-
Viele
Pflanzen enthalten Substanzen, die auf Fraßschädlinge eine abschreckende oder
giftige Wirkung haben. Aus Pflanzen können Wirkstoffe gewonnen werden,
die zur Bekämpfung
von Phytopathogenen an Kulturpflanzen bzw. Schädlingen in Gebäuden, an
Materialien und Vorräten
eingesetzt werden können
oder die zur Therapie gegen Parasiten oder mikrobielle Krankheitserreger
beim Menschen sowie bei Haus-, Heim- und Nutztieren verwendbar sind.
Präparate
aus Bestandteilen des Neembaumes (Azadirachta indica; Meliaceae)
werden seit Jahrhunderten als Pestizide verwendet (Schmutterer H,
Hrsg. 2002: The neem tree Azadirachta indica and other meliaceous
plants. Sources of unique natural products for integrated pest management,
medicine, industry and other purposes. Neem Foundation, Mumbai;
das Buch enthält
eine Fülle
von Literaturstellen zum Thema; www.neemfoundation.org). Neemprodukte
werden weltweit in zunehmendem Maße zur Abwehr von Schadinsekten
und Milben eingesetzt. Neembaumextrakte können als Fraßhemmer
und Pestizid im Pflanzen- und Vorratsschutz eingesetzt werden. Von
Bedeutung ist, dass Neemprodukte auch im ökologischen Landbau als Pflanzenschutzmittel
zugelassen sind (Schmidt H, Haccius M 1998: EU-Regulation ”Organic
framing” – A legal
and agro-ecological commentary an the EU's Council Regulation (EEG) No. 2092/91, Weikersheim).
Neemprodukte können
zur Therapie von ektoparasitischen Infektionserregern, z. B. Kopfläusen des
Menschen eingesetzt werden. Methanolische Extrakte aus Neemsamen
mit 1000 bzw. 2400 ppm Azadirachtin, jeweils zusammen mit Diethyltoluamid
formuliert und auf Hunde gesprüht,
reduzierte die Population von Flöhen
in 19 Tagen um 53–93%
(Guerrini V 1999: Effect of azadirachtin an Ctenocephalides felis
in the dog and cat. Parasitol 74: 289–297). Das Präparat war
demnach gegen Flöhe
aber nur mäßig effektiv.
Relativ wenig ist bekannt zur Aktivität von Neem gegen Milben, die
nach Literaturstand nur schwach auf die vorhandenen Neem-Präparate ansprechen.
Die Anwendung von Neem reduzierte die Eiablage von Räudemilben
um etwa 50% (Walton S et al. 2000: Studies an the relative efficacy
of current acaricides for Sarcoptes scabiei. Trans R Soc Trop Med
Hyg 94: 2–6).
Die Eignung von Neem zur Therapie gegen endoparasitische Erreger wurde
ebenfalls beschrieben, z. B. wirkt der Inhaltsstoff Geduin gegen
Plasmodium, den Erreger der Malaria (Khalid SA, Duddeck H, Gonzalez-Sierra
M 1989: Isolation and characterization of an antimalarial agent
of the neem free Azadirachta indica. J Nat Prod 52: 922–966). Es
konnten bis heute mehr als 300 Inhaltsstoffe aus dem Neembaum isoliert
werden und viele von diesen wirken biozid. Etwa ein Drittel dieser
Substanzen sind Triterpenoide oder Tetranortriterpenoide (Limonoide)
(Schmutterer H 1999: Properties and potential of natural pesticides
from the neem tree. Ann Rev Entomol 35: 271–297). Ein Limonoid, das Azadirachtin
A, gilt als die wichtigste aktive Substanz. Andere gut charakterisierte
Limonoide sind Salannin, Melantriol, Nimbin und Nimbidin sowie Derivate
von diesen (Schmutterer 2002). Eine Untersuchung (Verkerk R, Wright
D 1993: Biological activity of neem seed kernel extracts and the
synthetic azadirachtin against larvae of Plutella xylostella. Pest Sei
37: 83–91)
zeigt, dass Neem-Extrakte jedoch eine 3–4 mal stärkere Wirkung als äquivalente
Mengen von reinem Azadirachtin haben. Offensichtlich tragen andere,
vielleicht auch noch nicht bekannte Inhaltsstoffe wesentlich zur
Wirkung bei.
