In
der vorliegenden wird erstmalig ein neues Verfahren Vorgestellt,
welches die Virulenz und Immunogenität von einfach attenuierten
Tierpockenvirusstämmen
vollständig
eliminiert. Dieses Verfahren wird im folgenden als „Hochattenuierung" bezeichnet.
Eine
solche Hochattenuierung von Poxviren wird in der vorliegenden Erfindung
zum ersten Mal anhand der Orthopoxviren Kamelpockenvirus (Orthopoxvirus
cameli) und Ektromelievirus (Orthopoxvirus muris), dem Leporipoxvirus
Myxomatosevirus (Leporipoxvirus myxomatosis), den Avipoxviren Hühnerpockenvirus (Avipoxvirus
gallinae) und Kanarienpockenvirus (Avipoxvirus serinis) sowie dem
Parapockenvirus Ecthyma (Parapoxvirus ovis) gezeigt.
Beispielhafte
Ausführungsformen
der Erfindung betreffen die Hochattenuierung des Orthopoxvirusstammes.
Kamelpockenvirus Stamm h-M 27 und des Leporipoxvirusstammes Myxomatosevirus
Stamm h-M 2. Für
diese Poxvirusstämme
wurde bislang weder eine Attenuierung noch eine Hochattenuierung
durchgeführt
oder beschrieben. Andere bevorzugte Ausführungsformen betreffen weitere
Orthopoxvirusstämme,
sowie Stämme
der Parapoxviren und Avipoxviren (siehe unten).
Eine
einfache konventionelle Attenuierung wurde für das Genus Orthopoxvirus beim
Vacciniavirus Ankara MVA durch A. Mayr, H. Stickl, H.K. Müller, K.
Danner und H. Singer, 1978: „Der
Pockenimpfstamm MVA", Zb1.Bakt.Hyg.,
I.Abt.Orig.B 167, 375-390; Mayr, A., 1999: „Geschichtlicher Überblick über die
Menschenpocken (Variola), die Eradikation von Variola und den attenuierten
Pockenstamm MVA",
Berl.Münch.TierärztlWschr.
112, 322- 328; für das Genus
Avipoxvirus HP 1 und KP 1 durch A. Mayr, F. Hartwig, und I. Bayr,
1965: „Entwicklung
eines Impfstoffes gegen die Kanarienpocken auf der Basis eines attenuierten
Kanarienpockenkulturvirus",
Zbl.Vet.Med.B 12, 41-49; A. Mayr und K. Malicki, 1966: „Attenuierung
von virulentem Hühnerpockenvirus
in Zellkulturen und Eigenschaften des attenuierten Virus", Zb1.Vet.Med. B
13, 1-13; und für
das Genus Parapoxvirus ORF-1701 durch A. Mayr und M. Büttner, 1990: „Ecthyma
(ORF) virus": In:
Z. Dinter und B. Morein (Hrsg.): Virus infections of vertebrates,
vol. 3; Virus infections of ruminants, Elsevier Science Publishers B.V.Amsterdam,
gezeigt.
Im
folgenden werden einige der durch das erfindungsgemäße Verfahren
hochattenuierten Tierpockenvirusstämme näher erläutert:
Kamelpockenvirus
Die
Kamelpocken sind die Erreger einer gefährlichen, zyklisch-systemisch
verlaufenden Viruserkrankung der Kameliden, die durch ein Exanthem
bevorzugt der Haut und Schleimhaut im Kopf-, Nacken- und Halsbereich
sowie den Extremitäten
und der Inguinalgegend charakterisiert ist (Munz, E., 1999: „Pox and
pox-like diseases in camels",
Proc.lst Int. Camel Conf. 1, 43-46). Die
Erkrankung tritt in zyklischer Weise alle 2 bis 3 Jahre auf, wenn
eine genügend
große
sensible Population vorhanden ist. Von den Kamelpockenviren werden bevorzugt
zwei Gattungen (Lama und Camelus) der Familie Camelidae befallen
(Mayr, A. and Czerny C.P., 1990: „Camelpox virus", In: Dinter Z. und
Morein B. (Hrsg.): „Virus
infections of vertebrates",
vol. 3: Virus infections of ruminants. Elsevier Science Publishers
B.V.Amsterdam). Die Gattung Camelus umfasst das einhöckrige Dromedar
(Camelus dromedarius) und das zweihöckrige Trampeltier (Camelus
ferus bactrianus). Dromedare und Trampeltiere kommen hauptsächlich in
den Ländern
der sogenannten „Alten
Welt" vor (Wüsten, Steppen
von Nordafrika, Arabien, Mongolei), während das Lama bevorzugt in
Südamerika
beheimatet ist.
Das
Kamelpockenvirus (Orthopoxvirus cameli) ist ein besonders enger
Verwandter des Variola-Virus, dem Erreger der Pocken beim Menschen
(Variola). Für
den Menschen ist das Kamelpockenvirus nicht pathogen. Das Kamelpockenvirus
ist wie alle klassischen Pockenviren quaderförmig und besitzt charakteristische Oberflächenproteine,
die für
die immunisierenden und paramunisierenden Eigenschaften des Virus
bzw. dessen Bestandteile verantwortlich sind. Die durchschnittliche
Größe beträgt je nach
Genus bzw. Stamm in Längsrichtung
280 nm und in Querrichtung etwa 180 nm (Otterbein, C.K., 1994: „Phäno- und
genotypische Untersuchungen zweier Kamelpockenvirus-Isolate vor
und nach Attenuierung durch Zellkulturpassagen", Vet.Med.Diss. München). Das Genom des Kamelpockenvirus
besteht aus einer linearen, doppelsträngigen DNA. Die beiden DNA-Stränge sind
an den Genom-Enden kovalent miteinander gebunden, so dass die Virus-DNA
eine durchgehende Polynukleotidkette bildet.
Myxomatosevirus
Myxomaviren
sind die Erreger der Myxomatose, einer zyklisch verlaufenden, kontagiösen Virusallgemeinkrankheit
der Wild- und Hauskaninchen, die durch generalisierte, teilweise
hämorrhagische
Unterhautödeme
am Kopf und über
den ganzen Körper,
mit Bevorzugung der Analgegend, der Vulva und des Schlauches, wie
keine andere Infektionskrankheit charakterisiert ist. Wird die Myxomatose
in ein bisher seuchenfreies Land neu eingeschleppt, verläuft sie
rasch und tödlich.
Nach Sesshaftwerden des Virus verändert sich der Seuchencharakter
bis hin zu klinisch inapparenten Infektionen (Mayr A.: Medizinische
Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre, 7. Aufl., Enke-Verlag,
Stuttgart, 2002).
Die
Krankheit ist unter amerikanischen Baumwollschwanzkaninchen der
Gattung Sylvilagus, die ausschließlich die neue Welt besiedeln,
weit verbreitet. Diese Wildkaninchen bilden das einzige natürliche Reservoir
der Seuche. Die Infektion verläuft
bei ihnen in einer milden Form. Dagegen besitzt die Erkrankung bei
europäischen
Wild- und Hauskaninchen der Gattung Oryctolagus, die auch in Australien
heimisch sind, eine fast 100%ige Sterblichkeit bei Neueinschleppung
des Erregers.
Das
natürliche
Wirtsspektrum des Myxomavirus (Genus Leporipoxvirus) ist eng begrenzt.
Im Allgemeinen vermehrt sich das Virus nur in amerikanischen Baumwollschwanzkaninchen
und in europäischen
Haus- und Wildkaninchen. Vereinzelt wurden allerdings auch Infektionen
in europäischen
Wildhasen beobachtet. Übertragungsversuche
auf andere Tierarten und auf den Menschen verliefen negativ.
