genexpression
und damit verschiedenste physiologische Vorgänge. Wird eine solches fein
abgestimmtes Netzwerk durch Überexpression,
Genamplifikation oder Genmutation wichtiger Signalmoleküle gestört, so kann
das zu pathophysiologischen Veränderungen
wie z.B. Krebs führen.
Vielfältige
chemische Wirkstoff-Leitstrukturen werden weltweit getestet um Zellproliferationsprozesse
zu beeinflussen.
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Ein
großes
Problem beim Einsatz von zellproliferations-hemmenden Substanzen
(Cytostatika) ist ihre oftmals toxische Wirkung, die nicht nur Tumorzellen
sondern in hohem Maße
auch gesunde Zellen schädigt und
zu einer Schwächung
des Gesamtorganismus führt.
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Viele
Chemotherapeutika besitzen keine selektive Toxizität und ihre
Selektivität,
die eigentlich nur die Tumorzellen betreffen sollte, ist hauptsächlich auf
Proliferations-Charakteristika
beschränkt,
d.h. diejenigen Zellen welche sich am schnellsten teilen, werden
am effizientesten geschädigt.
Tumorzellen zeigen zwar eine unkontrollierte Proliferation, dennoch
muß ihre
Proliferationsrate nicht unbedingt sehr hoch liegen. So gibt es durchaus
langsam proliferierende Tumore, wie z.B. Plasmazelltumore. Letztere
sind schwer durch Chemotherapeutika zu behandeln, da diese eher
schnell- als langsam-proliferierende
Tumore in ihrem Wachstum stoppen können.
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Eine
typische Fehlfunktion die Tumorzellen charakterisiert ist ihr falscher
Differenzierungsstatus, der sich in der Regel in Form einer Entdifferenzierung
manifestiert. Ausgehend von bestimmten Stammzellen durchlaufen alle
Zellen ein bestimmtes Differenzierungsprogramm, das durch intra-
wie extrazelluläre
Faktoren beeinflusst wird. Kann ein solcher Differenzierungsprozess
aufgrund unterschiedlicher Defekte nicht bis zum Ende ausgeführt werden,
arretieren die Zellen in einem Zustand der häufig pathologisch relevant
wird. Beispielsweise zeigen diese Zellen für das betroffene Gewebe unphysiologische
Wachstumscharakteristika. Allgemein kann man sagen, dass ein Tumor
um so aggressiver ist je weiter seine Zellen vom physiologischen Differenzierungsstatus
entfernt sind.
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Fast
alle derzeit zu Verfügung
stehenden Antitumor-Medikamente wirken antiprolifertiv. Sie beeinflussen
weder die invasiven Eigenschaften, wie z.B. die Tendenz zur Metastasenbildung,
noch den entgleisten Differenzierungsstatus.
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Eine
künftige
Strategie im Einsatz von Chemotherapeutika sollte es daher sein,
neben der weiteren Vervollkommnung der Tumor-cytotoxischen und -cytostatischen
Selektivität,
eine erhöhte
Redifferenzierung entarteter Körperzellen
zu bewirken, um durch Verringerung der Proliferation und Metastasierung
maligner Zellen den Krebs besser bekämpfen zu können. Die Induktion der zellulären Differenzierung
ist deshalb ein attraktiver therapeutischer Ansatz.
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Von
der Klasse der Isochromane, die hier erfindungsmäßig behandelt wird, sind bisher
nur wenige Derivate beschrieben worden, welche cytotoxisch für Krebszellen
sind, die Krebszell-Proliferation inhibieren bzw. eine Differenzierung
maligner Zellen bewirken. So zeigte z.B. das von Ogawa et al. (2004)
aus dem marine Schimmelpilz Aspergillus pseudodeflectus isolierte
Isochroman Pseudodeflectusin eine Cytotoxizität gegen verschiedene menschliche
Krebszelllinien. Die in der WO 002004093809 (US 020050038098) beschriebenen synthetischen
Isochroman-Derivate,
mit heterocyclischen Seitenketten, können z.B. zur Behandlung unkontrollierter
Proliferation, einschließlich
Krebs, verwendet werden.
