In
modernen Kraftfahrzeugen werden vermehrt elektronische Systeme zur
Verbesserung der Sicherheit des Fahrzeugs eingesetzt. Es werden
beispielsweise kaum noch Fahrzeuge ohne ein Antiblockiersystem (ABS)
verkauft. Weitere bekannte Systeme wie z. B. elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP),
Traktionskontrolle (TCS), elektronische Bremskraftverteilung (EBV),
aktives Fahrwerk (ABC: Active Body Control), aktiver Überrollschutz
(ARP: Active Rollover Prevention), Leuchtweitenregulierung, Frequenzanalyse
der Radschwingung und Reifendrucküberwachung (DDS, TPMS) werden
zumindest als optionale Fahrzeugausstattung bei einer Vielzahl von
Fahrzeugen angeboten. Wie allgemein bekannt, erhöht die Beladung eines Fahrzeugs
die Belastung der Reifen, die Fahrzeugmasse und die Fahrzeugträgheit. Sie
hat also eine vielfältige
Auswirkung auf das Fahrzeugverhalten, die Fahrzeughandhabung und
die Sicherheit. Durch die Kenntnis der Beladung des Fahrzeugs können die
genannten Systeme beispielsweise hinsichtlich ihrer Regelalgorithmen
verbessert werden, wodurch die Sicherheit des Fahrzeugs weiter erhöht wird.
Es
gibt sogenannte direkt messende Reifendrucküberwachungssysteme (TPMS),
z. B. beschrieben in der Anmeldung
DE 199 26 616 C2 , welche mittels Drucksensoren
in den einzelnen Reifen den jeweiligen Druck in dem zugehörigen Rad
ermitteln. Solche Systeme überwachen
den Reifendruck an allen Rädern
unabhängig,
aber sie sind relativ teuer, da sie zusätzliche Einrichtungen, z. B.
zur Übertragung und
Auswertung der Drucksensorinformationen benötigen. Weiterhin sind sogenannte
indirekt messende Reifendrucküberwachungssysteme
(DDS) z. B. aus der
DE
100 58 140 A1 bekannt, welche aus Hilfsgrößen, z.
B. durch Vergleich der Abrollumfänge
der einzelnen Räder,
einen Druckverlust ermitteln können.
Heutige Reifendrucküberwachungssysteme (DDS
und TPMS) nutzen die Drehzahlsensoren und/oder im Reifen untergebrachte
Drucksensoren, um den Fahrer zu warnen, wenn das Abrollverhalten oder
die Messwerte des Drucksensors auf zu geringen Luftdruck im Reifen
schließen
lassen. Auf diese Art und Weise soll verhindert werden, dass aufgrund zu
geringen Luftdrucks der Reifen einen Schaden erleidet, welcher während der
Fahrt zu kritischen Fahrzuständen
oder Unfällen
führen
kann.
Bei
den bekannten Reifendrucküberwachungssystemen
bewirkt beispielsweise eine hohe Beladung des Fahrzeugs eine zusätzlich auf
die Reifen wirkende Kraft, welche zu einer Verformung und zu einer
Veränderung
des Abrollverhaltens der Räder führt. Die
hohe Kraftbelastung kann dieselben negativen Folgen (Reifenschäden, Veränderung
des Fahrverhaltens, etc.) wie ein zu geringer Reifenluftdruck haben.
Bei einem direkt messenden Reifendrucküberwachungssystem (TPMS) wird
die Veränderung des
Abrollverhaltens der Räder
nicht bemerkt, da sich die hohe Beladung nicht auf den gemessenen Reifenluftdruck
auswirkt. Infolgedessen kann es trotz eines vorhandenen direkt messenden
Reifendrucküberwachungssystems
(TPMS) bei zu hoher Beladung zu einem Reifenschaden während der
Fahrt kommen.
Bei
einem indirekt messenden Reifendrucküberwachungssystem (DDS) kann
es während
des systembedingten Einlernvorgangs zu einem falschen Einlernen
von Fahrzeugparametern (z. B. Abrollumfänge der Räder) kommen, wenn bei diesem
Einlernvorgang das Fahrzeug beispielsweise einseitig beladen ist.
