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Die Erfindung bezieht sich auf ein
Verfahren zur selektiven Anreicherung von natürlichen extrazellulären polymeren
Substanzen (EPS) mit oberflächenaktiven
Eigenschaften aus einer Lösung
unter Anwendung eines festen Filtermaterials, auf eine Anordnung
zur Durchführung
und Anwendungen des Verfahrens.
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Bei einer „extrazellulären polymeren
Substanz" (EPS) handelt es sich um eine Substanz aus Riesenmolekülen außerhalb
der Produktionsquelle. EPS werden von verschiedenen biologischen
Organismen innerhalb der Zelle produziert und an die Umwelt abgegeben.
Synonyme für
EPS sind die Begriffe „Exopolysaccharide", „Exozelluläre Polymere", „Extrazelluläre Polymere"
oder „Exopolymere".
Es existieren sowohl gekapselte als auch oberflächenaktive, freie EPS, wobei
für die
Erfindung nur die letzteren von Relevanz sind. Exopolymere Mehrfachzucker und
Zuckereiweiße
beispielsweise werden von Bakterien und Algen größtenteils in das sie umgebende Wasser
abgegeben. Die meisten dieser Polymere gehören zur Gruppe der „Acyl-Heteropolymere". Kennzeichen
dieser Gruppe ist, dass sowohl hydrophile als auch hydrophobe Gruppen
die internen und externen Oberflächeneigenschaften
der Polymere prägen.
Die Abgabe von expolymeren Mehrfachzuckern in Meerwasser führt zu wichtigen
biologischen Ereignissen wie beispielsweise dem „marinen Schnee". In dem Aufsatz
A „On
the trophic fate of Phaeocystis pouchettii (Hariot) : IV. The formation
of marine snow by P. pouchettii" (Passow, U., Wassmann P. (1994)
Mar. Ecol. Prog. Ser. 104 :153-161) wurde das Flockungsverhalten
des genannten Organismus untersucht. Es stellte sich heraus, dass
eine Aggregation der EPS insbesondere in Anwesenheit von Siliziumfasern
stattfindet.
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In der Aquakultur sind gelöste und
partikuläre
EPS ein Beiprodukt mit teilweise hohem Massenanteil an der Produktion.
Zudem sind EPS ein wichtiger Bestandteil von Biofilmen und dienen
der Konditionierung der Haftuntergründe. Biofilme haben in der Wassertechnologie
eine große
technische und ökonomische
Bedeutung, sowohl im Hinblick auf erwünschte Biofilm-Reaktoren als
auch im Hinblick auf unerwünschte
Biofouling- und Biokorrosionsprozesse. Dabei ist die Rolle der EPS,
welche die Biofilme als Gel zusammenhalten und an Obertlächen fixieren,
noch weitgehend unerforscht.
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Allen mikrobiellen Aggregaten ist
gemeinsam, dass sie von den EPS zusammengehalten werden. Die EPS
verleihen ihnen ihre Form und ihre physikalischen Eigenschaften.
Sie vermitteln auch die Anhaftung an Obertlächen. Die EPS stellen eine hoch
hydratisierte, gelförmige
Schleim-Matrix dar (Wassergehalt bis zu 98%), die in der Regel wie
ein Schwamm aufgebaut ist; sie können
aber auch fibrilläre
Strukturen enthalten. Ihr mengenmäßiger Anteil kann stark schwanken;
er liegt zwischen 50% und 90% der gesamten organischen Substanz
im Biofilm. Ein Kennzeichen der EPS-Matrix ist, dass sie heterogen
aufgebaut ist und dass ihre Bestandteile stark variieren können, z.B.
je nachdem, welche Mikroorganismen zugegen sind, unter welchen Nährstoffbedingungen
sie sich befinden, welche hydrodynamischen Bedingungen vorliegen
und wie alt der Biofilm ist. Für
das Verständnis
von Biofilmen nehmen die EPS eine Schlüsselstellung ein, weil sie
den Raum zwischen den Mikroorganismen formen und verantwortlich
sind für
die höchst
unterschiedliche Morphologie von Biofilmen (z.B.: glatt, rau, filamentös, zerklüftet etc.).
Einmal ausgeschieden, stellen die EPS eine eigenständige Matrix
dar, die nicht leicht enzymatisch wieder abgebaut wird. Zur weiteren
Erforschung der Struktur sowie der physiko-chemischen Prozesse und
Effekte von Biofilmen ist damit eine Erzeugung, Isolierung, Charakterisierung
und Bereitstellung von Biofilmen und EPS von großer Bedeutung.