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Gegenstand
der vorliegenden Erfindung sollte es sein eine Stoffklasse zu finden,
die cytostatische und die Zellproliferation regulierende bzw. modulierende
Eigenschaften hat, mit dem Ziel einer verstärkten Ausdifferenzierung maligner
Zellen. Diese Stoffklasse sollte dabei nicht bzw. nur gering toxisch
für proliferierende Zellen
und möglichst
einfach als Naturstoff isolierbar bzw. durch chemische Synthese
zugänglich
sein.
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Überraschenderweise
wurden bei der Untersuchung von 1-Arylisochromanderivaten die gesuchten cytostatischen,
wachstumsregulierenden bzw. differenzierenden Eigenschaften gefunden.
1-Arylisochromane sind eine neue Klasse von Naturstoffen, die kürzlich als
Bestandteil von Olivenöl
erkannt wurden (Bianco at el. 2001). Nach einem von Guiso et al.
(2001, 2003) entwickelten Syntheseverfahren sind 1-Arylisochromanderivate über eine
säurekatalysierte
oxa-Pictet-Sprengler-Reaktion (siehe Formelschema II) zugänglich.
1-Arylisochromane gehören
zu den bisher wenig untersuchten Naturstoffen, von denen gegenwärtig nur
einige biologische Wirkungen bekannt sind. So wurden beispielsweise
1-Arylisochromane als Radikalfänger
und Schutzsubstanzen (Antioxidantien) gegen oxidativen und nitrosativen
Stress untersucht (Lorenz et al., 2005). Aus der Literatur ist bekannt,
dass 1-Arylisochromanderivate die Aggregation menschlicher Erythrocyten
wirksam inhibieren (Tonga et al., 2003). Deshalb erscheint es überraschend,
dass für
diese Stoffklasse hier eine neue erfindungsmäßige Verwendung gegen Hyperproliferationsvermittelte
Krankheitszustände,
wie insbesondere Krebs, aufgezeigt werden kann.
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Von
der Klasse der 1-Arylisochromane wurden bevorzugt die in 3',4',6,7-Stellung substituierten
Derivate (R1 – R4,
siehe Formel I) hergestellt und untersucht. Die hier erfindungsgemäß verwendeten
1-Arylisochromanderivate sind besonders bevorzugt durch Hydroxy-
(OH) und Methoxy-Gruppen (OCH3) substituiert, da
diese u.a. als Naturstoffe bzw. Naturstoffanaloga beschrieben wurden.
Es können
aber auch sehr leicht, über
die vorstehend genannt oxa-Pictet-Sprengler-Reaktion, 1-Arylisochromanderivate
mit anderen Substituenten (R1 – R4
= OAlkyl, OAryl, Alkyl, und/oder Aryl) hergestellt und im Sinne
der Erfindung verwendet werden. Die erfindungsgemäß verwendeten
1-Arylisochromane sind gut in aprotisch polaren sowie dipolaren
Lösungsmitteln
wie Ethanol, Methanol, n- und iso-Propanol, Polyvinylalkoholen,
Ethylacetat, DMSO und Acetonitril löslich. In hochpolaren Lösungsmitteln
wie Wasser, Pufferlösungen,
sowie in apolaren Solventien, wie beispielsweise Kohlenwasserstoffen
und Ölen,
ist ihre Löslichkeit
begrenzt. Die Löslichkeit
kann aber durch Verwendung kleiner Mengen eines oben genannten Lösungsvermittlers
und/oder Zusatz von 2-Hydroxypropyl-β-cyclodextrin erhöht werden,
so dass eine gute Formulierbarkeit bzw. günstige Pharmakokinetik der
Wirkkomponente erzielt wird.
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Die
cytostatische und Zellproliferations-regulierende Wirkung der 1-Arylisochromanderivate
(Formel I) wird an einer stark invasiven malignen Ratten-Astroglioma-Zellline
(C6-Zellen) nachgewiesen, die dem Fachmann als gebräuchliches
biologisches Modell zur Untersuchung bzw. Testung von Cytostatika
gegen Glioblastome bekannt ist (siehe: Sasaki et al., 2002, Cuevas
et al., 2004).