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WO 91/05561 A1 offenbart
eine Neem-Extrakt enthaltende Zusammensetzung zur Behandlung von Kopfläusebefall
beim Menschen. Dicarbonsäurealkylester
sind in der Zusammensetzung nicht enthalten.
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Das
Wirkprinzip der bisherigen Neempräparate besteht im wesentlichen
nicht in einer schnellen Abtötung
der Schädling/Krankheitserreger,
sondern in einer Inhibition der Reproduktion, des Wachstums oder
der Häutung,
wodurch der Lebenszyklus der Arthropoden unterbrochen wird. Einige
Limonoide sind zudem Abwehrstoffe, die Insekten und Milben davon
abhalten, an der Pflanze zu fressen. Es ist bekannt, dass Inhaltsstoffe
von Pflanzen mit verschiedenen Lösemitteln
extrahiert werden können.
Extraktionsverfahren zur Herstellung von Neem-Produkten sind in wissenschaftlichen
Publikationen (siehe Schmutterer H 2002), als auch in zahlreichen
Patenten beschrieben. Zur Extraktion der Wirkstoffe aus Teilen der
Neempflanze werden Wasser, Methanol, Ethanol, Pctrolether, Hexan
und andere verwendet. Oft wird berichtet, dass die Extraktion von Azadirachtin
mit einem Lösemittel,
z. B. Ethanol nur sehr unvollständig
gelingt, daher wird die Kombination mehrerer Lösemittel empfohlen. Es können auch
z. B. in folgender Reihefolge verschiedene Extraktionsmitteln angewendet
werden: Petrolether, Methylbutylether oder Aceton o. a., dann Methanol
und schließlich
50% Methanol gemischt mit 50% Petrolether. Auch mittels überkritischem
Kohlendioxid gelingt die Extraktion von Wirkstoffen aus Neem. Verschiedene
Methoden zur Gewinnung von Azadirachtin basieren auf einer Extraktion
mit einem Solvens, Konzentration durch Verdampfung des Lösungsmittels
und nachfolgender Formulierung des Präparats mit Wirkstoff in standardisierter
Menge.
US 5,695,763
A1 beschreibt die Extraktion von Neemsamen mit Wasser,
wonach Azadirachtin mit einem nicht mit Wasser mischbaren Solvens
gelöst
und angereichert wird. Andere, allgemein für Pflanzen verwendete Extraktionsmittel
sind Acetonitril, Etylacetat, Diethylether und Chloroform, die jedoch
gesundheitsgefährdend
sind. Ein Pentan-Extrakt war weniger wirksam gegen eine phytophage
Milbe als mit Methanol oder Ethanol gewonnene Extrakte (Mansour
et al. 1987: Effects of Neem seed kernel extracts from different
solvents an the predacious mite Phytoseilus persimilis and the phytophagous
mite Tetranychus cinnabarinius. Phytoparasitica 15: 125–130). Patent
US 5,368,856 A1 beansprucht
Hexan zur Extraktion von wirksamen Substanzen gegen Insekten und
Milben, wobei die Wirkstoffe erst nach Verdampfen des Hexans einsetzbar
werden. Einen alkoholischen Extrakt von Neem mit Zusatz eines Dispergiermittels
wie Styraxbenzoin und pflanzlichen Polyphenolen zur Anwendung gegen
Hausstaubmilben beschreibt Patent
US 6,060,075 .
Infolge des hohen Gehalts an Isopropanol bzw. Ethanol sind die beschriebenen
Formulierungen als Spray jedoch extrem flammbar und bei Anwendung
im Haushalt gefährlich.
Azadirachtin-Konzentrate lassen sich auch herstellen, indem dieser
Wirkstoff aus öligen
Rohfraktionen mit einem unpolarem Lösungsmittel gefällt werden
(
WO 92/16109 A1 ).
