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Die Erfindung betrifft ein mechanisch entkoppeltes Lenksystem für ein Fahrzeug und ein Verfahren zum Betreiben eines mechanisch entkoppelten Lenksystems für ein Fahrzeug.
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Untersteuern ist ein Begriff aus der Fahrdynamik, der zur Beschreibung des Eigenlenkverhaltens dient. Er beschreibt den Umstand, dass bei Kurvenfahrt der Lenkradwinkel umso größer wird, je schneller der Radius befahren wird. In modernen elektrischen Stabilitätsprogrammen werden die tatsächlichen Bewegungsgrößen mit dem aus dem Lenkradwinkel und der Fahrgeschwindigkeit anhand des internen Einspurmodells abgeleiteten Fahrerwunsch verglichen. Möchte der Fahrer „mehr Kurve fahren“ als tatsächlich gemessen, wird auf Untersteuern erkannt. Bei zu großen Abweichungen wird automatisch das kurveninnere Hinterrad abgebremst und die Motorleistung zurückgenommen. Eine andere anschauliche Erklärung für die Untersteuerung ist, dass es einen Punkt gibt, bei dem trotz anwachsendem Lenkwinkel die zur Verfügung stehende Seitenkraft abnimmt.
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Bei mechanisch entkoppelten Lenksystemen kann eine Bewegung einer Lenkhandhabe von einer Bewegung der Räder entkoppelt werden. Mechanisch entkoppelte Steer-by-wire-Lenksysteme sind dadurch gekennzeichnet, dass zwischen einer Lenkhandhabe und einem Lenkgetriebe keine mechanische Verbindung oder Kopplung mehr existiert. Typischerweise ist an der Lenkhandhabe mindestens ein Sensor zur Erfassung eines Drehwinkels oder Drehmoments angeordnet, dessen Sensorsignale an ein Steuergerät übertragen werden, das dann mittels des Lenkgetriebes die Lenkanforderung umsetzt. Hierzu wird das Lenkgetriebe durch mindestens einen elektrischen Servomotor angetrieben. Aus Redundanzgründen werden üblicherweise mindestens zwei Servomotoren mit eigener Leistungselektronik verwendet. Die Servomotoren arbeiten dabei auf einem gemeinsamen Rotor, der mit dem Lenkgetriebe verbunden ist, das wiederum mit einer Zahnstange verbunden ist. Dabei ist es auch bekannt, einen Servomotor mit zwei Halbmaschinen zu verwenden, die vorzugsweise symmetrisch aufgebaut sind, also jeweils 50 % der Gesamtleistung aufbringen. Weiter ist es bekannt, an der Lenkhandhabe einen Aktor vorzusehen, der ein definiertes Gegenmoment an der Lenkhandhabe erzeugt, um dem Kraftfahrzeugführer durch Rückkopplung ein besseres haptisches Gefühl zu vermitteln. Dieser Aktor wird auch als Force-Feedback-Aktor bezeichnet. Bei mechanisch entkoppelten Überlagerungslenkungen wird dem Lenkradwinkel ein Winkel überlagert. Der Drehwinkel am Eingang des Lenkgetriebes entspricht dann nicht mehr dem Winkel des Lenkrads. Hierdurch ist einerseits eine stufenlose Anpassung der Lenkübersetzung möglich. Andererseits erlaubt die Überlagerung auch schnelle fahrdynamische Eingriffe, indem während der Fahrt bei gleichbleibendem Lenkradwinkel der Lenkwinkel am Rad verändert wird.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein mechanisch entkoppeltes Lenksystem für ein Fahrzeug zu schaffen, das insbesondere ein verbessertes Stabilisierungsverhalten aufweist, sowie ein entsprechendes Verfahren zum Betreiben eines mechanisch entkoppelten Lenksystems zur Verfügung zu stellen.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein mechanisch entkoppeltes Lenksystem mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 und ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 10 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Insbesondere wird ein mechanisch entkoppeltes Lenksystem für ein Fahrzeug geschaffen, umfassend eine Lenkhandhabe, ein Lenkgetriebe und ein Steuergerät, wobei die Lenkhandhabe mindestens einen Sensor zum Erfassen eines Lenkradwinkels und/oder eines Handmoments an der Lenkhandhabe aufweist, wobei das Lenkgetriebe mindestens eine elektrische Maschine aufweist, die mit einer Zahnstange gekoppelt ist, wobei das Steuergerät dazu eingerichtet ist, einen Soll-Lenkwinkel in Abhängigkeit eines mittels des mindestens einen Sensors erfassten Ist-Lenkradwinkels und/oder Ist-Handmoments zu bestimmen und das Lenkgetriebe zu steuern, und wobei das Steuergerät ferner dazu eingerichtet ist, einen Untersteuerungs-Fall ausgehend von mindestens einem Untersteuerungsindikator zu erkennen, einen bei Erkennen vorliegenden Ist-Lenkwinkel als Referenzlenkwinkel zu setzen und einen durch Ändern des Ist-Lenkradwinkels angeforderten oberhalb des Referenzlenkwinkels liegenden Soll-Lenkwinkel gemäß einer vorgegebenen, insbesondere referenzlenkwinkelabhängigen, Kennlinie anzupassen.
