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Die Erfindung betrifft eine Kopfstütze für einen Fahrzeugsitz, insbesondere für einen Kraftfahrzeugsitz, mit den im Oberbegriff des Anspruchs 1 genannten Merkmalen.
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Durch die in Fahrzeugsitze integrierbare Kopfstütze wird versucht, eine ”Hyperextension” (Überstreckung) des Halses, die auch als Halswirbelsäulen(HWS)-”Distorsion” bezeichnet wird, zu verhindern. Zu einer solchen Bewegung kommt es relativ häufig bei einem so genannten Heckaufprall. Ein Fahrzeug fährt auf ein deutlich langsamer fahrendes oder stehendes Auto auf. Prozentual seltener kommt es beim so genannten Front-Crash zur HWS-”Distorsion”. Da der Frontal-Crash jedoch wesentlich häufiger im Realunfallgeschehen vorkommt als ein Heckaufprall, rekrutiert sich auch aus dieser Unfallart dennoch ein signifikanter Anteil der HWS-Distorsionen.
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Gründe für die zumeist schwerwiegenden Verletzungen sind in der Anatomie der Halswirbelsäule zu suchen. Die Halswirbelsäule an sich ist nicht stabil, das heißt, ohne die die Knochen stützenden Bänder und vor allem Muskeln (unter anderem die so genannte autochtone Muskulatur) kann der Hals das Gewicht des Kopfes nicht tragen. Durch Anspannen der Halsmuskulatur kann der Kopf über einen sehr großen Belastungsbereich fixiert werden. Die Kraft, die ein Muskel aufbringen kann, richtet sich zum einen nach seinem Ansatzpunkt und vor allem nach dem effektiven Muskelquerschnitt. Aus diesem Grunde finden sich HWS-Distorsionen bei Männern seltener als bei Frauen und besonders häufig bei dünnen/zierlichen Frauen, hier ist das Verhältnis von Halsdurchmesser zum Kopfgewicht besonders ungünstig.
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Es wird davon ausgegangen, dass die für die HWS-Distorsion verletzungsverursachende Bewegung im Rebound besteht, also in der peitschenartigen Bewegung (Hyperflexion) aus der Kopfstütze nach vorne.
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Zur Reduzierung des Rebounds werden bekannte crash-aktive Kopfstützen zur Verbesserung der Insassensicherheit bei Autounfällen eingesetzt. Während bei konventionellen Kopfstützen das Verletzungsrisiko bei einem Heckcrash selbst bei niedrigen Aufprallgeschwindigkeiten höher ist, kann durch die Verwendung der crash-aktiven Kopfstütze das Risiko des Peitschenschlageffekts und somit einer nachhaltigen Halswirbelsäulenverletzung sowie insbesondere das Risiko des häufig auftretenden Schleudertraumas – eine Überdehnung und Überlastung der Halswirbelsäule und der Haltemuskulatur – drastisch reduziert werden.
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Eine crash-aktive Kopfstütze ist derart konzipiert, dass im normalen Fahrbetrieb der Abstand zwischen Kopf und Kopfstütze im Vergleich zu konventionellen Kopfstützen relativ groß ist und im Crashfall entsprechend verkleinert wird. Dadurch ist im Normalbetrieb stets ein Maximum an Komfort (Kopffreiheit) gewährleistet und nur im Crashfall kommt die aktive Kopfstütze zum wirksamen Einsatz. Im Falle des Heck-Crashs muss somit der Abstand zwischen Kopf und Kopfstütze jedoch möglichst gering sein, da dieses Abstandsmaß das Verletzungsrisiko im Halswirbelsäulenbereich maßgeblich beeinflusst.
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Ferner offenbart die Druckschrift
DE 197 46 413 A1 eine stoßabsorbierende Kopfstütze mit einem Abdeckelement, wobei ein im Abdeckelement angeordnetes Zentralelement mit einer Strebe und ein zwischen dem Abdeckelement und dem Zentralelement eingefülltes Kernelement ausgebildet sind. Das Kernelement besteht aus einem Material mit Stoßabsorptionseigenschaften und einer geringen Rückprallelastizität. Ein Teil des Kernelements, durch welchen ein Absorptionsabschnitt definiert wird, weist andere Stoßabsorptionseigenschaften auf. Die unterschiedlichen Stoßabsorptionseigenschaften des Kernelements beziehungsweise von Teilen des Kernelements werden durch die Auswahl unterschiedlicher Materialien bewerkstelligt.