Patent
GB 2369072
A1 beschreibt die Reinigung von Azadirachtin mit einem Gemisch
aus zwei Phasen, aus einem polaren Solvens, z. B. Methanol, Ethanol,
Aceton und einem unpolaren, halogenierten Kohlenwasserstoff, z.
B. Dichlormethan und Zusatz einer Salzlösung.
-
Ein
besonderes Problem von Neem-Präparaten
besteht in der Instabilität
von Azadirachtin bei der Lagerung, insbesondere bei Anwesenheit
von Wasser in den Produkten. Eine Verbesserung der Stabilität kann nach
Patent
US 5,391,779
A1 (erreicht werden, indem Extrakte mit einem milden Oxidationsmittel,
z. B. alkalischen Lösungen
von Wasserstoffperoxid behandelt werden.
-
Nach
Stand der Technik bieten Dicarbonsäurealkylester, insbesondere
die dibasischen Ester Methyl-, Ethyl-, Propyl- oder Butylester der
Adipin-, Bernstein- oder Glutarsäure
als organisches Lösemittel
folgende Vorteile: Sie haben eine geringe Toxizität für Säugetiere,
sind ökologisch
verträglich
und leicht abbaubar, sie haben einen hohen Flammpunkt und damit
ein geringes Gefährdungspotential
für den
Menschen. Dibasische Ester haben eine breite Anwendung gefunden
als Ersatzstoff für
giftigere oder gefährlichere,
klassische organische Lösemittel
wie z. B. Ethanol, Isopropanol, Aceton, Cyclohexanon, Diisobutylketon
u. v. a., als Zusatz von industriell hergestellten chemischen Produkten
einschließlich
von Agrarchemikalien, als Farbabbeizer, Lackentferner, Zusatzstoff
von Farben und Gußformverfestiger
(Produkt-Literatur der Firma Du Pont Nylon). Dibasische Ester wurden
bisher nicht zur Extraktion von Naturstoffen aus biologischen Materialien
wie Pflanzen, Mikroorganismen oder tierischem Gewebe verwendet.
Es ist nicht bekannt, dass sich dibasische Ester dazu eignen, hydrophobe
Substanzen aus wasserhaltigen oder getrockneten Pflanzenmaterialien
zu gewinnen. Eine synergistische Wirkung wird für Azadirachtin und Pyrethrum
beansprucht (Patent
WO
96/39034 A1 ). Neempräparate
wurden bisher nicht mit dibasischen Estern hergestellt, auch synergistische
oder wirkungsverstärkende
Effekte von dibasischen Estern mit anderen Pflanzenwirkstoffen wurden
bisher nicht beschrieben.
-
Obwohl
Pestizide Produkte mit verschiedenen Neem-Extrakten verfügbar sind,
bleiben erhebliche Probleme bestehen. Das Hauptproblem dieser Neem-Präparate ist
deren langsame Wirkung. Da sie nur wachstumshemmende Wirkungen haben,
können
Schaderreger auch nach Beginn einer Behandlung noch erhebliche Schäden an Kulturpflanzen
oder Vorräten
verursachen. Ebenso kann die Übertragung
von gefährlichen
Krankheitserregern bei Ektoparasiten, z. B. die Übertragung von Viren, Bakterien
oder Parasiten durch Zecken auch dann noch erfolgen, wenn eine Behandlung
mit einem herkömmlichen
Neem-Präparat
bereits durchgeführt
worden ist. Für
Neem-Präparate
stehen bisher keine Wirkungsverstärker (Synergisten) zu Verfügung. Eine
die Wirkung verstärkende
Substanz, wie es Piperonylbutoxid für Pyrethrum darstellt, ist
für Neem nicht
bekannt. Ein anderes Problem der bisher verfügbaren Neem-Präparate besteht
darin, dass die isolierten Wirkstoffe nicht ausreichend lagerstabil
sind. Insbesondere der Zerfall von Azadirachtin in Produkten, die
Wasser enthalten, ist gut bekannt. Die Herstellung von Neem-Präparaten
mit organischen Solventien ist in vielen Fällen auch mit einer Gefährdung des
Anwenders verbunden, z. B. ist das oft verwendete Lösemittel
Methanol giftig, Hexan und viele andere Lösemittel sind gesundheitsgefährdend.
