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Die
Erfindung betrifft ein Insassenschutzsystem in einem Verkehrsmittel,
insbesondere in einem Kraftfahrzeug, mit einem Gurtstraffer eines
Sicherheitsgurts für
einen Insassen auf einem Sitz des Verkehrsmittels, der eine Spannvorrichtung
aufweist, welche bei Erhalt eines durch eine Sensorik erzeugbaren
Unfallsignales kurzzeitig eine Straffung des Gurtes mit starker
Kraft bewirkt, indem der in einem Energiespeicher enthaltene Energieinhalt
freigesetzt wird, wobei die Spannvorrichtung (6) als reversibler Energiespeicher
ausgebildet ist, dessen Energieinhalt nach seiner Auslösung durch
Aufbringung mechanischer Energie wieder herstellbar ist.
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Ein
solches Insassenschutzsystem mit einem Gurtstraffer ist aus der
DE 199 35 248 C1 bekannt.
Dort ist als Spannvorrichtung ein reversibler Energiespeicher in
Form einer Feder vorgesehen, der in Wirkverbindung mit einem herkömmlichen
Sicherheitsgurtaufrollautomat steht. Eine dortige Gurtkraftbegrenzung
wirkt jedoch erst dann, wenn sich der Insasse des Verkehrsmittels
in einer Vorverlagerungsphase befindet, welche lediglich bei einem
bereits erfolgten Unfall auftreten kann.
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Bei
dem genannten Unfallsignal kann es sich um ein Signal handeln, das
eine Crashsensorik liefert, die Änderungen
physikalischer Größen während einer
Kollision bewertet, z.B. den Beschleunigungsverlauf, oder auch um
das Signal einer vorausschauenden Sensorik (Pre-Crash-Sensorik),
die potentielle Gefahrensituationen schon vor Eintritt eines Unfalls erkennt.
Unter einer kurzzeitigen Straffung des Gurtes ist ein Zeitraum von
ca. 10 bis 15 ms zu verstehen, der jedoch insbesondere in Verbindung
mit einer Pre-Crash-Sensorik und einer Sitzposition-Korrektur des
Insassen unter Einhaltung biome chanischer Grenzwerte auch länger dauern
kann. Eine starke Kraft liegt im Bereich von ca. 2.000 bis ca. 4.000
N.
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Die
Effizienz von Insassenschutzsystemen mit einem Gurtstraffer wird
im Wesentlichen von drei Faktoren beeinflusst, welche Auswirkung
auf die Ankopplung des Gurtes an den Insassen, die so genannte Gurtlose,
haben. Der „Filmspul-Effekt" im Aufwickler des
Gurtes, der „Winterjacken-Effekt", bei dem der Gurt
nicht ordnungsgemäß an dem
Insassen anliegt, und die Gurtbanddehnung haben zur Folge, dass
der Gurt im Falle eines Unfallsignales den Insassen erst mit Verzögerung zurückhält.
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Neben
seiner Rückhaltefunktion
muss das Insassenschutzsystem daneben derart ausgestaltet sein,
dass die im Falle einer Vorverlagerungsphase des Insassen aufgrund
eines Unfalles wirkende Gurtkraft innerhalb vorgegebener Grenzen
gehalten wird, um Verletzungen des Insassen zu vermeiden.
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Zur
Verbesserung der Ankopplung zwischen dem Gurt und dem Insassen werden
federbasierte oder elektro-mechanisch betriebene Aufwickler eingesetzt,
die den Gurt mit geringer Kraft, z.B. 200 N, bei einer sensorisch
ermittelten Gefahrensituation straffen. Dadurch kann bis zur Detektion
eines Unfallsignales die Gurtlose bereits zum Teil reduziert werden,
wodurch die Wirksamkeit der Spannvorrichtung verbessert ist.
