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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben einer Brennkraftmaschine
nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Gegenstand der Erfindung ist ferner
ein Computerprogramm, eine elektrisches Speichermedium, sowie eine
Steuer- und/oder
Regeleinrichtung.
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Bei
modernen Brennkraftmaschinen, beispielsweise solchen mit Diesel-
oder Benzin-Direkteinspritzung, wird der Betrieb der Brennkraftmaschine
durch einzelne Steuer- und/oder
Regelfunktionen gesteuert beziehungsweise geregelt. Hierzu wird
von mindestens einem Sensor mindestens eine Betriebsgröße bereitgestellt,
die von der Steuer- und/oder Regelfunktion als Ist-Größe verwendet
wird. Als Beispiel kann eine Ladedruckregelung angeführt werden, durch
die der im Einlasskanal einer Brennkraftmaschine herrschende Druck
eingestellt wird, und die als Istwert den von einem Ladedrucksensor
bereitgestellten Ladedruck verwendet. Ein weiteres Beispiel ist
die Regelung einer Abgasrückführung (AGR-Regelung),
welche als Ist-Größe den von
einem Luftmassensensor (HFM-Sensor)
bereitgestellten Luftmassenstrom verwendet.
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Bekannt
ist ferner, solche Betriebsgrößen, die
von einer bestimmten Steuer- und/oder Regelfunktion benötigt werden,
die jedoch von Sensoren nicht erfasst werden, anhand von Modellen
zu ermitteln. Beispielsweise kann der Druck in einem Saugrohr einer
Brennkraftmaschine anhand eines Modells unter Berücksichtigung
der Stellung einer Drosselklappe ermittelt werden.
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Die
zum Einsatz kommenden Steuer- und/oder Regelfunktionen sind individuell
auf die jeweilige Sensorkonfiguration der Brennkraftmaschine abgestimmt.
Unter dem Begriff "Sensorkonfiguration" werden die Art und
die Anordnung der in einer bestimmten Brennkraftmaschine verwendeten
Sensoren verstanden, die dann einen entsprechenden Satz von Betriebsgrößen bereitstellen.
Weicht die Sensorkonfiguration und damit der Satz erfasster Betriebsgrößen von
einer Brennkraftmaschine zu einer anderen ab, muss jeweils eine
entsprechend angepasste Steuer- und/oder Regelfunktion eingesetzt
werden.
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Aufgabe
der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zum Betreiben einer
Brennkraftmaschine bereitzustellen, durch das der Aufwand bei der Entwicklung
der Steuer- und/oder
Regelfunktionen reduziert werden kann. Letztlich sollen hierdurch
die Herstellkosten einer Brennkraftmaschine gesenkt werden.
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Diese
Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs
1 gelöst.
Weitere Lösungen
finden sich in nebengeordneten Patentansprüchen, welche ein Computerprogramm,
ein elektrisches Speichermedium, eine Steuer- und/oder Regeleinrichtung,
sowie eine Mehrzahl von Steuer- und/oder Regelsystemen betreffen.
Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in Unteransprüchen angegeben.
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Vorteile der
Erfindung
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Bei
dem erfindungsgemäßen Verfahren
und der vorgeschlagenen Mehrzahl von Steuer- und/oder Regelsystemen
wird der bisherige direkte Zusammenhang zwischen Sensorkonfiguration
und verwendeter Steuer- und/oder Regelfunktion aufgegeben, indem
zwischen Sensor und Funktion eine zusätzliche "Architekturschicht" eingeführt wird. Diese Architekturschicht
umfasst mindestens ein Modell, welches ausgehend vom Signal mindestens
eines Sensors sämtliche
Betriebsgrößen ermittelt
beziehungsweise schätzt,
die von einer oder mehreren Steuer- und/oder Regelfunktionen möglicherweise
benötigt werden
können.
Dies geschieht unabhängig
davon, ob die im speziellen Anwendungsfall eingesetzten Steuer-
und/oder Regelfunktionen alle oder nur einen Teil der bereitgestellten
Betriebsgrößen verwenden, und
unabhängig
davon, welches der Sensor ist beziehungsweise die Sensoren sind,
die im speziellen Anwendungsfall zum Einsatz kommen.