Andere Lösemittel
wie Ethanol sind brandgefährlich,
so dass eine Neem-Produktion in vermarktungsüblicher Größenordnung aufwendige Sicherheits-vorkehrungen
bedarf. Die Extraktion von Neem mit überkritischem Kohlendioxid
hat den Nachteil, dass technisch aufwendige und sehr teure Anlagen
erforderlich sind.
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Es
wurde überraschend
gefunden, dass dibasische Ester zur Herstellung von bioziden Neem-Präparaten
hervorragend geeignet sind und mehrere der bisher gegebenen Nachteile
nicht aufweisen. Mit dibasischen Estern können sehr wirksame biozide
Stoffe aus Neem extrahiert werden. Aktive Inhaltsstoffe von Neem werden
in ihrer Wirksamkeit durch dibasische Ester erheblich verstärkt. Die
Herstellung der erfindungsgemäßen Neem-Präparate ist
sehr einfach und kostengünstig
in nur einem Extraktionsschritt durchzuführen. Mit dibasischen Estern
hergestellten Präparate
können
wasserfrei formuliert werden und sind daher sehr lagerstabil. Dibasische
Ester sind umweltverträglich
und für
den Hersteller und Anwender nicht gesundheits-gefährdend.
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Beschreibung von Ausführungsbeispielen:
-
1.) Testsystem mit Hausstaubmilben
-
Auf
künstlichem
Substrat gezüchtete
Hausstaubmilben (Dermatophagoides pteronyssinus) werden, jeweils
etwa 300 Individuen, auf Filterpapier in Petrischalen von 15 cm
Durchmesser gesetzt. Die Milben werden mit den Testlösungen in
Kontakt gebracht, indem aus Fingerpumpsprayflaschen mit 0,4 ml Fördervolumen 7
Pumpstöße aus 20
cm Entfernung aufgesprüht
werden. Das Filterpapier und die Milben werden dabei gleichmäßig, aber
in relativ geringer Menge mit Wirkstofflösung benetzt. Mit einer Stereolupe
wird die Vitalität
der Milben etwa 15, 30 und 90 Minuten sowie 24 Stunden nach Beginn
der Behandlung beobachtet. Zur Dokumentation wird der Anteil der
gestorbenen Milben in % notiert, die Werte werden jeweils auf 5%
gerundet.
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2.) Extraktion von Wirkstoffen mit verschiedenen
Solventien
-
100
g entölter
Presskuchen von Neem-Samen wird für 24 Stunden bei 50°C und unter
Rühren
mit jeweils 200 ml 96% Ethanol bzw. dibasischem Ester (Dimethylglutarat)
bzw. Wasser bzw. Hexan extrahiert. Mit den Rohextrakten wird unmittelbar
vor Anwendung eine Gebrauchslösung
in folgender Weise hergestellt: 86 ml Neem-Rohextrakt wird mit 10
ml Natrium-Diisooctylsulfosuccinat
und 4 ml Diethylcarbonat versetzt. Dieses Konzentrat wird 1:25 mit
Wasser verdünnt.
Der Anwendungstest wird wie unter 1. beschrieben mit Hausstaubmilben
(Dermatophagoides pteronyssinus) durchgeführt. %-Anteil
abgestorbener Milben
Lösemittel | nach
30 Minuten | nach
24 Stunden |
Ethanol | 0% | 15% |
Dimethylglutarat | 100% | 100% |
Wasser | 0% | 0% |
Hexan | 30% | 65% |
-
Der
Test zeigt, dass mit dibasischem Ester (Dimethylglutarat) sehr schnell
wirksame Biozide aus dem Neem extrahiert worden sind.
-
3.) Synergistischer Effekt
-
Der
Nachweis, dass dibasische Ester die Wirkung von Neem-Wirkstoffen
auf Arthropoden beschleunigen und verstärken (synergistischer Effekt)
kann in folgender Weise erbracht werden. Kommerzielles Neem-Konzentrat,
gewonnen durch Extraktion von Neem-Samen mit überkritischem Kohlendioxid,
wird in folgender Weise für
den Test angesetzt:
entweder a) 4 ml Ethanol oder b) 4 ml dibasischer
Ester (Dimethylglutarat) wird jeweils gemischt mit 1 ml Natriumdiisooctylsulfosuccinat
und 95 ml aqua purificata.