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Beschreibungen von Verfahren zur
selektiven Anreicherung von EPS sind aus dem Stand der Technik in
erster Linie im Zusammenhang mit wissenschaftlichen Anwendungen
bekannt. Aus dem Aufsatz B „The
role of surfaceactive carbohydrates in the flocculation of a diatom
bloom in mesocosm" (K. Mopper et al., Deep-Sea Research II, Vo1.42,
No.1, pp. 47–73,
1995) ist ein Verfahren bekannt, bei dem mit Hilfe von Luftblasen,
die als adsorptiv wirkende hydrophobe, mobile Einheiten interpretiert
werden können,
EPS aus Kulturmedien oder Meerwasser auszuschäumen. Dies erfolgt in einer
Blasenadsorptionssäule,
die aus Borosilikatglas und Teflon besteht (vgl. 1 ebd.). Dem Aufsatz C „Formation
of transparent exopolymer particles, TEP, from dissolved precursor
material" (U. Passow, Mar. Ecol. Prog. Ser., Vol.192: 1–11, 2000)
ist zu entnehmen, dass TEP durch Filterung auf 0,4 μm Filtern
anreicherbar sind. TEP, die Längen
bis mehrere 100 μm
aufweisen können,
zeigen eine Fähigkeit
zur Aggregatbildung und neigen zu einer schnellen Sedimentierung.
Zur Bildung von TEP wird gemäß Aufsatz
C der Lösung in
einem Schertank eine laminate oder eine turbulente Scherkraft aufgeprägt. Das
Aufprägen
einer turbulenten Scherströmung
durch Rotation der Lösung
auf Rotationstischen erhöht
die Größe der Aggregate (Partikel).
Die Lösung
wird dann zur Trennung mit Membranfiltern mit Poren von 0,4 μm Durchmesser
in Kontakt gebracht. Aufgrund der auftretenden Scherkräfte und
unter Ausnutzung der Fähigkeit
zur Aggregatbildung treten die kleineren TEP mit einer Ausdehnung
kleiner 0,4 μm
durch die Membranfilter hindurch, wohingegen die größeren TEP
mit der restlichen Lösung
zurückgehalten
wird („Dialysevorgang").
Ein Problem bei dieser bekannten Art der selektiven Anreicherung
besteht in der schnellen Filterzusetzung durch die kleineren TEP,
sodass nur eine geringe Trennungseffizienz zu erreichen ist.
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Bei einem Ausblick in den Stand der
Technik das Problem der raschen Filterzusetzung betreffend stößt man auf
die Dissertation „Untersuchungen
zur Regeneration herkömmlicher
und neuartiger Filtermaterialien zur Tiefenfiltration trübstoffhaltiger
Wässer"
(J. Kaulitzky, Universität
Duisburg, 1999, URN Duett-06012002-113006, vgl. http://www.ub.uni-duisbura.de/ETD db/theses/available/duett-06012001-113006/,
Stand 18.11.2001). Aus dem Abstract zu dieser Dissertation ist es
bekannt, zur Entfernung von Partikeln aus dem Wasser die Tiefenfiltration
mit einem neuartigen, hochporösen
Filtermaterial (sogenannte „semipermeable
Kollektoren") einzusetzen. Schwerpunktmäßig befasst sich die Dissertation
mit der Regeneration des Filtermaterials mittels einer Wasserspülung und
einer Anwendung von Ultraschall. Zur Ermittlung der ablösbaren Belastung
wird die Durchströmung
der permeablen Kollektoren theoretisch bestimmt und mit experimentellen Ergebnissen
zur Ablösung
von Partikeln verknüpft. Die
Dissertation beschäftigt
sich damit intensiv mit der Ultraschallreinigung von Filtern für die Wasserreinigung.
Im Gegensatz dazu beschäftigt
sich die Erfindung mit der selektiven Anreicherung von extrazellulären polymeren
Substanzen EPS.
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Desweiteren werden viele EPS aufgrund
ihrer Klebeeigenschaften oder Einwirkungen auf das Fließverhalten
wässriger
Lösungen
und Emulsionen beispielsweise in der Produktion von Nahrungsmitteln,
Kosmetika und Farben eingesetzt. Bei der Erdölgewinnung ist es bekannt,
EPS produzierende Organismen in ölhaltige
Bodenstrukturen zu injizieren. Durch die im Boden entstehenden EPS
werden die Bodenstrukturen in ihrer Durchlässigkeit verringert, sodass
das enthaltene Erdöl
mittels Wasser in vorbestimmten Kanälen aus dem Boden ausgetrieben
werden kann (vgl.