Avipoxvirus
Die
durch Avipoxviren, insbesondere das Hühnerpockenvirus und das Kanarienpockenvirus,
verursachten Infektionen verlaufen ähnlich. Hühnerpocken stammen aus Asien
und sind seit Jahrtausenden bekannt. Sie sind weltweit verbreitet
und sehr widerstandsfähig.
Die Übertragung
erfolgt durch das Eindringen über
Hautverletzungen. Es können
auch stechende Insekten an der Übertragung
beteiligt sein. Die Inkubationszeit für die Krankheit beträgt 4 bis
14 Tage. Es gibt zwei Verlaufsformen, wobei zwischen der sogenannten Hautform
und der Schleimhautform unterschieden wird. Die Hautform ist durch
Bläschen
oder schorfige Knoten an Kopf, Kamm, Hals und Füßen charakterisiert. Die Schleimhautform
weist gelblich- weiße
Beläge
auf der Zunge, den Schleimhäuten
des Schnabels, des Kehlkopfes, der Luftröhre und den Augen auf.
Die
Inkubationszeit bei einer Infektion mit Kanarienpockenviren beträgt 3 bis
16 Tage. Nach Ausbruch der Krankheit stirbt ein Großteil des
Bestandes innerhalb von nur wenigen Stunden ab. Die infizierten
Tiere zeigen Knötchen
an den Hornteilen und an den Schnabelwinkeln. Es kommt zu massiven
Atemstörungen
und die Vögel
ersticken recht schnell an den durch das Virus verursachten käsigen Auflagerungen
in den Atemwegen.
Attenuierte
Stämme
von Avipoxviren wurden durch sukzessive Passagen in Zellkulturen
aus Hühnerembryo-Fibroblasten
gewonnen und zur Vakzinierung von Hühner eingesetzt. Der am besten
untersuchte und verfügbare
Stamm ist der Stamm HP-1 (A. Mayr und K. Malicki, 1966: „Attenuierung
von virulentem Hühnerpockenvirus
in Zellkulturen und Eigenschaften des attenuierten Virus", Zbt.Vet.Med. B
13, 1-13). Mehr als 200 Passagen in Hühnerembryo-Fibroblasten führen zu einem attenuierten,
aber noch replizierfähigen
Virus, jedoch mit verbleibender Pathogenität für Hühner bei intravenöser oder
Aersol-Verabreichung. Viren die mehr als 400 mal passagiert wurden
gelten als apathogen und werden als effziente und extrem sichere
Vektoren für den
Einsatz in Säugetieren
angesehen. Eine Immunisierung konnte erreicht werden, ohne dass
eine vollständige
produktive Replikation des Virus stattfand.
Aufgabe der Erfindung
Die
bislang durch eine konventionelle Attenuierung abgeschwächten Tierpockenvirusstämme führen zu
einer Steigerung der paramunisierenden Eigenschaften und zu einer
Verringerung der virulenten bzw. immunisierenden Eigenschaften der
Viren bzw. deren Bestandteilen. Allerdings gehen bei der konventionellen Attenuierung
nicht alle virulenten und immunisierenden Eigenschafen der Tierpockenstämme verloren.
Immunreaktionen sind bei einfach attenuierten Tierpockenstämmen in
Säugetieren
noch immer vorhanden. Dies liegt vermutlich an der zu geringen Stabilität einer
einfachen Attenuierung bzw. dem zu geringen Grad der Attenuierung
bei den einfach attenuierten Tierpockenviren.
Der
vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde Tierpockenstämme bereitzustellen,
die stabil sind, einen hohen Attenuierungsgrad aufweisen und bei
denen die Pockenviren derart verändert
sind, dass sie ihre virulenten und immunisierenden Eigenschaften
vollständig
verloren haben und somit als unschädliche Paramunitätsinducer
und Vektor-Vakzinen verwendbar sind.
Diese
Aufgabe wird erfindungsgemäß durch
die Gegenstände
der anhängenden
Patentansprüche
gelöst.
Überraschenderweise
wurde festgestellt, dass einfach attenuierte Tierpockenstämme durch
zusätzliche
Attenuierungsschritte mit fortführenden
Plaque-Endverdünnungs-Passagen
in ausgewählten
permissiven Zellkulturen derart verändert werden, dass sie ihre
Virulenz und Immunisierungsfähigkeit
vollständig
verlieren, ohne in ihrer Vermehrungsfähigkeit beeinträchtigt zu
sein. Auch sind die erfindungsgemäßen Tierpockenstämme in ihrem
Wirtsspektrum weiter eingeschränkt.
Die durch die Hochattenuierung entstehenden Deletionen im Virusgenom
ermöglichen
zudem die Einführung
von Fremd-Antigenen.
Durch
den durch die Hochattenuierung verursachten Verlust der immunisierenden
Proteine werden zusätzliche
paramunisiernde Proteine aktiv, welche die paramunisierende Wirksamkeit
dieser Stämme
in signifikanter Weise erhöhen.
Auf diese Weise erhält
man hoch wirksame und unschädliche
Paramunitätsinducer, die
auch bei kurzfristig wiederholten und häufigen Applikationen keine
Allergien oder andere immunpathogenen Nebenwirkungen verursachen.
Daher
eignen sich die durch das erfindungsgemäße Verfahren hochattenuierten
Tierpockenstämme
in hervorragender Weise als Paramunitätsinducer oder für die Herstellung
von Vektor-Vakzinen.
ZUSAMMENFASSUNG
DER ERFINDUNG
Die
Erfindung betrifft hochattenuierte Tierpockenvirusstämmen und
ihre Verwendung als Paramunitätsinducer
oder zur Herstellung von Vektor-Vakzinen.
Besondere
Ausführungsformen
der hochattenuierten Tierpockenstämmne sind Stämme des
Myxomatose- und des Kamelpockenvirus. Besonders bevorzugt ist der
Kamelpockenvirusstamm h-M 27 mit der Hinterlegungsnummer 05040602
und der Myxomatosevirustamm h-M 2 mit der Hinterlegungsnummer 05040601. Die
Hinterlegung der Viren erfolgte bei der Hinterlegungsstelle der
Public Health Laboratory Service (PHLS), Centre for Applied Microbiology & Research (CAMR),
European Collection of Animal Cell Cultures (ECACC), Porton Down,
Salisbury, Wiltshire, United Kingdom. Andere Ausführungsformen
der Erfindung betreffen die Hochattenuierung des Kanarienpockenvirus
(Avipoxvirus serinae), bevorzugt des Stammes KP1, des Ektromelievirus
(Orthopoxvirus muris), bevorzugt des Stammes Mü 1 und des Hühnerpockenvirus
(Avipoxvirus gallinae), bevorzugt des Stammes HP 1 und des Parapoxvirus
(Parapoxvirus ovis).
Bei
der erfindungsgemäß entdeckten
Hochattenuierung von Tierpockenvirusstämmen gehen die Virulenz der
Virusstämme
und ihre immunisierenden Eigenschaften im Vergleich zu konventionell
attenuierten Tierpockenstämmen
vollständig
verloren. Die erfindungsgemäßen hochattenuierten
Tierpockenviren besitzen daher keine Rest-Virulenz oder -Immunität mehr.
Somit eignen sich die hochattenuierten Tierpockenstämme insbesondere
für die
Verwendung als Paramunitätsinducer
oder zur Herstellung von Vektor-Vakzinen.
Die
Erfindung betrifft ferner Verfahren zur Herstellung der erfindungsgemäßen hochattenuierten
Pockenvirusstämme.