-
Hausstaubmilben
werden wie zuvor beschrieben mit der Formulierung a) bzw. b) eingesprüht und die Vitalität der Milben
nach definierten Zeiten beobachtet.
-
Nach
24 Stunden haben bei Anwendung von Formulierung a) mit Ethanol 95%
bis nahezu 100% der Milben überlebt;
bei Anwendung der Formulierung b) mit dibasischem Ester haben nur
etwa 5% der Milben überlebt.
-
4.) Lagerstabilität
-
Entölter Presskuchen
von Neemsamen wird wie zuvor beschrieben mit Ethanol (96%) bzw.
Isopropanol (98%) bzw. dibasischem Ester (Dimethylglutarat) bzw.
Wasser bzw. Hexan extrahiert. Die gewonnenen Konzentrate werden
bei 40°C
für 1 Tag,
7 Tage, 21 Tage und 90 Tage aufbewahrt. Anschließend werden in folgender Weise
Gebrauchslösungen
hergestellt: 9 ml eines Konzentrats werden jeweils mit 1 ml Natriumdiisooctylsulfosuccinat
und 190 ml Wasser versetzt. Danach werden Hausstaubmilben mit jeweils
einer der Formulierungen eingesprüht und die Vitalität der Milben
nach 60 Minuten ausgewertet.
| Aufbewahrung
der Wirkstoff-Konzentrate in Tagen |
| 1 | 7 | 21 | 90
Tage |
Extraktionsmittel | %-Anteil
abgestorbener Milben |
Ethanol | 80% | 30% | 15% | 20% |
Isopropanol | 90% | 55% | 45% | 40% |
Dibasischer
Ester | 100% | 100% | 100% | 100% |
Wasser | 40% | 10% | 0% | 0% |
Hexan | 90% | 75% | 80% | 70% |
-
Die
Daten zeigen, dass Neem-Extrakte mit dibasischem Ester ihre biozide
Wirkung bei langzeitiger Lagerung behalten.
-
5.) Rezepturbeispiele:
-
Herstellung von Neem-Extrakt:
-
- a) 100 g entölter Presskuchen von Neem-Samen
wird mit 200 ml dibasischem Ester (z. B. Dimethyladipat, Dimethylglutarat,
Dimethylsuccinat oder Gemische von diesen) angesetzt und bei 50°C für 24 Stunden
unter Rühren
inkubiert. Anschließend
wird der Überstand
abfiltriert und das klare Eluat in einer Braunglasflasche aufbewahrt.
- b) In der gleichen Weise können
frische oder getrocknete Blätter
oder Rinde oder andere Bestandteile des Neembaums verarbeitet werden.
- c) Neemöl,
gewonnen aus Neem-Samen, kann ebenfalls mit dibasischen Estern zur
Herstellung von Rohextrakten behandelt werden.
- d) Es können
auch Neem-Extrakte, z. B. solche, die mit überkritischem Kohlendioxid
gewonnen wurden, nachträglich
mit dibasischen Estern extrahiert oder versetzt werden.
-
Solche
Rohextrakte von Neem werden zur Herstellung von lagerstabilen Präparaten
mit anderen Hilfsstoffen je nach beabsichtigtem Anwendungszweck
formuliert. Die im folgenden ausgeführten Beispiele sind nicht
als ausschließlich
mögliche
Formulierungen zu verstehen, sondern es sind extrem viele Hilfsstoffe
als sinnvolle Ergänzung
in den Neempräparaten
denkbar, ohne dass vom Prinzip der Erfindung abgewichen wird.