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Ein
Gurtstraffer mit einer Kombination aus einem federbetätigten und
einem elektro-mechanisch angetriebenen Aufwickler ist beispielsweise
aus der
DE 101 58
871 C1 bekannt. Bei der
DE 101 58 871 C1 ist vorgesehen, die Rückholeinrichtung
bei Bedarf, d.h. bei einer sensorisch ermittelten Gefahrensituation,
zu einer reversiblen Straffung des Gurtes anzutreiben, derart, dass
eine eventuell vorhandene Lose des Gurtes vollständig zurückgeführt wird und der Gurt wirksam
gestrafft ist, bevor aus der Gefahrensituation heraus ein Unfall
entstehen kann. Konstruktiv wird dies dadurch gelöst, dass
parallel zur Rückrollfeder
eine Gegenfeder mit durch einen Motor verstellbaren, gurtfernen
Widerlager angeordnet ist und zwischen Motor und der Rückholeinrichtung
eine normal offene Kupplung angeordnet ist. Der Motor ist zwischen
zwei Leistungsbereichen umsteuerbar und schließt die Kupplung automatisch,
wenn der Motor auf seine hohe Leistung schaltet und in seiner zu
einer reversiblen Gurtstraffung vorgesehenen Laufrichtung arbeitet.
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Die
Spannvorrichtung, welche den eigentlichen Schutz des Insassen gewährleistet
arbeitet mit einem Kraftniveau von ca. 2.000 bis ca. 4.000 N und basiert üblicherweise,
wie beispielsweise auch in der
DE 101 58 871 C1 beschrieben, auf ei nem pyrotechnischen
Prinzip, um das große
Kraftniveau in kurzer Zeit bereitstellen zu können.
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Diese
Anordnung, die elektro-mechanisch auf den Aufwickler des Gurtes
wirkt, weist jedoch den Nachteil auf, dass damit lediglich geringe
Kräfte
aufgebaut werden können.
Die Vorrichtung eignet sich deshalb lediglich dazu, die Gurtlose
zu verringern, kann jedoch die Sitzhaltung des Passagiers im Vorfeld
eines Unfalls nicht beeinflussen, wodurch die Wirksamkeit des Rückhaltesystems
in Situationen, in denen der Insasse eine ungünstige Haltung einnimmt, nicht
optimal ist.
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Zur
Beschränkung
der beim Auszug wirkenden Gurtkraft ist häufig ein Gurtkraftbegrenzer
vorgesehen, welcher die plastische Verformung von Torsionsstäben oder
Durchzugsblechen im Aufwickler ausnutzt.
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Die
Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Insassenschutzsystem in
einem Verkehrsmittel anzugeben, welches eine verbesserte Sicherheit
und einen verbesserten Schutz des Insassen ermöglicht.
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Diese
Aufgabe wird durch ein Insassenschutzsystem mit den Merkmalen des
Patentanspruches 1 gelöst.
Vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich aus den abhängigen Patentansprüchen.
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Erfindungsgemäß ist bei
dem gattungsgemäßen Insassenschutzsystem
zusätzlich
ein Gurtkraftbegrenzer vorgesehen ist, der bei einer sensorisch
ermittelten Gefahrensituation und einer dadurch bewirkten Auslösung der
Spannvorrichtung eine nur teilweise Entladung des Energiespeichers
zur Verkürzung
des Gurts bewirkt.
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Der
Gurtkraftbegrenzer beeinflusst damit die Aufwickelgeschwindigkeit
des Gurtes und das Kraftniveau während
der Straffung. Der Gurtkraftbegrenzer dient dazu, die biomechanischen
Grenzwerte, die aufgrund der kurzzeitigen Straffung und der dadurch bewirkten
hohen Kraft auf den Insassen auf verträgliche Werte zu begrenzen.
Der Einsatz des Gurtkraftbegrenzers ist vorteilhaft, um im Vorfeld
eines Unfalles den Insassen in eine für das Wirken der Spannvorrichtung
ideale Sitzposition zu bringen, bevor die Spannvorrichtung aufgrund
eines Unfallsignales die Straffung des Gurtes mit starker Kraft
bewirkt. Um den Insassen in diese optimale Sitzposition zu bringen,
braucht die Kraft jedoch nicht so groß sein, wie sie im Falle eines
Unfallsignales ausgeübt
wird. Der Gurtkraftbegrenzer dient letztendlich auch dazu, sicherzustellen,
dass der Energieinhalt des reversiblen Energiespeichers der Spannvorrichtung
lediglich zum Teil entladen wird. Hierdurch verkürzt sich auch die Zeitdauer,
die notwendig ist, um den Energieinhalt wieder vollständig herzustellen.