US 4.460.043 ).
Zu bemerken ist, dass bei diesem Verfahren die produzierenden Organismen
und nicht das EPS selbst appliziert werden. Dies rührt von
der Tatsache her, dass bislang EPS in angereicherter Form nur sehr
schwer und aufwändig
zu gewinnen sind.
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Auch in pharmazeutischen Produkten
finden Exopolymere als Wirkstoffe Anwendung. Aus der
DE 40 28 018 A1 , von der
die Erfindung als nächstliegendem
Stand der Technik ausgeht, ist es bekannt, ein extrazelluläres Polymer
mit immunmodulatorischen Eigenschaften durch Kultivierung eines
bestimmten Bakterienstammes zu gewinnen. Dabei werden die Mikroorganismen
durch Zentrifugieren aus der Lösung
mit dem Kulturmedium entfernt und das Exopolymer durch Ultrafiltration über eine
kalibrierte Porenmembran mit einer Retentionsschwelle von 10.000 Dalton
und höher
isoliert und konzentriert. Die auf diese Weise gewonnene Substanz
muss dann noch weiteren Verfahrensschritten (Dialysieren, Präzipitieren
und Lyophilisieren) unterzogen werden, bevor ein weiterverarbeitbares
Endprodukt ausreichender Qualität
zur Verfügung
steht. Bei der Ultrafiltration werden als festes Filtermaterial
teildurchlässige Membranen
mit einem bestimmten Porendurchmesserbereich zur Separation erwünschter
von unerwünschten
Komponenten eingesetzt. Es können
gewichts- und größenabhängig (aber
nicht ladungsabhängig)
insbesondere Bakterien, Proteine, Farbstoffe und Konstituenten mit
einem höheren
Molekulargewicht als 10.000 Daltons angereichert werden. Bei der
Ultrafiltration handelt es sich daher um eine relativ kostenintensive,
gravimetrische Filtrierung, die durch Druckaufprägung noch unterstützt werden kann.
Eine direkte Anreicherung und gereinigte Gewinnung von EPS, insbesondere
auch ein Wechsel des Lösungsmediums,
ist mit der Ultrafiltration aber nur sehr schwer und nur unter Durchführung zusätzlicher
Verfahrensschritte möglich.
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Aufgabe für die Erfindung ist es daher,
ein Verfahren zur selektiven Anreicherung von EPS anzugeben, bei
dem in einfacher Weise eine hohe Anreicherung der EPS in hochreiner
Form möglich
ist. Darüber
hinaus soll ein einfacher Medienwechsel für die Weiterverarbeitung der
EPS möglich
sein. Das Verfahren soll weitgehend unempfindlich in der Durchführung, flexibel
in der Anwendung und möglichst
kostengünstig
in der Ausführung
sein.
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Als Lösung hierfür ist bei einem Verfahren der
eingangs beschriebenen, gattungsgemäßen Art zur selektiven Anreicherung
von EPS mit oberflächenaktiven
Eigenschaften aus einer Lösung
unter Anwendung eines festen Filtermaterials deshalb erfindungsgemäß vorgesehen,
dass die EPS in der Lösung
an ein adhäsiv
wirkendes Trägermaterial
als festes Filtermaterial reversibel gebunden werden, das bei einem
großen
umspannten Volumen eine kleine Oberfläche aufweist und durch eine
Ausprägung
mit einer zu der Oberflächenstruktur
der jeweils anzureichernden EPS inversen Oberflächenstruktur die EPS durch
intramolekulare Umlagerungen in entfalteter räumlicher Anordnung bindet,
und dass die adhäsiv
gebundenen EPS zusammen mit dem Trägermaterial aus der Lösung entfernt
und in einer anderen Lösung
durch Anwendung von Ultraschall von dem wiedervennrendbaren Trägermaterial
unter Aufhebung der Adhäsion
wieder getrennt und angereichert werden.