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Ferner wird insbesondere ein Verfahren zum Betreiben eines mechanisch entkoppelten Lenksystems für ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt, wobei das Lenksystem eine Lenkhandhabe, ein Lenkgetriebe, und ein Steuergerät umfasst, wobei die Lenkhandhabe mindestens einen Sensor zum Erfassen eines Lenkradwinkels und/oder eines Handmoments an der Lenkhandhabe aufweist, wobei das Lenkgetriebe mindestens eine elektrische Maschine aufweist, die mit einer Zahnstange gekoppelt ist, wobei ein Soll-Lenkwinkel in Abhängigkeit eines mittels des mindestens einen Sensors erfassten Ist-Lenkradwinkels und/oder Ist-Handmoments bestimmt wird und das Lenkgetriebe mittels des Steuergeräts gesteuert wird, und wobei ein Untersteuerungs-Fall ausgehend von mindestens einem Untersteuerungsindikator erkannt wird, wobei ein bei Erkennen vorliegender Ist-Lenkwinkel als Referenzlenkwinkel gesetzt wird und ein durch Ändern des Ist-Lenkradwinkels angeforderter oberhalb des Referenzlenkwinkels liegender Soll-Lenkwinkel gemäß einer vorgegebenen, insbesondere referenzlenkwinkelabhängigen, Kennlinie angepasst wird.
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Das Lenksystem und das Verfahren ermöglichen es, im Fall des Untersteuerns einen effektiven Fahrdynamikeingriff vorzunehmen, um eine Stabilität des Fahrzeugs bei der Kurvenfahrt sicherzustellen. Eine Grundidee hierbei ist, dass, wenn der Fahrzeugführer in die Untersteuerung einlenkt, dies oberhalb des Referenzlenkwinkels gemäß der Kennlinie korrigiert wird und hierdurch insbesondere eine lenkradwinkelabhängige Reduzierung des an das Lenkgetriebe übergebenen Soll-Lenkwinkels erfolgt. Auf diese Weise kann die Untersteuerung begrenzt werden, wobei dies für den Fahrzeugführer vom Fahrkomfort her angenehm ist, da hierzu insbesondere keine Bremseingriffe und/oder Geschwindigkeitsreduktionen notwendig sind.
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Den Untersteuerindikator erhält das Steuergerät beispielsweise von einem elektrischen Stabilitätsprogramm oder einem anderen Steuergerät, beispielsweise von einer Fahrzeugsteuerung. Alternativ kann auch das Lenksystem selbst über eine geeignete Sensorik verfügen, welche geeignete Sensordaten bereitstellt, um den Untersteuerindikator zu bestimmen und den Untersteuerungs-Fall zu detektieren.
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Die Kennlinie bildet insbesondere einen Zusammenhang zwischen einem Lenkradwinkel an der Lenkhandhabe (insbesondere an einem Lenkrad) und einem Lenkwinkel an mindestens einem lenkbaren Rad ab. Ist eine solche Kennlinie beispielsweise linear, so wird jede Änderung des Lenkradwinkels direkt proportional in eine Änderung des Lenkwinkels umgesetzt. In diesem Beispiel kann durch Ändern der linearen Steigung der Kennlinie ein solcher Zusammenhang in Bezug auf eine Stärke der Umsetzung des Lenkradwinkels in den Lenkwinkel eingestellt werden. Die Kennlinie ist insbesondere nicht durchgehend linear ausgebildet, sondern kann zumindest abschnittsweise eine sich ändernde Steigung aufweisen. Die Kennlinie kann beispielsweise zumindest abschnittsweise mittels einer Polynomfunktion beschrieben werden. Ein Kennlinienverlauf und/oder Kennlinienparameter werden insbesondere in empirischen Versuchsreihen und/oder durch Simulation bestimmt.