Bevorzugte Pockenvirusstämme
sind Stämme,
die dem Genus Orthopoxvirus, Avipoxvirus, Leporipoxvirus und Parapoxvirus
angehören.
Die
Hochattenuierung von Pockenvirusstämmen wird erfindungsgemäß durch
zusätzliche Plaque-Endverdünnungs-Passagen
(d.h. Überimpfen
und Weiterführen)
von konventionell attenuierten Virusstämmen in optimierten, ausgewählten, permanenten
Zelllinien (z.B. VERO-Zellen), in primären Zeltkulturen (z.B. Hühnerembryofibroblasten
(FHE)-Zellkulturen),
bebrüteten
Hühnereiern
oder in Versuchstieren erreicht. Es wurde überraschend festgestellt, dass
durch diese zusätzliche
Passagierung die Virulenz und Immunogenität der Tierpockenviren und deren
Bestandteile im Vergleich zu konventionell attenuierten Stämmen verloren geht.
Die Passagierung in den ausgewählten
Zellsystemen oder -kulturen erfolgt so lange, bis die erwünschten Eigenschaften
erreicht sind, d.h. bis die Tierpockenviren keinerlei Virulenz oder
Immunogenität
mehr aufweisen und stattdessen eine gesteigerte Aktivität des unspezifischen
Immunsystems (Paramunität)
aufweisen. Gewöhnlich
lässt sich
dies durch mindestens 300-500 Passagen in optimierten Zellsystemen,
wie Zellkulturen von VERO-Zellen
Passagen (ATCC CCL-81, WHO, American Type Culture Collection) erreichen.
Solche optimierten Zellsysteme ergeben den erforderlich hohen Infektiositätstiter.
Die weiteren erwünschten
biologischen, genetischen und immunologischen Eigenschaften die
aus einer Hochattenuierung von Tierpockenstämmen hervorgehen sind in Tabelle
3 aufgeführt.
Allgemein
lässt sich
das erfindungsgemäße Verfahren
zur Herstellung von hochattenuierten Tierpockenviren durch folgende
Schritte definieren:
- (a) Adaptierung der Tierpocken
auf ein permissives Zellsystem, beispielsweise bestehend aus der
Chorioallantoismembran 10 Tage alter Hühnerembryonen (CAM) oder Zeltkulturen.
- (b) Überimpfung
und Weiterführung
der Tierpockenviren zur Attenuierung durch Dauerpassagen in verschiedenen
permissiven Zellsystemen, die optimale Infektiositätstiter
ermöglichen.
- (c) Überimpfung
und Weiterführung
der Tierpockenviren zur Attenuierung in einem optimalen Zellsystem
für etwa
100-300 Passagen.
- (d) Überimpfung
und Weiterführung
der Tierpockenviren in VERO-Zellen für mindestens 90 Passagen.
In
einer besonders bevorzugten Ausführungsform
betrifft ist der hochattenuierte Orthopoxvirusstamm ein hochattenuiertes
Kamelpockenvirus (Orthopoxvirus cameli), insbesondere der Stamm
h-M 27. Ein bevorzugtes Verfahren zur Hochattenuierung von Kamelpockenviren
umfasst die folgenden Schritte:
- (a) Kultivierung
des isolierten Kamelpockenvirus über
etwa 2 Passagen in Lammnieren-Zellkulturen;
- (b) Überimpfen
und Kultivierung der Tierpockenviren über etwa 5 Passagen in VERO-Zellen
Passagen (ATCC CCL-81, WHO, American Type Culture Collection);
- (c) Überimpfen
und Kultivierung der Tierpockenviren über etwa 114 Passagen in MA-Zellen;
- (d) Überimpfen
und Kultivierung der Tierpockenviren über etwa weitere 267 Passagen
in VERO-Zellen.
Die
so erzeugten Tierpockenviren sind zur Herstellung von Paramunitätsinducern
und Vektor-Vakzinen
einsetzbar. Für
die Herstellung von wird die vermehrungsfähige Virusernte verwendet.
Eine
weitere Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung betrifft den hochattenuierten Leporipoxvirusstamm
Myxomatosevirus (Leporipoxvirus myxomatosis), Stamm h-M 2.
Ein
bevorzugtes Verfahren zur Hochattenuierung eines solchen Myxomatosevirusstammes,
bevorzugt des Stammes h-M 2, umfasst die folgenden Schritte:
- (a) Isolierung aus erkrankten Tieren über die
Chorioallantoismembran 10 Tage alter Hühnerembryonen (CAM) und Weiterführung in
diesem System über
mindestens 2 Passagen;
- (b) Überimpfung
und Weiterführung
der isolierten Tierpockenviren für
mindestens 120 Passagen in VERO-Zellkulturen;
- (c) Überimpfung
und Weiterführung
der Tierpockenviren in AVIVER-Zellen für mindestens 24 Passagen;
- (d) Überimpfung
und Weiterführung
der Tierpockenviren in VERO-Zellen für mindestens 157 Passagen;
- e) Überimpfung
und Weiterführung
der Tierpockenviren in MA-Zellen über mindestens 114 Passagen;
- f) Überimpfung
und Weiterführung
der Tierpockenviren in VERO-Zellen über mindestens 179 Passagen.
Zur
Herstellung von Paramunitätsinducern
werden die Virusernten durch Behandlung mit beta-Propiolacton inaktiviert.
Die
Erfindung betrifft auch pharmazeutische Zusammensetzungen, die einen
oder mehre hochattenuierte Pockenstämme unterschiedlicher Herkunft
in Kombination enthalten und denen gegebenenfalls ein pharmazeutischer
Träger
zugesetzt wird.
Ein
weiterer Aspekt der Erfindung betrifft daher die Verwendung eines
oder mehrerer erfindungsgemäßen hochattenuierten
Tierpockenstämme
(z.B. in Kombination) oder Bestandteilen der hochattenuierten Tierpockenstämme zur
Aktivierung des paraspezifischen Immunsystems in einem Säugetier
oder im Menschen zur Prophylaxe und Therapie.
In
einem weiteren Aspekt der vorliegenden Erfindung werden die hochattenuierten
Tierpockenviren zur Herstellung von Vektor-Vakzinen eingesetzt,
hierfür
werden die vermehrungsfähigen
Virusernten verwendet. Eine für
ein Fremdantigen kodierende Nukleinsäure wird dabei in eine der
durch die Hochattenuierung entstandenen Deletionen der Nukleinsäure des
Vektors (Tierpockenvirus) eingebaut, so dass das Fremd-Gen durch
den Vektor exprimiert werden kann. Die so entstandenen Fremdproteine
stellen immunisierende Epitope bereit und stimulieren dadurch das
körpereigene
spezifische Abwehrsystem.
DEFINITIONEN
Unter
dem Begriff Attenuierung (engl. „attenuate": abschwächen, mildern) eines Infektionserregers (z.B.
Viren, Bakterien, Pilze) versteht man grundsätzlich die Verminderung seiner
virulenten und immunisierenden Eigenschaften. Insbesondere handelt
es sich, je nach Attenuierungsgrad, gentechnologisch um die Reduktion
des Molekulargewichtes und damit die Verkürzung seiner Nukleinsäure, verbunden
mit dem Auftreten von Deletionen, biologisch um die Reduzierung
bzw. um den Verlust seiner pathogenen Eigenschaften bezüglich Virulenz
und Kontagiosität,
immunologisch um den Verlust der immunogenen Aktivitäten und
die Erhöhung der
paraspezifischen Potenzen sowie klinisch um die Einschränkung des
Wirtsspektrum und um eine erhöhte Aktivität von paraspezifischen
Abwehrreaktionen des Wirtes.
