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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zum Erhöhen der Fahrstabilität eines
wenigstens ein lenkbares Rad aufweisenden Fahrzeugs während der
Fahrt durch eine Kurve, bei dem ein Übersetzungsverhältnis zwischen
einem Lenkradwinkel und einem Lenkwinkel an dem Rad durch eine Überlagerung
einer von einem Fahrer initiierten Lenkbewegung und einer weiteren
Lenkbewegung verändert
wird.
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Die
Erfindung betrifft ferner eine zur Durchführung des Verfahrens geeignete
Lenkvorrichtung zum Erhöhen
der Fahrstabilität
eines wenigstens ein lenkbares Rad aufweisenden Fahrzeugs während der
Fahrt durch eine Kurve, eine Überlagerungslenkung
beinhaltend, bei der eine durch den Fahrer initiierte Lenkbewegung
und eine durch eine Stelleinheit nach Maßgabe eines Stellsignals initiierte
Lenkbewegung überlagert
werden.
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Die
Erfindung geht dabei vorzugsweise von einem Kraftfahrzeug mit vier
Rädern
aus, bei dem zwei Vorderräder
lenkbar ausge führt
sind, und der Fahrer einen Lenkwinkel für die Räder vorgibt, indem er einen
Lenkradwinkel an einem Lenkrad des Fahrzeugs oder an einer anderen
Lenkeinrichtung einstellt. Die Lenkbewegung an dem Lenkrad oder
der anderen Einrichtung wird über
ein Lenkgetriebe an die Räder
vermittelt, wobei das Lenkgetriebe eine Standardübersetzung zwischen dem Lenkradwinkel und
dem Lenkwinkel an den Rädern
zur Verfügung stellt.
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Die
Erfindung nutzt eine so genannte Überlagerungslenkung, bei der
die durch den Fahrer initiierte Lenkbewegung und eine durch einen
Stellantrieb initiierte Lenkbewegung überlagert werden, und durch
die somit eine freie Zuordnung zwischen dem Lenkradwinkel und dem
Lenkwinkel am Rad ermöglicht
wird.
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Überlagerungslenkungen
werden typischerweise durch ein in das Lenkgetriebe eines Fahrzeugs integriertes
Planetengetriebe realisiert, in das fahrsituativ eingegriffen wird.
Denkbar sind jedoch auch andere Realisierungen, etwa im Rahmen einer Steer-by-Wire-Lenkung (SbW-Lenkung),
bei der mechanische Verbindungen zwischen Lenkrad und Lenkgetriebe
durch elektromechanische Verbindungen ersetzt werden.
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Insbesondere
erlaubt es der Einsatz einer Überlagerungslenkung,
das Übersetzungsverhältnis zwischen
dem Lenkradwinkel und dem Lenkwinkel an den Rädern gegenüber der Standardübersetzung des
Lenkgetriebes zu verändern.
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Unter
der Bezeichnung „Aktivlenkung" sind bereits Verfahren
und Vorrichtungen bekannt, bei denen das Übersetzungsverhältnis zwischen
dem Lenkradwinkel und dem Lenkwinkel in Abhängigkeit der Fahrzeuggeschwindigkeit
verändert
wird.
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Bei
niedrigen Fahrzeuggeschwindigkeiten wird dabei eine sehr direkte Übersetzung
eingestellt, um dem Fahrer ein einfaches Manövrieren mit geringem Lenkradeinschlag
zu ermöglichen,
während
bei hohen Geschwindigkeiten eine sehr indirekte Übersetzung eingestellt wird,
um den Geradeauslauf des Fahrzeugs zu verbessern und weniger anfällig gegenüber kleinen
Lenkbewegungen des Fahrers zu machen.
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Diese
Verfahren und Vorrichtungen dienen vor allem einer Erhöhung des
Fahrkomforts und der Agilität
des Fahrzeugs, tragen jedoch zumindest nur mittelbar zur Erhöhung der
Fahrstabilität
in Kurven bei.
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Der
Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die Fahrstabilität eines
Fahrzeugs während
der Fahrt durch eine Kurve zu verbessern. Insbesondere soll dabei
ein Untersteuern des Fahrzeugs verhindert oder zumindest verringert
werden.
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Erfindungsgemäß wird diese
Aufgabe durch ein Verfahren nach dem Patentanspruch 1 gelöst.
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Dabei
ist insbesondere vorgesehen, dass ein Verfahren zum Erhöhen der
Fahrstabilität
eines wenigstens ein lenkbares Rad aufweisenden Fahrzeugs während der
Fahrt durch eine Kurve, bei dem ein Übersetzungsverhältnis zwischen
einem Lenkradwinkel und einem Lenkwinkel an dem Rad durch eine Überlagerung
einer von einem Fahrer initiierten Lenkbewegung und einer weiteren
Lenkbewegung verändert
wird, so durchgeführt
wird, dass ein Fahrverhalten des Fahrzeugs auf ein Untersteuern
hin überwacht
wird und das Übersetzungsverhältnis bei einem
Erkennen eines Untersteuerns mit zunehmendem Betrag des Lenkradwinkels
indirekter gestellt wird.
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Die
vorteilhafte Wirkung des erfindungsgemäßen Verfahrens ergibt sich
infolge des degressiven Verlaufs des die übertragbare Seitenführungskraft
angebenden seitlichen Kraftschlussbeiwertes in Abhängigkeit
des Schräglaufwinkels
eines Rades des Fahrzeugs für
große
Schräglaufwinkel.