-
6.) Anwendungsbeispiele
-
6.1.) Kopfläuse (Pediculus humanus capitis)
des Menschen
-
Rezeptur:
5 Vol% Neem-Konzentrat, extrahiert aus Neem-Presskuchen mit Dimethylglutarat,
wird mit 95 Vol% Mygliol 318 (ein Trigylceridgemisch der Capryl-,
Caprin- und Laurinsäure;
Hersteller Cognis, Düsseldorf)
vermischt. Anstelle von Mygliol können viele andere ölige Stoffe
verwendet werden, ganz bevorzugt Diisopropylmyristat. Parfümstoffe
können
zugesetzt werden, um den etwas unangenehmen Geruch von Neem zu mildern,
der jedoch in der geringen Konzentration von Neem-Extrakt leicht überdeckt
werden kann.
- a) Kopfläuse werden aus dem Haar infestierter
Probanden gekämmt
und auf ein kurzes Bündel
abgeschnittener Haare gesetzt, das über einem Kunststoffring gespannt
und festgeklebt ist. Die Behandlungslösung wird wie für den Test
mit Milben beschrieben aufgesprüht.
Unter einer Stereolupe wird die Vitalität der Läuse beobachtet.
-
Die
Läuse sterben
innerhalb von 20 Minuten, zuerst die adulten Individuen und etwas
später
die Juvenilstadien.
- b) Die Haare von Probanden
werden zunächst
mit Leitungswasser angefeuchtet. Je nach Kopfgröße und Haarlänge werden
etwa 15 bis 40 ml Neem-Präparat
im Haar verteilt und eingerieben. Nach 30 Minuten wird das Haar
wie üblich
mit Shampoo gewaschen. Eine zweite Behandlung sollte nach etwa 7
bis 9 Tagen durchgeführt
werden, damit auch Läuse,
die in der Zwischenzeit noch aus Eiern geschlüpft sein können, sicher eliminiert werden.
Nach der Behandlung wird eine Kontrolle auf Befall mit Läusen durchgeführt, indem
die Haare feucht ausgekämmt
werden. Die Probanden sind bereits nach einmaliger Behandlung frei von
Läusen.
-
6.2.) Flöhe (Ctenocephalides felis)
beim Hund
-
a) Shampoo:
-
Neem-Rohextrakt
(pulverisierte Neem-Samen werden extrahiert mit einem Gemisch aus
Dimethyladipat und Dimethylglutarat) wird aufbewahrt und unmittelbar
vor Anwendung gemischt mit dem vierfachen Volumen eines handelsüblichen
Standard-Shampoos.
-
Ein
flohtragender Hund (Cockerspaniel) wird mit 15 ml und ein Hund (Berner
Sennenhund) mit 35 ml eingerieben. Nach einer Einwirkungszeit von
20 Minuten wird das Mittel mit Wasser ausgespült. In der Abwaschlösung sind
nur tote Flöhe
zu finden und auf den Hunden haben keine Flöhe überlebt.
-
b) Sprüh-Lösung (Konzentrat)
als Raumspray
-
Ein
Konzentrat aus 86% Neem-Extrakt, 10% Natrium-Diisooctylsulfosuccinat
und 4% Diethylcarbonat wird aufbewahrt. Unmittelbar vor Gebrauch
wird eine Anwendungslösung
durch Verdünnung
1:25 mit Wasser angesetzt. Der Liegeplatz des Hundes wird mit einer
handelsüblichen
1-Liter-Sprühflasche
eingesprüht.
Nach 24 Stunden wird der Untergrund untersucht. Alle auffindbaren
adulten Flöhe,
Flohlarven und -puppen sind abgestorben.
-
6.3.) Haarlinge (Mallophaga, Pferdehaarling
Werneckiella equi equi) beim Pferd
-
Ein
Konzentrat wird hergestellt wie zuvor für Flöhe beschrieben. Zur Anwendung
wird das Konzentrat 1:20 mit Wasser verdünnt. Mit Hilfe eines Schwamms
wird das Mittel im Fell des Pferdes dünn aufgetragen. Das Mittel
verbleibt auf dem Tier und wird nicht ausgespült. Die Behandlung wird nach
einer Woche wiederholt, damit auch die Embryonen in den Eiern nach
ihrem Schlüpfen
sicher erfaßt
werden. Ein Tag nach der zweiten Behandlung sind keine lebenden
Haarlinge mehr auf dem Pferd feststellbar.