Unter
Hochattenuierung versteht man die weitere Reduzierung von einfach
attenuierten aber noch teilweise virulenten und immunisierenden
Erregern, bis zu einem vollständigen
Verlust der Virulenz und des immunisierende Potentials, wobei es
durch die Hochattenuierung zu einer extremen Einengung des Wirtsspektrums
kommt. Durch die Hochattenuierung wird das paramunisierende Potential
stark erhöht.
Bezüglich
einer Reaktivierung ihrer verlorengegangenen virulenten und immunisierenden
Eigenschaften sind die hochattenuierten Poxviren stabiler als konventionell
attenuierte Stämme,
d.h. eine Rückwandlung
ist nicht möglich.
Die
hochattenuierten Tierpockenstämme
unterscheiden sich von den konventionell attenuierten Tierpockenstämmen gentechnologisch
durch eine weitere Abnahme des Molekulargewichtes der Virusnukleinsäure und
der Zunahme von Deletionen in der Nukleinsäure; biologisch durch den vollständigen Verlust
der Virulenz und Kontagiosität,
wobei diese Stämme
gleichzeitig im permissiven Wirtssystem einen optimalen und im Vergleich
zu konventionell attenuierten Stämmen
hohe Infektiositätstiter
erreichen; immunologisch durch den totalen Verlust der Immunogenität, und molekularbiologisch
durch den Verlust von Zytokinrezeptoren, z.B. Rezeptoren für Interferon
und bestimmte Interleukine.
Unter
Vektor-Vakzinen (rekombinierte Vakzine, Hybridvakzine) versteht
man Impfstoffe, die aus zwei Komponenten bestehen: einen mikrobiellen
Träger
(Vektor) und einem immunisierendes Antigen, dessen kodierende Nukleinsäure in den
Vektor eingebaut wird. Als mikrobielle Träger eignen sich wegen ihrer
zahlreichen Nukleinsäure-Deletionen
und ihrer paramunisierenden Eigenschaften bevorzugt (hoch-)attenuierte
Tierpockenviren. Die eingeführte
Fremdgen-Nukleinsäure
wird im Impfling durch den Vektor zur Expression gebracht, was zur
Bildung von spezifisch immunisierenden Reaktionen führt.
Als
Paramunitätsinducer
(paraspezifische Vakzine) bezeichnet man bioregulative Präparate aus
attenuierten, avirulenten und inaktivierten Tierpockenviren, die
je nach Attenuierungsgrad nur noch Reste von (konventionell attenuiert)
bzw. keine (hochattenuiert) immunisierenden Eigenschaften enthalten
und dazu bestimmt sind, bei Mensch und Tier zur Paramunisierung
angewendet zu werden. Sie werden wie die klassischen spezifischen
Impfstoffe hergestellt und gleichen ihnen auch funktionell, jedoch
mit dem Unterschied, dass sie überwiegend
die paraspezifischen (unspezifischen) Abwehrmechansimen aktivieren
und dabei durch ihre bioregulierenden Eigenschaften zu einer Homöodynamik
der Abwehrsysteme führen.
DETALIERTE
BESCHREIBUNG DER ERFINDUNG Allgemeines
Die
Erfindung basiert auf der überraschenden
Entdeckung, dass sich die Virulenz und die immunisierenden Eigenschaften
von konventionell attenuierten Tierpockenvirusstämmen durch zusätzliche
Plaque-Endverdünnungs-Passagen
in permissiven Zellkulturen, bebrüteten Hühnereiern oder Versuchstieren
bis zum völligen
Verlust reduzieren lassen. Gegenüber
einer potentiellen Reaktivierung dieser Eigenschaften sind derart hochattenuierte
Stämme
stabil. Dieser über
eine einfache, konventionelle Attenuierung hinausgehende Prozess
wird in der vorliegenden Erfindung als „Hochattenuierung" bezeichnet. Diese
hochattenuierten Tierpockenvirusstämme sind gegenüber konventionell
attenuierten Erregern deutlich verbessert. Insbesondere unterscheiden
sich die hochattenuierten Tierpockenstämme, wie in Tabelle 3 zusammengefasst,
von den konventionell attenuierten Tierpockenstämmen gentechnologisch durch
die Abnahme des Molekulargewichtes der Virusnukleinsäure und
der Zunahme von Deletionen in der Nukleinsäure; biologisch durch den Verlust
der Virulenz und Kontagiosität;
immunologisch durch den Verlust der Immunogenität, und molekularbiologisch
durch den Verlust von Zytokinrezeptoren.
Unerwartet
war die Entdeckung, dass sich sämtliche
getesteten attenuierten Tierpockenstämme der Familie Poxviridae,
gleichgültig
welchem Genus sie angehören,
konventionell attenuieren und anschließend mit einer hohen Stabilität weiter
abschwächen
lassen können
(siehe Tabellen 1 und 2). Eine solche Hochattenuierung wird in dieser
Erfindung beispielhaft mit Vertretern der Genera Orthopoxviren,
Leporipoxviren und Avipoxviren gezeigt, wobei sie nicht auf diese
Genera beschränkt
zu sehen ist. Erstmals wird in der vorliegenden Erfindung auch eine
Hochattenuierung mit einem Myxomatosevirus und einem Kamelpockenvirus
beschrieben.
Experimentell
kann man die Wandlungsfähigkeit
von Infektionsserregern, sich gegebenen Umweltveränderungen,
z.B. durch Vermehrung in Zellkulturen oder in nicht natürlichen Wirtssystemen
anzupassen, nutzen, um den für
eine Hochattenuierung notwendigen Zeitaufwand deutlich zu verkürzen. Dies
gelingt bevorzugt durch Dauerpassagen in bestimmten permissiven
Wirtssystemen, die normalerweise nicht zum natürlichen Wirtsspektrum gehören (z.B.
Versuchstiere, Zellkulturen, Nährböden). Für eine Hochattenuierung
von Pockenvirustämmen
werden in der Regel etwa 15 bis 30 Jahre benötigt.
Hochattenuierte
Poxvirusstämme
verlieren durch das unten näher
beschriebene Hochattenuierungsverfahren auch ihre spezifischen immunisierenden
Kapazitäten
während
ihre paraspezifische Wirksamkeit gezielt verstärkt wird. Daher eignen sich
die hochattenuierten Poxvirusstämme
als Paramunitätsinducer
oder für die
Herstellung von Vektor-Vakzinen.
Die
Verstärkung
der paraspezifischen Eigenschaften ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass
immunisierende und paramunisierende Proteine von Tierpockenviren
miteinander interferieren. Durch den durch die Hochattenuierung
verursachten Verlust der immunisierenden Proteine werden zusätzliche
paramunisiernde Proteine aktiv, welche die paramunisierende Wirksamkeit
dieser Stämme
in signifikanter Weise erhöhen.
Auf diese Weise erhält
man hoch wirksame und unschädliche
Paramunitätsinducer,
die auch bei kurzfristig wiederholten und häufigen Applikationen keine
Allergien oder andere immunpathogenen Nebenwirkungen verursachen.
In
der Regel führt
eine einfache, konventionelle Attenuierung zur Abnahme der Virulenz
und der Kontagiosität
sowie zur Einengung des Wirtsspektrums und zu geringen Veränderungen
im Erreger-Genom bei gleichzeitiger Abnahme des Molekulargewichtes
und dem Auftreten von Deletionen in den terminalen Bereichen des
Virusgenoms. Daneben kommt es zu einer Abnahme der spezifisch immunisierenden
Aktivitäten
und zu einer Zunahme der paraspezifischen Wirksamkeit. Bei einer
Hochattenuierung verstärken
sich diese Effekte allerdings drastisch, so dass die erhaltenen
hochattenuierten Viren bezüglich
ihrer Stabilität,
ihrer Wirtsspezifität,
der fehlenden Virulenz und Immunogenität den konventionell attenuierten
Viren überlegen
sind (Tabellen 3 und 4).