Der seitliche Kraftschlussbeiwert – kurz die seitliche Reibungszahl – steigt
dabei zunächst
mit dem Schräglaufwinkel
bis zu einem reibwertabhängigen
Maximum an und nimmt mit weiter zunehmendem Schräglaufwinkel wieder leicht ab.
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Häufig kommt
es insbesondere für
niedrige Fahrbahnreibwerte zu einem Überlenken des Fahrzeugs durch
den Fahrer, indem er Schräglaufwinkel einstellt,
die größer sind
als der Betrag des zu dem Maximum der seitlichen Reibungszahl gehörenden Schräglaufwinkels.
Mit zunehmendem Schräglaufwinkel
verringert sich dann eine zur Fahrzeuggeschwindigkeit senkrechte
Komponente der Seitenkraft und das Fahrzeug folgt zunehmend weniger
der gewünschten
Bahn.
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Erfindungsgemäß wird das Übersetzungsverhältnis zwischen
dem Lenkradwinkel und dem Lenkwinkel an mindestens einem Rad des
Fahrzeugs während
einer Untersteuersituation mit zunehmendem Lenkeinschlag des Fahrers
indirekter gestellt, wodurch der Lenkwinkel am Rad gegenüber der
Fahrervorgabe verringert wird.
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Ein Überlenken
des Fahrzeugs wird somit verhindert bzw. verringert, und der Schräglaufwinkel bleibt
in einem Bereich, der ein stabiles Fahrverhalten gewährleistet,
in dem das Fahrzeug durch den Fahrer lenkbar bleibt.
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Zudem
tritt bei einem Wechsel von einem niedrigen auf einen hohen Fahrbahnreibwert
aufgrund der sich sprunghaft erhöhenden
Seitenführungskraft
ein Gierratensprung auf, der bei zu großen Lenkwinkeln zu einem Schleudern
des Fahrzeugs führen
kann. Unter Umständen
ist das Fahrzeug dabei infolge der hohen Gierbeschleunigung nicht
mehr beherrschbar.
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Durch
die erfindungsgemäße Verringerung des
Lenkwinkels gegenüber
der Fahrervorgabe wird dieser Gierratensprung auch beim Überlenken
des Fahrzeugs minimiert.
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In
einer bevorzugten Durchführungsform
des Verfahrens wird das Übersetzungsverhältnis beim Erkennen
eines Untersteuerns degressiv mit wachsendem Betrag des Lenkradwinkels
erhöht,
so dass ein Überlenken
besonders wirkungsvoll verhindert wird.
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Entsprechend
wird die Übersetzungsänderung
degressiv mit einem sich verringernden Betrag des Lenkradwinkels
zurückgenommen,
wenn der Fahrer während
des Untersteuerns zurücklenkt.
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Um
dem Fahrer auch während
des erfindungsgemäßen Lenkeingriffs
eine Eingriffsmöglichkeit
in das Fahrverhalten des Fahrzeugs zu geben, wird das Übersetzungsverhältnis vorzugsweise
nicht über
einen vorgegebenen Maximalwert hinaus erhöht. Dieser beträgt beispielsweise
20:1.
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Hierdurch
bleibt das Fahrzeug zu jeder Zeit durch den Fahrer lenkbar, und
insbesondere wird eine Rückfallebene
realisiert, die es dem Fahrer ermöglicht, fehlerhaft berechnete
Zusatzlenkbewegungen zu kompensieren.
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Vorzugsweise
wird die weitere Lenkbewegung nach Maßgabe eines kontinuierlich
in Abhängigkeit
des Lenkradwinkels berechneten Zusatzlenkwinkels ausgeführt.
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Durch
die Überlagerung
der durch den Fahrer initiierten Lenkbewegung und der weiteren Lenkbewegung
wird dann ein Lenkwinkel an dem Rad eingestellt, welcher der Summe
des von dem Fahrer kommandierten Lenkwinkels und dem Zusatzlenkwinkel
entspricht, wobei der Zusatzlenkwinkel ein dem Vorzeichen des Fahrerlenkwinkels
entgegen gesetztes Vorzeichen aufweist.
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Das
Untersteuern des Fahrzeugs wird beendet, wenn der Fahrer zurücklenkt
oder wenn sich der Fahrbahnreibwert von einem niedrigen auf einen
hohen Reibwert ändert,
wodurch sich die Seitenführungskraft
des Rades erhöht.
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In
einer sehr bevorzugten Durchführungsform
des erfindungsgemäßen Verfahrens
wird die Übersetzungsänderung
dadurch zurückgenommen, dass
der Betrag des Zusatzlenkwinkels nach Maßgabe einer zeitabhängigen Funktion
auf den Wert Null verringert wird, wenn ein Untersteuern des Fahrzeugs
nicht mehr erkannt wird.
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Die
zeitabhängige
Funktion gibt dabei vorzugsweise eine Änderungsrate für den Zusatzlenkwinkel
vor, die einem durch den Fahrer beherrschbaren Lenkwinkelgradienten
entspricht. Die Änderungsrate
des Lenkwinkels am Rad beträgt
dabei vorzugsweise etwa 1 °/s.
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Es
ist ferner bevorzugt, dass das Untersteuern des Fahrzeugs anhand
eines Vergleichs der Differenz zwischen dem von dem Fahrer vorgegeben Lenkwinkel
und einem in einem Fahrzeugmodell berechneten Solllenkwinkel mit
einem vorgegebenen Schwellenwert erkannt wird.
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Zweckmäßigerweise
wird der Solllenkwinkel dabei in Abhängigkeit der für das Fahrzeug
erfassten Gierrate und Querbeschleunigung bestimmt.