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Die Druckschrift
DE 691 06 094 T2 beschreibt eine Kopfstütze für Rückenlehnen von Sitzen, die unter anderem gebildet wird durch eine u-förmige Verstärkung mit einem inneren Teil und einem äußeren Teil, ein Polster, das durch zwei Stirnflächen, Grundflächen und zwei Seiten begrenzt wird, und das den inneren Teil der Verstärkung aufnimmt, und eine das Polster umhüllenden äußeren Hülle, wobei das Polster durch Formen aus einem Schaumstoff hergestellt ist und die aus einem Schaumstoff hergestellte Hülle eine Oberflächen-Haut auf einer Unterlage aufweist. Die in der Druckschrift offenbarte Kopfstütze besitzt ein bestimmtes elastisches Rückstellvermögen.
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Grundsätzlich soll also bei allen bekannten Lösungen (aktive oder konventionelle Kopfstützen) der Abstand zwischen Kopf und Kopfstütze möglichst gering sein, jedoch ist stets noch ein technisch- und komfortbedingter verbleibender Abstand gegeben, so dass negative Folgen im Crashfall nicht vollständig vermieden werden können.
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Ausgehend von diesen Vorüberlegungen spielt unabhängig von der Lösung des Problems mit konventionellen Kopfstützen oder aktiven Kopfstützen-Systemen der Aufbau der Kopfstütze selbst ebenfalls eine maßgebliche Rolle bei der erwünschten Schutzwirkung, insbesondere bei der Vermeidung von Halswirbelsäulenverletzungen sowie dem Risiko eines auftretenden Schleudertraumas.
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Ein intelligenter Aufbau der Kopfstütze selbst würde bei konventionellen Kopfstützen aber auch bei mit aktiven Auslösesystemen versehenen Kopfstützen an Fahrzeugsitzen das Risiko von Verletzungen bereits in einem wesentlichen Maß reduzieren. Gegebenenfalls sind sogar teure aktive Kopfstützen-Systeme verzichtbar, wenn bereits die Kopfstütze selber ausreichende Schutzwirkung bietet.
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Durch die Forschung an den aktiven Kopfstützen-Systemen wurde die Entwicklung an der strukturellen Ausbildung der Kopfstützen selbst vernachlässigt. Ausgehend von diesem Stand der Technik setzt die Erfindung an dieser Stelle an und versucht die Ausbildung der Kopfstütze selbst zu verbessern.
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Der Erfindung liegt somit die Aufgabe zugrunde, Lösungen für den Aufbau von Kopfstützen anzubieten, bei denen eine Verringerung von Kopf- und/oder HWS-Verletzungen erwartet werden kann und die für konventionelle und aktive Kopfstützensysteme gleichermaßen einsetzbar ist.
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Ausgangspunkt der Erfindung ist eine Kopfstütze für einen Fahrzeugsitz, die an einer Rückenlehne angeordnet ist und einen Kopfstützengrundkörper aufweist, wobei die Kopfstütze im Fall eines Front- oder Heckaufpralls auf das Kraftfahrzeug relativ zur Rückenlehne feststehend oder in Richtung des Fahrzeuginsassen unverzüglich verlagerbar ist, wobei der Kopfstützengrundkörper zur Vermeidung eines Halswirbelsäulensyndroms oder Schleudertrauma eines Sitzbenutzers im Falle des Front- oder Heckaufpralls aus einem deformierbaren Material ausgebildet ist, welches zumindest kurzzeitig eine Speicherung der auf den Kopfstützengrundkörper wirkenden Energie ermöglicht.
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Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass die Dichte des Materials des Kopfstützengrundkörpers in Eindringrichtung des auf die Kopfstütze aufprallenden Kopfes des Fahrzeuginsassen zunimmt.
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Dadurch, dass ein Kopfstützengrundkörper zur Vermeidung unfallbedingter Verletzungen der Halswirbelsäule eines Sitzbenutzers im Falle des Front- oder Heckaufpralls insbesondere gegen ein Halswirbelsäulensyndrom beziehungsweise Schleudertrauma des Fahrzeuginsassen aus einem reversibel oder irreversibel deformierbaren Material ausgebildet ist, wird sichergestellt, dass eine zeitliche Verlängerung des Eintauchens in die Kopfstütze bei gleichzeitigem Energieabbau zu einer Verringerung der Hyperflexion (peitschenartige Bewegung) erreichbar ist.
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Die Erfindung wird nachfolgend näher erläutert.
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Erfindungsgemäß wird der Kopfstützengrundkörper wie erläutert derart ausgebildet, dass die Dichte des Materials in Wirkrichtung des auf die Kopfstütze aufprallenden Kopfes des Fahrzeuginsassen zunimmt.