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Die
Ausbildung der Spannvorrichtung als reversibler Energiespeicher
weist den Vorteil auf, dass dieser bereits im Vorfeld der Detektion
eines Unfallsignales sowohl zur Reduktion der Gurtlose als auch zur
Korrektur der Sitzposition des Insassen herangezogen werden kann.
Der besondere Vorteil liegt darin, dass die Spannvorrichtung die
Straffung des Gurtes mit einer sehr viel größeren Kraft vornehmen kann,
als wenn dies durch eine elektro-motorisch angetriebene Aufwicklung
bewirkt wird. Trotzdem steht die Spannvorrichtung auch nach Detektion
eines Unfallsignales für
eine kurzzeitige Straffung des Gurtes mit starker Kraft zur Verfügung, da
der Energieinhalt der Spannvorrichtung nach seiner Auslösung durch Aufbringung
mechanischer Energie wiederherstellbar ist. Die Spannvorrichtung
kann somit bereits bei einer sensorisch ermittelten Gefahrensituation
eingesetzt werden, bevor aus der Gefahrensituation heraus ein Unfall
entstehen kann. Gefahrensituationen können sensorisch beispielsweise
dadurch erkannt werden, dass der Betriebszustand der Fahrzeugbremsen
und/oder Beschleunigungen des Fahrzeugs in Längs- und Querrichtung erfasst
werden. Eine starke Bremsbetätigung
und/oder starke Beschleunigungen bzw. Verzögerungen des Fahrzeugs deuten auf
gefährliche
Situationen hin. Insbesondere können
aber auch Signale einer Crash- oder Pre-Crash-Sensorik bewertet
werden, die durch Radar-, Lidar-, Ultraschall- oder Kamerasysteme
eine Gefahrensituation erkennen.
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Gemäß einer
Weiterbildung der Erfindung ist die Spannvorrichtung als Federsystem,
insbesondere als Spiralfeder, oder als pneumatischer oder hydraulischer
Speicher ausgebildet. Das Herstellen des Energieinhalts der Spannvorrichtung
nach dessen Auslösung
erfolgt gemäß einer
Weiterbildung durch einen Motor, der mechanische Energie aufbringt,
um den Energieinhalt des Energiespeichers der Spannvorrichtung wieder
herzustellen. Im Falle eines Federsystems spannt der Motor, z.B. über ein
Getriebe, die Spiralfeder vor. Die Vorspannung erfolgt dabei bevorzugt
nach jeder Entleerung des Energieinhalts der Spannvorrichtung und
z.B. grundsätzlich
in einer kurzen Initialisierungsphase des Insassenschutzsystems
nach dem Fahrzeugstart.
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In
einer Weiterbildung ist der Gurtkraftbegrenzer durch eine Bremse
zur Begrenzung der maximalen Gurteinzugsgeschwindigkeit oder -kraft
dargestellt.
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In
einer weiteren Ausbildung weist der Gurtstraffer eine Rückholeinrichtung
zur selbsttätigen Verkürzung des
Gurtes auf, die bei einer sensorisch ermittelten Gefahrensituation
eine reversible Straffung des Gurtes mit geringer Kraft bewirkt,
wobei die Rückholeinrichtung
einen Motor für
die reversible Straffung des Gurts aufweist und der Motor ebenfalls zur
Aufladung der Spannvorrichtung vorgesehen ist. Die Rückholeinrichtung
dient zur Verbesserung des Komforts des Fahrzeuginsassen beim Tragen
des Gurts. Nachdem die durch den Motor hervorgebrachte Kraft der
Rückholeinrichtung
auf dem Gurt für
eine Positionskorrektur des Insassen nicht ausreicht, wird hierzu
der Energieinhalt der Spannvorrichtung herangezogen. Die Verwendung
des Motors der Rückholeinrichtung
zur Aufladung des Energieinhalts des reversiblen Speichers ermöglicht eine
kostengünstige Realisierung
des Insassenschutzsystems, da gegenüber bekannten Systemen nur
geringfügige
Modifikationen und zusätzliche
Bauteile vorgesehen werden müssen.