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Ein
untersteuerndes Fahrverhalten liegt dann vor, wenn der sich anhand
der Gierrate und der Querbeschleunigung ergebende Lenkwinkel geringer ist,
als der von dem Fahrer kommandierte Lenkwinkel.
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Somit
wird ein Untersteuern zweckmäßigerweise
dann erkannt, wenn der Betrag der Differenz zwischen dem von dem
Fahrer vorgegeben Lenkwinkel und dem Solllenkwinkel größer als
der vorgegebene Schwellenwert ist.
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Es
hat sich gleichwohl gezeigt, dass ein Reibwertwechsel von Niedrigreibwert
auf Hochreibwert anhand des vorgenannten Vergleichs mit Verzögerung erkannt
wird, jedoch sehr gut anhand des Gierratenverlaufs nachgewiesen
werden kann.
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In
einer vorteilhaften Durchführungsform
des erfindungsgemäßen Verfahrens
wird der Betrag des Zusatzlenkwinkel daher auf den Wert Null verringert, wenn
eine starke Änderung
der Gierrate erkannt wird, des weiteren wird der Betrag des Zusatzlenkwinkels
zusätzlich
mit ansteigender Querbeschleunigung verringert. Dem liegt die Erkenntnis
zugrunde, dass bei Niedrigreibwert die Querbeschleunigung sehr klein
ist, so dass ein Reibwertanstieg anhand zunehmender Querbeschleunigung
erkannt werden kann.
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Die
Erfindung stellt zudem eine vorteilhafte Vorrichtung zur Durchführung des
erfindungsgemäßen Verfahrens
bereit.
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Vorzugsweise
handelt es sich dabei um eine Lenkvorrichtung, die eine Überlagerungslenkung
enthält,
bei der eine durch den Fahrer initiierte Lenkbewegung und eine durch
eine Stelleinheit nach Maßgabe
eines Stellsignals initiierte Lenkbewegung überlagert werden, und die ein
Vergleichsmittel zum Vergleichen einer Differenz zwischen einem
erfassten Lenkradwinkel und einem in einem Fahrzeugmodell berechneten
Solllenkwinkel und einem Schwellenwert, sowie eine in Abhängigkeit
des Ergebnisses des Vergleichs zwischen der Differenz und dem Schwellenwert
einschaltbare Einheit zum Erzeugen des Stellsignals in Abhängigkeit
des erfassten Lenkradwinkels aufweist, nach dessen Maßgabe ein Übersetzungsverhältnis zwischen
einem von dem Fahrer vorgegebenen Lenkwinkel und einem Lenkwinkel
an dem Rad erhöht
wird.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform
umfasst die Vorrichtung zudem einen Limiter, der das Übersetzungsverhältnis auf
einen maximalen Wert begrenzt.
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Weitere
Vorteile, bevorzugte Ausgestaltungen und zweckmäßige Weiterbildungen der Erfindung
ergeben sich aus den Unteransprüchen
und der nachfolgenden Darstellung bevorzugter Ausführungsbeispiele
anhand der Figuren.
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Von
den Figuren zeigt
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1 eine
Skizze mit einem Rad, in die verschiedene Zustandsgrößen der
Lenkung und Kräfte eingezeichnet
sind,
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2 ein
Diagramm, das die Abhängigkeit der
seitlichen Reibungszahl von dem Schräglaufwinkel für verschiede ne
Reibwerte darstellt,
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3a ein
Diagramm, das die Abhängigkeit der
seitlichen Reibungszahl von dem Schräglaufwinkel darstellt,
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3b ein
Diagramm, das die Abhängigkeit der
zur Radgeschwindigkeit senkrechten Seitenkraftkomponente von dem
Lenkwinkel darstellt,
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4 eine
Skizze, in die Kraftvektoren für die
Seitenführungskraft
für verschiedene
Lenkwinkel eingezeichnet sind,
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5 ein
Blockdiagramm einer Ausführung der
erfindungsgemäßen Vorrichtung,
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6 ein
Diagramm, das die Anpassung der Lenkübersetzung während des
Untersteuerns veranschaulicht,
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7 Diagramme,
die den zeitlichen Verlauf des Zusatzlenkwinkels, des Lenkwinkels
am Rad und der Gierrate in einer Untersteuersituation mit Reibwertwechsel
darstellen und
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8 Diagramme,
die den zeitlichen Verlauf verschiedener Größen angeben.
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Die
Erfindung stellt ein vorteilhaftes und neuartiges Verfahren bereit,
mit dem eine Verbesserung des Untersteuerverhaltens eines Fahrzeugs
erreicht wird, indem ein Überlenken
des Fahrzeugs dadurch verhindert bzw. verringert wird, dass der
Lenkwinkel δwh an den lenkbaren Rädern des Fahrzeugs durch die Überlagerung
der durch den Fahrer initiierten Lenkbewegung mit einer Zusatzlenkbewegung
gegenüber
dem durch den Fahrer anhand des Lenkradwinkels δdrv vorgegebenen
Wert verringert wird.
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Sie
geht dabei von einem Fahrzeug mit wenigstens einem lenkbaren Rad
und einer Überlagerungslenkung
aus. Der folgenden Darstellung der Erfindung wird dabei beispielhaft
eine spezielle Ausführungsform
eines derartigen Fahrzeugs zugrunde gelegt, bei der das Fahrzeug
ein Lenksystem mit zwei durch ein Eindrehen eines Lenkrades lenkbare
Vorderräder
und zwei Hinterräder
sowie ein Überlagerungsgetriebe
aufweist, in das durch einen Stellantrieb eingegriffen werden kann.