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Bei
dem erfindungsgemäßen Verfahren
wird also ein Satz von Betriebsgrößen durch Modellieren bereitgestellt,
aus dem die eingesetzten Steuer- und/oder Regelfunktionen jene Betriebsgrößen auswählen und
verwenden können,
die sie benötigen. Der
bereitgestellte Satz von modellierten Betriebsgrößen ist dabei von einem Steuer-
und/oder Regelsystem zum anderen bzw. von Brennkraftmaschine zu
Brennkraftmaschine gleich, auch wenn sich deren Sensorkonfigurationen
und damit die Sätze
der von den Sensoren erfassten Betriebsgrößen unterscheiden. Auf diese
Weise können
die gleichen Steuer- und/oder Regelfunktionen für Brennkraftmaschinen mit ganz
unterschiedlichen Sensorkonfigurationen verwendet werden, was den
Entwicklungs- und Testaufwand bei der Erstellung der Steuer- und/oder
Regelfunktionen deutlich senkt. Hierdurch werden Kosten bei der
Entwicklung von Brennkraftmaschinen gespart.
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Besonders
vorteilhaft ist es dabei, wenn auch das verwendete Modell von der
aktuellen Sensorkonfiguration der Brennkraftmaschine unabhängig ist.
Dies bedeutet, dass bei Brennkraftmaschinen mit unterschiedlichen
Sensorkonfigurationen nicht nur die gleichen Steuer- und/oder Regelfunktionen, sondern
auch die gleichen Modelle verwendet werden können, was den Entwicklungs-
und Testaufwand nochmals reduziert.
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Für die Bereitstellung
der Betriebsgrößen in dem
Modell kann ein übliches
Schätzverfahren
verwendet werden. Mit einem solchen Verfahren können die für übliche Steuer- und/oder Regelfunktionen
benötigten
Betriebsgrößen mit
hoher Genauigkeit auch dann ermittelt werden, wenn bei der aktuellen
Sensorkonfiguration nur wenige Sensoren eingesetzt werden. Dabei
kann dann, wenn die gleiche Betriebsgröße einerseits durch das Modell
ermittelt und andererseits direkt von einem Sensor erfasst wird,
dies für die
Steigerung der Genauigkeit des Modells ausgenutzt werden im Sinne
einer Beobachterstruktur. Die aktuelle Sensorkonfiguration hat damit
ausschließlich
Einfluss auf die Qualität
der bereitgestellten Betriebsgrößen, nicht
aber auf deren Vorhandensein.
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Konkret
zum Einsatz kommt das erfindungsgemäße Verfahren bzw. die erfindungsgemäße Mehrzahl
von Steuer- und Regelsystemen vorteilhafterweise bei der Steuerung
und/oder Regelung des Luftsystems einer Brennkraftmaschine, beispielsweise
bei einer Ladedruckregelung oder einer AGR-Regelung.
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Zeichnungen
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Nachfolgend
wird ein besonders bevorzugtes Ausführungsbeispiel der vorliegenden
Erfindung unter Bezugnahme auf die beiliegende Zeichnung näher erläutert. In
der Zeichnung zeigen:
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1 eine
schematische Darstellung einer ersten Brennkraftmaschine;
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2 eine
schematische Darstellung einer zweiten Brennkraftmaschine;
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3 eine
schematische Darstellung eines Verfahrens zum Betreiben der Brennkraftmaschine von 1;
und
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4 eine
schematische Darstellung eines Verfahrens zum Betreiben der Brennkraftmaschine von 2.
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Beschreibung
des Ausführungsbeispiels
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Eine
Brennkraftmaschine trägt
in 1 insgesamt das Bezugszeichen 10a. Sie
umfasst mehrere Zylinder mit entsprechenden Brennräumen, von denen
in 1 nur einer mit dem Bezugszeichen 12 gezeichnet
ist. Kraftstoff gelangt in den Brennraum 12 mittels eines
Injektors 14, Verbrennungsluft mittels eines Einlasskanals 16.
Ein im Brennraum vorhandenes Kraftstoff-Luftgemisch wird im vorliegenden
Ausführungsbeispiel
von einer Zündkerze 18 entflammt,
heiße
Verbrennungsabgase über
ein Abgasrohr 20 abgeleitet. Grundsätzlich gelten die nachfolgend
aufgeführten
Prinzipien und Vorteile aber auch für Diesel-Brennkraftmaschinen.
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Im
Einlasskanal 16 ist eine Drosselklappe 22 angeordnet,
stromaufwärts
von dieser ein Verdichter 24 eines Turboladers. Der Verdichter 24 wird
von einer Abgasturbine 25 angetrieben. Im Abgasrohr 20 ist
ein Katalysator 26 angeordnet. Vom Abgasrohr 20 führt ein
Kanal 28 zum Einlasskanal 16. Im Kanal 28 ist
ein Ventil 30 angeordnet. Der Kanal 28 und das Ventil 30 sind
Teil einer Abgasrückführung (AGR). Die
oben beschriebenen Komponenten gehören zu einem sog. "Luftsystem" 31 der
Brennkraftmaschine 10a.