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Durch das Adhäsionsvermögen der EPS mit oberflächenaktiven
Eigenschaften kann das erfindungsgemäße Verfahren durch Verwendung
eines adhäsiv
wirkenden Trägermaterials
zur selektiven Anreicherung besonders effizient genutzt werden. Dabei
beruht die adhäsive
Wirkung auf die EPS darauf, dass durch die Art der Oberflächenmodifizierung des
verwendeten Trägermaterials
ein inverses Abbild der polymeren Oberflächeneigenschaften entsteht. Die
Form des adhäsiv
wirkenden Trägermaterials prägt dabei
den adhäsierten
EPS eine neue räumliche
Anordnung auf. Hierbei handelt es sich also um eine Konversion durch
eine intramolekulare Umlagerung in den EPS. Durch die Entfaltung
entstehen neue Bindungsstellen für
solche EPS, die sich noch in der Lösung befinden. Da die Adhäsion der
EPS innerhalb weniger Minuten stattfindet, ist ein besonderer Vorteil
der Erfindung in der hohen Geschwindigkeit der Anreicherung zu sehen.
Außerdem
ist im Gegensatz zu den bekannten Verfahren kein Verfahrensdruck
für die
Anreicherung aufzubauen, da die physikalische Adhäsion ein
von diesem Verfahrensparameter unabhängiger Vorgang ist. Weiterhin
bietet das erfindungsgemäße Verfahren
eine besonders einfache Handhabung. Die konzentriert angereicherten
EPS können
nach ihrer Adhäsion
anschließend
in eine andere Lösung überführt und
dort gereinigt werden. Ein besonderes kennzeichnendes Merkmal der Erfindung
ist dabei die reversible Bindung der EPS aufgrund ihrer Oberflächeneigenschaften
an das feste, adhäsiv
wirkende Trägermaterial.
Das Trägermaterial
wird nach der adhäsiven
Bindung aus der Lösung
entfernt, sodass auch ein großer
Teil des EPS aus der Lösung
entfernt wird. Dabei ist die Effizienz der Anreicherung von der
Kapazität
des verwendeten Trägermaterials
abhängig.
Je nach dessen Oberflächeneigenschaften
können
unterschiedliche EPS aus verschiedenen Lösungen angereichert werden. Mit
dem erfindungsgemäßen Verfahren
ist daher auch eine selektive Anreichung von EPS möglich. Da die
Adhäsion
der EPS am Trägermaterial
durch Ultraschall aufgehoben wird, kann das Trägermaterial problemlos zurückgewonnen
und wiederverwendet werden. Da außerdem die angereicherte, adhäsierte Fraktion
der EPS ausreichend fest an das adhäsiv wirkende Trägermaterial
gebunden ist, kann ein Medienwechsel vor der Rückgewinnung des Trägermaterials
vorgenommen werden. Insbesondere im Hinblick auf die Reinigung und
Aufkonzentration der EPS war der einfache Medienwechsel bislang
ein nicht beherrschbares Problem.
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Da der Effekt der oben beschriebenen
Entstehung neuer Bindungsstellen durch Entfaltung der EPS herbeigeführt wird,
ist es ein Ziel der Erfindung, die Oberflächenstruktur des adhäsiv wirkenden
Trägermaterials
so auszubilden, dass eine maximale Anreicherungseffizienz erreicht
wird. Dazu kann gemäß einer
nächsten
Erfindungsfortführung
besonders vorteilhaft vorgesehen sein, dass das verwendete Trägermaterial
drehrunde Strukturen, insbesondere in Form von Kugel- oder Faserstrukturen
aufweist. Durch solchermaßen
drehrunde Strukturen wird eine radial ausgerichtete, besonders dicht
gepackte neue räumliche
Anordnung der entfalteten EPS am Trägermaterial erreicht. Da der
Effekt der Entfaltung der EPS mit zunehmender Entfernung vom Trägermaterial
nachlässt,
kann weiterhin gemäß einer
Fortführung
des erfindungsgemäßen Verfahrens
vorteilhaft vorgesehen sein, dass das verwendete Trägermaterial
in Form von Glaswolle ausgebildet ist. Dabei ist die Form der Wolle,
deren einzelne Fasern eine drehrunde Form aufweisen, besonders als
Trägermaterial
zur Anreicherung geeignet. Im Gewebe einer Wolle kann eine EPS-haltige
Lösung
sowohl eine hohe Durchflussrate erreichen als auch eine große Menge
von EPS adhäsiv
ablagern und speichern. Außerdem
bietet Wolle durch ihre Dreidimensionalität einen relativ großen Raum
für die
zu erreichende Konversion der EPS zur adhäsiven Bindung an das Trägermaterial.