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Es
sind jedoch ebenso Ausführungsformen der
Erfindung denkbar, die auf ein Fahrzeug mit einer anderen Radkonfiguration
angewendet werden können
oder bei denen eine Steer-by-Wire-Lenkung verwendet wird.
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In
die in der 1 dargestellte Skizze sind verschiedene
den Zustand eines lenkbaren Rades charakterisierende Winkelgrößen eingezeichnet.
Das Rad kann beispielsweise eines der lenkbaren Vorderräder eines
Fahrzeugs sein.
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Der
Winkel zwischen der Geschwindigkeit vrad des
Radmittelpunktes und der Felgenebene des Rades wird als Schräglaufwinkel α bezeichnet.
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Der
Lenkwinkel δwh zwischen der Felgenebene des Rades und
der als xFZG-Richtung gekennzeichneten Längsrichtung
des Fahrzeugs kann direkt von dem Fahrer anhand eines Lenkradwinkels δdrv eingestellt
werden, wobei das Lenksystem eines Fahrzeugs üblicherweise ein Lenkgetriebe
beinhaltet, das ein von dem Wert Eins verschiedenes Übersetzungsverhältnis i
zwischen dem Lenkradwinkel δdrv und dem Lenkwinkel δwh an
den Rädern
realisiert.
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Bei
einem Einlenken eines rollenden Rades wird dieses Rad gegenüber seiner
ursprünglichen Bewegungsrichtung
verdreht, die Aufstandsfläche
eines Reifens des Rades deformiert sich, und es entsteht eine Seitenführungskraft
Fy, deren Wert insbesondere von der an das
Rad angreifenden Normalkraft FZ und von
dem aktuellen Fahrbahnreibwert abhängt.
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Aufgrund
der Seitenführungskraft
Fy stellt sich an dem Rad der Schräglaufwinkel α ein, der
mit zunehmender Seitenkraft Fy ebenfalls
zunimmt. Umgekehrt muss ein größerer Schräglaufwinkel α eingestellt
werden, um eine größere Seitenkraft
Fy übertragen
zu können.
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Wird
die Seitenführungskraft
Fy auf die Normalkraft Fz am
Rad bezogen, so lässt
sich der seitliche Kraftschlussbeiwert μlat – auch kurz
als seitliche Reibungszahl bezeichnet – durch die Beziehung Fy = μlat·Fz definieren. Er ist ein Maß für die übertragbare Seitenführungskraft
Fy.
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Die
in Richtung der Felgenebene wirkende Umfangskraft Fx ergibt
sich analog zu Fx = μlong'Fz,
wobei μlong den longitudinalen Kraftschlussbeiwert
bezeichnet.
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Die
Abhängigkeit
der seitlichen Reibungszahl μlat von dem Schräglaufwinkel α, die qualitativ dem
Zusammenhang zwischen der Seitenkraft Fy und
dem Schräglaufwinkel α entspricht,
ist in dem Diagramm in der 2 für verschiedene
Reibwerte dargestellt, wobei die Kurve 210 die Abhängigkeit
für Eis,
die Kurve 220 den Verlauf für Nässe und die Kurve 230 die
Abhängigkeit
für Asphalt
darstellt.
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Für kleine
Schräglaufwinkel α steigt die
seitliche Reibungszahl μlat zunächst
näherungsweise proportional
zum Schräglaufwinkel α an. Bei
größeren Schräglaufwinkeln α werden Tangentialbeschleunigungen
zum hinteren Rand der Radaufstandsfläche hin jedoch so groß, dass
der Grenzwert der Haftreibung überschritten
wird, und ein wachsender Teil der Reifenaufstandsfläche ins
Gleiten gerät.
Die seitliche Reibungszahl steigt dann nicht mehr näherungsweise
linear, sondern degressiv mit dem Schräglaufwinkel α bis zu einen
reibwertabhängigen Maximalwert μlat,max an
und fällt
für sehr
große Schräglaufwinkel α sogar wieder
leicht ab.
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Entsprechendes
gilt für
die Seitenkraft Fy, die somit nicht über einen
Maximalwert Fy,max = μlat,max·Fz hinaus erhöht werden kann.
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Die
zur Geschwindigkeit vrad des Radmittelpunktes
senkrechte Komponente Fy' = Fy·cos(α), die eine
Impulsänderung
senkrecht zur Geschwindigkeit vRad und damit
eine Richtungsänderung
der Bewegung des Rades bewirkt, nimmt mit zunehmendem Schräglaufwinkel α stark ab,
wenn dieser einen zum Maximum μlat,max gehörenden Wert αmax überschritten hat.
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Dies
wird anhand der 3a und 3b veranschaulicht.
Das Diagramm in 3a enthält dabei wiederum die Kennlinie
der seitlichen Reibungszahl μlat in Abhängigkeit des Schräglaufwinkels α für einen
gewissen Reibwert. Das Diagramm in der 3b zeigt
die Kennlinie der Seitenkraft Fy' am Fahrzeug in Ab hängigkeit
des Schräglaufwinkels α, die für große Schräglaufwinkel α abnimmt.
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Der
Winkelbereich für
den Schräglaufwinkel α, bei dem
ein stabiles Fahrverhalten des Fahrzeugs realisiert ist, wird durch
den ebenfalls in den Diagrammen in den 2, 3a und 3b eingezeichneten
Wert αchar begrenzt, für den die Steigung der Kennlinien
noch ausreichend ist, um durch eine geringe Erhöhung des Schräglaufwinkels α eine Erhöhung der
Seitenkraft Fy bzw. Fy' herbeizuführen.
