DE10127481A1 - Verfahren zur Ermittlung oder Abschätzung des Reibungskoeffizienten zwischen den Reibbelägen einer Kraftfahrzeugbremse - Google Patents
Verfahren zur Ermittlung oder Abschätzung des Reibungskoeffizienten zwischen den Reibbelägen einer KraftfahrzeugbremseInfo
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Abstract
Bei einem Verfahren zur Ermittlung oder Abschätzung des Reibungskoeffizienten zwischen den Reibbelägen einer Kraftfahrzeugbremse, d. h. einer Scheibenbremse oder Trommelbremse, das insbesondere für Kraftfahrzeuge mit geregelten Bremsanlagen (ABS, ASR, ESP etc.) entwickelt wurde, werden während eines Betriebs des Fahrzeugs der aktuelle, momentan vorhandene Reibungskoeffizient radindividuell und/oder achsindividuell unter Einbeziehung zumindest der Kenndaten der Radbremse, der aktuellen Fahrdaten und der Bremsenbetätigungsdaten festgestellt. Der momentane, aktualisierte Reibungskoeffizient wird dann bei der Regelung und Steuerung des Radbremsdruckes in die Berechnungen einbezogen.
Description
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Ermittlung
und/oder Abschätzung des Reibungskoeffizienten zwischen den
Reibbelägen einer Kraftfahrzeugbremse, d. h. einer Scheiben
bremse, Trommelbremse oder dergleichen, für Kraftfahrzeuge
mit geregelten Bremsanlagen, wie Blockierschutzregelungssy
stemen (ABS), Antriebsschlupfregelungen (ASR), Fahrstabili
tätsregelungen (ESP) etc.
Es ist bekannt, den Bremsbelagreibungskoeffizienten bei der
Auslegung der Bremsensysteme als festen Wert oder als Funk
tion des Bremsdruckes, der Radlast usw. vorzugeben. Andere
Einflüsse, wie thermische Belastung, Alterung, Abnutzung,
Verschmutzung der Beläge etc. bleiben jedoch außer acht oder
werden höchstens als Mittelwerte oder Extremwerte bei der
Auslegung der Bremse berücksichtigt, obwohl durch solche
Einflüsse eine erhebliche Änderung des Bremsbelagskoeffizi
enten und damit des Bremsdruckes zum Erreichen einer vorge
gebenen Abbremsung verbunden sein können.
Der Erfindung liegt daher die allgemeine Aufgabe zugrunde,
die unvermeidbaren Änderungen des Reibungskoeffizienten der
Beläge einer Kraftfahrzeugbremse zu erfassen und die Auswir
kungen solcher Änderungen auf das Bremsgeschehen noch stär
ker zu berücksichtigen.
Es hat sich herausgestellt, dass diese Aufgabe durch das im
Anspruch 1 beschriebene Verfahren gelöst werden kann, dessen
Besonderheit darin besteht, dass während eines Betriebs des
Fahrzeugs der aktuelle, momentan vorhandene Reibungskoeffi
zient radindividuell und/oder achsindividuell unter Einbe
ziehung zumindest der Kenndaten der Radbremse, der aktuellen
Fahrdaten und der Bremsenbetätigungsdaten festgestellt, d. h.
näherungsweise errechnet oder abgeschätzt wird und dass dann
der momentane Reibungskoeffizient bei der Regelung und
Steuerung des Radbremsdruckes berücksichtigt wird.
Die Erfindung geht von der Überlegung aus, dass bei Kenntnis
des Reibungskoeffizienten, wobei an eine radindividuelle
oder zumindest achsindividuelle Kenntnis des Koeffizienten
gedacht ist, das Regelverhalten von geregelten Bremsensyste
men erheblich verbessert werden kann, weil der Reibungskoef
fizient und dessen Änderungen auf die Bremswirkung in Abhän
gigkeit vom Bremsdruck entscheidenden Einfluss besitzen.
Für verschiedene Funktionen der geregelten Bremsanlagen
(ABS-, ASR-, ESP-, ICC-, Hillholder-Funktion etc.) wird aus
der Betätigung der Bremsdruckregelventile (Dauer und Häufig
keit der Ventilbetätigungen) und aus anderen Einflussgrößen
ein Druckmodell gebildet, das anstelle von Druckmessungen
zur Dimensionierung der einzelnen Regelvorgänge, insbesonde
re zur Festlegung der Ventilansteuerzeiten, herangezogen
wird. Die Änderungen des Reibungskoeffizienten infolge von
thermischen Einflüssen, Alterung, Abnutzung, Verschmutzung,
Toleranzen etc., mussten bisher außer acht bleiben.