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In
einer Weiterbildung ist eine Sensorik zum Erfassen von biometrischen
Daten des Insassen auf dem Sitz vorgesehen, die die Charakteristik
der Entladung des Energiespeichers des Gurtstraffers beeinflusst.
Solche biometrischen Daten sind insbesondere das Gewicht und die
Größe der Person
und auch das Alter. Diese können
beispielsweise durch Sensoren in dem Sitz, welche das Gewicht erfassen, sowie
einer Kamera, welche die Größe der Person detektiert,
ermittelt werden. Denkbar ist auch die Speicherung personenspezifischer
Daten in einem Nutzerprofil, das von dem Insassen gewählt oder
vorgegeben wird und der Rückhaltesystem-Steuerung zur
Verfügung
steht. Die ermittelten biometrischen Daten können einer Steuereinrichtung
zugeführt
werden, welche anhand dieser Daten individuell die Verkürzung der
Gurtkraft bzw. die bei einer Verkürzung wirkende Kraft berücksichtigen
kann. Dadurch ist eine Individualisierung des Insassenschutzsystemes möglich. Damit
entfallen Beschränkungen
hinsichtlich realisierbarer Gurtkraftverläufe und Anbindungszeitpunkte,
wodurch eine biomechanisch optimale Gurt-Rückhaltewirkung erzielt werden
kann.
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In
einer weiteren Ausgestaltung ist vorgesehen, dass die reversible
Spannvorrichtung bei einem kombinierten Brust- und Beckengurt (Dreipunktgurt) an
einem Gurtschloss angeordnet ist.
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In
einer weiteren Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Insassenschutzsystems ist
ein weiterer reversibler Energiespeicher zum kurzzeitigen Aufbringen
einer großen
Kraft vorgesehen, der den Sitz bei Detektion eines Unfallsignals
und/oder bei einer sensorisch ermittelten Gefahrensituation im Falle einer von
einer Sollposition abweichenden Position in die Idealposition bringt.
Für eine
bestmögliche
Effizienz des Insassenschutzsystems sind nicht nur eine möglichst
frühzeitige
Straffung des Gurtes, sondern auch eine möglichst optimale Position des
Insassen zum Sitz notwendig. Befindet sich der Sitz entfernt von
einer derartigen Idealposition, so ist erfindungsgemäß ein reversibler
Energiespeicher vorgesehen, der den Sitz kurzfristig in die ideale
Position verbringt. Mit einer elektro-motorischen Verstellung des
Sitzes alleine wäre
dies in der notwendigen kurzen Zeitdauer und mit einer 12 V Spannungsversorgung
nicht zu bewerkstelligen.
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Es
ist insbesondere vorgesehen, dass der weitere reversible Energiespeicher
eine Wirkverbindung zu einer Sitzlehne des Sitzes aufweist und diese
in eine aufrechte Position zu bringen vermag. Hierdurch wird sichergestellt,
dass der Insasse nicht unterhalb des Gurtes bei einem Unfall „hindurchtaucht", um dadurch die
Schutzwirkung des Gurtstraffers voll zur Geltung zu bringen.
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Ferner
kann der weitere reversible Energiespeicher eine Wirkverbindung
zu einer Vorrichtung aufweisen, die ein Verrutschen des Beckens
des Insassen aus seiner Sollposition verhindert. Mit anderen Worten
kann vorgesehen sein, dass der weitere reversible Energiespeicher
eine Verbindung zu einer Vorrichtung zur Verhinderung des Durchtauch-Effektes
hat. Dies kann z.B. ein im Bereich der Oberschenkelauflagefläche zwischen
Sitzgestell und Bezug angebrachter Querstab ein, der durch einen
Hubmechanismus im Crashfall aufgestellt wird, um das Vorrutschen
des Beckens zu verhindern.
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Eine
weitere Verbesserung der Effizienz des Insassenschutzsystems ergibt
sich, wenn der weitere reversible Energiespeicher eine Wirkverbindung
zu einer Sitzfläche
des Sitzes aufweist und diese in ihrer Längsverschiebung in die Idealposition
zu bringen vermag. Auch hierdurch ist es möglich, den Insassen in eine
optimale Position hinsichtlich des Gurtver laufs zu bringen, bevor
das Schutzsystem des Gurtstraffers zum Einsatz kommt.