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Das
Fahrzeug wird überlenkt,
wenn ein Schräglaufwinkel α an einem
Rad eingestellt wird, der größer als
der Wert αmax ist. Beim Überlenken kommt es zu einer
Untersteuersituation, in welcher das Fahrzeug der Lenkbewegung nicht
mehr folgt.
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In
einer Untersteuersituation entspricht die Richtung der Geschwindigkeit
vrad der Vorderräder näherungsweise der Bewegungsrichtung
des Fahrzeugs, und der Schwimmwinkel β zwischen der Bewegungsrichtung
des Fahrzeugs und seiner Längsachse
(xFZG) ist klein.
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Der
Schräglaufwinkel α kann somit
näherungsweise
mit dem Lenkwinkel δwh eines Rades identifiziert werden, und
die voranstehend im Hinblick auf den Schräglaufwinkel α getroffenen
Aussagen können
zumindest qualitativ direkt auf den Lenkwinkel δwh übertragen
werden:
Beim Überschreiten
eines reibwertabhängigen
Maximallenkwinkels δmax, der näherungsweise dem Schräglaufwinkel αmax entspricht, nimmt
die Seitenführungskraft
Fy des Rades leicht ab, und die Komponente
Fy' verringert
sich sehr stark.
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Das
Untersteuern kann somit direkt damit in Verbindung gebracht werden,
dass ein zu großer Lenkwinkel δwh von
dem Fahrer eingestellt wird.
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Das Überlenken
eines Fahrzeugs durch den Fahrer ist insbesondere auf niedrigen
Reibwerten, wie sie etwa für
eine schneebedeckte oder vereiste Fahrbahn vorliegen, sehr häufig zu
beobachten. Dies resultiert im Allgemeinen aus der falschen Annahme, die
Seitenführungskraft
Fy bzw. ihre Komponente Fy' durch ein verstärktes Eindrehen
der Räder
erhöhen zu
können.
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Das
erfindungsgemäße Verfahren
ermöglicht
es nun, den Lenkwinkel δwh und damit den Schräglaufwinkels αwh in
einer Untersteuersituation durch die Überlagerung der durch den Fahrer
initiierten Lenkbewegung mit einer zusätzlichen Lenkbewegung zu verringern,
indem das Übersetzungsverhältnis i
der Lenkung mit zunehmendem Lenkradwinkel δdrv kontinuierlich
erhöht
wird.
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In
einer Untersteuersituation wird der Schräglaufwinkel α dadurch
gegenüber
der Fahrervorgabe verringert und in dem durch den Wert αchar charakterisierten
Bereich gehalten, der ein stabiles Fahrverhalten des Fahrzeugs gewährleistet.
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Die
Wirkung des erfindungsgemäßen Verfahrens
ist in den 3a und 3b veranschaulicht,
indem jeweils ein einer Fahrervorgabe bei einem Überlenken entsprechender Punkt 310 der Kennlinien
und ein der erfindungsgemäßen Änderung
der Fahrervorgabe entsprechender Punkt 320 markiert sind.
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In
der 4 ist der mit der Änderung der Fahrervorgabe verbundene
Zuwachs ΔFy' der
Seitenkraftkomponente Fy' anhand einer grafischen Auswertung
dargestellt.
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Die
Seitenkraft Fy1 an einem von einem Fahrer
zu stark eingelenkten Rad (in der Skizze schwarz gezeichnet) ist
wesentlich geringer als die Seitenkraft Fy2 an
dem weniger stark eingedrehten Rad (in der Skizze grau eingezeichnet).
Die Differenz der y-Komponenten der Kräfte Fy1 und
Fy2 ist der Zuwachs ΔFy'.
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Eine
bevorzugte Realisierung des voranstehend dargelegten Erfindungsgedankens
wird anhand der 5 erläutert, die ein Blockdiagramm
eines Lenksystems zeigt, das ein von dem Fahrer bedientes Lenkrad 510,
eine Überlagerungslenkung 520, ein
Lenkgetriebe 530 und ein wenigstens lenkbares Rad 540,
vorzugsweise zwei lenkbare Vorderräder 540, aufweist.
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Eine
durch den Fahrer initiierte Lenkbewegung, bei welcher der Fahrer
mit einem Lenkwinkelgradienten δdrv über
den Lenkradwinkel δdrv einen Lenkwinkel δwh am
Rad vorgibt, kann durch die Überlagerungslenkung
mit einer durch eine Stelleinheit initiierten Lenkbewegung überlagert
werden, so dass eine freie Zuordnung zwischen dem Lenkradwinkel δdrv und
dem Lenkwinkel δwh an den lenkbaren Rädern möglich ist.
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Innerhalb
des dargestellten Lenksystems können
dabei die erfindungsgemäßen Lenkeingriffe mit
geschwindigkeitsabhängigen Änderungen
des Übersetzungsverhältnisses
i kombiniert werden.
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Ohne
die Überlagerung
der Fahrerlenkbewegung mit der zusätzlichen Lenkbewegung wird
der von dem Fahrer am Lenkrad 510 eingestellte Lenkwinkel δdrv direkt
durch das Lenkgetriebe 530 an die Räder 540 übertragen.
