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Lippen-, Augenbrauen-und Wimpernfärb emittel Moderne Lippenstiftmassen
sind bekanntlich sehr vielfältig und kompliziert zusammengesetzt. Sie enthalten
beispielsweise pflanzliche Öle wie Ricinusöl, Sesamöl, Olivenöl, Arachisöl (auch
hydriert), Kokosnuß öl, Kürbiskernöl, Mandelöl, Kakaobutter (auch hydriert), außerdem
Kohlenwasserstoffe oder deren Gemische, z. B. Paraffin, Vaseline, Vaselin- oder
Paraffinöl, Ceresin, Ozokerit, hochviskoses Mineralöl, ferner Wachse tierischen
oder pflanzlichen Ursprungs, z. B. Montanwachs, Bienenwachs, sowie Fettalkohole
wie Stearylalkohol, Cetylalkohol, sodann Fettsäureester wie Isoproylmyristinat und
-palmitat, Cetylricinoleat, Cetyllauromyristinat, Glycerinmonooleat, Polyoxyäthylenmonolaurat,
und tierische Fette, z. B. Schweinefett, Rindstalg, sowie andere Stoffe wie Glykole
und Substanzen zur Erhöhung der Löslichkeit für Farbstoffe.
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Es ist bekannt, daß die Komposition einer Lippenstiftgrundmasse,
bzw. des Stiftkörpers, eine außerordentlich schwierige Aufgabe ist. Trotz Kenntnis
der Rohstoffe gelingt es erst nach langwierigem Ausprobieren, eine brauchbare Rezeptur
zusammenzustellen. Es besteht daher das Bestreben, mit möglichst wenig Rohstoffen
das gewünschte Ziel zu erreichen.
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Aber selbst heute empfiehlt man noch Gemische von Carnaubawachs, Bienenwachs,
Paraffin, Ozokerit, Ricinusöl, Lanolin, Propylenglykol und Polyoxyäthylenmonolaurat,
von anderen Zusätzen, z. B. Farbstoffzusätzen, abgesehen. Die Beherrschung eines
solchen Systems ist selbstverständlich nur an Hand umfangreicher Erfahrungen möglich.
Man kann nichts über etwaige Vorgänge vorhersagen, die sich beim Schmelzen und Gießen
oder bei der Lagerung abspielen können und die die fertige Stiftmasse vielleicht
unbrauchbar machen. Hierzu tritt noch erfahrungsgemäß die Tatsache, daß die Rohstoffe
keineswegs in konstanter Qualität geliefert werden; geringe, kaum merkbare oder
chemisch nicht faßbare Schwankungen stellen die fertige Rezeptur in Frage.
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Es ist aber auch die Meinung der Fachleute, daß die bisher bekannten
chemischen und technischen Neuerungsvorschläge noch nicht Veranlassung sein können,
das Bekannte auf diesem Gebiet zu verlassen, man müßte vielmehr versuchen, den Lippenstiften
hautpflegende Eigenschaften zu erteilen.
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Die einzelnen Rohstoffe zeigen verschiedene Nachteile. So ist das
Ricinusöl nicht in Mineralölen löslich; daher ist ihr Austausch gegen animalische
und vegetabilische Fette und Wachse erforderlich. Zwar wird Ricinusöl schwer ranzig,
bei Anwesenheit von Eosin neigt es jedoch zur Ranzidität und wird dadurch weniger
hautverträglich. Andere pflanzliche Öle, sofern sie nicht hydriert wurden, werden
leicht ranzig, sie sind aber selbst hydriert keineswegs völlig ge-
schmack- und geruchlos.
Carnaubawachs zeigt zwar günstige Eigenschaften, ein etwas zu hoher Zusatz aber
erhöht die Bruchgefahr für die Stiftmasse. Das Lanolin wiederum nimmt leicht Wasser
auf, wodurch Aussehen und Haltbarkeit der Farbschicht auf den Lippen leiden; es
entstehen nämlich weißlich-milchige Farbtöne infolge Emulsionsbildung. Ein weiterer
Nachteil ist die schwierige überdeckbarkeit des oft unangenehmen Eigengeruchs. Cetylalkohol
verleiht den Stiften, ebenso wie Oleylalkohol, einen »Fettgeschmack«, der nicht
leicht zu überdecken ist.