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Der
im Zusammenhang mit dem Sitz beschriebene Energiespeicher könnte auch
alleine, d.h. ohne Kombination mit der Gurtstraffung, zum Einsatz kommen.
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Die
Erfindung wird nachfolgend anhand der Figur näher erläutert. Die einzige Figur zeigt
eine schematisierte Darstellung eines erfindungsgemäßen Gurtstraffersystems.
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Gemäß 1 besitzt
ein Sicherheitsgurt 1 in bekannter Weise eine an ihm befestigte
Schlosszunge 2, die sich in üblicher Weise in ein Gurtschloss 3 einführen bzw.
vom Gurtschloss 3 trennen lässt. Der Sicherheitsgurt 1 wird
auf einem Wickel 4 aufgewickelt, derart, dass der Sicherheitsgurt 1 die
jeweils gewünschte
bzw. benötigte
Länge hat.
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Dem
Wickel 4 ist in bekannter Weise eine mechanische Auszugsperre 5 zugeordnet,
die den Wickel gegen eine Drehung in Abwickelrichtung des Sicherheitsgurts 1 sperrt,
wenn die Drehgeschwindigkeit des Wickels 4 und/oder die
Beschleunigung oder Verzögerung
des Fahrzeugs, in dem der Sicherheitsgurt 1 angeordnet
ist, einen Schwellwert überschreiten.
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Des
Weiteren ist dem Wickel 4 eine Spannvorrichtung 6 zugeordnet,
die als reversibler Energiespeicher ausgebildet ist, dessen Energieinhalt
nach seiner Auslösung
durch Aufbringung mechanischer Energie wiederherstellbar ist. Die
Spannvorrichtung 6 wird ausgelöst, wenn eine fahrzeugseitige
Sensorik 17 eine Kollision bzw. eine unmittelbar bevorstehende
Kollision des Fahrzeugs erkennt. In diesem Falle bewirkt die Spannvorrichtung 6 eine
Gurtstraffung mit sehr starker Kraft, im Bereich von ca. 2.000 bis
ca. 4.000 N. Dadurch kann erreicht werden, dass der durch den Sicherheitsgurt 1 gesicherte
Insasse in besonderem Maße
vor Kollisionen mit Innenraumteilen des Fahrzeuges geschützt wird.
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Die
Spannvorrichtung 6 kann beispielsweise als Federsystem
in Form einer Spiralfeder ausgebildet sein, die durch einen Motor 13 über ein
(nicht dargestelltes) Getriebe vorgespannt wird. Dies ist durch die
durchbrochene Doppellinie 7 dargestellt. Das Vorspannen
kann in einer kurzen Initialisierungsphase nach Fahrzeugstart erfolgen.
Die Vorspannung kann jedoch auch dann erfolgen, wenn der Energieinhalt
während
des Betriebs des Fahrzeuges der Spannvorrichtung 6 teilweise
entladen wurde, beispielsweise dann, wenn eine sensorisch ermittelte Gefahrensituation
eine reversible Straffung des Gurtes bewirkt, um den Insassen vorsichtshalber
in eine optimierte Sollposition zu bringen, bevor ein Unfall detektiert
wurde.
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Der
Spannvorrichtung 6 ist ein Gurtkraftbegrenzer 20 zugeordnet,
welcher bei einer sensorisch ermittelten Gefahrensituation und einer
dadurch bewirkten Auslösung
der Spannvorrichtung 6 derart auf die Spannvorrichtung 6 einwirkt,
dass lediglich ein definierter Teil der in ihr gespeicherten Energie
zur Verkürzung
des Sicherheitsgurts 1 abgegeben wird. Der Gurtkraftbegrenzer 20 kann
hierzu als Bremse ausgebildet sein, welche die Gurteinzugsgeschwindigkeit
bzw. -kraft begrenzt und/oder auf das gewünschte Maß reduziert.