Dieses falsche Einlernen kann nach erfolgtem Lernen und veränderter
Beladung zu einer Fehlwarnung führen.
In
beiden Fällen
muss das Reifendrucküberwachungssystem
die Beladung berücksichtigen,
um dem Fahrer die Fehlerursache (Luftdruck oder Beladung) mitteilen
zu können.
Ansonsten kann eine vom System aufgrund zu hoher Beladung erzeugte
Warnung nach einer Luftdruckkontrolle an der Tankstelle vom Fahrer
als falsch fehlinterpretiert werden.
Die
Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht nun darin, ein Verfahren
zur Erkennung der Beladung eines Kraftfahrzeugs bereitzustellen,
welches zur Verbesserung der Regelalgorithmen bei elektronischen
Systemen, wie beispielsweise ABS, ESP, ABC, DDS, ARP, EBV und TPMS,
dient.
Diese
Aufgabe wird durch das Verfahren gemäß Anspruch 1 gelöst.
Die
Erfindung betrifft außerdem
ein Computerprogrammprodukt, welches das erfindungsgemäße Verfahren
umfasst.
Weitere
bevorzugte Ausführungsformen
der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen. Die Erfindung wird im
Folgenden anhand mehrerer Ausführungsbeispiele
beschrieben.
Um
die oben genannten elektronischen System zu verbessern, werden verschiedene
Systeme vorgeschlagen, die jedoch alle ein indirekt messendes Reifendrucküberwachungssystem
(DDS) und/oder ein direkt messendes Reifendrucküberwachungssystem (TPMS) als
Basis enthalten.
Gemäß einem
ersten Ausführungsbeispiel wird
zur Erkennung der Beladung eine Lastschätzung als Funktion der Temperatur
der vorderen und hinteren Reifen betrachtet. Das System besteht
aus Temperatursensoren in den Fahrzeugreifen, welche die Temperatur
im Fahrzeugreifen messen und diese, beispielsweise drahtlos, an
ein im Fahrzeug vorhandenes Steuergerät mit einem eingebauten Zeitmesser übertragen.
Hierzu können
beispielsweise die Temperatursensoren, welche bereits in den Drucksensoren
eines direkt messenden Reifendrucküberwachungssystems (TPMS) vorhanden
sind, benutzt werden. Weiter besteht das System aus an den Rädern angebrachten
Sensoren, welche die Drehzahl der Räder erfassen und an das Steuergerät weiterleiten.
Des Weiteren besteht das System aus einem Sensor, der die Lufttemperatur
in der Nähe
der Fahrbahn erfasst und an das Steuergerät übermittelt. Das System erkennt
die Beladung, indem es ein Modell der Reifentemperatur mit der gemessenen
Reifentemperatur vergleicht. Das Temperaturmodell ist zeitbasiert
und wird gespeist von den oben beschriebenen Sensorinformationen.
Bei hoher Belastung der Fahrzeugreifen aufgrund hoher Beladung werden sich
die Reifen in charakteristischer Weise beim Abrollen erwärmen. Diese
charakteristische Erwärmung kann
erkannt und zur Bela dungserkennung genutzt werden. Bei Überschreiten
eines Schwellwerts kann der Fahrer vor zu hoher Beladung gewarnt
werden und/oder es kann ein neuer Soll-Luftdruck berechnet werden,
der an die Beladung angepasst ist. Diese Information kann an ein
vorhandenes direkt messendes Reifendrucküberwachungssystem (TPMS) zwecks Änderung
der Warnschwelle für
einen Reifendruckverlust weitergeleitet werden.
In
einem zweiten Ausführungsbeispiel
wird die Lastschätzung
auf Basis der an den Federbeinen des Fahrzeugs auftretenden Kräften durchgeführt. Genutzt
werden beispielsweise Informationen eines aktiven Fahrwerks (ABC)
oder eines Luftfedersystems mit Drucksensor. Das System misst den
Druck im Aktor der Radaufhängung.
