DE102005012532B4 - Verfahren zur Vermehrung von menschlichen oder tierischen Zellen - Google Patents

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Abstract

Verfahren zur Vermehrung von menschlichen oder tierischen Zellen, bei dem man einen Träger mit Nährmedium überschichtet, den Träger mit lebenden menschlichen oder tierischen Zellen in Verbindung bringt, den Zellen gestattet, sich an den Träger anzuheften und sich zu vermehren, und sukzessive weitere Träger zugibt, so dass eine weitere Vermehrung der Zellen auf den sukzessive zugegebenen Trägern erfolgt, die sich an den/die bereits bewachsenen Träger anlagern.

Description

  • Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Vermehrung von menschlichen oder tierischen Zellen, insbesondere von Gewebezellen.
  • Zellen aus menschlichem oder tierischem Gewebe werden bei zellbasierten Therapien oder beim so genannten "Tissue Engineering" eingesetzt. Letzteres hat zum Ziel, künstlich Zellgewebe mit körperspezifischen Eigenschaften zu erstellen. Anwendungsbereiche für das "Tissue Engineering" sind zum Beispiel die Implantatherstellung (Generierung von künstlicher Haut, funktionellen Gefäßen oder Gewebesystemen wie Leber, Knorpel etc.), physiologische Untersuchungen an "in vitro"-Gewebekulturen, Kompatibilitätsuntersuchungen an Biomaterialien, Verträglichkeitsprüfungen von Medikamenten oder Toxizitätstests für bestimmte Substanzen.
  • Bei herkömmlichen Verfahren zur Kultivierung von Gewebezellen erfolgt nach einer Biopsie die eigentliche Vermehrung (Proliferation) der Zellen in Zellkulturflaschen. Hierbei besteht das Problem, dass die bei der Biopsie entnommene Zellmenge häufig sehr gering ist und nicht ausreicht, um die erforderliche Animpfkonzentration zu erreichen. Die Zellen wachsen dann nicht an und sterben ab.
  • Wachsen die Zellen dagegen an, lässt sich in einer Kulturflasche die Zellzahl allerdings nur um den Faktor 10...20 steigern. Die Zellen müssen daher anschließend in einem mehrstufigen Prozess kultiviert werden. Adhärente Zellen werden vor jedem neuen Kultivierungsschritt von der Gefäßoberfläche mittels enzymatischer Behandlung abgelöst, meist unter Verwendung von Trypsin. Hierbei kann es zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Zellen kommen, etwa zum Absterben von Zellen auf Grund der Einwirkung des Enzyms oder zu einer Veränderung der zellphysiologischen Eigenschaften (Dedifferenzierung). Vielfach lässt sich dieser auch als "Passagieren" bezeichnete Vorgang nur etwa 10 mal durchführen, bevor die Zellen ihre phänotypischen Eigenschaften dauerhaft verlieren. Zudem ist der hohe manuelle Aufwand auf Grund des hohen Kontaminationsrisikos nachteilig.
  • Aus dem Stand der Technik ist auch die Kultivierung von Gewebezellen auf Microcarriern bekannt. In Baker und Goodwin (1997), In Vitro Cell. Dev. Biol.-Animal 33:358–365, ist beispielsweise eine dreidimensionale Kultur von Chondrozyten auf Microcarriern in einem "Rotating Wall Vessel" (RWV) beschrieben. Microcarrier und Zellen werden zum Medium zugegeben, und es bilden sich im Verlauf der Zellkultur Microcarrier-Aggregate. Parallel angesetzte Kontrollkulturen in Petrischalen zeigten nachteilige Eigenschaften gegenüber den RWV-Kulturen. Die Anzucht von Chondrozyten auf Microcarrier ist auch in Malda et al. (2003), Tissue Engineering 9, 939–948, beschrieben. Im Rahmen von Auswahltests zur Feststellung der Eignung von Microcarriern für die Expansion von Chondrozyten wurden auf verschiedenen Microcarriern zunächst Chondrozyten immobilisiert. Für die eigentliche Zellkultur wurden die Zellen in Spinnerflaschen auf den ausgewählten Microcarriern immobilisiert, geerntet und in Zentrifugenröhrchen weiter kultiviert, wobei verbrauchtes Medium regelmäßig ausgetauscht wurde. Für die Zellernte wurden die Zellen durch Kollagenase abgelöst und anschließend ohne Microcarrier in "Pellet"-Kulturen weiter kultiviert.
  • Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zur Vermehrung von menschlichen oder tierischen Zellen, insbesondere von Gewebezellen bereitzustellen, das relativ einfach anzuwenden ist und bei dem auf eine periodisch wiederkehrende Ablösung der Zellen von der Gefäß- oder Trägeroberfläche verzichtet werden kann.
  • Erfindungsgemäß erfolgt die Lösung der gestellten Aufgabe dadurch, dass man einen Träger mit Nährmedium überschichtet, den Träger mit lebenden menschlichen oder tierischen Zellen in Verbindung bringt, den Zellen gestattet, sich an den Träger anzuheften und sich zu vermehren, und sukzessive weitere Träger zugibt, so dass eine weitere Vermehrung der Zellen auf den sukzessive zugegebenen Trägern erfolgt, die sich an den/die bereits bewachsenen Träger anlagern.
  • Das erfindungsgemäße Verfahren bietet den Vorteil, dass ausgehend von Gewebebiopsien mit nur wenigen Zellen ein Zellwachstum auf Trägern erreicht werden kann, ohne dass eine Vermehrung in Zellkulturflaschen erforderlich wird, die regelmäßig zu einer Dedifferenzierung der Zellen führt.
  • Darüber hinaus wird durch das erfindungsgemäße Verfahren das Kontaminationsrisiko weiter herabgesetzt.
  • Als Träger hat sich vor allem ein so genannter "Microcarrier" bewährt. Unter "Microcarriern" versteht man Partikel in der Größenordnung von 100...200 μm, die eine das Anheften von Zellen fördernde Oberfläche (z. B. Kollagen) besitzen. "Microcarrier" sind beispielsweise unter der Bezeichnung Cytodex bei der Firma Amersham Pharmacia Biotech Europe GmbH erhältlich.
  • Nach einer besonderen Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Vermehrung der Zellen in einem Kulturgefäß erfolgt, in dem sich die Träger infolge der Schwerkraft aneinanderlagern können. Hierbei sollten sich die Träger nicht oder nur in wenigen Schichten überlagern, damit eine ausreichende Sauerstoffversorgung für alle Träger gewährleistet ist. Geeignete Kulturgefäße hierfür sind beispielsweise Uhrgläser oder solche Gefäße, deren Boden eine leichte Wölbung zur Ansammlung der Träger aufweist.
  • Gemäß einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung werden die lebenden Zellen durch minimal invasive Biopsie gewonnen und in einer Konzentration von durchschnittlich 5...20 Zellen pro Träger eingesetzt.
  • Vorzugsweise werden die Zellen in einer Konzentration von durchschnittlich 10 Zellen pro Träger eingesetzt.
  • Besonders gute Anzuchtbedingungen werden dadurch erreicht, dass die Menge des eingesetzten Nährmediums so gewählt ist, dass von außen über das Nährmedium ausreichend Sauerstoff zu den Zellen diffundieren kann. Die Nährmediumschicht sollte daher möglichst dünn sein, aber den Zellen auch noch so viel Substrat zur Verfügung stellen, dass eine Vermehrung der Zellen möglich ist.
  • Nach einer anderen Ausgestaltung der Erfindung kann eine Ablösung der Zellen von den Trägern erst unmittelbar vor weiteren Anwendungen der Zellen erfolgen. Wenn sich eine ausreichende Menge an Zellen gebildet hat, werden die Zellen durch eine einmalige, schonende enzymatische Behandlung, beispielsweise mittels Collagenase, von den Microcarriern abgelöst. Die Zellen stehen dann zum Beispiel für die Züchtung eines künstlichen Gewebes, eine zellbasierte Therapie, physiologische Untersuchungen, Verträglichkeitsprüfungen von Medikamenten, Toxizitätstests und dergleichen zur Verfügung.
  • Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich zur Herstellung von Knorpelgewebe sowie zur Vermehrung von Stammzellen.