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Ein
Glioblastom (Glioblastoma multiforme), in welchem massiv maligne
Astroglioma-Zellen
gebildet werden, ist ein verbreiteter und zugleich sehr bösartiger
Hirmtumor, der beim Menschen häufiger
bei Männern als
bei Frauen auftritt. Jährlich
wird allein in Deutschland bei 4000 bis 5000 Patienten diese Erkrankung
diagnostiziert. Obwohl in den letzten Jahren eine Reihe neuer Methoden
zur Behandlung dieser Krankheit erprobt wurden, sind die Fortschritte
bescheiden.
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Erstaunlicherweise
zeigt sich, dass bei erfindungsgemäßer Behandlung von C6-Zellen mit den hier
beschriebenen 1-Arylisochromanderivaten, über ein Inkubationszeitraum
von 2 Tagen, in vitro eine signifikante Verringerung der Zellzahl
beobachtet wird (2.).
Die verwendeten 1-Arylisochromanderivate sind somit eindeutig cytostatisch.
Der cytostatische Effekt der 1-Arylisochromanderivate wird außerdem durch
Messung der Gesamtproteinproduktion nach Anfärbung mittels Sulforhodamin
B verdeutlicht (3)
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Gleichzeitig
kann bei 2 der hier hier erfindungsgemäß verwendeten Substanzen, ISO-4
und ISO-2, welche in vitro auch am stärksten anti-proliferativ waren
und das Gesamtprotein am effektivsten senkten, ein Einfluss auf
die Veränderung
der Zellmorphologie nachgewiesen werden (s. 4.).
Mikroskopische Aufnahmen (5a. und 5b.) zeigen, dass die C6-Zellen, welche
gewöhnlich
eine rundliche Form aufweisen und nur wenige Fortsätze ausbilden,
nach Behandlung mit ISO-2 erstaunlicherweise sehr lange Fortsätze bilden
bzw. später
die Morphologie typischer Astrocyten ("spiegeleiförmige" Zellen) annehmen. Diese morphologische Veränderung,
die überraschenderweise
nach Behandlung mit allen getesteten 1-Arylisochromanderivaten zu beobachten
war, ist ein typisches Zeichen der Re-Differenzierung von C6-Zellen. Nach
Auszählung
der ausdifferenzierten "spiegeleiförmigen" und undifferenzierten
Zellen pro mikroskopischem Sehfeld kann gezeigt werden, dass durch
Behandlung (vorzugsweise mit ISO-4 und ISO-2) der prozentuale Anteile
der ausdifferenzierten Zellen zunimmt (6.).
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Die
Induktion einer verstärkten
Differenzierung der C6-Zellen, durch erfindungsgemäße Verwendung von
1-Arylisochromanderivaten, wird zusätzlich anhand der verstärkten Expression
und Phosphorylierung von alpha-MHC (= alpha' cardiac myosin heavy chain' protein) demonstriert.
Alpha-MHC wurde als Markerprotein der Zelldifferenzierung von embryonalen
Stammzellen in Kardiomyozyten und andere Zelltypen erkannt (Takahashi
et al., 2003). Eine Phosphorylierung von alpha-MHC ist mit einer
Akltivierung des Proteins verbunden.
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Durch
immunohistochemischen Nachweis von phosphoryliertem alpha-MHC (73
KDa-Protein), nach der erfindungsgemäßen Anwendung von 1-Arylisochromanderivaten
auf C6-Zellen, wird gezeigt, dass eine verstärkte Zelldifferenzierung magligner
Zellen in Zellen vom Astrocytentyp erfolgt (7.). Erstaunlicherweise waren die in
der entsprechend maximalen Wirkkonzentration (100 μM) verwendeten
1-Arylisochromanderivate nicht cytotoxisch, im Vergleich zu Zellgiften
wie Wasserstoffperoxid und Colchicin, was durch Messung der Lactatdehydrogenase-Freisetzung
an C6-Zellen gezeigt werden konnte (8.).
Deshalb erscheint es plausibel, das die hier in vitro zur Inhibierung
der Zellproliferation und Ausdifferenzierung von Astrocyten erfindungsgemäß verwendeten
1-Arylisochromanderivate auch in vivo, z.B. an einem Versuchstier
oder am Menschen, eingesetzt werden können.