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Der
Betrieb der Brennkraftmaschine 10a wird von einer Steuer-
und Regeleinrichtung 32a gesteuert beziehungsweise geregelt.
Insbesondere beeinflusst die Steuer- und Regeleinrichtung 32 die
vom Injektor 14 in den Brennraum 12 eingespritzte
Kraftstoffmenge sowie den entsprechenden Zeitraum der Einspritzung,
den Zeitpunkt der Zündung
durch die Zündkerze 18,
die durch das Ventil 30 einstellbare Abgasrückführrate,
die Stellung der Drosselklappe 22, und die Leistung der
Turbine 25 und hierdurch wiederum des Verdichters 24.
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Der
für die
Steuerung und Regelung der Brennkraftmaschine 10a notwendige
Ist-Zustand der Brennkraftmaschine 10a wird von mehreren
Sensoren erfasst. Zu diesen gehört
ein Luftmassensensor 34 am Beginn des Einlasskanals 16,
der den Luftmassenstrom, der durch den Einlasskanal 16 strömt, erfasst.
Zwischen Verdichter 24 und Drosselklappe 22 ist
ein Ladedrucksensor 36 angeordnet, welcher den im Einlasskanal 16 herrschenden
Luftdruck erfasst. Zwischen Verdichter 24 und Drosselklappe
ist ein Temperatursensor 38a vorhanden, der die Temperatur
der Ansaugluft erfasst. Unmittelbar nach dem Katalysator 26 befindet
sich eine Lambdasonde 40, aus deren Signal sich die Zusammensetzung
des im Brennraum 12 verbrannten Kraftstoff-Luft-Gemisches
ergibt.
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Eine
weitere Brennkraftmaschine 10b zeigt 2.
Dabei gilt hier wie nachfolgend, dass solche Elemente, Bereiche
und Funktionsblöcke,
die funktionsäquivalent
sind zu zuvor erwähnten
Elementen, Bereichen und Funktionsblöcken, die gleichen Bezugszeichen
tragen und nicht nochmals im Detail erläutert sind.
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Bei
der in 2 gezeigten Brennkraftmaschine 10b ist
anstelle eines Temperatursensors nach der Drosselklappe 22 ein
Temperatursensor 38b vorhanden, der die Temperatur der
Umgebungsluft erfasst.
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Die
Funktionsweise eines Steuer- und Regelsystems 41a für das Luftsystem 31 der
Brennkraftmaschine 10a wird nun unter Bezugnahme auf 3 näher erläutert. Ein
entsprechendes Computerprogramm ist auf einem Speicher der Steuer-
und Regeleinrichtung 32a abgespeichert.
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Die
Steuerung beziehungsweise Regelung der Abgasrückführrate erfolgt durch eine Steuer-
und Regelfunktion 42. Mittels dieser Steuer- und Regelfunktion 42 werden
Stellgrößen für das Ventil 30 ermittelt,
die wiederum auf bestimmten Ist-Betriebsgrößen der Brennkraftmaschine 10a basieren.
Analog hierzu ist eine Steuer- und Regelfunktion 44 vorgesehen,
durch die der Ladedruck im Einlasskanal 16 mittels Beeinflussung
der Leistung der Turbine/Verdichterkombination 24, 25 und
der Stellung der Drosselklappe 22 eingestellt wird. Eine
weitere Steuer- und Regelfunktion 46 betrifft die Einstellung
des Zündzeitpunktes
der Zündkerze 18.
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Als
Ist-Größen für die Steuer-
und Regelfunktionen 42 bis 46 werden in einem
Modell 48a ermittelte Betriebsgrößen der Brennkraftmaschine 10a verwendet.
Durch dieses Modell 48a wird als physikalischer Bereich
der Brennkraftmaschine 10a deren Luftsystem 31 abgebildet.
Das Modell 48a stellt einen Satz 49 von Betriebsgrößen CVi
bereit, mit i = 1 – n. Aus
diesem Satz 49 von Betriebsgrößen CVi verwendet die Steuer- und Regelfunktion 42 die
Betriebsgrößen CV1,
CV2 und CV5, die Steuer- und Regelfunktion 44 die Betriebsgrößen CV3
und CV7, und die Steuer- und Regelfunktion 46 die Betriebsgrößen CV5,
CV7 und CV8. Als Eingangsgrößen MV erhält das Modell 48a die
von den Sensoren 34, 36, 38a und 40 erfassten
Betriebsgrößen MV1,
MV3, MV4 und MV7, die zusammen einen Satz 50a von erfassten
und in das Modell 48a eingespeisten Betriebsgrößen bilden.