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Der
Gurtkraftbegrenzer 20 dient weiterhin dazu, nach erfolgter
Straffung des Gurtes und der Positionskorrektur in der sich anschließenden Vorverlagerungsphase
die auf den Insassen wirkende Kraft auf ein biomechanisch verträgliches
Maß zu
reduzieren, indem wiederum durch einen Bremsvorgang auf die Gurtauszugsgeschwindigkeit
oder -kraft eingewirkt wird. Der Gurtkraftbegrenzer ist dazu so ausgestaltet,
dass er in der Straff-/Sitzpositions-Korrekturphase die Straffkraft
und Straffgeschwindigkeit begrenzt und in der Vorverlagerungsphase
dann die Gurtauszugskraft und Gurtauszugsgeschwindigkeit.
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Weiterhin
ist der Wickel 4 parallel zur Auszugssperre 5 mit
einer Rückholeinrichtung 8 ausgerüstet, um
den Sicherheits gurt 1 bei Nicht-Gebrauch aufwickeln bzw.
verkürzen
zu können,
wenn der Insasse den Gurt aufgrund einer Körperbewegung ausgezogen hat
und sich wiederum in seine Soll-Sitzposition zurückbewegt.
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Die
Rückholeinrichtung 8 besitzt
zu diesem Zweck eine Rückholfeder 9,
die als Spiralfeder ausgebildet ist, wobei ein Ende der Rückholfeder 9 mit dem
Wickel 4 bzw. einer dazu drehfesten Welle und das andere
Ende der Rückholfeder 9 mit
einem stationären
Widerlager fest verbunden ist.
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Die
nachfolgend beschriebenen Elemente eines elektromechanischen Aufrollers
sind lediglich optional und dienen zur Erhöhung des Komforts des Gurtstraffers.
Parallel zur Rückholfeder 9 ist
eine Gegenfeder 10 angeordnet, die ebenfalls als Spiralfeder,
jedoch mit gegenüber
der Rückholfeder 9 entgegengesetztem
Windungssinn, ausgebildet sein kann, wobei ein Ende der Gegenfeder 10 mit
dem Wickel 4 bzw. der damit drehfest verbundenen Welle
fest verbunden ist, während
das andere Ende der Gegenfeder 10 an den Ausgang einer
Kupplung 11 fest angebunden ist, deren Eingang über eine
Antriebsverbindung 12 beispielsweise ein Zahnriemengetriebe
mit einem Elektromotor 13 antriebsverbunden ist. Die Antriebsverbindung 12 und/oder
der Elektromotor 13 sind selbsthemmend ausgebildet.
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Parallel
zu der Kupplung 11 sowie der dazu in Reihe angeordneten
Gegenfeder 10 ist zwischen der Antriebsverbindung 12 und
dem Wickel 4 bzw. der damit drehfest verbundenen Welle
eine weitere Kupplung 14 angeordnet, welche automatisch schließt, wenn
der Elektromotor 13 auf eine hohe Leistungsstufe geschaltet
wird und sich entsprechend der Aufwickelvorrichtung des Gurtwickels 4 dreht.
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Zur
Steuerung der Leistung des Elektromotors 13 dient eine
Steuerschaltung 15, welche eingangsseitig mit einer Sensorik
für verschiedene
Betriebsparameter verbunden ist. Diese Sen sorik kann einen schlossseitigen
Sensor 16 aufweisen, dessen Signal wiedergibt, ob die Schlosszunge 2 in
das Gurtschloss 3 eingesteckt ist oder nicht. Des Weiteren
ist eine Sensoranordnung 17 vorgesehen, die gefährliche
bzw. gefahrengeneigte Fahrsituationen zu erfassen gestattet. Beispielsweise
kann die Sensoranordnung 17 die Betätigung von Fahr- und Bremspedal, das
Ansprechen einer Bremsassistent-Vorrichtung sowie den Fluiddruck
im Bremssystem und damit den Betätigungszustand
der Fahrzeugbremse des Fahrzeugs erfassen. Zusätzlich oder alternativ kann
die Sensoranordnung 17 auch fahrdynamische Parameter, wie
z.B. Querbeschleunigung, Gierrate, Lenkwinkel und/oder Fahrzeugverzögerungen
oder Signale eines Radar-, Lidar- oder kamerabasierenden Pre-Crash-Sensorsystems,
erkennen und auswerten. Ferner ist eine Sensoranordnung 19 mit
der Steuerschaltung 15 verbunden, welche zum Erfassen von
biometrischen Daten des Insassen auf dem Sitz vorgesehen ist. Diese
Sensoranordnung kann beispielsweise Dehnungsmessstreifen zum Erfassen des
Gewichts und/oder eine Kameraeinrichtung zum Erfassen der Größe des Insassen
umfassen. Daneben sind selbstverständlich auch weitere Sensoren und
Informationssysteme denkbar. Die von den Sensoren 16, 17 und 19 gelieferten
Daten werden durch die Steuerschaltung 15 ausgewertet,
um die Charakteristik der Entladung des Energiespeichers der Spannvorrichtung 6 zu
beeinflussen.
