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Stand der Technik
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben einer Brennkraftmaschine nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1.
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Die Entstehung von Schadstoffen im Abgas einer Brennkraftmaschine kann durch die Optimierung der Kraftstoffverbrennung reduziert werden. Für eine solche Optimierung ist jedoch eine möglichst genaue Kenntnis der Zustandsgrößen der im Brennraum der Brennkraftmaschine befindlichen Füllung erforderlich. Die präzise Ermittlung dieser Zustandsgrößen erfordert bisher entweder einen erheblichen sensorischen Aufwand, beispielsweise durch den Einbau von Drucksensoren, die den aktuellen Druck im Brennraum erfassen, oder sie ist mit einigen Toleranzen verbunden, die wiederum die besagte Optimierung erschweren.
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Die
EP 1 544 443 A1 offenbart ein Verbrennungs-Temperatur-Schätzverfahren für eine Brennkraftmaschine.
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Die
DE 60 2005 005 849 T2 betrifft eine Vorrichtung zum Bestimmen der NOx -Menge, die von einem Kraftfahrzeug-Dieselmotor emittiert wird, dem Mittel zur Versorgung seiner Zylinder mit Kraftstoff über eine gemeinsame Kraftstoffleitung (Common Rail) zugeordnet sind, die vom Typ mit Mitteln für die Erfassung des Drucks in wenigstens einem Zylinder des Motors und mit Mitteln zum Bestimmen des Massenanteils von Sauerstoff in dem dem Zylinder zugeführten Gemisch sind.
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Die
DE 10 2006 033 484 A1 offenbart eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Steuerung einer Brennkraftmaschine, bei dem, ausgehend von Eingangsgrößen, eine den Verbrennungsablauf charakterisierende Brennraumgröße ermittelt wird. Dies erfolgt unter Verwendung eines Polytropenexponenten. Die Brennraumgröße wird mittels einer Exponentialfunktion ermittelt.
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Offenbarung der Erfindung
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren der eingangs genannten Art bereitzustellen, welches mit einfachen Mitteln eine möglichst präzise Ermittlung einer aktuellen Zustandsgröße einer in einem Brennraum der Brennkraftmaschine befindlichen Füllung gestattet.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in Unteransprüchen angegeben. Weitere Lösungen der gestellten Aufgabe finden sich darüber hinaus in nebengeordneten Patentansprüchen, die ein Computerprogramm, ein elektrisches Speichermedium sowie eine Steuer und/oder Regeleinrichtung betreffen. Darüber hinaus sind für die Erfindung wesentliche Merkmale der nachfolgenden Beschreibung und der Zeichnung entnehmbar, wobei die Merkmale für die Erfindung in ganz unterschiedlichen Kombinationen wesentlich sein können, ohne dass hierauf im Einzelnen explizit hingewiesen wird.
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Erfindungsgemäß wurde erkannt, dass insbesondere bei modernen Brennkraftmaschinen nicht angenommen werden kann, dass die im Brennraum der Brennkraftmaschine befindliche Füllung nur Luft enthält. Vielmehr liegt dort in vielen Betriebszuständen der Brennkraftmaschine ein Gasgemisch vor, beispielsweise dann, wenn die Brennkraftmaschine mit Abgasrückführung betrieben wird, oder wenn Wasser oder Wasserdampf in den Brennraum eingespritzt wird. Erfindungsgemäß wird also zunächst die aktuelle Zusammensetzung des im Brennraum befindlichen Gasgemisches entweder angenommen oder ermittelt, das Gasgemisch also in sinnvolle Gaskomponenten aufgeteilt. Die Zustandsgröße wird dann unter Berücksichtigung des solchermaßen definierten Gasgemisches ermittelt.
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Auf diese Weise ist eine echtzeitfähige Berechnung der innermotorischen Zustandsgrößen möglich. Damit kann die Steuerung der Verbrennung und des Verbrennungsbeginns verbessert werden, und dies ohne aufwändige Sensorik, beispielsweise Brennraumdrucksensoren. Die Optimierung der Verbrennung kann dabei vorausschauend erfolgen, da die aktuelle Zusammensetzung des im Brennraum befindlichen Gasgemisches abhängig vom Betriebszustand der Brennkraftmaschine vorhergesagt werden kann.