Der Lenkwinkel δPinion vor dem Lenkgetriebe 530,
welches die Standardlenkübersetzung
i = iPinion zur Verfügung stellt, entspricht in
diesem Fall dem von dem Fahrer eingestellten Lenkradwinkel δdrv,
so dass sich für
den Lenkwinkel δwh an den Rädern 540 ein Wert
von δwh = iPinion –1·δdrv ergibt. Die
Standardlenkübersetzung
beträgt
beispielsweise 16:1.
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Das Übersetzungsverhältnis i
der Lenkung wird dabei wie üblich
durch i = δdrv/δwh (bzw. präziser durch i = dδdrv/dδwh)
definiert.
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Die Überlagerungslenkung 520 besitzt
einen elektromechanischen Aktuator, der über ein Getriebe in den Lenkstrang
einer konventionellen hydraulischen oder elektrischen Servolenkung
eingreift. Bei dem Getriebe handelt es sich dabei beispielsweise um
ein Planetengetriebe.
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Die
geschwindigkeitsabhängige Änderung der
Lenkübersetzung
i gegenüber
der Standardlenkübersetzung
iPinion wird durch die Steuereinheit 550 vorgenommen.
In Abhängigkeit
der aus den Messsignalen von Raddrehzahlsensoren bestimmten Fahrzeugreferenzgeschwindigkeit
vref ermittelt die Steuereinheit 550 dabei
einen Faktor KVref, durch den der von dem
Fahrer eingestellte Lenkradwinkel δdrv verändert wird.
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Die Überlagerungslenkung
wird durch die Steuereinheit 550 so gesteuert, dass der
Lenkwinkel δPinion von dem Lenkgetriebe 530 einen
Wert von δPinion = KVref·δdrv beträgt. Der
Lenkwinkel δwh an den Rädern ergibt sich damit zu δwh =
iPinion –1·KVref·δdrv,
und das Gesamtübersetzungsverhältnis der
Lenkung ist i = iPinion·KVref –1.
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Der
Faktor KVref variiert beispielsweise zwischen
einem Wert von KVref = 1,25 bei einer Geschwindigkeit
von vref = 0 und ei nem Wert von KVref = 0,6, der bei einer Geschwindigkeit
von vref = 150 km/h erreicht wird. Bei einer
Standardübersetzung
mit i = 16:1 entspricht dies einer sehr direkten Lenkübersetzung
mit i = 10:1 für
kleine Geschwindigkeiten nahe vref = 0 und
einer sehr indirekten Lenkübersetzung
mit i = 20:1 für
hohe Geschwindigkeiten ab vref = 150 km/h.
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Zum
Einstellen des geschwindigkeitsabhängigen Lenkwinkels δPinion wird
dabei durch die Steuereinheit 550 ein Zusatzlenkwinkel ΔδVref =
(KVref – 1)·δdrv berechnet,
wozu die Messsignale eines Lenkradwinkelsensors an die Steuereinheit 550 übermittelt
werden. Der Zusatzlenkwinkel ΔδVref bzw.
ein diesem entsprechendes Stellsignal werden an den Stellantrieb übertragen,
der daraufhin eine entsprechende zusätzliche Lenkbewegung initiiert.
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Die Überlagerung
der Lenkbewegungen entspricht der Addition des Fahrerlenkwinkels δdrv und des
Zusatzlenkwinkels ΔδVref,
so dass sich der Lenkwinkel δPinion = δdrv + ΔδVref =
KVref·δdrv Vor
dem Lenkgetriebe 530 ergibt.
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Die
erfindungsgemäße Überlagerung
der durch den Fahrer initiierten Lenkbewegung mit der zusätzlichen
Lenkbewegung wird durch die Steuereinheit 560 gesteuert.
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Die Überwachung
des Fahrverhaltens des Fahrzeugs auf das Vorliegen einer Untersteuersituation
wird entweder ebenfalls von der Steuereinheit 560 durchgeführt, oder
zur Überwachung
wird eine zusätzliche Überwachungseinheit
in das Lenksystem integriert.
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Wie
es auch bei bekannten ESP-Systemen üblich ist, wird das Untersteuern
des Fahrzeugs dabei anhand eines Vergleichs des von dem Fahrer eingestellten
Lenkradwinkels δdrv bzw. des geschwindigkeitsabhängigen Lenkwinkels δPinion vor
dem Lenkgetriebe mit einem Solllenkwinkel δcalc ermittelt.
Der Solllenkwinkel δcalc wird aus der erfassten Gierrate in der
ebenfalls durch einen entsprechenden Sensor erfassten Querbeschleunigung
ay des Fahrzeugs und der Fahrzeugreferenzgeschwindigkeit
Vref sowie verschiedenen Fahrzeugparametern
in einem Modell berechnet.
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Unter
Zugrundelegung des Einspurmodells ergibt sich für eine stationäre Kreisfahrt
mit konstantem Schwimmwinkel β und
konstanter Gierrate ψ . der Solllenkwinkel
wobei 1 den Radstand und
EG den Eigenlenkgradienten des Fahrzeugs bezeichnet.
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Ein
untersteuerndes Verhalten des Fahrzeugs wird erkannt, wenn die Differenz Δδ = δPinion – δcalc einen
vorgegebenen Schwellenwert überschreitet.
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Liegt
eine Untersteuersituation vor, berechnet die Steuereinheit 560 kontinuierlich
einen Zusatzlenkwinkel ΔδZUS bzw.
ein den Zusatzlenkwinkel repräsentierendes
Stellsignal, nach dessen Maßgabe die
durch die Stelleinheit initiierte Lenkbewegung ausgeführt wird.
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Zur
Erhöhung
des Übersetzungsverhältnisses
i wird dabei ein Zusatzlenkwinkel der Form ΔδZUS =
Kus·δdrv berechnet.