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Bei konstanter Ausbildung der Dichte in Richtung der Eindringtiefe des Kopfes hängt die benötigte Kraft zur Deformation des Kopfstützengrundkörpers nur von der Eindringtiefe selbst ab.
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Bei zunehmender Dichte hängt die benötigte Kraft von dem Anstieg der Dichte und der Eindringtiefe des Kopfes in den Kopfstützengrundkörper ab. Der Anstieg der Dichte führt also dazu, dass die benötigte Kraft zur Deformation des Materials der Kopfstütze mit größer werdender Eindringtiefe des Kopfes zunimmt.
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Je nach Größe der einwirkenden Kraft tritt somit eine Verformung der Kopfstütze auf, die zu einer Aufnahme der eingeleiteten Energie in der Kopfstütze führt, so dass dem Fahrzeuginsassen, der durch die Trägheit des Körpers, insbesondere des Kopfes, auf die Kopfstütze prallt, Energie entzogen wird. In bisherigen Kopfstützen wird durch die Reversibilität der Kopfstütze nahezu die gesamte Verformungsenergie des Kopfstützengrundkörpers nach dem kraftabhängigen Eindringen des Kopfes in den Kopfstützengrundkörper wieder abgegeben, so dass die verletzungsverursachende Bewegung, also der peitschenartige Bewegungseffekt des Kopfes (Rebound) aus der Kopfstütze nach vorn, noch unterstützt wird.
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Die erfindungsgemäße Kopfstütze wird in bevorzugter Ausgestaltung der Erfindung materialseitig so ausgelegt, dass die benötigte Kraft zur Deformation der Kopfstütze mit größer werdender Eindringtiefe und aufgrund der Dichte beziehungsweise alternativ der ansteigenden, erfindungsgemäß auch überproportional ansteigenden Dichte in Richtung der Eindringtiefe des Kopfes zunimmt.
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Dies hat den Vorteil, dass die benötigte Kraft in den Fällen mit geringer Unfallschwere dazu führt, dass eine größere Eindringtiefe des Kopfes in den Kopfstützengrundkörper, also eine sanfte Behandlung des Kopfes erreicht wird, während bei schweren Unfällen der überproportionale Anstieg der Dichte des Kopfstützengrundkörpers nur noch eine geringe Eindringtiefe zulässt, so dass ein Durchschlagen durch die Kopfstütze beziehungsweise durch den Kopfstützengrundkörper verhindert wird.
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Das Material beziehungsweise der Aufbau des Kopfstützengrundkörpers soll somit einen Dichtegradienten aufweisen, der für eine vorgebbare, auf die Kopfstütze wirkende Maximalkraft eine Deformation der Kopfstütze ohne Erreichen ihrer Rigidität ermöglicht.
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Um zumindest kurzzeitig eine Speicherung der auf den Kopfstützengrundkörper wirkenden Energie zu ermöglichen, ist ein reversibles Material einsetzbar, welches einen Dichtegradienten aufweist, der für eine vorgebbare, auf die Kopfstütze wirkende Maximalkraft eine zumindest teilweise bis nahezu vollständige reversible Deformation der Kopfstütze unter zumindest zeitweiser Speicherung von Energie bei vollständiger reversibler Deformation jedoch ohne Erreichen ihrer Rigidität ermöglicht. Der Dichtegradient kann dabei in Richtung der Eindringtiefe konstant ansteigend oder überproportional ansteigend ausgebildet sein.
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Um eine Speicherung von Energie im Kopfstützengrundkörper zu gewährleisten, besteht jedoch auch die Möglichkeit, das Material irreversibel auszubilden, wobei das Material auch hier einen Dichtegradienten aufweist, der für eine vorgebbare auf die Kopfstütze wirkende Maximalkraft eine teilweise bis nahezu vollständige irreversible Deformation der Kopfstütze unter dauerhafter Speicherung von Energie bei vollständiger reversibler Deformation jedoch ohne Erreichen ihrer Rigidität ermöglicht.
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In bevorzugter Ausgestaltung ist eine äußere Schicht der Kopfstütze der Bereich mit der geringsten Dichte, so dass bei einem ersten Kontakt des Kopfes des Fahrzeuginsassen mit der Kopfstütze durch die geringe Dichte eine vergrößerte Anlagefläche/Kontaktfläche zwischen Kopf und Kopfstütze entsteht und eine Verformung bei geringer Eindringtiefe bereits im äußeren Bereich der Kopfstütze ausbildbar ist, so dass eine bessere Krafteinleitung in die Kopfstütze bewirkbar ist.