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Insbesondere bei Brennkraftmaschinen mit Abgasrückführung kann die vorliegende Erfindung vorteilhaft eingesetzt werden. Mit steigender Abgasrückführrate entsteht nämlich eine größer werdende Abweichung zwischen den tatsächlichen Verhältnissen und solchen Voraussagen, die unter der Annahme, dass im Brennraum reine Luft vorhanden ist, getroffen werden. Die Anwendung des vorliegenden Verfahrens ist dabei nicht nur auf den Einsatz in Serienbrennkraftmaschinen beschränkt. Sinnvoll eingesetzt werden kann dieses Verfahren auch bei Simulationen, um Funktionen und Systeme sowohl während der Verdichtungsphase (Einspritzung), als auch die Informationen für anschließende Prozesse (Abgasnachbehandlung) zu analysieren.
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Besonders wesentliche Zustandsgrößen für die Optimierung der Verbrennung sind Druck und Temperatur.
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Gute Ergebnisse bei gleichzeitig akzeptablem Rechenaufwand werden erzielt, wenn zur Ermittlung der Zustandsgröße, ausgehend von einem bekannten Ausgangszustand, eine adiabate Zustandsänderung angenommen wird. Zwar ist die Verdichtung einer Brennkraftmaschine polytrop, es findet also ein irreversibler Energieaustausch mit der Umgebung statt. Wenn dieser Energiefluss jedoch in Form eines Druckverlustes beschrieben ist, kann der Druckverlauf über die adiabate Verdichtung berechnet werden.
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Dabei kann ein Adiabatenexponent verwendet werden, der unter Berücksichtigung der Partialdrücke der einzelnen Komponenten des Gasgemisches ermittelt wurde. Dabei können sowohl Partialdrücke aus Molekülen als auch Partialdrücke von Gasgemischen sinnvoll sein. Diese Partialdrücke können dann als Gewichtungsfaktoren zur Berechnung eines gemittelten Adiabatenexponenten, unter Verwendung der Adiabatenexponenten der Einzelkomponenten des Gasgemisches, verwendet werden.
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Der Rechenaufwand während des Betriebs der Brennkraftmaschine wird erheblich reduziert, wenn die Adiabatenexponenten für Gasgemische, die für bestimmte Betriebszustände der Brennkraftmaschine typisch sind, gespeichert und abhängig von einem aktuellen oder geplanten Betriebszustand abrufbar sind. Diese Adiabatenexponenten können also vorab, mit geeigneten Methoden, sehr präzise ermittelt werden, denkbar ist auch, sie in Versuchen zu ermitteln. Je nach Betriebszustand (beispielsweise keine, geringe oder starke Abgasrückführung, Wassereinspritzung, keine Wassereinspritzung, etc.) kann dann beispielsweise aus einer Tabelle der entsprechende Adiabatenexponent gewählt werden.
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Für die Ermittlung des Adiabatenexponenten kann aber auch angenommen werden, dass es sich um ein ideales Gasgemisch handelt. Eine solche Annahme ist in vielen Fällen zulässig und führt zu ausreichend genauen Ergebnissen. Gleichzeitig wird der Ermittlungsaufwand für den Adiabatenexponenten hierdurch reduziert.
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Ferner wird erfindungsgemäß vorgeschlagen, dass zunächst für jede Komponente des Gasgemisches eine partielle Zustandsgröße, ausgehend von einem bekannten partiellen Anfangszustand, ermittelt wird, und die Zustandsgröße des Gasgemisches durch Aufsummieren der partiellen Zustandsgrößen ermittelt wird.
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Ferner wird vorgeschlagen, dass das Verfahren folgende Schritte umfasst:
- a) Bestimmen eines aktuellen Betriebszustands der Brennkraftmaschine,
- b) ggf. Ermitteln der zu dem Betriebszustand gehörenden typischen Zusammensetzung des im Brennraum befindlichen Gasgemisches,
- c) Ermitteln oder Abrufen eines zu dem Gasgemisch bzw. dem Betriebszustand gehörenden Adiabatenexponenten,
- d) Ermitteln einer Ausgangs-Zustandsgröße zum Zeitpunkt „Einlassventil schließt“,
- e) Ermitteln der Zustandsgröße in Abhängigkeit von einem Kurbelwinkel oder einer Kolbenstellung.
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Figurenliste
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Nachfolgend werden besonders bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung unter Bezugnahme auf die beiliegende Zeichnung näher erläutert. In der Zeichnung zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung einer Brennkraftmaschine;
- 2 ein Flussdiagramm eines ersten Verfahrens zum Betreiben der Brennkraftmaschine von 1;
- 3 ein Diagramm, in dem ein Brennraumdruck über einem Kurbelwinkel aufgetragen ist; und
- 4 ein Flussdiagramm eines zweiten Verfahrens zum Betreiben der Brennkraftmaschine von 1.