Erfindungsgemäß wird nun der aktuelle, momentan vorhandene
Reibungskoeffizient erfasst und in das aktuelle Bremsenge
schehen einbezogen. Der hierfür erforderliche Mehraufwand
ist gering oder sogar verschwindend gering, wenn es sich um
Bremsanlagen handelt, die ohnehin mit einem Sensor zur Er
mittlung des Bremsdruckes im Hauptzylinder ausgerüstet sind.
Dies gilt beispielsweise für heutige Fahrstabilitätsrege
lungssysteme (ESP), aber auch für andere geregelte Bremsan
lagen.
Eingangs- oder Einflussgrößen zur Errechnung des aktuellen
Reibungskoeffizienten sind der Druck im Hauptzylinder der
hydraulischen Bremsanlage, die aus den gemessenen Radge
schwindigkeiten errechnete Fahrzeugverzögerung (diese Infor
mationen liegen bei jeder geregelten Bremsanlage vor) und im
Falle einer achsweisen Unterscheidung der Reibungskoeffizi
enten, die errechneten oder anhand von Druckmodellen be
stimmten Blockierdrücke der Räder. Die Verzögerung des Fahr
zeugs muss außerdem durch Berücksichtigung von Steigungs-
und Gefälleeinflüssen kompensiert bzw. korrigiert werden;
eine entsprechende Kompensationsgröße lässt sich aus den
Eingangs- und Regelungsgrößen der vorgenannten geregelten
Bremsanlagen ableiten. Bei heutigen Regelungssystemen steht
die entsprechende Größe mit hinreichender Genauigkeit im Sy
stem zur Verfügung.
Der Reibungskoeffizient zwischen den Reibbelägen einer
Scheibenbremse wird nach folgender Formel ermittelt:
mit:
G = Radlast [kg]
a = Beschleunigung [m/s2]
rdyn = dynamischer Reifenhalbmesser [mm]
rw = Reibringhalbmesser [mm]
ARZ = Kolbenfläche Radzylinder [cm2]
pTHZ = Hauptzylinderdruck [bar]
G = Radlast [kg]
a = Beschleunigung [m/s2]
rdyn = dynamischer Reifenhalbmesser [mm]
rw = Reibringhalbmesser [mm]
ARZ = Kolbenfläche Radzylinder [cm2]
pTHZ = Hauptzylinderdruck [bar]
Die Verzögerung muss kompensiert werden durch:
aVerzög.komp. = aVerzög.gerechnet ± aSteigung/Gefälle [m/s2]
Nach einem vorteilhaften Ausführungsbeispiel der Erfindung
wird der aktuelle, momentan vorhandene Reibungskoeffizient
während des Betriebs des Fahrzeugs ständig oder zu vorgege
benen Zeitpunkten ermittelt und gespeichert. Der gespeicher
te, aktualisierte Wert wird dann zur Steuerung des
Bremsdruckes während eines Regelungsvorganges den Berechnun
gen zugrunde gelegt.
Ein weiteres Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Ver
fahrens besteht darin, dass der Reibungskoeffizient der bei
den Räder einer Achse, insbesondere der Vorderachse, ermit
telt oder aktualisiert wird, sobald an diesen Rädern der
Blockierdruck oder das Blockierdruckniveau erreicht wird.
Das Einsetzen der Blockierschutzregelung (ABS-Funktion)
lässt sich ebenfalls als Kriterium für die Ermittlung des
Reibungskoeffizienten in dieser Situation auswerten.
Der Reibungskoeffizient der Hinterräder wird zweckmäßiger
weise erst dann ermittelt oder aktualisiert, wenn an beiden
Vorderrädern und an einem Hinterrad das Blockierdruckniveau
erreicht wird. Normalerweise sind Regelungen so ausgelegt,
dass zunächst die Vorderachse, erst dann die Hinterachse in
die Regelung gelangt.