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Nach einer weiteren Erfindungsausgestaltung
kann das verwendete Trägermaterial
vorteilhaft auch silanisiert sein. Bei der Anmelderin durchgeführte Adhäsionsversuche
mit Algenkulturen haben gezeigt, dass EPS innerhalb von Minuten
in sehr unterschiedlichem Ausmaß an
Oberflächen
haften. Dabei zeigten die untersuchten Polymere entgegen der Erwartung
keine gute Haftung an den bekannten nanorauen, hydrophoben Filtern
oder Membranen („Blot-Membranen"), die
eine starke Bindungskapazität
für negative
oder positive Ladungen aufweisen. Eine sehr schnelle Bindung erfolgte
dagegen an silanisierter Glaswolle (Produkte der Firmen „Serva"
und „Gelman").
Silanisierte Glaswolle soll nach Herstellerangaben bei der „Gel- Permeations-Chromatographie"
in der Funktion eines groben mechanischen Filters das Ausschwämmen des
Gelbettes verhindern und nicht Stoffe selektiv zurückhalten.
An der Oberfläche
der negativ geladenen Glasfasern werden durch die Silanisierung
zusätzlich
hydrophobe Gruppen eingeführt,
die zu einer weiteren Verbesserung der adhäsiven Bindung der EPS an das
Trägermaterial
führen.
Dazu trägt
auch die Tatsache bei, dass silanisierte Glaswolle eine besonders
kleine Oberfläche
bei einem großen
umspannten Volumen aufweist.
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Aus dem Arbeitsbereich Messtechnik
der Technischen Universität
Hamburg-Harburg
ist von der EMC-Gruppe (Environmental Measurement Technology) ein
Projekt mit dem Namen „Sample Preparation
for Semivolatile Organic Compounds with a „Silicoat Tube" bekannt (vgl.
http://www.tuharburg.de/et1/projects.html mit entsprechend weiterführenden
Links, Stand 01.11.2001). Es soll ein selektives Anreicherungsverfahren
für insbesondere aromatische
organische Komponenten beispielsweise aus verschmutzten Abwassern
entwickelt werden. Dazu wird in einem Lösungsmittel-Verdampfer eine Glasröhre verwendet,
die dauerhaft mit einem aufgerollten, mit einer dünnen Schicht
von Polydimethylsiloxan überzogenen
Glasfaserfilter gefüllt
ist. Diese wird mit dem Analyt gefüllt und im Gegenstrom wird ein
Gasstrom zur Verdampfung des Lösungsmittels durch
die Glasröhre
hindurchgeleitet, wobei die schwerer flüchtigen Komponenten im Filter
mechanisch zurückgehalten
werden. Die Desorption der Komponenten aus dem Filter erfolgt dann
in der Glasröhre
thermisch durch Wärmezufuhr.
Die Anreicherungseffektivität
hängt vom
Probenvolumen, von den Eigenschaften der Analyte sowie der Volumengeschwindigkeit
und des Druckes des eingeblasenen Gases ab. Somit liegt bei diesem
bekannten Verfahren ein grundsätzlich
anderes physikochemisches Prinzip mit einem anderen Parametersatz
zugrunde als bei dem erfindungsgemäßen Verfahren, dass auf einer
Adhäsion
der anzureichernden Komponente beruht. Die mit dem bekannten Verfahren
anreicherbaren aromatischen Komponenten weisen keine oberflächenaktiven
Eigenschaften auf, sodass hier das Filtermaterial nur rein mechanische
Aufgaben zu erfüllen
hat.
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Aus der Zusammenfassung zu dem Aufsatz „Imperfect
retention of natural bacterioplancton cells by glass fiber filters"
von Lee et al. ( vgl. http://www.intres.com/abstracts/meps/v119/p285-290.htm,
Stand 01.11.2001 bzw. MEPS 119: 285–290 (1995)) ist es zwar bekannt,
dass Glasfaserfilter verbreitet dazu eingesetzt werden, verschiedene,
in Seewasser gelöste
Partikel anzureichern und zu sammeln. Hier werden die Filter aber
wegen ihrer physiko-chemischen Stabilität bei den chemischen Analysen
der im Filter zurückgehaltenen
Komponenten eingesetzt. Es besteht aber der gravierende Nachteil,
dass kleinere Partikel den Glasfaserfilter unbehindert passieren, sodass
bei diesem bekannten Filterverfahren Gravitations-Filter (GF) mit
einer bedeutend größeren Rückhalteeffizienz
vorgezogen werden. Auch bei diesem bekannten Verfahren werden beide
Filtertypen als rein mechanische Rückhaltekomponenten beschrieben.