Diese Informationen können
bei bekannter Geometrie des Aktors und der Radaufhängung in
die Gewichtskräfte
an den einzelnen Rädern
umgerechnet werden. Die Summe aller Gewichtskräfte ergibt die Fahrzeugmasse.
Durch Subtraktion des bekannten Leergewichts des Fahrzeugs erhält man die
Beladung. Bei Überschreiten
eines Schwellwerts kann der Fahrer vor zu hoher Beladung gewarnt
werden und/oder es kann ein neuer Soll-Luftdruck berechnet werden,
der an die Beladung angepasst ist. Diese Information kann an ein vorhandenes
direkt messendes Reifendrucküberwachungssystem
(TPMS) zwecks Änderung
der Warnschwelle weitergeleitet werden.
In
einem dritten Ausführungsbeispiel
erfolgt die Erkennung der Beladung und eine ggf. notwendige Warnung
des Fahrers auf Basis von Informationen der elektronischen Bremskraftverteilung
(EBV) und einem ABS-Bremseneingriff. Die elektronische Bremskraftverteilung
(EBV) schätzt
bei einer Bremsung die Bremskräfte
an den einzelnen Rädern.
Diese Informationen lassen sich umrechnen in Gewichtskräfte an den
einzelnen Rä dern.
Die Summe aller Gewichtskräfte
ergibt die Fahrzeugmasse. Durch Subtraktion des bekannten Leergewichts
des Fahrzeugs erhält
man die Beladung. Bei Überschreiten
eines Schwellwerts der Beladung kann der Fahrer vor zu hoher Beladung
gewarnt werden und/oder es kann ein neuer Soll-Luftdruck berechnet werden, der an die
Beladung angepasst ist. Diese Information kann an ein vorhandenes
direkt messendes Reifendrucküberwachungssystem
(TPMS) zwecks Änderung
der Warnschwelle weitergeleitet werden.
In
einem vierten Ausführungsbeispiel
erfolgt die Warnung des Fahrers im Hinblick auf eine zu hohe Beladung
durch die Auswertung des Schwimmwinkels des Fahrzeugs oder allgemein
durch die Auswertung der Veränderungen
im ESP-internen Fahrzeugmodell.
In
einem fünften
Ausführungsbeispiel
erfolgt die Warnung des Fahrers in Abhängigkeit von der Nickbewegung
des Fahrzeugs, z. B. durch Auswertung der Leuchtweitenregulierung.
Die in vielen Fahrzeugen eingebaute Leuchtweitenregulierung misst den
Nickwinkel des Fahrzeugs, um die Scheinwerferneigung zu regulieren.
Die Information über
den Nickwinkel lässt
sich umrechnen in die Beladung des Fahrzeugs. Dazu kann der stationäre Nickwinkel
abhängig
von der Fahrzeuggeschwindigkeit und Längsbeschleunigung ermittelt
werden. Es ist jedoch auch möglich,
dass die zeitlichen Schwankungen des Nickwinkels während der
Fahrt hinsichtlich ihres Frequenzverhaltens untersucht werden. Die
Nick-Eigenfrequenz kann so ermittelt werden, woraus Rückschlüsse auf
die Beladung gezogen werden können. Bei Überschreiten
eines Schwellwerts kann der Fahrer vor zu hoher Beladung gewarnt
werden und/oder es kann ein neuer Soll-Luftdruck berechnet werden, der
an die Beladung angepasst ist. Diese Information kann an ein vorhandenes
direkt messendes Reifendrucküberwachungssystem
(TPMS) zwecks Änderung
der Warnschwelle weitergeleitet werden.