  • 1 soll das erfindungsgemäße Verfahren verdeutlichen: Microcarrier werden zusammen mit frisch aus einer Biopsie stammenden Zellen in Nährmedium inkubiert. Ein Uhrglas sorgt dafür, dass sich die Microcarrier zusammenlagern und insofern eine nur geringe Zellmenge ausreicht, um eine ausreichend hohe Zellkonzentration in dem Nährmedium zu erreichen. Wenn die Zellen auf den Microcarriern angewachsen sind und sich vermehrt haben, erfolgt eine sukzessive Weitervermehrung der Zellen auf neu hinzu gegebenen Microcarriern, bis die gewünschte Zellmenge insgesamt erreicht ist. Die so hergestellte Microcarrier-Zell-Suspension kann anschließend in einen Bioreaktor oder Schüttelkolben überführt werden.
  • Beispiele
  • 1. Vermehrung von Chondrozyten eines Göttinger "Mini-Pig"
  • Zu Beginn wurden 3 mg des Microcarriers Cytodex 3 (Amersham Pharmacia Biotech), der sich in Vorversuchen als günstig für die Proliferation von Schweine-Chondrozyten erwiesen hatte, in ein zuvor silikonisiertes Uhrglas gegeben, in PBS (Phosphate Buffered Saline) hydratisiert und anschließend autoklaviert. Danach wurde das PBS verworfen und die Microcarrier mit 1 mL Nährmedium gespült. Die weitere Kultivierung erfolgte für 10 Tage mit 1 mL Nährmedium im Brutschrank (37°C, 5% CO2). Des Weiteren wurden 10 ng/mL des Wachstumsfaktors bFGF (basic Fibroblast Growth Factor) zugegeben. Das offene Uhrglas mit der Zellkultur befand sich dabei in einer Petrischale, die teilweise mit Wasser gefüllt war. Alle 2–3 Tage wurde das Medium gewechselt und 10 ng/mL bFGF zugegeben. Vorversuche hatten gezeigt, dass etwa 2 Tage nach Zugabe von bFGF die Mitose der Zellen einsetzt, die von einer Abrundung der Zellen begleitet wird und somit ein Wandern der Zellen auf neu zugegebene Microcarrier begünstigt. Am Ende dieses ersten Proliferationszyklus (nach 10 Tagen) wurden 30 mg Cytodex 3 zu gegeben (10-fache Menge bezogen auf den ersten Vermehrungszyklus), die ebenfalls vorab hydratisiert und autoklaviert worden waren. Des Weiteren wurden 10 mL Kultivierungsmedium zugegeben. Nach der Zugabe wurde die Petrischale leicht geschüttelt, um eine Durchmischung von neuen, unbesiedelten Microcarriern und besiedelten Microcarriern zu erzielen. Die weitere Kultivierung erfolgte wiederum im Brutschrank, wobei alle 2–3 Tage das Medium gewechselt und 10 ng/mL bFGF zugegeben wurden.
  • Der dritte Proliferationszyklus wurde dann zweigeteilt. Zum einen wurde die Kultivierung der Microcarrier in einem konischen Suspensionsreaktor, zum anderen in einem nicht bewegten Erlenmyerkolben durchgeführt. Am Ende der Kultivierung wurden die besiedelten Microcarrier geerntet und die Zellen mittels einer Collagenase von den Microcarriern getrennt.
    Kultivierungs-Periode 1. 2. 3.
    Reaktor Uhrglas Uhrglas Kolben Konisch
    Microcarrier (mg Cytodex 3) 3 30 267 267
    Medium (mL) 1 10 100 100
    Versuchsdauer (h) 250 250 300 300
    Animpfzellzahl/(Zellen mL) 5·104 - 5,7·104 6·104
  • Am Ende der 2. Kultivierungsperiode wurden ca. 6·106 Zellen geerntet. Gegenüber der eingesetzten Menge von 5·104 Zellen bedeutet dies eine Steigerung um den Faktor 120 in 20 Tagen. Am Ende des Versuches konnten aus dem konischen Reaktor ca. 6·107 Zellen geerntet werden, aus dem Erlenmeyerkolben ca. 4·107 Zellen. Somit ergibt sich bezogen auf die eingesetzte Menge von 5·104 Zellen eine Steigerung um ca. den Faktor 1.000 in 30 Tagen.
  • Um über eine herkömmliche Flaschenkultur (T 75-Flaschen, T 175-Flaschen) zu vergleichbar hohen Zellerträgen zu gelangen, wären mindestens zwei zusätzliche Passagierungsschritte erforderlich.
  • 2. Vermehrung von humanen Chondrozyten auf Microcarriern
  • Ziel dieses Versuches war die Vermehrung von humanen Chondrozyten auf Microcarriern in einem konischen Suspensionsreaktor mit einem Volumen von 100 mL. Das verwendete Nährmedium entsprach dem bei der Vermehrung von Schweinechondrozyten verwendeten Medium.
  • Ausgehend von 5,8·104 Zellen/mL stieg die Zellzahl in einem Zeitraum von 325 Stunden auf 4,88·105 Zellen/mL an.
  • Der Versuch belegt, dass das erfindungsgemäße Verfahren auch zur Microcarrier-Kultivierung von humanen Chondrozyten gut geeignet ist.