Adhäsiv
wirkende Anbindungsvorgänge finden
nicht statt.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
können
EPS einfach und schnell selektiv angereichert werden. Damit sind
sie zum einen beispielsweise zur Umweltreinigung aus Lösungen entfernbar,
aber auch zum anderen für
eine Weiterverarbeitung, beispielsweise für Produkte für die Kosmetik-,
Farb- und Nahrungsmittelindustrie, in großen Mengen ohne das Erfordernis
von druckbeaufschlagten Sicherheitsbehältern bereitstellbar. Einen
zusätzlichen
Vorteil für die
Weiterverarbeitung bietet es, wenn gemäß einer anderen Erfindungs fortführung das
angereicherte EPS zur Weiterverarbeitung gefriergetrocknet wird. Damit
wird es in einer optimal lager- und transportfähigen Form angeboten. Das Pulver
kann zur Weiterverarbeitung wieder gelöst oder direkt anderen Komponenten
zugeführt
werden. Bei der Entfernung von EPS aus Lösungen spielt deren unerwünschter
Beitrag zur Biofilmbildung, beispielsweise als Gelbildner beim Biofouling,
eine Rolle. Gemäß einer
weiteren Erfindungsfortführung
ist es daher vorteilhaft, wenn als Lösung Wasser unterschiedlicher
Herkunft eingesetzt wird, in dem die EPS von aquatischen Organismen,
insbesondere von Algen, produziert werden. Hier kann mit dem erfindungsgemäßen Verfahren eine
schnelle und weitgehende Entfernung der von den Algen in großen Mengen
produzierten, störenden
EPS erfolgen. Damit ist es gemäß einer
bevorzugten Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens besonders sinnvoll,
wenn die Entstehung von Biofouling an wasserbenetzten Oberflächen verhindert
werden soll. Die Entfernung der schleimbildenden EPS aus dem die
Oberfläche
benetzenden Wasser kann mit einfachen integrierten Filtersystemen
erfolgen, durch die das Wasser geführt und durch die selektive
Anreicherung im Trägermaterial
ständig
von den EPS gereinigt wird. Als Beispiel sei hier eine Vorfilteranlage
für eine
Meerwasser-Entsalzungsanlage genannt.
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Gemäß einer weiteren Ausgestaltung
des erfindungsgemäßen Verfahrens
kann es dazu vorteilhaft sein, dass eine Kopplung mit einem kontinuierlichen
Dialysevorgang vorgesehen ist. Dabei bezeichnet die „Dialyse"
ein physikalisches Verfahren zur Abtrennung von niedermolekularen
Partikeln aus einer Lösung
hochmolekularer Stoffe. Es kann bei einer geeigneten Anordnung mit
einem Filtersystem zur Halterung des Filtermaterials in der Lösung zur Durchführung des
Verfahrens vorteilhaft vorgesehen sein, dass die Filterhalterung
als Poren aufweisender Dialyseschlauch ausgebildet ist, der das
als Trägermaterial
ausgebildete Filtermaterial umschließt. Bezüglich der Größenbemessung
der Poren kann in Abhängigkeit
von der Dialyserichtung weiterhin vorteilhaft vorgesehen sein, dass
zur Anreicherung von EPS aus der Umgebung des Dialyseschlauchs die Poren
größer als
die EPS oder zur Anreicherung von EPS im Dialyseschlauch die Poren
kleiner als die EPS sind, wobei die Poren immer kleiner als die
die EPS produzierenden Organismen sind. Die Anreicherung aus der
Umgebung des Dialyseschlauchs entspricht einer Umkehrung der Dialyse.
Dazu befindet sich der Dialyseschlauch sich in einer Lösung, die beispielsweise
mit einer Algenkultur versetzt ist. Durch die geeignete Wahl der
Porengröße im Dialyseschlauch
wandern die EPS in den Schlauch und werden im Innern an das dort
befindliche Trägermaterial
gebunden, während
die Organismen, die aufgrund ihrer Größe von dem Dialyseschlauch
zurückgehalten
werden, keinen direkten Kontakt zu dem Trägermaterial haben. Dadurch
ist es möglich,
EPS in sehr reiner Form ohne produzierende Organismen anzureichern.
Weiterhin ist ein Medienwechsel für den Dialyseschlauch zwischen
Be- und Entladung ist problemlos möglich.
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Bei der direkten Dialyse wird der
Dialyseschlauch beispielsweise von der Lösung mit der Algenkultur durchströmt. Durch
die Bemessung der Poren können
weder die Mikroorganismen noch die EPS aus dem Dialyseschlauch austreten.