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Prüfung der Erfindung durch Labormuster
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Beispiel 1: Synthese der
1-Arylisochromanderivate (ISO-4, ISO-3, ISO-2, ISO-0)
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Die
Synthese der 1-Arylisochromanderivate (Formel I) erfolgte durch
Umsetzung von 3-Hydroxytyrosol (2-(3',4'-Dihydroxyphenyl)ethanol)
mit einem entsprechenden aromatischen Aldehyd (siehe Formelschema
II), nach einer Vorschrift von Guiso et al. (2001), modifiziert
nach Lorenz et al. (2005). Dazu wurden 1.45 g (9.4 mmol) 3-Hydroxytyrosol und
der aromatische Aldehyd (9.4 mmol) in Methanol (70 ml) gelöst und nach
Zusatz von p-Toluolsulfonsäure
(p-TsOH, 200 mg) für
6 h bei 64 °C
refluxiert. Nach dünnschichtchromatographischer Kontrolle
(DC) des Umsatzes der Edukte (DC, stationäre Phase: Merck-Kieselgel-60-DC-Folien,
mobile Phase:
Chloroform/Methanol = 9/1, vol/vol) wurde das
Lösungsmittel
am Rotationsverdampfer weitgehend abdestilliert und der Rückstand
einer Vakuum-Flüssigkeits-Chromatographie
(VLC) unterworfen, unter Verwendung einer Kieselgel-Säule (78 g Merck-Kieselgel-60
zur DC). Letztere wurde vor der Beladung mit Chloroform vorkonditioniert.
Die Elution erfolgte mit Chloroform/Methanol (9/1, vol/vol), unter
Abtrennung mehrerer Fraktionen. Alle Fraktionen welche das reine
Produkt enthielten wurden vereinigt, das Lösungsmittel abdestilliert und
der Rückstand
im Vakuum getrocknet.
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ISO-0
wurde durch Umsetzung von 3.00 g 2-(3',4'-Dimethoxyphenyl)ethanol
(16.46 mmol) mit 2.73 g 3,4-Dimethoxybenzaldehyd (16.46 mmol), 146
ml Methanol und p-TsOH
(400 mg) gewonnen. Das Rohprodukt wurde wie oben beschrieben durch
VLC gereinigt. Dazu wurde die stationäre Phase (Kieselgel 60) mit
2-Methylbutan vorkonditioniert, das Produkt mit einem 2-Methylbutan/Ethylacetat-Gradienten
(5/1 bis 1/1.5, vol/vol) eluiert und anschließend das Rohmaterial aus 2-Methylbutan/Ethylacetat
umkristallisiert.
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Die
Reinheit der isolierten Substanzen (≥ 95%) wurde durch DC bzw. HPLC überprüft. Die
Charakterisierung der gereinigten 1-Arylisochromanderivate erfolgte
durch 1H- und 13C-NMR-Spektroskopie,
sowie massenspektroskopisch durch LC/MS (für analytische und spektroskopische
Daten, siehe: Lorenz et al. 2005).
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Nach
der vorstehenden Vorschrift wurden hergestellt: ISO-4 (R1-R4 = OH), ISO-3
(R1-R3 = OH, R4 = OCH3), ISO-2
(R1, R2 = OH, R3, R4 = OCH3) sowie ISO-0 (R1-R4 = OCH3), siehe: 1.
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Stock-Lösungen der
getesteten 1-Arylisochromanderivate (25, 50, 100 mM) wurden in DMSO
hergestellt und für
Zellkulturexperimente durch einen 0.22 μm Nalgene-Nylon-Filter sterilfiltriert. Bis zur
Verwendung wurden die Stock-Lösungen
als Aliquots bei – 20 °C gelagert.
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Beispiel 2: Antiproliferafions-Test
an malignen Ratten-Astroglioma-Zellen (C6-Zellen)
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C6-Zellen
wurden mit einer Zelldichte von 1 × 105 Zellen/ml
in sterile Plastik-6-Vial-Platten
(Vial-Durchmesser: 35 mm, Füllvolumen
je 2 ml) ausgesät.