Das Verfahren zur Hochattenuierung
Eine
konventionelle Attenuierung (wie auch die ersten Schritte der Hochattenuierung)
beginnt mit der Adaptierung von isolierten Tierpockenviren in homologen
oder heterologen permissiven Zellsystemen, wie z.B. Zellkulturen,
bebrüteten
Hühnereiern
oder in Versuchstieren. Darauf folgt eine Attenuierung durch Dauerpassagen
in verschiedenen permissiven Zellsystemen. Die zu jedem Virusstamm
passenden permissiven Zellsysteme werden für jede Tierpockenvirusart spezifisch
ausgewählt.
Die Auswahl richtet sich nach dem Infektiositätstiter der Viren in dem jeweiligen
Zellsystem. Dabei wird das Zellsystem zur Passagierung ausgewählt, das für die jeweilige
Virusart den höchsten
Infektiositätstiter
ergibt. Dies entspricht zugleich auch dem optimalen Virus-Titer.
Die Attenuierung wird fortgeführt,
indem die Tierpockenviren für
etwa 100-300 Passagen in diesen optimalen Zellsystemen weitergeführt werden.
Darauf schließt
sich eine Endphase an, die durch 3-5 Plaque-Endverdünnungspassagen gekennzeichnet
ist. Dieses Material kann entsprechend der weiteren Verwendung weiterverarbeitet
werden.
Alle
hier beschriebenen Vertreter der Orthopox-, Leporipox-, Parapox-
und Avipoxviren lassen sich auf konventionelle Weise attenuieren.
Die anschließende
Hochattenuierung erfolgte durch Fortführung der Passagen des einfach,
konventionell attenuierten Virusstammes in homologen oder heterologen
permissiven Wirtssystemen. Die Wahl des Wirtsystems ist wiederum
abhängig
von der Tierpockenart und wird nach den oben erwähnten Gesichtspunkten (Infektiositätstiter)
ausgewählt.
Eine Hochattenuierung erfolgt beispielsweise durch Fortführung der
einfach atttenuierten Orthopoxviren in VERO-Zellen oder der einfach
attenuierten Avipoxviren in embryonalen Hühnerembryofibroblasten (FHE)-Zellkulturen). Bevorzugt
erfolgt eine Hochattenuierung von Poxviren (z.B. Ektromelievirus,
Kamelpockenvirus) durch mindestens 60 bis 300 Passagen in Abhängigkeit
des jeweiligen Virusstammes in VERO-Zellkulturen (beispielsweise
150 oder 260 Passagen). Der Stamm Leporipoxvirus myxomatosis wird
durch etwa mindestens zusätzliche
150 bis 300 Passagen in MA- und VERO-Zellkulturen, bevorzugt 290
Passagen hochattenuiert. Der Stamm Avipoxvirus gallinae wird durch etwa
100 bis 150 zusätzliche
Passagen, bevorzugt durch 98 Passagen, in FHE-Zellkulturen hochattenuiert. Der
Parapoxvirusstamm wird durch weitere 100 bis 160, bevorzugt durch
164 Passagen hochattenuiert (Tabellen 3 und 4). Es ist bevorzugt,
dass bei der Passagierung der Virusstämme (d.h. bei der Überführung und Animpfung)
die sogenannten Plaque-Endverdünnungsmethode
verwendet wird.
Im
Allgemeinen werden für
eine Hochattenuierung für
das Genus Avipoxvirus primäre
Hühnerembryofibroblastenkulturen
(FHE) und für
alle anderen Genera, wie Orthopoxvirus, Leporipoxvirus und Parapoxvirus permanente
MA-104-Affennierenzellen (kurz: MA-Zellen) oder VERO-Zellen Passagen
(ATCC CCL-81, WHO, American Type Culture Collection) u.a.m. verwendet.
Für die
Anzucht der MA- oder VERO-Zellkulturen wird vorzugsweise ein vollsynthetisches
Medium eingesetzt, besonders bevorzugt ist das Medium MEM („minimal essential
medium"), das 5%
bis 20%, vorzugsweise 10% BMS (Serumersatzmedium) und 5% bis 20%,
vorzugsweise 10% Lactalalbuminhydrolysat, enthält. Als Virusmedium wird nach
dem Austausch mit dem Anzuchtmedium, vorzugsweise MEM-Medium, mit
5% bis 20%, vorzugsweise mit 10% Lactalalbuminhydrolysat, ohne BMS
bzw. ohne fetales Kälberserum
und ohne Antibiotika verwendet. Sämtliche Herstellungsverfahren werden
vorzugsweise bei pH-Werten von 7.0 bis 8.0, vorzugsweise bei einem
pH-Wert von 7,25 durchgeführt. Virusernten
mit Titer von 105 bis 108 TCID50/ml, vorzugsweise von mindestens 107.5 TCID50/ml, sind
als Ausgangsmaterial für
die Herstellung der hochattenuierten Tierpockenstämme bevorzugt.
Die
Vermehrung der Poxviren führt
in VERO-Zellen zu einem typischen cytopathischen Effekt, der zur Zerstörung der
infizierten Zellen führt
(Lyse). Bei einer primären
Impfdosis von ca. 10 MOI („multiplicity
of infection") kommt
es nach einer kurzen Abkugelungsphase (1-2 Tage) für etwa 3
Tage zu netzartigen Zellstrukturen und nach etwa 5 Tagen zur Lyse
der Zellen.
Die
aus der letzten Passagierung gewonnen Virusernten können entsprechend
ihrer Verwendung weiter verarbeitet werden. Beispielsweise können die
in den Viren enthaltenen Nukleinsäuren zur Herstellung von Vektor-Vakzinen
rekombinant kloniert werden. Oder die hochattenuierten Virusernten
können
lyophilisiert werden und beispielsweise durch Zusatz von 2,5% Gelatine
bei 4°C
zur weiteren Verwendung, beispielsweise als Paramunitätsinducer
aufbewahrt werden. Für
medizinische und therapeutische Indikationen kann das Lyophilisat
auf dessen Unschädlichkeit
und Wirksamkeit überprüft werden.
Hochattenuierung von Orthopoxviren
In
einer bevorzugten Ausführungsform
lassen sich die Orthopoxviren durch folgendes, beispielhaft mit Kamelpockenviren
beschriebene Verfahren hochattenuieren:
Orthopoxvirus cameli, h-M 27
Kamelpockenviren,
isoliert aus Pustelmaterial erkrankter Tiere, wie der Stamm M 27,
werden in embryonale Lammnieren-Zellkulturen über etwa 2 Passagen angezüchtet. Die
so gezüchteten
Tierpockenviren werden durch eine geeignete Methode, bevorzugt durch
die Plaque-Endverdünnungsmethode,
in VERO-Zellen übertragen
und dort für
etwa 5 Passagen weitergeführt.
Nach Passagierung in einer VERO-Zellkultur, wird die letzte Zellkulturpassage
auf MA-Zellen (MA-104-Affennierenzellen) adaptiert und etwa 114
mal in Passagen weitergeführt.