Die achsweise Ermittlung des Reibungskoeffizienten setzt
voraus, dass annähernd homogene Straßenverhältnisse vorlie
gen (kein "µ-split") und dass das Fahrzeug geradeaus fährt.
Bei Kurvenfahrten müssten die unterschiedliche Belastungen
der beiden Räder einer Achse in den Berechnungen berücksich
tigt werden.
Der Verzögerungswert wird bei den Berechnungen, wie zuvor
erläutert, durch eine Größe, die von der momentanen Steigung
oder dem Gefälle abhängt, korrigiert.
Wird an zwei Rädern einer Achse der Blockierdruck während
eines Bremsvorganges erreicht, lässt sich der Reibungskoef
fizient der Achse ermitteln. Wird der Blockierdruck an bei
den Vorderrädern und an einem Hinterrad erreicht oder über
schritten, lassen sich die aktuellen Reibungskoeffizienten
an den Vorderrädern und an den Hinterrädern hinreichend ge
nau ermitteln. Bei dieser Betrachtung wird davon ausgegan
gen, dass homogene Fahrbahnverhältnisse gegeben sind und
dass das Fahrzeug geradeaus fährt; bei einer Kurvenfahrt,
bei Schlechtweg-Verhältnissen, "µ-split" etc. wird auf die
vorher gespeicherten Reibwertkoeffizienten zurückgegriffen
und keine Aktualisierung vorgenommen. Außerdem ist es mög
lich, bis zur erneuten Berechnung des aktuellen Reibungs
koeffizienten solange zu warten, bis das Fahrzeug eine Min
destverzögerung erreicht hat.
Sollte der Blockierdruck nur an einer Achse berechnet wer
den, lässt sich durch Subtraktion des Wertes für die Verzö
gerung für beide Achsen mit dem Wert der bekannten Achse der
Reibungsbeiwert der unbekannten Achse hinreichend genau er
mitteln.
Die Kompensation des aktiv einzusteuernden Bremsdruckes ei
ner Radbremse ergibt sich dann wie folgt:
mit
MBRSoll = durch das Steuergerät ermitteltes Sollbremsmoment
rdyn = dynamischer Reifenhalbmesser [Konstante]
MBRSoll = durch das Steuergerät ermitteltes Sollbremsmoment
rdyn = dynamischer Reifenhalbmesser [Konstante]
Der kompensierte Bremsdruck ergibt sich dann aus:
mit ARZ = Radzylinderfläche [mm2]
Für ein Anwendungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens
wurde ein Bremsensystem ausgewählt, das die folgenden Sy
stemvoraussetzungen erfüllte:
- 1. Die Bremsanlage enthielt eine Bremsdruckregelungs- und Steuerungshydraulik, mit der radselektiv und radindividu ell Bremsdruck in den Radbremsen eingesteuert und modu liert werden konnte.
- 2. Die Anlage enthielt einen Regelcomputer, mit dem die von radindividuellen Raddrehzahlsensoren gelieferten Informa tionen zur Steuerung von Bremsdruckregelventilen (elektrisch betätigten Hydraulikventilen) ausgewertet wurden. Es handelte sich um eine ESP-Anlage.
- 3. Die Bremsanlage enthielt einen Drucksensor, mit dem der Hydraulikdruck im Hauptzylinder gemessen werden konnte.
Durch die ständige, zumindest bei jedem Blockierschutzregel
vorgang durchgeführte Aktualisierung des Reibungskoeffizien
ten zwischen den Reibbelägen und durch die Einbeziehung die
ser Werte in die Datenverarbeitung im Regelcomputer konnte
die Effizienz der Bremsanlage erheblich verbessert werden.
Das erfindungsgemäße Verfahren zur Ermittlung des Belag-
Reibungskoeffizienten kann auch zum Signalisieren besonderer
Gefahrquellen ausgewertet werden, die darin bestehen, dass
z. B. nach dem Wechsel der Bremsbeläge zunächst eine Einfahr
zeit erforderlich ist, bis der Belag-Reibungskoeffizient
seinen Soll-Wert erreicht. Es ist zweckmäßig, den Fahrer
über das im Fahrzeug normalerweise vorhandene Diagnosesystem
und Warnsystem auf diesen Zustand und diese Gefahr hinzuwei
sen.