Die Kultivierung der C6-Zellen erfolgte in RPMI 1640-Medium (Gibco,
Invitrogen GmbH, Karlsruhe, Deutschland), unter Zusatz von 10 Vol%
filtriertem fötalem
Kälberserum (FKS),
Penicillin (5 IU/ml), Steptomycin (5 μg/ml) und 2 mM L-Glutamin, bei
37 °C in
humider Atmosphäre
(mit 5% CO2). Nach 1 d (1 DIV = 'day in vitro') Vorkultivierung
wurde das Kulturmedium erneuert und die C6-Zellen 2 DIV mit den
Testsubstanzen inkubiert (25, 50 und 100 μM). Am 3. Inkubationstag (Gesamt-Inkubation
= 3 DIV) wurde das Kulturmedium für einen Lactatdehydrogenase-Test
abgenommen, auf Eis gelagert und die C6-Zellen mit 4% Paraformaldehyd
in Phosphatpuffer (PBS) 20 min fixiert. Anschließend wurde nach einem PBS-Waschschritt
5 min mit Hämatoxylin
nach MEYER gefärbt,
kurz mit dest. Wasser gespült
und dann die C6-Zellen 10 min mit Leitungswasser behandelt. Danach
wurden die Zellen für
5 min mit Eosin (0.1%ige Lösung,
verdünnt
1:10 (vol/vol) + 1 Tropfen 100%ige Essigsäure) gegengefärbt, anschließend mit
dest. Wasser gespült
und in Immumount® eingebettet.
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Die
mikroskopische Auszählung
der Zellen erfolgte unter Verwendung eines Zeiss-Axiophot-Mikroskops, sowie eines digitalen
Kamera- und Zähl-Systems.
2 Zählfelder
(400 × 500 μm) pro Vial
wurden fotografisch aufgenommen und ausgezählt.
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Beispiel 3: Prüfung der
verminderten Proteinbiosynthese durch das Sulforhodamin-B-Assay
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C6-Zellen
werden, wie oben beschrieben, 1 DIV vorkultiviert und anschließend mit
den Testsubstanzen (50 und 100 μM)
für 3 DIV
inkubiert. Am 3. Inkubationstag wird das Kulturmedium abgenommen,
je Vial 1 ml Trichloressigsäure
(10%ig, w/vol) zur Denaturierung der Proteine zugesetzt und die
Kulturgefäße für 1 h auf Eis
gestellt (ca. 4 °C).
Anschließend
werden die Protein-Präzipitate
in 2 ml-Eppendorf-Röhrchen überführt und bei
4 °C zentrifugiert,
die Überstände anschließend verworfen
und das Protein-Pellet mit 1 ml Sulforhodamin B-Lösung (0.4%,
w/vol) für
30 min unter Schütteln
(vortexen!) angefärbt.
Nach dem Zentrifugieren werden die Überstände verworfen, die Präzipitate
1x mit destilliertem Wasser gewaschen, zentrifugiert und anschließend in
10 mM TRIS-Puffer (je 1 ml) auf einem Schüttler solubilisiert. Vom Solubilisat
werden je 25 μl
abgenommen und in einer Meßküvette mit
975 μl TRIS-Puffer gemischt.
Anschließend
wird die optische Dichte (OD) bei λmax =
564 nm spektrophotometrisch, gegen Proben vom Tag 0 der Inkubation
gemessen. Der Proliferations-Index (PI) errechnet sich aus dem Quotienten
der optischen Dichte am Tag 3 (3 DIV) und der optischen Dichte am Tag
0 (0 DIV) und wird prozentual auf die Kontrolle (100%) bezogen.
Berechnung: PI = ODtx/ODt0.
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Beispiel 4: Prüfung der
Cytotoxizität
anhand der Lactatdehydrogenase (LDH)-Aktivität
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Die
Lactatdehydrogenase-Freisetzung, als Maß für die Cytotoxizität, wird über die
enzymatische Umwandlung von Pyruvat in Lactat (in Gegenwart von
NADH), nach Inkubation mit den Testsubstanzen (3 DIV), in den Überständen der
C6-Zellen gemessen. Dazu werden je 100 μl der Probe mit 880 μl Phosphatpuffer (PBS,
pH 7.4) und 20 μl
Reagenzmischung (bestehend aus: 1.25 g Natriumpyruvat, 40 mg NADH
und 10 ml PBS, pH 7.4) versetzt. Die enzymatische LDH-Aktivität wird über die
Abnahme der NADH-Absorption (λ
max = 340 nm, ε NADH 340 = 6.22 mM
–1 × cm
–1)
innerhalb von 10 min spektrophotometrisch verfolgt. Die Berechnung der
LDH-Aktivität der Einzelproben
bezieht sich auf die entsprechend eingesetzte Proteinmenge und wird
prozentual verglichen (Kontrolle = 100% LDH-Freisetzung):
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Beispiel 5: Quantifizierung
von phosphoryliertem alpha-MHC als Differenzierungsmarker (Westernblot
mit 4G10-Antiphosphotyrosin)
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C6-Zellen
wurden in Gegenwart von ISO-2 (10, 25, 50 und 100 μM) 3 DIV
in FKS-freiem Medium
inkubiert. Danach wurden die Zellen mit PBS gewaschen und mit Hilfe
eines Lysis-Puffers lysiert (30 min bei 0 °C). Die Protein-Lysate wurden
daraufhin bei 14.000 g (15 min) zentrifugiert. Vom Überstand
wurden die Proteine dann durch SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese
aufgetrennt und der Phosphorylierungszustand von alpha-MHC mit Hilfe
eines Phosphotyrosin (αPY)-spezifischen Antikörpers (4G10)
im Immunoblot bei 73 KDa analysiert.