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Außerdem kann
ein Drehgeber 18 oder ein sonstiger Sensor vorgesehen sein,
dessen Signale erkennen lassen, ob der Wickel 4 des Sicherheitsgurtes 1 gedreht
bzw. der Sicherheitsgurt 1 in Ein- oder Auszugsrichtung
bewegt wird.
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Der
optionale elektro-mechanische Aufroller 21 arbeitet wie
folgt: Zunächst
wird davon ausgegangen, dass die Sensoranordnung 17 keinen
Gefahrenzustand meldet. Außerdem
ist der Insasse angeschnallt und hat sich seit längerer Zeit nicht nennenswert
bewegt.
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Diesen
Zustand kann die Steuerschaltung 15 aus den Signalen des
Sensors 16 am Gurtschloss 3 sowie des Sensors 18 am
Wickel 4 ermitteln. Nunmehr wird der Elektromotor 13 so
angesteuert, dass er sich in seiner Drehrichtung zur Spannung der
Gegenfeder 10 dreht. Bei dieser Drehrichtung schließt die Kupplung 11,
während
die Kupplung 14 öffnet bzw.
offen bleibt. Entsprechend dem Drehhub des Motors 13 wird
die Gegenfeder 10 auf eine mehr oder weniger große Spannung
eingestellt. Da die Spannung der Gegenfeder 10 der Spannung
der Rückholfeder 9 entspricht,
hat der vorgenannte Stellhub des Elektromotors 13 zur Folge,
dass die am Sicherheitsgurt 1 wirksame bzw. fühlbare Rückholkraft
entsprechend abgeschwächt
wird. Auf diese Weise wird der Tragekomfort des Sicherheitsgurts 1 wesentlich
erhöht.
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Wenn
sich der Insasse mit maßvoller
Geschwindigkeit nach vorne beugt, wird der Sicherheitsgurt 1 entsprechend
angezogen. Diese Bewegung des Gurtes 1 wird durch den Drehgeber 18 des
Gurtwickels 4 gemeldet und kann nun bewirken, dass die Steuerschaltung 15 den
Elektromotor 13 mit geringer Leistung derart antreibt,
dass die Spannung der Gegenfeder 10 vermindert und dementsprechend
die von der Rückholfeder 9 auf
den Gurtwickel 4 ausgeübte
Rückholkraft
zur Aufwicklung des Gurtes 1 erhöht wird. Auf diese Weise wird
gewährleistet,
dass der Sicherheitsgurt 1 dem Insassen gut folgt, wenn sich
dieser aus der vorübergehend
nach vorn gebeugten Position in seine Normalposition zurückbewegt.
Nach einer vorgegebenen Zeitspanne nach der letzten vom Drehgeber 18 gemeldeten
Gurtbewegung kann dann der Motor 13 die Gegenfeder 10 wiederum
so verstellen, dass die Gurtspannung erneut auf den sehr geringen
Wert von beispielsweise 2 N zurückgeführt wird.
Auf diese Weise belastet der Gurt 1 den Insassen praktisch
ständig
mit äußerst geringer
Kraft.