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Teile des Lenksystems, insbesondere das Steuergerät, können einzeln oder zusammengefasst als eine Kombination von Hardware und Software ausgebildet sein, beispielsweise als Programmcode, der auf einem Mikrocontroller oder Mikroprozessor ausgeführt wird. Es kann jedoch auch vorgesehen sein, dass Teile einzeln oder zusammengefasst als anwendungsspezifische integrierte Schaltung (ASIC) und/oder feldprogrammierbares Gatterfeld (FPGA) ausgebildet sind.
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In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass die Kennlinie zumindest einen Übergangsbereich und einen Grenzbereich aufweist, wobei der Übergangsbereich zwischen dem Referenzlenkwinkel und dem Grenzbereich liegt. Hierdurch können verschiedene Bereiche der Kennlinie definiert werden, wobei bei Feststellen des Übersteuerns ein Lenkverhalten von einem Normalbereich über den Übergangsbereich in den Grenzbereich überführt wird. Insbesondere kann hierdurch ein abrupter Wechsel im Lenkverhalten des Lenksystems verhindert werden und stattdessen ein für den Fahrzeugführer als sanft oder fließend wahrgenommener Übergang bereitgestellt werden. Insbesondere kann vorgesehen sein, dass ein Zusammenhang zwischen einem Lenkradwinkel und einem Lenkwinkel in einem Normalbereich linear ist. Im Übergangsbereich, das heißt, beginnend mit dem Referenzlenkwinkel im Falle des Übersteuerns, wird der Zusammenhang dann über den Übergangsbereich hinweg überführt in einen linearen Zusammenhang mit geringerer Steigung, sodass im Grenzbereich eine Änderung des Lenkradwinkels zu einer geringeren Änderung des Lenkwinkels führt als im Normalbereich. Insbesondere im Übergangsbereich kann die Kennlinie als Polynomfunktion ausgebildet sein und/oder als solche beschrieben werden. Grundsätzlich eignen sich aber auch andere Kennlinienverläufe.
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In einer weiterbildenden Ausführungsform ist vorgesehen, dass die Kennlinie zumindest für den Übergangsbereich parametrierbar ist. Hierdurch können individuelle Präferenzen berücksichtigt werden. Ferner ermöglicht dies auch die Verwendung einer situationsabhängigen Kennlinie. Es kann beispielsweise hierdurch die Präferenz umgesetzt werden, innerhalb von einem Bereich von 2° des Radlenkwinkels von 0 % auf 90 % Anpassung bzw. Kompensation bei der Umsetzung des (Ist-)Lenkradwinkels in den (Soll-)Lenkwinkel überzublenden.
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In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass die Kennlinie unter Berücksichtigung von einer Geschwindigkeit des Fahrzeugs und/oder einem Reibwert und/oder einem Wert des mindestens einen Untersteuerungsindikators gewählt oder parametriert ist oder wird. Dies ermöglicht das Anpassen der Kennlinie an eine bestimmte Fahrsituation des Fahrzeugs.
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In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass ein Schwellwert, ab dem eine Untersteuerung festgestellt wird, unter Berücksichtigung von einer Geschwindigkeit des Fahrzeugs und/oder einem Reibwert festgelegt ist oder wird. Dies ermöglicht ein Festlegen des Bereichs, ab dem eine Untersteuerung erkannt wird, in Abhängigkeit von einer aktuellen Fahrsituation des Fahrzeugs. Beispielsweise können hierdurch unterschiedliche Witterungsverhältnisse berücksichtigt werden (z.B. trockene Fahrbahn, nasse Fahrbahn, Schnee, Eis etc.).
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In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass der mindestens eine Untersteuerungsindikator ein kontinuierlicher Indikator ist, der proportional zu einer Stärke der Untersteuerung ist. Hierdurch ist zum einen eine schnelle Erkennung der Untersteuerung möglich. Ferner kann der Untersteuerindikator hierdurch als ein die aktuelle fahrdynamische Situation des Fahrzeugs beschreibende kontinuierliche Größe verwendet werden, ausgehend von der in ausreichender Auflösung zu jedem Zeitpunkt und in jeder Situation ein Eingriff in die Fahrdynamik erfolgen kann. Insbesondere kann die Kennlinie hierdurch mit Hilfe des mindestens einen kontinuierlichen Untersteuerungsindikator zu jedem Zeitpunkt gewählt und/oder parametriert werden.