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Statististische Auswertung
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Alle
quantitativen Daten sind als Mittelwerte dargestellt (± SEM =
Standardfehler vom Mittelwert). Die Gauss-Verteilung der Daten wurde
durch einen komplett randomisierten Einweg-ANOVA-Test (Behandlung × Dosis)
ermittelt, gefolgt von einem Tukey/Kramer-t-Test, wenn erlaubt.
(p)-Werte < 0.05
können
als signifikant angesehen werden; entsprechend sind: **bzw.## (p < 0.01),
* bzw. # (p < 0.05).
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Erläuterungen
zu den Abbildungen
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1.
Strukturformeln der erfindungsmäßig verwendeten
1-Arylisochromanderivate. ISO-4 (1-(3',4'-dihydroxy)phenyl-6,7-dihydroxy-isochroman),
ISO-3 (1-(3'-methoxy-4'-hydroxy)phenyl-6,7-dihydroxyisochroman,
ISO-2 (1-(3',4'-dimethoxy)phenyl-6,7-dihydroxyisochroman),
ISO-0 (1-(3',4'-dimethoxy)phenyl-6,7-dimethoxyisochroman).
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2.
Antiproliferativer Effekt auf C6-Zellen, nach Inkubation mit den
Testsubstanzen (ISO-4
bis ISO-0), erkennbar an einer verminderten Zelldichte.
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Nach
3 DIV-Inkubation der C6-Zellen wurden je Vial in einem Sehfeld von
400 × 500 μm die Anzahl der
Zellen ermittelt. Von 3 Versuchen (mit je 2 Vials) wurden je 2 Sehfelder
ausgezählt.
Es ist überraschend, dass
bei einer Einsatzkonzentration von 100 μM ISO-4, ISO-3 bzw. ISO-2, im
Vergleich zur DMSO-Kontrolle (683 Zellen/Sehfeld) die Zellzahl auf
184, 338 bzw. 180 Zellen/Sehfeld reduziert ist. Bei einer Einsatzkonzentration
von 50 μM
ist eine signifikante Reduzierung der Zellzahl bei ISO-4 (470 Zellen/Sehfeld)
und ISO-2 (313 Zellen/Sehfeld) erkennbar. ISO-0 zeigt nur einen
geringfügigen
Einfluss auf die Verringerung der Zellzahl, war in hoher Konzentration
(100 μM)
aber eindeutig cytostatisch; ##p < 0.01, # p < 0.05, Tukey/Kramer-t-Test
korrigiert für
die Anzahl der verglichenen Proben (n = 6). Ein Einweg-ANOVA zeigte,
dass die Zugabe der Testsubstanzen eine signifikante Verringerung
der Zellzahl gegenüber
der Kontrolle bewirkt (** p < 0.01).
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3.
Sulforhodamin-B-Assay (Gesamtprotein). Nach Inkubation von C6-Zellen
(3 DIV) mit den Testsubstanzen wurde die Menge des mit Sulforhodamin
B-anfärbbaren
Gesamtproteins/Vial spektrophotometrisch bestimmt. Die mit ISO-4,
ISO-3, ISO-2 und ISO-0 (100 μM)
inkubierten Zellen zeigten eine Verringerung des Gesamtproteins
um 17, 13, 15 und 7%, im Vergleich zu Kontroll-Kulturen (DMSO).