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Der
Faktor Kus ist dabei eine degressiv fallende
Funktion des Lenkradwinkels δdrv, so dass eine degressive Erhöhung des Übersetzungsverhältnisses
i erreicht wird.
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An
die Stelleinheit der Überlagerungslenkung 520 wird
ein den Zusatzlenkwinkel ΔδZUS repräsentierendes
Stellsignal übermittelt,
das mit dem Signal der Steuereinheit 550 kombiniert wird.
Zur Kombination wird dabei ein Addierer 570 verwendet,
so dass anhand der durch den Stellantrieb initiierten Lenkbewegung
ein Zusatzlenkwinkel eingestellt wird, welcher der Summe ΔδVref + ΔδZUS entspricht.
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Durch
die Überlagerung
mit der Fahrerlenkbewegung ergibt sich ein Lenkwinkel von δPinion =
(KVref + Kus)·δdrv vor
dem Lenkgetriebe, und es wird somit ein Lenkwinkel von δwh =
iPinion –1·(KVref + Kus)·δdrv an dem
Rad 540 eingestellt.
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Dem
Addierer 570 ist zudem ein Limiter 580 nachgeschaltet,
der den Wert der Summe Kus + KVref in
Abhängigkeit
der Standardübersetzung
iPinion des Lenkgetriebes 530 auf
einen Wert begrenzt, bei dem die Lenkübersetzung beispielsweise einen
Wert von i = 20:1 nicht überschreitet.
Bei einer Standardübersetzung
von iPinion = 16:1 begrenzt der Limiter 580 die Summe
Kus + KVref Somit
auf einen Wert von 1,25.
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Erkennt
die Steuereinheit 560 die Beendigung einer Untersteuersituation,
da die Differenz Δδ den vorgegebenen
Schwellenwert unterschreitet, wird der Zusatzlenkwinkel ΔδZUS nach
Maßgabe
einer zeitabhängigen
Rampenfunktion auf den Wert Null zurückgefahren. Die Änderungsrate
wird dabei so gewählt,
dass der Zusatzlenkwinkel ΔδZUS mit
einem durch den Fahrer beherrschbaren Gradienten – beispielsweise
1 °/s – zurückgenom men
wird und in Abhängigkeit
des von dem Fahrer vorgegebenen Lenkwinkels δdrv und
Lenkwinkelgradienten δdrv so eingestellt, dass der Zusatzlenkwinkel ΔδZUS spätestens bei
einem Fahrerlenkwinkel von δdrv = 0 den Wert ΔδZUS =
0 erreicht.
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Anhand
der 6 wird ein erfindungsgemäßer Lenkeingriff in einem Diagramm
dargestellt, in dem der Fahrerlenkwinkel δdrv gegen
den Lenkwinkel δwh an den Rädern aufgetragen ist.
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In
das Diagramm eingezeichnete Ursprungsgeraden enthalten Punkte des
Diagramms, für
die das Übersetzungsverhältnis i
konstant ist. Es sind dabei die Geraden für i = 10:1, 12:1, 15:1 und
20:1 eingetragen.
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Die
Standardlenkübersetzung
des Lenkgetriebes wurde für
dieses Diagramm mit iPinion = 12:1 angesetzt.
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Darüber hinaus
wird der folgende Ablauf dargestellt, wobei eine geschwindigkeitsabhängige Veränderung
der Lenkübersetzung
nicht berücksichtigt wird
(KVref = 1)
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Bis
zum Erkennen der Untersteuersituation in Punkt 610 der
in das Diagramm eingezeichneten Kurve lenkt der Fahrer mit der Standardübersetzung iPinion ein.
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Bei
einem weiteren Einlenken des Fahrers über den Punkt hinaus wird die
Lenkübersetzung
i durch die Überlagerung
der Fahrerlenkbewegung und der Zusatzlenkbewegung erhöht, bis
der Maximalwert von i = 20:1 erreicht ist.
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Das Übersetzungsverhältnis i
wird dabei mit zunehmendem Fahrerlenkwinkel δdrv degressiv
bis zu dem Maximalwert erhöht
und – begrenzt
durch den Limiter 580 – bei
einem weiteren Einlenken des Fahrers auf diesem Wert gehalten.
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Lenkt
der Fahrer während
des Untersteuerns zurück,
wie in dem Punkt 630 der Kurve, wird der Zusatzlenkwinkel ΔδZUS und
damit die Änderung
der Lenkübersetzung
i zurückgefahren,
bis diese den Standardwert iPinion erreicht
hat. Dies ist in dem Punkt 640 der Fall.
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Wird
die Untersteuersituation beendet, ohne dass der Fahrer zurücklenkt,
so wird der Zusatzlenkwinkel ΔδZUS mit
einem konstanten und von dem Fahrer beherrschbaren Gradienten zurückgenommen
bis der Lenkwinkel δwh an den Rädern den Wert erreicht, der
sich aufgrund des Fahrerlenkwinkels δdrv bei
der Standardübersetzung
iPinion ergibt. Beispielhaft dafür sind in
der Kurve die Punkte 650 und 660 markiert, an denen
eine Untersteuersituation beendet wird. Der Zusatzlenkwinkel ΔδZUS wird
anhand der gestrichelten Linien zurückgenommen, bis der Punkt 670 bzw. der
Punkt 680 auf der zur Standardübersetzung gehörenden Ursprungsgeraden
erreicht ist.