-
6.4.) Milben (z. B. Schlangenmilbe, Ophionyssus
natricis) bei Reptilien
-
Ein
lagerstabiles Präparat
wird hergestellt aus 5% Neem-Extrakt, gewonnen aus Neem-Presskuchen mit
einem Gemisch aus 35% Dimethyladipat und 65% Dimethylglutarat. 5
ml Rohextrakt wird versetzt mit 10 ml Diethylcarbonat und 85 ml
Decamethylcyclopentasiloxan. Die Aufbewahrung erfolgt in Braunglasflaschen mit
Fingerpumpspray-Verschlüssen.
Zur Anwendung wird das Mittel auf die infestierten Reptilien, Nagetiere oder
Vögel gesprüht. Das
Mittel sollte nicht in die Augen der Tiere gelangen. Eine mit Ophionyssyus
natricis befallene Strumpfbandnatter (Thamnophis sirtalis) und ein
befallener Feuerskink (Lygosoma fernandi) werden wie beschrieben
behandelt und nach einem Tag auf Milben untersucht. Es sind nur
abgestorbene Milben nachzuweisen.
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6.5.) Vogelmilbe (Dermanyssus gallinae)
-
Ein
Neem-Konzentrat, hergestellt wie unter 6.2. beschrieben, bestehend
aus 86% Neem-Extrakt, 10% Natrium-Diisooctylsulfosuccinat und 4%
Diethylcarbonat, wird vor der Anwendung 1:10, 1:50 bzw. 1:100 mit Wasser
verdünnt.
- a) Die Vogelmilben werden wie unter 1. für Hausstaubmilben
beschrieben auf Filterpapier in Petrischalen behandelt.
| %-Anteil
gestorbener Milben nach |
Verdünnung | 15
min | 1
Std | 3
Std | 6
Std |
1:10 | 100% | | | |
1:50 | 85% | 95% | 100% | |
1:100 | 0% | 0% | 65% | 90% |
-
Das
erfindungsgemäße Neem-Präparat hat
selbst bei einer 1:100 Verdünnung
des Konzentrat eine gute Wirkung auf Vogelmilben.
- b)
Auf Mäusen
werden jeweils etwa 50 Vogelmilben gesetzt. Die Nagetiere werden
mit der unter 6.5 beschriebenen Anwendungslösung 1:10 besprüht. Nach
30 Minuten können
auf den Mäusen
nur noch vereinzelt tote Milben feststellt werden, alle anderen
Milben sind von den Nagetieren abgefallen und gestorben.
-
6.6.) Hausstaubmilben (Dermatophagoides
pteronyssinus)
-
Es
wird lagerfähiges
Neem-Konzentrat aus 86% Neem-Extrakt, 10% Natrium-Diisooctylsulfosuccinat und
4% Diethylcarbonat hergestellt. Das Neem-Extrakt wird hierzu Neem-Presskuchen
mit einem Gemisch aus Dimethlyadipat und Dimethylglutarat oder mit
Diisobutylglutarat gewonnen. Vor Gebrauch wird eine Sprühlösung durch
1:30 fache Verdünnung
des Konzentrats mit Wasser angesetzt und die Lösung gleichmäßig über Teppichen,
Polstermöbeln
und Bettauflagen aufgesprüht.
Das Mittel wird im Abstand von jeweils einer Woche dreimal angewendet.
Anschließend
ist die Milbenpopulation bis auf einige wenige noch lebend auffindbare
Milben vernichtet.
-
6.7.) Grasmilben (Neotrombicula autumnalis)
-
Die
Rezeptur und Anwendung des Mittels entspricht dem Präparat gegen
Hausstaubmilben. Die Vegetation wird nachmittags möglichst
gleichmäßig mit
dem Mittel eingesprüht.
Die Behandlung wird im Abstand etwa 10 Tagen dreimal wiederholt.
Vor der Behandlung bzw. anschließend werden kleine weiße Tücher auf
der Vegetation ausgelegt, auf denen Milben nachweisbar werden. Nach
der Behandlung sind keine lebenden Milben mehr auf den Tüchern nachweisbar.