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Auch für die äußere Schicht der Kopfstütze beziehungsweise des Kopfstützengrundkörpers ist selbstverständlich die Ausbildung von reversiblen Materialien mit vorgebbarer Dichte mit der Fähigkeit, zumindest zeitweise Energie zu speichern, neben der Ausführung mit irreversiblen Materialien, die dauerhaft Energie speichern, bei ebenfalls vorgebbaren Dichtegradienten möglich.
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Zusätzlich zu der Abhängigkeit der Eindringtiefe, die über vorgebbare Dichten des Materials beeinflussbar ist, soll die benötigte Kraft zur reversiblen Deformation unter zumindest zeitweiser Speicherung von Energie oder zur irreversiblen Deformation unter dauerhafter Speicherung von Energie des Materials auch in Abhängigkeit von der strukturellen Ausbildung des Kopfstützengrundkörpers beeinflussbar sein. Diese Eigenschaften von Dichte und Struktur dienen gemeinsam dazu, je nach ausgewähltem Material die wirkenden Kräfte in Abhängigkeit der Eindringtiefe in die Kopfstütze zu beeinflussen.
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So ist beispielsweise ausführbar, dass der Kopfstützengrundkörper aus einem bestimmten Material mit nach in Eindringrichtung konstanter, zunehmender Dichte oder überproportional zunehmender Dichte ausgeführt wird, so dass die Deformierbarkeit in Abhängigkeit der Dichte des Kopfstützenmaterials von vorne nach hinten konstant ist beziehungsweise nur von der Eindringtiefe abhängt oder die Deformierbarkeit in Abhängigkeit der Dichte immer geringer, gegebenenfalls überproportional geringer wird.
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Zusätzlich kann jedoch in einem bestimmten Bereich oder im gesamten Bereich des Kopfstützengrundkörpers die Struktur des Kopfstützengrundkörpers verändert werden. So sind zum Beispiel Lufteinschlüsse innerhalb des Kopfstützengrundkörpers in wabenförmigen oder zylindrischen Einschlüssen als strukturelle Veränderung innerhalb des Kopfstützengrundkörpers möglich.
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Diese strukturelle Veränderung des Kopfstützengrundkörpers ist sowohl bei reversiblen als auch bei irreversiblen Materialien zur Ausbildung des Kopfstützengrundkörpers möglich.
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Als Materialien des Kopfstützengrundkörpers kommt Kunststoff, insbesondere Polystyrol oder ein Polymerschaum in Frage, wobei auch metallische Materialien, wie insbesondere Aluminium als Leichtmetallwerkstoff einsetzbar sind.
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Gerade wabenförmige Aluminiumstrukturen bieten sich zur Ausbildung des Kopfstützengrundkörpers an, da hier ein Leichtmetallwerkstoff mit guten Deformationseigenschaften bei geringem Gewicht aber entsprechender Stabilität mit den geforderten Materialeigenschaften zur Verfügung steht.
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Schließlich bietet sich gegebenenfalls zur strukturellen Ausbildung des Kopfstützengrundkörpers beziehungsweise zur Realisierung des ansteigenden Dichtegradienten innerhalb des Materials des Kopfstützengrundkörpers an, dass die Kopfstütze in einzelne Materialschichten aufgebaut ist, so dass jede einzelne Schicht in Eindringrichtung des Kopfes vorgebbare Dichten beziehungsweise Strukturen aufweist.
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Auch der schichtenartige Aufbau des Kopfstützengrundkörpers kann sowohl bei reversiblen Materialien mit zumindest zeitweiser Speichermöglichkeit von Energie oder irreversiblen Materialien mit dauerhafter Speicherung von Energie im Kopfstützengrundkörper ausgeführt werden.
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Die Ausbildung einer Kopfstütze beziehungsweise eines Kopfstützengrundkörpers aus einem zumindest zeitweise Energie speichernden reversiblen Material oder einem dauerhaft Energie speichernden irreversiblen Material verringert die hohe Elastizität und Plastizität bisher bekannter Kopfstützen und führt nach dem Eintauchen des Kopfes des Fahrzeuginsassen in die Kopfstütze zu einer Reduzierung der Herausbeschleunigung des Kopfes mit konsekutiver Hyperflexion. Die Verletzungen der Insassen bei einem Front- beziehungsweise Heck-Crash werden somit zumindest reduziert beziehungsweise sogar vollständig vermieden.