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Wie
aus 3 ersichtlich ist, ermittelt beziehungsweise schätzt das
Modell 48a sämtliche
physikalischen Betriebsgrößen CVi
des Luftsystems 31 der Brennkraftmaschine 10.
Zu diesen gehören
Drücke,
Temperaturen, Massenströme,
eine AGR-Rate, et cetera. Die Ermittlung erfolgt unabhängig davon, ob
die Betriebsgrößen CVi
von den zum Einsatz kommenden Steuer- und Regelfunktionen 42, 44 und 46 auch
tatsächlich
benötigt
werden. Man erkennt bei der in 3 dargestellten
Ausführungsform
beispielsweise, dass die von dem Modell 48a bereitgestellten
Betriebsgrößen CV4
und CV6 von keiner der Funktionen 42, 44 und 46 verwendet
werden.
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Das
Steuer- und Regelsystem 41b der in 2 gezeigten
Brennkraftmaschine 10b ist in 4 dargestellt.
Man erkennt, dass der Satz 49 der vom Modell 48b bereitgestellten
Betriebsgrößen identisch ist
zum Satz 49 des in 3 gezeigten
Steuer- und Regelsystems 41a. Logischerweise kommen auch die
gleichen Steuer- und Regelfunktionen 42, 44 und 46 zum
Einsatz, obwohl sich der Satz 50b der von den Sensoren 34 bis 40 erfassten
Betriebsgrößen von
dem in 3 gezeigten Satz 50a unterscheidet: Anstelle
der Betriebsgröße MV4,
die gemäß 3 vom
Sensor 38a bereitgestellt wurde, wird bei der in 2 gezeigten
Brennkraftmaschine 10b und dem zugehörigen Steuer- und Regelsystem 41b vom
Umgebungslufttemperatursensor 38b eine Betriebsgröße MV6 bereitgestellt
und in das Modell 48b eingespeist.
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Man
erkennt, dass bei der in den 1 und 2 gezeigten
Mehrzahl von Brennkraftmaschinen 10a und 10b und
der zugehörigen
in den 3 und 4 gezeigten Mehrzahl von Steuer-
und Regelsystemen 41a und 41b identische Steuer- und Regelfunktionen 42 bis 46 verwendet
werden können,
da von den jeweiligen Modellen 48a und 48b identische Sätze 49 von
Betriebsgrößen CVi
bereitgestellt werden, obwohl sich die Sätze 50a und 50b der
von Sensoren 34 bis 40 erfassten Betriebsgrößen MV unterscheiden.
Die Steuer- und Regelfunktionen 42 bis 46 sind
somit von der jeweiligen Sensorkonfiguration entkoppelt, denn ihnen
werden immer die gleichen Betriebsgrößen CVi zur Verfügung gestellt.
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Die
Modelle 48a und 48b sind vorliegend identisch,
denn sie beschreiben ja die physikalischen Zusammenhänge zwischen
den einzelnen Größen, unabhängig von
den tatsächlich
von Sensoren erfassten und bereit gestellten Betriebsgrößen MVi.
Mit jeder erfassten Betriebsgröße MVi,
die dem Modell 48 zur Verfügung gestellt wird, wächst der
Informationsgehalt, den das Modell verarbeiten kann. Je größer der
erfasste und bereit gestellte Informationsgehalt ist, desto genauer
entspricht das Modell 48 der Realität. Es gilt also: Je mehr Sensoren
mit entsprechenden erfassten Betriebsgrößen MVi zur Verfügung stehen,
desto präziser
sind die vom Modell ermittelten Betriebsgrößen CVi.
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Da
die von den Sensoren 34 bis 40 erfassten Betriebsgrößen MV1,
MV3, MV4, MV7 bzw. MV1, MV3, MV6, MV7 von den Modellen 48a und 48b auch berechnet
werden (CV1, CV3, CV4, CV6, CV7), liegt eine analytische Redundanz
vor, die zur Steigerung der Genauigkeit der Modelle 48a und 48b verwendet werden
kann, im Sinne beispielsweise einer Beobachter-Struktur. Die jeweilige
aus den vier Sensoren 34 bis 40 bestehende Sensorkonfiguration
hat damit ausschließlichen
Einfluss auf die Qualität,
also die Genauigkeit, der bereitgestellten Betriebsgrößen CVi,
nicht jedoch auf deren Vorhandensein.