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In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass der mindestens eine Untersteuerungsindikator ausgehend von einem Vergleich zwischen einer Soll-Gierrate und einer Ist-Gierrate des Fahrzeugs bestimmt ist oder wird. Beispielsweise kann der mindestens eine Untersteuerindikator ein aus der Soll-Gierrate und der Ist-Gierrate bestimmter Differenzwert sein oder diesen umfassen. Überschreitet der Differenzwert einen vorgegebenen Schwellwert, so wird eine Untersteuerung erkannt. Auch kann die Kennlinie unter Berücksichtigung eines solchen Differenzwertes gewählt und/oder parametriert werden.
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In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass der mindestens eine Untersteuerungsindikator ausgehend von einer auf Vorderräder des Fahrzeugs wirkenden Seitenkraft bestimmt ist oder wird. Beispielsweise erfasst ein Seitenkraftsensor die Seitenkraft aufgrund des eingestellten Ist-Lenkradwinkels. Nimmt dann die Seitenkraft nicht zu, obwohl der (Ist-)Lenkwinkel an den Rädern erhöht wird, so liegt ein Untersteuerungsfall vor.
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In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass der mindestens eine Untersteuerungsindikator ausgehend von einer Querbeschleunigung bestimmt ist oder wird. Beispielsweise erfasst ein Beschleunigungssensor die Querbeschleunigung aufgrund des eingestellten Ist-Lenkradwinkels. Nimmt dann die Querbeschleunigung nicht zu, obwohl der (Ist-)Lenkwinkel an den Rädern erhöht wird, so liegt ein Untersteuerungsfall vor.
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In einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass das Lenksystem ein Hinterradlenksystem ist oder zusätzlich ein Hinterradlenksystem umfasst, welches in gleicher Weise eingerichtet ist. Insbesondere kann die Hinterradlenkung zusätzlich oder alternativ gemäß dem in dieser Offenbarung beschriebenen Lenksystem ausgebildet sein.
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Weitere Merkmale zur Ausgestaltung des Verfahrens ergeben sich aus der Beschreibung von Ausgestaltungen des Lenksystems. Die Vorteile des Verfahrens sind hierbei jeweils die gleichen wie bei den Ausgestaltungen des Lenksystems.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele unter Bezugnahme auf die Figuren näher erläutert. Hierbei zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung einer Ausführungsform des mechanisch entkoppelten Lenksystems für ein Fahrzeug;
- 2 eine schematische Darstellung einer Kennlinie zur Verdeutlichung einer Ausführungsform des Lenksystems und des Verfahrens.
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Die 1 zeigt eine schematische Darstellung einer Ausführungsform des mechanisch entkoppelten Lenksystems 1 für ein Fahrzeug. Im Beispiel ist das Lenksystem 1 ein Steer-by-Wire-Lenksystem. Grundsätzlich kann das Lenksystem 1 aber auch eine Überlagerungslenkung sein.
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Das Lenksystem 1 umfasst ein Lenkradmodul 2 und ein Lenkmodul 3. Eine Lenkhandhabe 4 (Lenkrad) ist mit dem Lenkradmodul 2 verbunden und das Lenkradmodul 2 weist ein Sensor 5 zum Erfassen eines Lenkradwinkels 6 und/oder eines Handmoments an der Lenkhandhabe 4 auf. Der erfasste Lenkradwinkel 6 wird dem Lenkmodul 3 zugeführt. Das Lenkmodul 3 weist ein Lenkgetriebe 7 und ein Steuergerät 8 auf. Das Lenkgetriebe 7 weist mindestens eine elektrische Maschine 9 (z.B. mindestens einen Servomotor) auf, die mit einer Zahnstange 10 gekoppelt ist. Die Zahnstange 10 ist mit mindestens einem lenkbaren Rad (nicht gezeigt) gekoppelt.
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Das Steuergerät 8 ist dazu eingerichtet, einen Soll-Lenkwinkel 11 in Abhängigkeit eines mittels des Sensors 5 erfassten Ist-Lenkradwinkels 6 und/oder Ist-Handmoments zu bestimmen und das Lenkgetriebe 7 entsprechend dem Soll-Lenkwinkel 11 zu steuern (oder zu regeln).