Nur von diesen Komponenten „geklärte" Lösung, beispielsweise
Meerwasser, tritt deshalb in den Außenraum des Dialyseschlauch
(vergleichbar ist dieses Prinzip mit der „Meerwasserentsalzung") und
kann weiterverwendet werden. Während
die EPS vom Trägermaterial
adsorbiert werden, durchfließen
die Mikroorganismen den Dialyseschlauch, sodass an dessen Ausgang
zunächst
ein Zeltkonzentrat abziehbar ist. Wenn das Trägermaterial mit EPS gesättigt ist,
wird ein anderes Lösungsmittel,
beispielsweise Leitungswasser, durch den Dialyseschlauch geleitet
und unter Ultraschall die EPS in das Lösungsmittel zu entlassen. Wiederum
erhält
man am Ausgang des Dialyseschlauchs ein sehr reines EPS-Material
ohne produzierende Organismen. Nach der Regeneration des Trägermaterials
kann erneut belastete Lösung
hindurchgeleitet werden, sodass ein Kreisprozess gegeben ist. Mit
den beschriebenen kontinuierlichen Dialysekopplungen können also
insbesondere in Verbindung mit einer nachfolgenden Gefriertrocknung
der angereicherten EPS zwei Aspekte auf einmal berücksichtigt
werden. Beispielsweise kann bei der Aufkonzentrierung von EPS aus
Algenkulturen dem einen Industriezweig ein qualitativ hochwertiges
Produkt angeboten werden, dem anderen Industriezweig wird durch
Vermeidung von Biofilmbildung bei der Lösung eines gravierenden Problems
geholfen, für
das bis heute keine befriedigenden Lösungen zur Verfügung stehen.
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Sinnvolle Anwendungen ergeben sich
für das
erfindungsgemäße Verfahren überall dort,
wo es entweder um eine Entfernung der EPS auf der einen Seite oder
um eine selektive Anreicherung der EPS auf der anderen Seite geht.
Besondere und völlig neue
Anwendungen des erfindungsgemäßen Verfahrens
werden aber gemäß weiterer
Erfindungsfortführungen
in der Verhinderung der Entstehung von Biofouling an wasserbenetzten
Oberflächen
und in einem Einsatz der EPS als natürliches Flockungsmittel für eine Entfernung
umweltbelastender Substanzen aus Wasser gesehen wird. Hierbei kann
es sich beispielsweise um Öle,
organische oder anorganische Gifte, Schwermetallionen oder Schwebstoffe
(Tonmineralien) handeln, die von den EPS als Flockungsmittel gebunden
werden. Insbesondere aus Hafenanlagen können so mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
beispielsweise Schwermetalle oder auch Tributhylzinn aus dem Wasser
entfernt werden. Weiterhin können
aus dem Meerwasser für
die Fischwirtschaft schädliche
und den Menschen giftige Algenblüten
durch ihre Anbindungen an die EPS und deren Ausflockung entfernt
werden. Somit leistet das erfindungsgemäße Verfahren einen wichtigen
Beitrag auf dem Gebiet der Umweltreinigung und des Umweltschutzes.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand
der schematischen Figuren noch näher
erläutert.
Dabei zeigt
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1 ein
Diagramm zur Viskositätserhöhung durch
EPS,
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2 ein
Foto von adhäsierten
EPS an einer silanisierten Glasfaser und
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3 eine
Prinzipdarstellung zur Durchführung
des erfindungsgemäßen Verfahrens
nach dem Dialyseprinzip.
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In dem Diagramm gemäß der 1 ist die dynamische Viskosität η einer Lösung über der Scherfrequenz
einer rotierenden Scheibe in der Lösung aufgetragen. Die untere,
nahezu konstante Kurve ergibt sich für reines Meerwasser. Die obere
Kurve zeigt den Viskositätsverlauf
für eine
verdünnte
Meerwasser-EPS-Lösung.
Deutlich ist der Anstieg der dynamische Viskosität η zu erkennen, der durch die schleimbildenden
EPS in der Lösung
verursacht wird.
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Die 2 zeigt
ein Foto mit einer mikroskopischen Vergrößerung einer einzelnen silanisierten Glasfaser,
die in eine Meerwasser-EPS-Lösung
eingelegt ist. Deutlich ist die Anheftung der von den Algen produzierten
Polymere an die Glasfaser als Trägermaterial
zu erkennen. Bei einer aufgelockerten Knäuelanordnung einzelner Glasfasern
wird bei einer minimalen Oberfläche
ein maximales Volumen zur adhäsiven
Anbindung bereitgestellt. Durch das Adhäsionsvermögen der Polymere an das Trägermaterial
kann das erfindungsgemäße Verfahren
zur selektiven Anreicherung und damit Extraktion der Algen-EPS genutzt
werden. Bei der schnellen und reversiblen adhäsiven Bindung spielt insbesondere
die Ausprägung
der Oberflächenstruktur
des Trägermaterials
zur Erreichung von intramolekularen Bindungsumlagerungen eine Rolle.