Die so erhaltene 121. Plaque-gereinigte MA-Passage (insgesamt 284
Passagen) hat sich als einfach attenuiert erwiesen. Bei Isolaten
dieser Passage, d.h. bei einer einfachen Attenuierung, lässt sich bereits
ein Rückgang
der Virulenz für
den homologen Wirt, eine Einengung des Wirtsspektrums, ein Anstieg des
Infektiositätstiters,
eine Abnahme der Riesenzellen beim cytopathischen Effekt in Zellkulturen
und eine geringe Abnahme der spezifischen immunogenen Aktivitäten beobachten.
Aufgrund der bei einer einfachen Attenuierung noch vorhandenen immunisierenden
Eigenschaften der Tierpockenviren, eignen sich einfach attenuierte
Kamelpockenviren auch für
eine parenterale Impfung gegen Variola des Menschen oder als Impfstoff gegen
Kamelpocken (O.-R. Kaaden, A. Walz, C.P. Czerny and U. Wernery,
1992: „Progress
in the development of a camelpox vaccine", Proc.1th Int.Camel Conf., 1, 47-49).
Die
Hochattenuierung des Kamelpockenvirusstamms M 27 wird durch Fortführung des
attenuierten Stamms in VERO-Zellen erreicht. Hierzu müssen mindestens
weitere 50-150 Passagen, bevorzugt 100 Plaque-gereinigte VERO-Passagen
durchgeführt
werden. Das auf diese Weise erhaltene hochattenuierte Kamelpockenvirus
h-M 27 (h = hochattenuiert) erweist sich als äußerst stabil. Insgesamt sind
also für
die Herstellung des erfindungsgemäßen hochattenuierten Kamelpockenvirus
etwa 384 Zellkulturpassagen notwendig. Die genaue Zahl der Passagen
soll hierbei allerdings nicht als beschränkend aufgefasst werden. Der
Fachmann wird erkennen, dass Modifikationen der hier beschriebenen
Verfahren und der verwendeten Parameter insbesondere der Zellpassagenzahl
oder Zelllinie zur Hochattenuierung eines Tierpockenvirusstamms
innerhalb des Umfangs der Erfindung liegen.
Das
durch das erfindungsgemäße Verfahren
erhaltene hochattenuierte Kamelpockenvirus, Stamm h-M 27, weist
einen totalen Verlust der Virulenz und Kontagiosität für den homologen
Wirt und einen hohen Infektiositätstiter
in VERO-Zellen (107. 25 KID5O/ml) auf. Es ist daher besonders für die Verwendung
als paraspezifisches Vakzin (Paramunitätsinducer) geeignet. Dabei
kann der auf hochattenuierten Tierpockenviren basierende Paramunitätsinducer
sowohl in vermehrungsfähiger
als auch in inaktivierter Form verwendet werden. In inaktivierter
Form wird das hochattenuierte Virus, wie unten beschrieben, mit
Beta-Propiolacton behandelt (V. Fachfinger, T. Schlapp, W. Strube,
N. Schmeer and A. Saalmüller,
2000: „Pox-virus-induced
immunostimulating effects on porcine leukocytes", J.Virology 74, 7943-7951; R. Förster, G.
Wolf und A. Mayr, 1994: „Highly attenuated
poxvirus induce functional priming of neutrophils in vitro", Arch.Virol. 136,
219-226; Mayr A., 1999: „Paraspezifischen
Vaccinen aus Pockenviren (Paramunitätsinducer): „Eine neue
Art von Impfstoff, Ärztezschr. Naturheilverf.
40, 550-557; Mayr, A., 2000: „Paraspezifische
Vaccine – Eine
neue Art von Impfstoffen zur Regulation von Dysfunktionen in verschiedenen
Körpersystemen", Erfahrungsheilkunde
(EHK) 49, 591-598).
Bei
einer einfachen Attenuierung ist die Genomlänge des Virus durch auftretende
Deletionen bereits deutlich vermindert. Die Genomlänge des
Ausgangsvirus (Wildtyp) beträgt
etwa 193 900 bp, während
die Genomlänge
des attenuierten M 27-Stammes etwa 172 400 bp beträgt. Durch
die konventionelle Attenuierung kommt es somit zu einem deutlichen
Verlust von Nukleotiden in der DNA. Ein Restriktionsverdau mit dem
Restriktionsenzym HindIII zeigt, dass im Genom vier Restriktionsfragmente
weniger im Analysegel vorhanden sind (Otterbein C.K., 1994, Vet.Med.Diss.
München).
Dabei befinden sich zwei Deletionen im rechten und zwei Deletionen
im linken terminalen Abschnitt des Virusgenoms. Der zentrale, konservierte
Bereich des Virusgenoms bleibt unverändert (C. Gubser, S. Hue, P.
Kellam and G.L. Smith, 2004: „Poxvirus
genomes: a phylogenetic analysis",
J.Gen.Virol. 85, 105-117.) Die Länge
des Virusgenoms verkürzte
sich durch die Hochattenuierung weiter von 172 400 bp (attenuiertes
Virus) auf 160 300 bp. Die Zahl der Deletionen stieg von 4 auf 5
(zwei im linken und 3 im rechten terminalen Abschnitt des Genoms),
wobei der zentrale, konservierte Bereich des Virusgenoms stabil
blieb. Weiter führte
die Hochattenuierung zu einem Verlust von Interferon α- und γ- sowie weiteren
Interleukin-Rezeptoren und überraschenderweise
auch zu einer Aktivierung von hämatopoetischen Stammzellen.
Leporipoxvirus
myxomatosis, Myxomatosevirus, h-M
2 In einer weiteren Ausführungsform
der Erfindung wurde die Hochattenuierung mit dem Myxomatose-Virusstamm
M 2 durchgeführt.
Auch hier erfolgte eine Passagierung in CAM-Zellen, gefolgt von mehreren Passagen
VERO- und AVIVER-Zellen und schließlich weitere Passagen in VERO-Zellen.
Das
für die
Attenuierung verwendete Myxomatosevirus wurde aus der ödematösen Subkutis
(linkes Ohr) eines in typischer Weise an Myxomatose erkrankten europäischen Wildkaninchens
(Gattung Oryctolagus) das Myxomavirus über die Anzüchtung auf der Chorioallantoismembran
(CAM) 10 Tage bebrüteter
Hühnereier
(VALO-Eier) isoliert und dreimal nach dem Verfahren von Herrlich
et al. auf der CAM in Passagen adaptiert (Herrlich A., Mayr A. und
Munz E.: „Die
Pocken", 2. Aufl.,
Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1967). Die dritte CAM-Passage wurde
in einer 1. Stufe auf VERO-Zellen über 120 Passagen (ATCC CCL-81,
WHO, American Type Culture Collection) adaptiert, in einer 2. Stufe
durch 24 Zwischenpassagen in AVIVER-Zellkulturen vermehrt und in
der 3. Phase in VERO-Zellen weitergezüchtet. Insgesamt sind etwa
300 Passagen mit dem Ziel der Attenuierung durchgeführt worden.
Nach diesen kontinuierlichen Endverdünnungspassagen war das ursprünglich virulente
Myxomavirus attenuiert.
Die
Hochattenuierung des Myxomavirusstammes M 2 wird durch die Fortführung des
attenuierten Stammes in VERO-Zellen erreicht. Hierzu hierzu müssen mindestens
weitere 250 bis 350 Passagen, bevorzugt 300 Plaque-gereinigte Passagen
in VERO-Zellen durchgeführt
werden. Der auf diese Weise gewonnnene Virusstamm Myxoma h-M 2 (h
= hochattenuiert) erweist sich wie der hochattenuierte Kamelpockenstamm
als äußerst stabil.