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Das Steuergerät 8 ist ferner dazu eingerichtet, einen Untersteuerungs-Fall ausgehend von mindestens einem Untersteuerungsindikator 30 zu erkennen, einen bei Erkennen vorliegenden Ist-Lenkwinkel 12 als Referenzlenkwinkel 13 zu setzen und einen durch Ändern des Ist-Lenkradwinkels 6 angeforderten oberhalb des Referenzlenkwinkels 13 liegenden Soll-Lenkwinkel 11 gemäß einer vorgegebenen, insbesondere referenzlenkwinkelabhängigen, Kennlinie 14 anzupassen. Der Untersteuerindikator 30 wird dem Steuergerät 8 beispielsweise von einer Fahrzeugsteuerung bereitgestellt.
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Das Lenkradmodul 2 weist ferner insbesondere einen Aktor 15 auf, wobei das Steuergerät 8 weiter dazu eingerichtet ist, ausgehend von dem Ist-Lenkwinkel 12 ein Rückkopplungsmoment 16 an der Lenkhandhabe 4 zu bestimmen und hiermit den Aktor 15 anzusteuern.
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Die 2 zeigt eine schematische Darstellung einer beispielhaften Kennlinie 14. Auf der x-Achse ist der (Ist-)Lenkradwinkel 6 und auf der y-Achse der (Soll-)Lenkwinkel 11 jeweils in linearer Skala gezeigt. Es ist insbesondere vorgesehen, dass das Steuergerät 8 den (Soll-)Lenkwinkel 11 ausgehend von dem (Ist-)Lenkradwinkel 6 mittels der Kennlinie 14 festlegt. Die Kennlinie 14 weist insbesondere drei Bereiche auf: einen Normalbereich 20, einen Übergangsbereich 21 und einen Grenzbereich 22. Im Normalbereich 20 wird der (Soll-)Lenkwinkel 11 gemäß einem linearen Zusammenhang ausgehend von dem (Ist-)Lenkradwinkel 6 bestimmt. Der Übergangsbereich 21 liegt zwischen dem Normalbereich 20 und dem Grenzbereich 22. Der Übergangsbereich 21 beginnt beim Referenzlenkwinkel 13, das heißt, ab dem (Ist-)Lenkwinkel, ab dem eine Übersteuerung festgestellt wird. Im Übergangsbereich 21 wird die Steigung in Abhängigkeit vom (Ist-)Lenkradwinkel 6 an eine Steigung im Grenzbereich 22 angepasst, beispielsweise mittels einer geeigneten Polynomfunktion. Im Grenzbereich 22 ist der Zusammenhang zwischen dem (Ist-)Lenkradwinkel 6 und dem (Soll-)Lenkwinkel 11 wieder linear, wobei eine Steigung sehr viel kleiner ist als im Normalbereich. Sobald der Untersteuerungs-Fall festgestellt wird, das heißt ab dem dann gesetzten Referenzlenkwinkel 13, werden alle oberhalb des Referenzlenkwinkels 13 liegenden (Soll-)Lenkwinkel 11 entsprechend der Kennlinie 14 angepasst. Hierbei ist insbesondere vorgesehen, dass die Kennlinie 14 oberhalb des Referenzlenkwinkels 13 entsprechend verschoben wird, wenn ein anderer Referenzlenkwinkel 13 vorliegt.
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Wird keine Untersteuerung mehr erkannt, so folgt der Zusammenhang zwischen dem (Ist-)Lenkradwinkel 6 und dem (Soll-)Lenkwinkel 11 wieder der Kennlinie 14 im Normalbereich 20, wobei der Übergang vom Grenzbereich 22 zurück in den Normalbereich 21 hierbei wieder gemäß der Kennlinie 14 im Übergangsbereich 21 erfolgt.
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Es kann vorgesehen sein, dass die Kennlinie 14 zumindest für den Übergangsbereich 21 parametrierbar ist. Beispielsweise können eine Breite des Übergangsbereichs 21 und/oder eine Form der Kennlinie 14 im Übergangsbereich 21, beispielsweise eine Krümmung, eingestellt werden. Hierbei kann beispielsweise eine Polynomfunktion oder eine andere geeignete Funktion verwendet werden. Es kann ferner vorgesehen sein, dass die Kennlinie 14 auch im Grenzbereich 22 parametriert werden kann. Beispielsweise kann vorgesehen sein, dass eine Steigung der Kennlinie 14 im Grenzbereich 22 eingestellt werden kann.