Claims (5)
1. Verfahren zur Ermittlung und/oder Abschätzung des Rei
bungskoeffizienten zwischen den Reibbelägen einer Kraft
fahrzeugbremse, d. h.. einer Scheibenbremse, Trommelbremse
oder dergl., für Kraftfahrzeuge mit geregelten Bremsan
lagen, wie ABS, ASR, ESP etc., dadurch gekennzeichnet,
dass während eines Betriebs des Fahrzeugs der aktuelle,
momentan vorhandene Reibungskoeffizient radindividuell
und/oder achsindividuell unter Einbeziehung zumindest
der Kenndaten der Radbremse, der aktuellen Fahrdaten und
der Bremsenbetätigungsdaten festgestellt, d. h. nähe
rungsweise errechnet oder abgeschätzt wird und dass der
momentane Reibungskoeffizient bei der Regelung und
Steuerung des Radbremsdruckes berücksichtigt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
während des Betriebs des Fahrzeugs der aktuelle, momen
tan vorhandene Reibungskoeffizient ständig oder zu vor
gegebenen Zeitpunkten ermittelt, gespeichert und der
weiteren Berechnung bzw. der Steuerung des Radbremsdruc
kes zugrunde gelegt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeich
net, dass der Reibungskoeffizient der beiden Räder einer
Achse, insbesondere der Vorderachse, ermittelt oder ak
tualisiert und der weiteren Bremsdrucksteuerung zugrunde
gelegt wird, sobald während eines Bremsvorgangs an die
sen Rädern der Blockierdruck oder das Blockierdruckni
veau erreicht wird oder eine Blockierschutzregelung ein
setzt.
4. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis
3, dadurch gekennzeichnet, dass der Reibungskoeffizient
der Hinterräder erst dann ermittelt oder aktualisiert
wird, wenn an beiden Vorderrädern und an einem Hinterrad
der Blockierdruck oder das Blockierdruckniveau erreicht
wird oder eine Blockierschutzregelung einsetzt.
5. Verfahren nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeich
net, dass der Reibungskoeffizient nur dann ermittelt
oder aktualisiert wird, wenn beim Erreichen des Bloc
kierdruckniveaus zumindest annähernd homogene Straßen
verhältnisse vorliegen und das Fahrzeug zumindest nahezu
geradeaus fährt.
Priority Applications (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE10127481A DE10127481A1 (de) | 2000-06-16 | 2001-06-07 | Verfahren zur Ermittlung oder Abschätzung des Reibungskoeffizienten zwischen den Reibbelägen einer Kraftfahrzeugbremse |
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DE10127481A Withdrawn DE10127481A1 (de) | 2000-06-16 | 2001-06-07 | Verfahren zur Ermittlung oder Abschätzung des Reibungskoeffizienten zwischen den Reibbelägen einer Kraftfahrzeugbremse |
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Country | Link |
---|---|
DE (1) | DE10127481A1 (de) |
Cited By (3)
Publication number | Priority date | Publication date | Assignee | Title |
---|---|---|---|---|
DE102009005470A1 (de) * | 2009-01-21 | 2010-07-29 | Knorr-Bremse Systeme für Nutzfahrzeuge GmbH | Verfahren zum Steuern einer druckluftbetätigten Scheibenbremse mit Selbstverstärkung und eine entsprechende Scheibenbremse |
US7957875B2 (en) | 2008-01-17 | 2011-06-07 | GM Global Technology Operations LLC | Method and apparatus for predicting braking system friction |
DE102020207854A1 (de) | 2020-06-24 | 2021-12-30 | Continental Teves Ag & Co. Ohg | Verfahren zur Bestimmung von zwischen Reibpartnern von Reibbremsen eines Fahrzeugs wirkenden Reibbeiwerten |
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DE4024811C2 (de) * | 1990-08-04 | 1997-02-20 | Telefunken Microelectron | Vorrichtung zur Steuerung des Bremsvorgangs von Kraftfahrzeugen |
-
2001
- 2001-06-07 DE DE10127481A patent/DE10127481A1/de not_active Withdrawn
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DE102020207854A1 (de) | 2020-06-24 | 2021-12-30 | Continental Teves Ag & Co. Ohg | Verfahren zur Bestimmung von zwischen Reibpartnern von Reibbremsen eines Fahrzeugs wirkenden Reibbeiwerten |
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