Er weist ebenfalls einen totalen Verlust der Virulenz und Kontagiosität für den homologen
Wirt, einen hohen Infektiositätstiter
(106,75 KID5O),
völliger
Verlust der Immunogenität,
Erhöhung
der paramunisierenden Wirksamkeit, weitere Einengung des Wirtsspektrums,
weitere Deletionen im Genom und Verlust verschiedener Interferon
und Interleukin-Rezeptoren auf.
Eigenschaften
der hochattenuierten Orthopoxviren
Die
erfindungsgemäßen hochattenuierten
Tierpockenstämme
sind wie folgt charakterisiert:
- 1. erhöhte biologische
Stabilität;
- 2. Verlust der Virulenz und Kontagiosität, auch für 2-3 Tage alte Babymäuse (parenteral,
intraperitoneal);
- 3. Verlust der spezifischen Immunogenität nach parenteraler und intraperitonealer
Applikation;
- 4. vollständige
Einengung des Wirtsspektrums;
- 5. Erhöhung
des Infektiositätstiters
des attenuierten Virus in VERO-Zellen;
- 6. starke paramunisierende Wirksamkeit (vermehrungsfähig und
inaktiviert);
- 7. Verkürzung
der Genomlänge
der attenuierten Tierpockenviren, entsprechende Abnahme des Molekulargewichtes;
- 8. Erhöhung
der Zahl der Deletionen im terminalen Bereich;
- 9. Verlust des Interferon α-
und γ-Rezeptors
und anderer Interleukin-Rezeptoren;
- 10. Aktivierung der hämatopoetischen
Stammzellen.
Die
Zahl der Zellpassagen und der Zellarten, die für eine konventionelle Attenuierung
im Vergleich zu einer Hochattenuierung notwendig sind, sind in der
Tabelle 3 zusammengestellt. In der Regel sind für eine Hochattenuierung mehr
als 100 bis etwa 300 Passagen in verschiedenen permissiven Wirtssystemen
notwendig. Für
die gesamte Attenuierung ist ein Zeitraum von ca. 15-30 Jahren erforderlich.
Tabelle
3 und Tabelle 4 zeigt einen Überblick über die
biologischen und gentechnologischen Unterschiede zwischen einer
konventionellen Attenuierung und einer erfindungsgemäßen Hochattenuierung
am Beispiel des Vacciniavirus, Stamm MVA. So treten gehäuft Deletionen
in den terminalen Bereichen des Virusgenoms (inverted terminal repeat)
auf und das Molekulargewicht ist aufgrund geringerer Basenpaaren
reduziert. Bei hochattenuierten Tierpockenviren fehlt etwa 20% des
Ursprungsgenoms (was sie deshalb auch als Vektor-Vakzine so attraktiv macht, siehe unten).
Weiter findet man einen Verlust von Rezeptoren, z.B. für IL-1β und TH 1-Zellen
und eine Verstärkung
der NK-Zell-Aktivierung und der Bildung von haematopoetischen Stammzellen
sowie eine weitere Einengung des Wirtsspektrums in Zellkulturen.
Ferner ist Interferon α und γ, IL-1, 2,
6, 12, sowie GM-CSA, TNF verstärkt.
Schließlich
besitzen die hochattenuierten Tierpockenstämme keine spezifische Immunogenität, jedoch
aber eine erhöhte
Aktivität
des unspezifischen Immunsystems (Paramunität). Eine Virulenzgegenüber Mensch
oder Tier fehlt völlig.
Weiterverarbeitung
von hochattenuierten Parapoxviren zu Paramunitätsinducern
Bei
der Herstellung von Paramunitätsinducern
aus hochattenuierten Pockenvirusstämmen kann eine Inaktivierung
durch chemische Behandlung mit Beta-Propiolacton bei einer Konzentration
von 0,01%-1 % Beta-Propiolacton durchgeführt werden. Besonders bevorzugt
ist hierbei eine Konzentration von 0,05% Beta-Propiolacton. Idealerweise
wird eine Inaktivierung mit Beta-Propiolacton bei einem pH von 7,8
für etwa
1 Stunde bei 4° C
unter Rühren
und anschließender
Inkubation bei 37° C
für etwa
4 Stunden und über
Nacht bei +4° C, durchgeführt. Eine
Inaktivierung mit Beta-Propiolacton führt zu einem vollständigen Verlust
der immunisierenden Eigenschaften bei einem gleichzeitigen starken
Anstieg der paraspezifischen Wirksamkeit.
Bei
der Herstellung von Paramunitätsinducern
erfolgt die Reinigung der hochattenuierten Viruspartikel vorzugsweise
mittels Zentrifugation bei niedriger Umdrehungszahl (z.B. 1000 UpM).
Nach der Zentrifugation kann 0,5-10% succinylierte Gelatine (z.B.
Polygeline, erhältlich
von z.B. Firma Hausmann, St. Gallen/Schweiz), vorzugsweise 5% succinylierte
Gelatine zugesetzt werden. Das resultierende Gemisch kann anschließend in
Portionen von z.B. 1.5 ml in entsprechenden sterilen Glasfläschchen
oder Ampullen lyophilisiert und bei Bedarf mit destilliertem Wasser
(Aqua dest.) aufgelöst
werden. Ein Volumen von 0,5-2 ml, vorzugsweise von 1,0 ml, des mit
Aqua dest. aufgelösten
Lyophilisats entspricht einer Impfdosis für den Menschen bei intramuskulärer Applikation
(siehe auch Mayr A. und Mayr. B.: „Von der Empirie zur Wissenschaft", Tierärztl. Umschau,
Aufl. 57: 583-587, 2002). Das lyophilisierte Präparat kann bei Temperaturen
von etwa +4°C
bis +8°C oder
bei geringeren Temperaturen (z.B. -60°C) zeitlich unbegrenzt stabil
gelagert werden.
Verwendung
von hochattenuierten Tierpockenviren als Paramunitätsinducer
Ein
weiterer Aspekt der Erfindung betrifft die Verwendung von hochattenuierten
Tierpockenvirusstämmen
bzw. von Bestandteilen hochattenuierten Tierpockenstämme einzeln
oder Kombinationen als Paramunitätsinducer.
Beispiele sind vermehrungsfähige
oder inaktivierte frisch isolierte Tierpockenviren, vermehrungsfähige oder
inaktivierte rekombinante Tierpockenviren, die sich von frisch isolierten
Tierpockenviren ableiten, Virushüllen,
abgetrennte Hüllen
sowie Spaltprodukte und aberrante Formen dieser Hüllen, einzelne
native oder rekombinante Polypeptide oder Proteine, insbesondere
Membran- und Oberflächenrezeptoren,
die in isolierten Tierpockenviren vorkommen oder von einem genetisch
modifizierten Pockenvirus oder einem Teil seiner genetischen Information
rekombinant exprimiert werden.
Ein
weiterer Aspekt der vorliegenden Erfindung ist es daher, verschiedene
hochattenuierte Pockenstämme
des gleichen oder eines anderen Genus zur Verwendung als Paramunitätsinducer
zu kombinieren.
Wegen
ihrer optimalen paramunisierende Eigenschaften eignen sich die hochattenuierten
Tierpockenviren für
folgende prophylaktische oder therapeutische Indikationen bei Mensch
und Tier:
- – Multifaktorielle
infektiöse
Faktorenkrankheiten und Mischinfektionen, chronische Manifestationen
infektiöser
Prozesse, hartnäckig
rezidivierende Infektionen sowie chemotherapieresistente, bakterielle
und virale Infektionen
- – Abwehrschwächen beziehungsweise
Dysregulationen im Abwehrsystem eines Organismus
- – neonatale
Infektionsbedrohung
- – adjuvante
Therapie bei bestimmten Tumorkrankheiten, z.B. Verhütung der
Metastasierung, Minderung von Nebenwirkungen durch Chemo- und Strahlentherapie
- – Verbesserung
der Wundheilung, Vermeidung von Sekundärinfektionen nach chirurgischen
Eingriffen bzw. durch Verletzungen
- – Regulierung
der Homöostase
zwischen Hormon-, Kreislauf-, Stoffwechsel-, Gefäß- und Nervensystem.