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Es kann vorgesehen sein, dass die Kennlinie 14 unter Berücksichtigung von einer Geschwindigkeit des Fahrzeugs und/oder einem Reibwert und/oder einem Wert des mindestens einen Untersteuerungsindikators 30 (1) gewählt oder parametriert ist oder wird. Beispielsweise können eine Steigung und/oder eine Krümmung gewählt oder parametriert werden.
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Es kann vorgesehen sein, dass ein Schwellwert, ab dem eine Untersteuerung festgestellt wird, unter Berücksichtigung von einer Geschwindigkeit des Fahrzeugs und/oder einem Reibwert festgelegt ist oder wird. Dies erfolgt beispielsweise mittels des Steuergeräts 8, welches die vorgenannten Größen beispielsweise von einer Fahrzeugsteuerung übermittelt bekommt.
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Es kann vorgesehen sein, dass der mindestens eine Untersteuerungsindikator 30 ein kontinuierlicher Indikator ist, der proportional zu einer Stärke der Untersteuerung ist.
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Es kann vorgesehen sein, dass der mindestens eine Untersteuerungsindikator 30 ausgehend von einem Vergleich zwischen einer Soll-Gierrate und einer Ist-Gierrate des Fahrzeugs bestimmt ist oder bestimmt wird. Hierzu bildet beispielsweise die Fahrzeugsteuerung eine Differenz zwischen der Soll-Gierrate und der Ist-Gierrate und übergibt die Differenz als Untersteuerungsindikator 30 an das Steuergerät 8. Das Steuergerät 8 vergleicht die Differenz dann mit einem vorgegebenen Schwellwert, oberhalb dessen der Untersteuerungs-Fall festgestellt wird. Die Differenz kann aber auch von dem Steuergerät 8 bestimmt werden.
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Es kann vorgesehen sein, dass der mindestens eine Untersteuerungsindikator 30 ausgehend von einer auf Vorderräder des Fahrzeugs wirkenden Seitenkraft bestimmt ist. Hierzu wird beispielsweise eine Änderung der Seitenkraft in Abhängigkeit von einer Änderung des (Ist-)Lenkwinkels 12 bestimmt. Ändert sich der (Ist-)Lenkwinkel 12, aber die Seitenkraft bleibt konstant, so wird der Untersteuerungs-Fall festgestellt. Dies kann beispielsweise mittels des Steuergeräts 8 erfolgen.
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Es kann vorgesehen sein, dass der mindestens eine Untersteuerungsindikator 30 ausgehend von einer Ist-Querbeschleunigung bestimmt ist. Hierzu wird beispielsweise eine Änderung der Querbeschleunigung in Abhängigkeit von einer Änderung des (Ist-)Lenkwinkels 12 bestimmt. Ändert sich der (Ist-)Lenkwinkel 12, aber die Querbeschleunigung bleibt konstant, so wird der Untersteuerungs-Fall festgestellt. Dies kann beispielsweise mittels des Steuergeräts 8 erfolgen.
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Es kann vorgesehen sein, dass das Lenksystem 1 ein Hinterradlenksystem 23 ist oder zusätzlich ein Hinterradlenksystem umfasst, welches in gleicher Weise eingerichtet ist.
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Ausführungsformen des Verfahrens ergeben sich aus den beschriebenen Ausführungsformen des Lenksystems.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Lenksystem
- 2
- Lenkradmodul
- 3
- Lenkmodul
- 4
- Lenkhandhabe
- 5
- Sensor
- 6
- (Ist-)Lenkradwinkel
- 7
- Lenkgetriebe
- 8
- Steuergerät
- 9
- elektrische Maschine
- 10
- Zahnstange
- 11
- (Soll-)Lenkwinkel
- 12
- (Ist-)Lenkwinkel
- 13
- Referenzlenkwinkel
- 14
- Kennlinie
- 15
- Aktor
- 16
- Rückkopplungsmoment
- 20
- Normalbereich
- 21
- Übergangsbereich
- 22
- Grenzbereich
- 23
- Hinterradlenksystem
- 30
- Untersteuerungsindikator