In
einem sechsten Ausführungsbeispiel
wird abhängig
von der Wankbewegung des Fahrzeugs der Fahrer im Hinblick auf zu
hohe Beladung gewarnt. Der in vielen Fahrzeugen eingebaute aktive Überrollschutz
(ARP) ermittelt die Wankbewegungen des Fahrzeugs. Die Wankbewegungen
lassen sich hinsichtlich ihres Frequenzverhaltens analysieren. So
kann die Wank-Eigenfrequenz
ermittelt werden, woraus Rückschlüsse auf
die Beladung möglich
sind. Bei Überschreiten
eines Schwellwerts kann der Fahrer vor zu hoher Beladung gewarnt
werden und/oder es kann ein neuer Soll-Luftdruck berechnet werden, der
an die Beladung angepasst ist. Diese Information kann an ein vorhandenes
direkt messendes Reifendrucküberwachungssystem
(TPMS) zwecks Änderung
der Warnschwelle weitergeleitet werden.
In
einem siebten Ausführungsbeispiel
erfolgt die Warnung des Fahrers durch die Auswertung der Radschwingung.
Hierzu ist ein indirekt messendes Reifendrucküberwachungssystem, welches
mit Hilfe der ABS-Sensoren die Radschwingung hinsichtlich bestimmter
Frequenzen analysiert, in Kombination mit einem direkt messenden
Reifendrucküberwachungssystem
(TPMS) im Fahrzeug vorhanden. Befindet sich das Fahrzeug in Fahrt,
so wird durch den Straßenbelag
(z. B. Rauhigkeit des Belags, Fahrbahnkanten an Baustellen, etc.)
eine Schwingung (Radschwingung) im Reifen angeregt. Die Radschwingung
ist hierbei abhängig
vom Reifendruck und der Belastung des Reifens. Durch unterschiedliche
Belastung des Reifens oder eine Veränderung des Reifenluftdrucks
erfolgt eine Verschiebung der analysierten Frequenzen. Wenn das
System eine solche charakteristische Frequenzverschiebung feststellt,
kann aufgrund der vom direkt messenden Reifendrucküberwachungssystem
(TPMS) gelieferten Druckinformation festgestellt werden, ob der
Fahrer aufgrund zu hoher Beladung oder aufgrund zu niedrigen Luftdrucks
gewarnt wird.
In
einem achten Ausführungsbeispiel
wird von einem Fahrzeug mit einer Kombination von einem indirekt
messenden Reifendrucküberwachungssystem
(DDS) und einem direkt messenden Reifendrucküberwachungssystem (TPMS) ausgegangen. Wenn
das indirekt messende Reifendrucküberwachungssystem (DDS) ein
verändertes
Abrollverhalten feststellt, wird anhand der Druckinformation des direkt
messenden Reifendrucküberwachungssystems
(TPMS) entschieden, ob der Fahrer aufgrund zu hoher Beladung oder
aufgrund zu niedrigen Luftdrucks gewarnt wird.
In
einem neunten Ausführungsbeispiel
erfolgt die Erkennung einer zu hohen Beladung durch die Kombination
eines aktiven Fahrwerks (ABC) mit einem indirekt messenden Reifendrucküberwachungssystem
(DDS). Bei aktiven Fahrwerken tritt beispielsweise bei Belastung
eines einzelnen Hinterrades folgender Effekt auf: Das dem belasteten
Rad gegenüberliegende
wird entlastet und dreht damit im Vergleich zu den drei übrigen langsamer.
Dies ist durch das indirekt messende Reifendrucküberwachungssystem (DDS) zu
erkennen. Hierdurch kann das indirekt messende Reifendrucküberwachungssystem
(DDS) seine eigene Verstimmung aufgrund der Beladung erkennen. Ferner
kann, sofern vorhanden, ein elektronisches Stabilitätsprogramm
(ESP) die Radlasten besser schätzen
und somit besser regeln.
Die
Beladungserkennung kann, je nachdem, welche elektronischen Systeme
(TCS, ABS, ESP, DDS, TPMS, Motormomentensteuerung) im Fahrzeug vorhanden
sind, auch vorzugsweise dazu benutzt werden, um in den genannten
elektronischen Systemen die Schwellen oder Parameter im Hinblick auf
eine bessere Regelung anzupassen.