Durch
die sofort einsetzende paramunisierende Wirkung, fördern die
hochattenuierten Tierpockenviren die Unschädlichkeit gegenüber Erregern,
wodurch Stresssymptome, latente Infektionen, Fieber, ein verminderter
Allgemeinzustand u.a. Faktoren, die eine Impfung belasten können, neutralisiert
werden.
Die
erfindungsgemäßen Paramunitätsinducer
auf der Basis von hochattenuierten Tierpockenstämme eignen sich somit zur Induktion
des paraspezifischen Immunsystems und/oder zur Prophylaxe bzw. Behandlung
von Defekten oder multikausale Infektionskrankheiten. Beispiele
solcher Krankheiten sind Dysfunktionen des Immunsystem, Immunsuppression,
Immunschwäche-Erkrankungen,
Dysfunktionen der Homöostase
zwischen Hormon-, Kreislauf-, Stoffwechsel- und Nervensystem, neonatale
Infektionsbedrohung, Tumorerkrankungen, Viruserkrankungen, bakterielle
Erkrankungen, therapieresistente infektiöse Faktorenkrankheiten, virale
und bakterielle Mischinfektionen, chronische Manifestationen infektiöser Prozesse,
Leberkrankheiten unterschiedlicher Genese, chronische Hautkrankheiten,
Herpeskrankheiten, chronische Hepatididen, grippale Infekte, Endotoxinschäden, Verbesserung
der Wundheilung mit Verhütung
von Sekundärinfektionen.
Eine
Applikation der hier beschriebenen hochattenuierten Tierpockenstämme kann
lokal oder parenteral erfolgen. Die lokale Verabreichung von Paramunitätsinducern
stimuliert speziell die paraspezifischen Abwehrmechanismen in den
Schleimhäuten
und in der Haut. Daneben kommt es aber auch zu einer gewissen systemischen
Wirkung. Dagegen beeinflussen parenteral angewendete Paramunisierungen
die lokalen Abwehrmechanismen in der Haut und der Schleimhaut kaum.
Bevorzugt ist hierbei eine pharmazeutische Zusammensetzung, die
einen oder mehrere der erfindungsgemäßen hochattenuierten Tierpockenstämme und
gegebenenfalls einen pharmazeutisch annehmbaren Träger umfasst.
Ein
solches Trägermittel
oder Zusatzstoffe sind z.B. Polyethylenglycol, Dextrose, Sorbit,
Mannit, Polyvinylpyrrolidon, Gelantine, Magnesiumstearat, Carboxylpolymethylen,
Carboxylmethylcellulose, Celluloseacetatphthalat oder Polyvinylacetat.
Verwendung
von hochattenuierten Tierpockenviren als Vektor-Vakzine
Ein
weiterer Aspekt der Erfindung betrifft die Verwendung der hochattenuierten
Pockenvirusstämme zur
Herstellung von Vektor-Vakzinen (Übersicht: Pastoret, P.-P. und
Vanderplasschen, A., 2003). Im Vergleich zu konventionell attenuierten
Stämmen
eignen sich hochattenuierte Tierpockenvirusstämme noch besser als Vektoren
für die
Herstellung von Vektor-Vakzinen, da sie vollständig ihre immunisierende Eigenschaften
durch die Hochattenuierung verloren haben. Da die Viren aufgrund
ihres Infektiositätstiter
passagiert werden, befinden sich die Deletionen in Bereichen, die
für die
Virusreplikation nicht erforderlich ist. Durch die im Vergleich zur
konventionellen Attenuierung noch größer ausfallenden Deletionen
in den terminalen Bereichen des Virusgenoms, bieten die hochattenuierten
Tierpockenviren genügend
Raum zur Insertion einer zu exprimierenden Fremd-Nukleinsäure (DNA)
bzw. eines Fremd-Immunogens.
Die
Fremd-Nukleinsäure
kann für
ein Peptid oder Protein kodieren, das immunisierende Epitope zur Verfügung stellt.
Die Erfindung soll jedoch nicht auf ein bestimmtes Peptid oder Protein
beschränkt
werden. Der Fachmann wird erkennen, dass die Fremd-Gene entsprechend
ihrer Größe in den
passenden Deletionsbereich des Virus einkloniert werden kann. Die
Expression des eingeführten
Peptids oder Proteins kann durch Kontrollelemente wie einen Promotor
und falls erforderlich durch Enhancer-Elemente gesteuert werden.
Durch den Einbau einer Fremd-Nukleinsäure, die für ein Peptid oder Protein kodiert,
kann eine starke, spezifische immunstimulatorische Eigenschaft gegen
das Peptid oder Protein induziert werden. Dies lässt sich beispielsweise ausnützen, indem
eine virale Nukleinsäuresequenz
in das Vektorkonstrukt kloniert wird, deren Expression eine Immunantwort
in dem transfizierten Wirt auslöst.
Die
Klonierung von rekombinanten Tierpockenviren als Vektor-Vakzine
erfolgt nach der letzten Plaque-Endverdünnungspassage. Die Virus-Nukleinsäure kann
zur Klonierung mit geeigneten Restriktionsendonukleasen gespalten
werden und mit den Fremd-Nukleinsäuresequenzen
durch Standard-Ligationsverfahren ligiert werden.
Gegenüber konventionellen
Impfstoffen bzw. Vektor-Vakzinen, für die andere mikrobielle Vektoren
benutzt werden, haben die erfindungsgemäßen Vektor-Vakzinen den Vorteil,
dass sie nicht allergisch wirken und dem eluierten spezifischen
Antigen ein optimal reguliertes Immunsystem anbieten, was zu einem
optimalen Impferfolg beiträgt.
Auch sind die erfindungsgemäßen Vektor-Vakzinen
frei von lokalen oder systemischen negativen Nebenwirkungen. Da
sie die immunologische Lücke
bis zur vollen Ausbildung der Immunität ausnützen, sind sie vor allem für Notimpfungen
(z.B. bei akuter Infektionsgefahr, vor unerwarteten Reisen) geeignet.
Die
Beobachtung, dass durch eine hervorragende paraspezifische Wirksamkeit
des Vektors Tierpockenvirus der Impferfolg und die Unschädlichkeit
der Vakzine beträchtlich
gesteigert werden kann, ist neu und macht die Stämme für die Herstellung von Vektor-Vakzinen
attraktiv. Vektor-Vakzinen, die auf hochattenuierten Tierpockenstämmen basieren,
sind deshalb bezüglich
ihrer Wirksamkeit und Unschädlichkeit
konventionellen Vektor-Vakzinen überlegen.
TABELLENVERZEICHNIS
- Tabelle 1: Gliederung der Familie Poxviridae
- Tabelle 2: Systematik der Orthopockenviren (Genus Orthopoxvirus,
OVP)
- Tabelle 3: Unterschiede einer konventionellen Attenuierung und
einer Hochattenuierung
- Tabelle 4: Passagenzahlen einer konventionellen Attenuierung
im Vergleich zu einer Hochattenuierung.
- Tabelle 5: Applikationsschema zur Behandlung mit Paramunitätsinducer
- Tabelle 6: Indikationen zur Paramunisierung mit dem hochattenuierten
Myxomavirus h-M 2.
BEISPIELE