Claims (7)

  1. Verfahren zur Vermehrung von menschlichen oder tierischen Zellen, bei dem man einen Träger mit Nährmedium überschichtet, den Träger mit lebenden menschlichen oder tierischen Zellen in Verbindung bringt, den Zellen gestattet, sich an den Träger anzuheften und sich zu vermehren, und sukzessive weitere Träger zugibt, so dass eine weitere Vermehrung der Zellen auf den sukzessive zugegebenen Trägern erfolgt, die sich an den/die bereits bewachsenen Träger anlagern.
  2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass man die Vermehrung der Zellen in einem Kulturgefäß vornimmt, in dem sich die Träger infolge der Schwerkraft aneinanderlagern können.
  3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die lebenden Zellen durch minimal invasive Biopsie gewonnen und in einer Konzentration von durchschnittlich 5...20 Zellen pro Träger eingesetzt werden.
  4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Zellen in einer Konzentration von durchschnittlich 10 Zellen pro Träger eingesetzt werden.
  5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Menge des eingesetzten Nährmediums so gewählt ist, dass von außen über das Nährmedium ausreichend Sauerstoff zu den Zellen diffundieren kann.
  6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass eine Ablösung der Zellen von den Trägern erst unmittelbar vor weiteren Anwendungen der Zellen erfolgt.
  7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6 zur Herstellung von Knorpelgewebe.
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Non-Patent Citations (5)

* Cited by examiner, † Cited by third party
Title
BAKER,Tacey L.,GOODWIN,Thomas J.: Three-Dimensional-Culture of Bovine Chondrocytes in Rotating-Wall Vessels. In: Vitro Cell.Dev.Biol.-Animal, May 1997,S.358-365 *
CA 143:435346 *
MALDA,J.,et.al.: Expansion of Bovine Chondrocytes on Microcarriers Enhances Redifferentiation. In: Tissue Engineering,Vol.9,No.5, 2003 *
PABBRUWE,Moreica B.,et.al.: A comparison of colorimetric and DNA quantificat. assays for the assessment of meniscal fibrochondrocyte proliferation in microcarrier culture. In: Biotechnology Letters,2005,27,(19),2005,S.1451- S.1455
PABBRUWE,Moreica B.,et.al.: A comparison of colorimetric and DNA quantificat. assays for the assessment of meniscal fibrochondrocyte proliferation in microcarrier culture. In: Biotechnology Letters,2005,27,(19),2005,S.1451S.1455 *

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