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Ausführungsform der Erfindung
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Eine Brennkraftmaschine trägt in 1 insgesamt das Bezugszeichen 10. Sie umfasst mehrere Zylinder, von denen aus Gründen der Übersichtlichkeit jedoch nur einer mit dem Bezugszeichen 12 dargestellt ist. Der Zylinder 12 umfasst wiederum einen Brennraum 14, der von einer Brennraumwand 16 und einem Kolben 18 begrenzt wird. Der Kolben 18 ist mit einer Kurbelwelle 20 verbunden, deren aktuelle Stellung und Drehzahl von einem Sensor 22 erfasst wird.
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Frischluft gelangt in den Brennraum 14 über ein Einlassventil 24 und ein Ansaugrohr 26. Verbrennungsabgase werden aus dem Brennraum 14 über ein Auslassventil 28 und ein Abgasrohr 30 abgeleitet. Abgasrohr 30 und Ansaugrohr 26 sind über eine Abgasrückführleitung 32 und ein Abgasrückführventil 34 verbindbar. Auf diese Weise kann Abgas vom Abgasrohr 30 in das Ansaugrohr 26 geführt werden. Kraftstoff wird in den Brennraum 14 direkt durch einen Injektor 36 eingespritzt, in bestimmten Betriebszuständen kann zusätzlich in den Brennraum 14 aber auch Wasser oder Wasserdampf über einen Injektor 38 eingespritzt werden.
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Der Betrieb der Brennkraftmaschine 10 wird von einer Steuer- und Regeleinrichtung 40 gesteuert und geregelt. Diese erhält Signale von unterschiedlichen Sensoren, so auch vom Kurbelwellensensor 22. Sie steuert verschiedene Stelleinrichtungen der Brennkraftmaschine 10 an, beispielsweise das Abgasrückführventil 34, den Injektor 36 für den Kraftstoff, und den Injektor 38 für das Wasser bzw. den Wasserdampf.
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Die Verdichtung im Brennraum
14 während des Verdichtungstaktes ist polytrop, es findet also ein irreversibler Energieaustausch mit der Umgebung statt. Wenn dieser irreversible Energieaustausch in Form eines Druckverlustes beschrieben ist, kann der Druckverlauf im Brennraum
14 während eines Verdichtungstaktes über die adiabate Verdichtung berechnet werden, entsprechend nachfolgender Formel (1):
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Pz ist der Druck im Zylinder, pgas der tatsächliche Gasdruck, und pL bezeichnet den Druckverlust infolge beispielsweise eines Wärmeaustauschs mit der Brennraumwand 16, eines blow-by (Druckleckage zwischen Kolben 18 und Brennraumwand 16), etc.
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Besagte Formel (1) gilt jedoch nur für ideale Gase; bei Gasgemischen, die die Eigenschaften idealer Gase nicht aufweisen, ergeben sich erhebliche Abweichungen für die berechneten Druck- und Temperaturverläufe. Die möglichst exakte Kenntnis des im Brennraum 14 herrschenden Drucks p und der dort vorliegenden Temperatur T während eines Verdichtungstaktes, abhängig von der Stellung des Kolbens 18 bzw. vom Kurbelwinkel der Kurbelwelle 20, ist jedoch für die Optimierung der Verbrennung und die Reduzierung von Schadstoffen sehr wichtig. Diese Zustandsgrößen p und T im Brennraum 14 werden daher bei der in 1 gezeigten Brennkraftmaschine 10 anhand eines Verfahrens ermittelt, dem folgende thermodynamische Überlegungen zugrunde liegen:
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Bei Gasgemischen kann der Gasdruck pgas in Partialdrücke p
i aufgespalten werden. Dabei können sowohl Partialdrücke aus Molekülen als auch Partialdrücke von Gasgemischen sinnvoll sein. Dem liegt der nachfolgende Satz von Dalton zugrunde:
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Der Partialdruck p
i bezeichnet dabei den Partialdruck der Gaskomponente i. Man kann nun zunächst einen Gewichtungsfaktor x
i; ermitteln, entsprechend der Formel (3):
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Auf der Basis dieses Gewichtungsfaktors x
i, und der Adiabatenexponenten K
i für die Gaskomponente i kann nun ein gemittelter Adiabatenexponent κ
i; ermittelt werden entsprechend der Formel (4):
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Der aktuelle Gasdruck p
gas kann dann mit der nachfolgenden Formel (5) berechnet werden:
p
0 ist der Druck im Brennraum
14 unmittelbar zu Beginn des Verdichtungstaktes zum Zeitpunkt des Schließens des Einlassventils
24, das Volumen V
0 ist das Volumen des Gases zum gleichen Zeitpunkt, und das Volumen V
z ist das zeitlich veränderliche Volumen des Brennraums
14, also bei einem bestimmten Winkel der Kurbelwelle
20 bzw. bei einer bestimmten Stellung des Kolbens
18. Analog hierzu kann die aktuelle Gastemperatur T
gas entsprechend der nachfolgenden Formel (6) berechnet werden:
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In Formel 6 ist die Temperatur Tojene Temperatur im Brennraum 14 zu Beginn des Verdichtungstaktes, also ebenfalls dann, wenn das Einlassventil 24 schließt.