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Falls
während
der Fahrt von der Sensoranordnung 17 ein gefährlicher
bzw. gefahrengeneigter Fahrzustand, beispielsweise ein Fahrzustand
mit starker Bremsbetätigung,
gemeldet wird, so steuert die Steuerschaltung 15 die Spannvorrichtung 6 sowie den
Gurtkraftbegrenzer 20 an, wodurch die in gespannter Position
gehaltene Spiralfeder freigegeben wird und ihre Energie an den Wickel 4 überträgt. Gleichzeitig
bewirkt der Gurtkraftbegrenzer 20, dass die Straffung des
Gurtes 1 und die dabei auf den Insassen wirkende Kraft
entsprechend der durch die Sensorik 19 ermittelten biometrischen
Daten auf ein verträgliches
Maß reduziert
wird. Die in der Spiralfeder gespeicherte Energie wird dabei nicht
vollständig entladen,
sondern lediglich teilweise. Die Gurtstraffung erfolgt dabei mit
mittlerer Kraft, über
200 und kleiner als ca. 4.000 N, wodurch eine Korrektur des Insassen
in seine Soll-Sitzposition
erreichbar ist.
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Diese
reversible Gurtstraffung gewährleistet, dass
der Sicherheitsgurt 1 einerseits straff am Körper des
Insassen anliegt und dieser andererseits in seine Soll-Position
gebracht wird. Eine gegebenenfalls vorhandene bzw. vom Insassen
provozierte Lose des Sicherheitsgurts 1 wird schnellstens
reduziert. Sollte nun tatsächlich
ein Unfall auftreten, ist gewährleistet, dass
der Insasse in einen gut gestrafften Sicherheitsgurt 1 fällt.
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Die
in der Spiralfeder der Spannvorrichtung 6 enthaltene Energie
ist in einem solchen Fall noch ausreichend, die kurzzeitige Straffung
des Gurtes mit starker Kraft durchzuführen. Tritt kein Unfall auf,
so kann der Motor 13 des elektromechanischen Aufrollers 21 dazu
verwendet werden, die Spiralfeder über ein Getriebe wiederum vorzuspannen.
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Die
Korrekturen der Sitzposition des Insassen sind erst durch den Einsatz
eines reversiblen Energiespeichers der Spannvorrichtung 6 möglich. Die Verwendung
eines pyrotechnischen Gurtstraffers zu diesem Zweck ist wegen eines
notwendigen Werkstattbesuchs und der hohen Kosten bei einer fehlerhaften
Aktivierung nicht einsetzbar. Die Straffung kann vorteilhafterweise
gegenüber
den heute eingesetzten Verfahren zeitlich vorverlagert werden, so dass
eine Rückhaltekraft
insgesamt früher
aufgebracht werden kann.
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Die
Kopplung der Spannvorrichtung 6 mit einem Gurtkraftbegrenzer
auf Basis einer Bremse ermöglicht
eine zeitlich optimale Korrektur der Sitzposition eines Insassen
unter Einhaltung der biomechanischen Grenzwerte, d.h. es wird nach
Freigabe des Energiespeichers mit einer maximalen Gurteinzugsgeschwindigkeit
oder -kraft gearbeitet, die nach Herausnehmen der Gurtlose auf für den Insassen
verträgliche
Werte herabgebremst wird. Die Bremsfunktion kann durch den Gurtkraftbegrenzer
in beiden Richtungen, d.h. sowohl beim Auszug als auch beim Einzug
des Sicherheitsgurts wirken. Die Hinzunahme von insassenspezifischen
Informationen ermöglicht die
Individualisierung eines Insassenschutzsystems und einer Berücksichtigung
in der Steuerschaltung.
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Die
Kombination des Gurtkraftbegrenzers mit einem elektromechanischen
Aufroller und einem reversiblen Energiespeicher lässt sich
in einer Baueinheit realisieren, wobei die Komponenten mechanisch
z.B. auf einer Welle oder über
ein Getriebe angeordnet werden können,
wodurch sich die Baukosten einer derartigen Anordnung gering halten
lassen.
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Neben
dem beschriebenen Federsystem kann der reversible Energiespeicher
auch pneumatisch, hydraulisch oder auf sonstige Weise ausgebildet
sein, sofern dieser dazu in der Lage ist, die geforderte große Kraft
im Bereich bis zu ca. 4.000 N für eine
kurze Zeit aufzubringen. Eine weitere Voraussetzung besteht darin,
dass sich die durch die Spannvorrichtung freigesetzte Kraft dosieren
lässt,
wobei dies vorzugsweise unter Verwendung des Gurtkraftbegrenzers
erfolgt.