Der zugrunde liegende Wirkprozess wurde bereits im allgemeinen Beschreibungsteil
ausführlich
erläutert.
Dadurch können
EPS für
deren Theologische Charakterisierung gewonnen werden, um neue Erkenntnisse über die entsprechenden
biologischen Prozesse gewinnen zu können. Es wurde in Versuchen
bei der Anmelderin bestimmt, dass das erfindungsgemäße Verfahren auch
auf die selektive Anreicherung von Exopolymeren aus Aquakulturen
anwendbar ist, die eine große Menge
an Exopolymeren als Bioprodukt liefern.
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Die 3 zeigt
schematisch eine mögliche Anordnung
zur Durchführung
des erfindungsgemäßen Verfahrens
nach dem Dialyseprinzip. Es ist ein beispielsweise mit einer klaren
Lösung
S, beispielsweise Wasser, gefüllter
Behälter
T mit einer Abfüllstelle
AB dargestellt. In das Wasser ragt ein Dialyseschlauch DT hinein,
der in einer Filterhalterung FF fixiert ist. Der Dialyseschlauch
DT wird zwischen einem Eingang EN und einem Ausgang EX von einer belasteten
Lösung
S* durchflossen, die Mikroorganismen MO, insbesondere Algen, enthält, die
extrazelluläre
polymere Substanzen EPS produzieren. Der Dialyseschlauch DT ist
mit einem adhäsiv
wirkenden Trägermaterial
SM gefüllt,
das bei einem großen
umspannten Volumen eine kleine Oberfläche aufweist. Bei dem Trägermaterial
SM kann es sich beispielsweise um silanisierte Glaswolle handeln (vgl. 2).
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Der Dialyseschlauch DT weist Poren
P mit einem Durchmesser auf, die ein Austreten der Mikroorganismen
MO und der EPS in die klare Lösung
S verhindern, sodass nur die geklärte Lösung S aus der belasteten Lösung S*
zu der klaren Lösung
S hinzufließt
(kleine Pfeile in 3).
Während
die EPS beim Durchfließen
des Dialyseschlauchs DT an das Trägermaterial SM adhäsiv adsorbieren,
werden die Mikroorganismen MO hindurchgespült, sodass zunächst am
Aushang EX des Dialyseschlauchs DT eine konzentrierte Zelllösung erhalten
wird. Nach der Sättigung
des Trägermaterials
SM mit EPS wird der Dialyseschlauch DT mit einer Reinigungsflüssigkeit PF,
beispielsweise mit Leitungswasser, durchspült und gleichzeitig mit Ultraschall
US aus einer Ultraschallquelle USS beaufschlagt. Dadurch werden
die adsorbierten EPS durch Aufhebung der adhäsiven Bindung desorbiert und
mit dem Wasser aus dem Dialyseschlauch DT herausgespült. Am Ausgang
EX wird nunmehr eine mit EPS angereicherte Lösung von hochreiner Qualität erhalten.
Das regenerierte Trägermaterial
SM steht sofort ohne weitere Zwischenreinigungsschritte für den nächsten Dialysedurchlauf
bis zur erneuten Sättigung
des Trägermaterials
SM zur Verfügung.
Das konzentrierte EPS, das zur Sedimentation neigt, kann entsprechend
weiterverarbeitet, insbesondere gefriergetrocknet werden. Das gezeigte
Filtersystem kann insbesondere zur Vermeidung der Entstehung von
Biofouling an wasserbenetzten Oberflächen oder zur Ausfilterung von
umweltgefährdenden
Substanzen aus Wasser nach dem Prinzip der „Meerwasserentsalzung" eingesetzt
werden
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- AB
- Abfüllstelle
- DT
- Dialyseschlauch
- EN
- Eingang
- EPS
- extrazelluläre polymere
Substanz
- EX
- Ausgang
- FF
- Filterhalterung
- MO
- Mikroorganismus
- P
- Poren
- PF
- Reinigungsflüssigkeit
- S
- geklärte Lösung
- S*
- belastete
Lösung
- SM
- adhäsiv wirkendes
Trägermaterial
- T
- Behälter
- US
- Ultraschall
- USS
- Ultraschallquelle