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Auf der Basis der genannten physikalischen und thermodynamischen Zusammenhänge kommt ein Verfahren zum Einsatz, welches nun unter Bezugnahme auf 2 erläutert wird:
- Nach einem Start in 42 wird in 44 der aktuelle oder unmittelbar bevorstehende Betriebszustand der Brennkraftmaschine 10 ermittelt. Hierbei kann es sich beispielsweise um einen Betriebszustand mit/ohne Abgasrückführung oder mit/ohne Einspritzung von Wasser handeln. Danach wird abhängig vom Betriebszustand die entsprechende Gaszusammensetzung in 46 ermittelt. Damit ergeben sich bestimmte für diese spezielle Gaszusammensetzung typische Partialdrücke der einzelnen Gaskomponenten i. Auf deren Basis wiederum kann nun in 48 der gemittelte Adiabatenexponent Km ermittelt werden.
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Möglich ist auch, dass für bestimmte Zusammensetzungen des im Brennraum 14 befindlichen Gasgemisches, oder gleich für ganz bestimmte Betriebszustände der Brennkraftmaschine 10, die entsprechenden Adiabatenexponenten Km für den jeweiligen Brennkraftmaschinentyp in Vorversuchen ermittelt und abgespeichert wurden und in 48 lediglich, abhängig vom aktuellen Betriebszustand der Brennkraftmaschine 10 entsprechend Block 44, aus dem Speicher abgerufen werden. Mit dem jeweiligen gemittelten Adiabatenexponenten Km können dann in 50, abhängig vom Winkel der Kurbelwelle 20 bzw. der Stellung des Kolbens 18, der Gasdruck pgas und die Gastemperatur Tgas ermittelt werden. Das Verfahren endet in 52.
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Aus 3 ist ersichtlich, dass mit dem angegebenen Verfahren der tatsächliche Druck sehr genau berechnet bzw. vorhergesagt werden kann. Die durchgezogene Linie in 3 zeigt einen in einem Versuch gemessenen Druckverlauf gegen Ende der Verdichtung im Brennraum 14, gestrichelt ist der anhand des obigen Verfahrens ermittelte Druckverlauf dargestellt, gepunktet ein Druckverlauf, der mit einem herkömmlichen Verfahren (Annahme: reine Luft im Brennraum 14) ermittelt wurde. Man erkennt die gute Übereinstimmung des mit dem Verfahren von 2 ermittelten Druckverlaufs mit dem gemessenen (tatsächlichen) Druckverlauf.
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Anstelle eines gemittelten Adiabatenexponenten K
m kann aber auch für jede Komponente i des Gasgemisches zunächst als partielle Zustandsgröße ein partieller Gasdruck p
gas_i der Gaskomponente i ermittelt werden, und zwar wiederum ausgehend von einem Ausgangs-Gasdruck p
0_i zum Zeitpunkt „Einlassventil 24 schließt“ der Gaskomponente i. Diese partiellen Gasdrücke p
gas_i können dann aufsummiert werden und ergeben so den Gesamt-Gasdruck pgas. Der entsprechende Formelzusammenhang lautet:
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Für die Gastemperatur gilt das gleiche:
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Dabei versteht sich, dass die Temperatur To i gleich der Gesamt-Gastemperatur To zum Zeitpunkt „Einlassventil 24 schließt“ ist. Das entsprechende Verfahren ist in 4 dargestellt. Es entspricht dem Verfahren von 2, allerdings wird in 54 zunächst der partielle Gasdruck pgas_i ermittelt und anschließend in 56 summiert, wohingegen in 58 die Gastemperatur Tgas direkt durch Summation gebildet wird. Da die anderen Verfahrensschritte sich von dem Verfahren von 2 nicht unterscheiden, tragen diese die gleichen Bezugszeichen und sind nicht nochmals erläutert.
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Anhand der ermittelten kurbelwinkelspezifischen Gastemperatur Tgas und des ermittelten kurbelwinkelspezifischen Gasdrucks pgas kann wiederum mit hoher Präzision ein Steuerparameter, beispielsweise eine einzuspritzende Kraftstoffmenge, ermittelt werden, derart, dass die Schadstoffemissionen der Brennkraftmaschine 10 reduziert werden.