-
6.8.) Zecken
-
Stadien
des Holzbockes (Ixodes ricinus) bzw. der Braunen Hundezecke (Rhipicephalus
sanguineus) wurden in vitro besprüht (siehe 1.) Nach 15 Minuten
waren alle Stadien bewegungslos. Nach 30 Minuten waren alle Zecken
gestorben.
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6.9.) Pflanzenschädlinge:
-
Gegen
Pflanzenschädlinge
können
emulgierbare Konzentrate mit Neem-Extrakten hergestellt werden, die in
der Zusammensetzung den Präparaten
gegen Parasiten und Haushaltsschädlingen
entsprechen. Rohextrakt wird aus Neem-Samen, Neemblättern oder
entöltem
Neem-Presskuchen durch Extraktion mit einem dibasischen Ester oder
einem Gemisch von dibasischen Estern hergestellt, z. B. wird 1 kg
Neem-Samen mit 2 Liter Dimethylsuccinat für 24 Stunden bei 40°C unter gelegentlichem
Umrühren
extrahiert. 860 ml Rohextrakt werden versetzt mit 100 ml Natriumdiisooctylsulfosuccinat
und 40 ml Diethylcarbonat. Das lagerstabile Konzentrat wird vor
Gebrauch 1:25 mit Wasser verdünnt.
Mit Schädlingen
befallene Pflanzen werden mit der Sprühlösung behandelt.
-
Versuch
in vitro: einzelne Blätter
mit Schädlingen
in 15 cm-Petrischale auf Filterpapier werden mit Testlösungen aus
Fingerpumpsprayflaschen mit 3 Pumpstößen mit jeweils 0,4 ml Fördervolumen
aus 20 cm Entfernung eingesprüht.
Mit einer Stereolupe werden die Schädlinge nach 15, 30 und 90 Minuten
und 24 Stunden auf Vitalität
untersucht.
-
Versuch
in Gewächshaus-Kulturen:
mit Schädlingen
befallene Pflanzen werden mit einer handelsüblichen 1 Liter-Sprühflasche
gleichmäßig dünn eingesprüht. Nach
einem Tag werden die Pflanzen auf Befall mit den Schädlingen
untersucht. Die Ergebnisse in vitro und an Pflanzenkulturen können wie
folgt zusammengefaßt
werden:
-
a) Läuse
und Schmetterlingsraupen
-
Als
Testorganismen werden eingesetzt: Myzus persicae (Grüne Pfirsichblattlaus)
an Ackerbohnen, Aphis fabae (Schwarze Bohnenblattlaus) an Bohnen.
Pseudococcus adonidum (Schmierlaus) an einer Orchideae, Aonidiella
aurantii (Schildlaus) an Kartoffelknollen, Spodoptera frusipenda
(Schmetterlingsraupe) auf Nährsubstrat.
| %-Anteil
abgestorbener Insekten nach: |
| 15
min | 30
min | 90
min | 24h |
Myzus
persicae | 50% | 100% | | |
Aphis
fabae | 50% | 60% | 90% | 100% |
Pseudococcus
adonidum | 100% | | | |
Spodoptera
frusipenda | 0% | 10% | 100% | |
Aonidiella
aurantii | 0% | 70% | 100% | |
-
b) Spinnmilben
-
Als
Testorganismen werden eingesetzt: Tetranychus urticae (Bohnenspinnmilbe)
an Bohnen und Panonychus ulmi (Obstbaumspinnmilbe) an Johannisbeere.
| %-Anteil
abgestorbener Milben nach: |
| 15
min | 30
min | 90
min | 24
h |
Tetranychus
urticae | 100% | wie
zuvor | | |
Panonychus
ulmi | 100% | wie
zuvor | | |
-
Es
zeigt sich demnach, dass die erfindungsgemäß hergestellten Neem-Präparate gegen
Insekten und Milben sehr wirksam sind. Mit dibasischen Estern hergestellte
Neem-Präparate
sind in vielfältiger
Zusammensetzung formulierbar und können gegen viele, auch hier
nicht genannte, Schädlinge
und Krankheitserreger in erfindungsgemäßer Weise angewendet werden.