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Das
Untersteuern kann dabei beispielsweise aufgrund eines Reibwertwechsels
beendet werden, der in der Differenz Δδ = δPinion – δcalc jedoch
erst mit Verzögerung
erkannt werden kann.
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Daher
wird während
des Untersteuerns neben der Differenz Δδ ebenfalls der Verlauf der Gierrate ψ . des
Fahrzeugs ausgewertet, um das Beenden einer Untersteuersituation
zu erkennen.
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Zur
Veranschaulichung dieses Vorgehens zeigt die 7 ein Diagramm
mit dem zeitlichen Verlauf des Betrages des Zusatzlenkwinkels ΔδZUS ein Diagramm
mit dem zeitlichen Verlauf des Lenkwinkels δwh an
den Rädern
(gestrichelte Kurve in dem zweiten Diagramm von oben) und dem Verlauf
des dem Fahrerlenkwinkel δdrv bei einer Standardlenkübersetzung
i = iPinion entsprechenden Lenkwinkels δwh an
den Rädern
(durchgezogene Kurve in dem zweiten Diagramm von oben) sowie den
zeitlichen Verlauf der Gierrate ψ . des Fahrzeugs.
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Das
untere Diagramm mit dem Gierratenverlauf verdeutlicht, dass der
Reibwertwechsel, der zu der Zeit tc auftritt,
anhand eines Gierratensprungs nachgewiesen werden kann.
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Durch
den Vergleich der Differenz Δδ mit dem
Schwellenwert wird der Beginn einer Untersteuersituation zum Zeitpunkt
t1 festgestellt. Die Erkennung der Beendigung
der Untersteuersituation durch den Reibwertwechsel geschieht erst
zum Zeitpunkt t2 mit einiger Verzögerung.
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Daher
wird der Wert der Gierrate ψ . zum Zeitpunkt t1 des
Eintretens in die Untersteuersituation, beispielsweise durch die
Steuereinheit 560, gespeichert und kontinuierlich mit der
aktuell erfassten Gierrate ψ . verglichen. Ergibt der Vergleich eine
starke Änderung
der Gierrate ψ . gegenüber
dem gespeicherten Wert, dann wird der Zusatzlenkwinkel ΔδZUS mit
einem konstanten Gradienten δZUS auf den Wert Null zurückgefahren.
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In
den 8a) bis e) sind einige Diagramme gezeigt, welche
die Abhängigkeit
verschiedener Größen von
der Zeit t während
eines erfindungsgemäßen Lenkeingriffs
darstellen.
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Das
Diagramm in der 8a) zeigt den zeitlichen Verlauf
des Lenkwinkels δwh an den Rädern.
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Das
Diagramm in der 8b) gibt den zeitlichen Verlauf
des Zusatzlenkwinkels ΔδZUS wieder.
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Das
Diagramm in der 8c) stellt den durch den Fahrer
eingestellten Lenkradwinkel δdrv in Abhängigkeit der Zeit t dar.
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Das
Diagramm in der 8d) zeigt den zeitlichen Verlauf
der Differenz Δi
= i – iPinion zwischen dem aktuellen Wert i der
Lenkübersetzung
und der Standardübersetzung
iPinion des Lenkgetriebes.
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Das
Diagramm in der 8e) gibt den zeitlichen Verlauf
einer Funktion f wieder, die in einer Untersteuersituation den Wert
1 und sonst den Wert 0 annimmt.
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Die
Diagramme sind das Ergebnis einer Simulation zur Durchführung des
erfindungsgemäßen Verfahrens,
bei der eine Standardübersetzung
von iPinion = 10:1 und eine sägezahnartige
Lenkvorgabe δdrv des Fahrers zugrunde gelegt wurde.
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Der
Zusatzlenkwinkel ΔδZUS hat
ein gegenüber
dem Fahrerlenkwinkel δdrv verschiedenes Vorzeichen, um den Lenkwinkel δwh gegenüber seinem
sich anhand der Fahrervorgabe δdrv und der Standardübersetzung iPinion entsprechenden
Wert zu verringern.
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Das
Diagramm in der 8b) zeigt dabei, dass der Betrag
des Zusatzlenkwinkels nach dem Beginn der Untersteuersituation erhöht wird,
solange der Fahrer weiter einlenkt. Beim Zurücklenken des Fahrers während des
Untersteuerns wird der Zusatzlenkwinkel ΔδZUS zurückgenommen,
bis die Übersetzung
i der Standardübersetzung
iPinion entspricht und Δi = 0 ist (siehe Diagramm in
der 8d)).
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Lenkt
der Fahrer nun während
des Untersteuerns in die andere Richtung ein, so wird der Betrag
des Zusatzlenkwinkels ΔδZUS wiederum
erhöht, bis
der Fahrer zurücklenkt.
Der Lenkwinkelgradient sinkt dabei mit zunehmendem Fahrerlenkwinkel δdrv und
der Betrag des Zusatzlenkwinkels wird so erhöht, dass die Lenkübersetzung
i nach dem Erreichen des Maximalwerts von i = 20:1 (dem in dem Diagramm
in der 8d) ein Wert von Δi = 10 entspricht)
konstant bleibt, bis der Zusatzlenkwinkel ΔδZUS beim
Zurücklenken
des Fahrers zurückgenommen
wird.
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Zusammenfassend
ist damit festzuhalten, dass die Erfindung ein vorteilhaftes Verfahren
schafft, mit dem das Kurvenverhalten eines Fahrzeugs durch die Überlagerung
des Fahrerlenkwinkels δdrv mit einem Zusatzlenkwinkel ΔδZUS erheblich
verbessert wird.