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4. Mikroskopische Aufnahmen der C6-Zellen
(Sehfelder: 400 × 500 μm), nach
Inkubation mit den Testsubstanzen (3 DIV). Es ist erkennbar, dass
bei ISO-4 und ISO-2 (geringfügig
auch bei ISO-3), die Zelldichte im Vergleich zur Kontrolle (DMSO)
deutlich verringert ist. ISO-4 und ISO-2 bewirken eine morphologische Veränderung
der malignen C6-Zellen zu mehr langgestreckten Formen. Auch ist
eine größere Anzahl
ausdifferenzierter Zellen erkennbar (Astrozyten-Typ). ISO-0 hat
hingegen nur einen geringfügigen
Einfluss auf die Zellproliferation.
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5a.
und 5b. Ausschnittvergrößerungen
mikroskopischer Aufnahmen von mit ISO-2 (100 μM, 3 DIV) inkubierter C6-Zellen,
mit unterschiedlicher Zellmorphologie. A = ausdifferenzierte Zelle
vom Astrozyten-Typ (= "spiegeleiförmige" Zellen); B = undifferenzierte
Zelle (maligner Typ), mit Anzeichen beginnender Differenzierung.
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6.
Prozentualer Anteil ausdifferenzierter C6-Zellen pro mikroskopischem
Sehfeld (400 × 500 μm, n = 4),
nach Inkubation (3 DIV) mit den Testsubstanzen (Gesamt-Zellzahl
= 100%). Bei ISO-2 (100 und 50 μM) ist
eine deutliche Erhöhung
des Anteils differenzierter Zellen (40 und 16%) im Vergleich zur
Kontrolle (7%) zu erkennen. ISO-4 und ISO-3 (100 μm) zeigten
mit 19% bzw. 15% ausdifferenzierter Zellen/Sehfeld eine schwächere Wirkung.
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7.
Westernblot zur Quantifizierung von phosphoryliertem alpha-MHC bei
73 kDa, nach Inkubation von C6-Zellen (3 DIV) mit ISO-2 (10, 25,
50 und 100 μM).
An der verstärkten
Proteinbanden-Intensität
(bei 73 KDa), nach Reaktion mit dem 4G10-Antikörper (Anti-Phosphotyrosin),
ist erkennbar dass in mit 50 bzw. 100 μM ISO-2 inkubierten C6-Zellen
eine verstärkte
Expression und Phosphorylierung von alpha-MHC erfolgt, bei Auftragung gleicher
Proteinmengen. Dieser Befund ist mit einer verstärkten Ausdifferenzierung der
C6-Zellen erklärbar.
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8.
Lactatdehydrogenase-Assay. Nach Inkubation von C6-Zellen mit den
Testsubstanzen ISO-4 bis ISO-0 (100 μM; 3 DIV) konnten im Kulturüberstand
keine erhöhten
LDH-Werte im Vergleich zur Kontrolle (= 100% LDH-Freisetzung, bezogen
auf Protein) gemessen werden. Die Zellgifte Wasserstoffperoxid und
Colchicin zeigen bei gleicher Einsatzkonzentration (100 μM) eine LDH-Erhöhung auf
340.9 bzw. 238%, bezogen auf Protein, und damit eine Cytotoxizität; (n =
6); ** p < 0.01
gegenüber
der Kontrolle (Einweg-ANOVA-Test und Tukey/Kramer-t-Test). Somit erscheint
es überraschend,
dass die erfindungsmäßig verwendeten
Verbindungen bei der untersuchten Einsatzkonzentration nicht cytotoxisch
für C6-Zellen
sind.
-
Literatur
-
- [1] Bianco, A.; Coccioli, F.; Guiso, M.Marra,
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Food Chemistry 77:405–411;
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- [2] Bianchi, D.A.; Rua, F.; Kaufmann, T.S. Studies on the intramolecular
oxa-Pictet-Sprengler
rearrangement of 5-aryl-1,3-dioxolanes to 4-hydroxy-isochromans. Tetrahedron
Lett. 45:411–415;
2004.
- [3] Cuevas, P., Diaz-Gonzales D., Dujovny M. Differentiation-inducing
activity of neomycin in cultured rat glioma cells. Neurol. Res.
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