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Manche Fettsäureester, z. B. Butylstearat, schwitzen leicht aus den
Massen aus.
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Fast jeder Rohstoff besitzt solche und ähnliche Nachteile, die sich
auf das System der Stiftmasse nicht nur iibertragen. sondern in diesem sich summieren
können.
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Es wurde nun gefunden, daß sich die geschilderten notorischen Schwierigkeiten
der Lippenstiftherstellung erfindungsgemäß in einfacher Weise umgehen lassen und
die zahlreichen chemisch unterschiedlichen Stoffe auf eine einzige Stoffgruppe,
deren Angehörige größte chemische Verwandtschaft aufweisen, einschränken lassen,
wenn man die Lippenstiftgrundmassen aus Silanabkömmlingen, die bekanntlich nicht
zu den Silikonen gehören, zusammensetzt.
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Unter solchen Silanabkömmlingen sind Tetraalkoxysilane, Alkyltrialkoxysilane,
Aryltrialkoxysilane, Dialkyldialkoxysilane, Diaryldialkoxysilane und Alkylaryldialkoxysilane
zu verstehen. Der Ausdruck Alkyl soll hier Kohlenwasserstoffreste gesättigten und
ungesättigten Charakters mit 1 bis 20 Kohlenstoffatomen betreffen, der Ausdruck
Aryl z. B. Phenyl-, Benzyl-, a- oder p-Naphthylreste. Die über ein Sauerstoffatom
mit dem Siliciumatom verknüpften Alkyle (Alkoxygruppen) hingegen sollen Kohlenwasserstoffreste
gesättigten oder ungesättigten Charakters mit 8 bis 30 Kohlenstoffatomen sein. Die
verschiedenen, oben näher gekennzeichneten Alkoxysilane
sind technisch
leicht zugängliche Stoffe. Man gewinnt sie durch Umesterung von passenden Sithoxysilanen
mit den in Betracht gezogenen Fettalkoholen, indem man entweder die Reaktionspartner
in äquimolekularer Menge oder - die Fettalkohole in einem nicht zu großen Überschuß
des betreffenden Äthoxysilans-löst und unter Einleiten von trockenem Chlorwasserstoff
gegen 180° erhitzt, wobei der Äthylalkohol entweicht. Zu Umesterungen gelangt man
auch bei Verwendung von Zinkstaub. In diesem Falle genügt Erhitzen ohne Chlorwasserstoffeinheiten.
Manchmal ist sogar diese Umesterung vorzuziehen. Selbstverständlich kann die Hetsteilung'der
Silane durch Reaktion der entsprechenden Halogensilane mit den Fettalkoholen mit
ähnlichem Erfolg benutzt werden (vgl.
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B. Helferich und J. Hansen, Ber. dtsch. chem.
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Ges., 57, S. 795 [1924]). Die Reaktionsflüssigkeit versetzt man mit
Äther, in dem die überschüssigen Äthoxysilane und das gewonnene höhere Alkoxysilan
löslich sind, und fällt mit Alkohol (Lösungs- und Umfällungsmittel sind variierbar
je nach Erfordernis und Löslichkeitsverhältnissen des fertigen Silans). Die Umfällung
wiederholt man zwei- bis viermal, je nach der notwendigen Reinheit, und beseitigt
durch Erwärmen im Vakuum auf dem Wasserbad die letzten Lösungs- und Fällungsmittelreste.
Methoxysilane zu verwenden, ist riskant, weil diese Verbindung in Dampfform sehr
giftig ist.
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Die Alkoxysilane, die - erfindungsgemäß zur Herstellung der Lippenstiftmasse
benutzt werden, sind im Gegensatz zu den Silikaten der niedermolekularen AlkohoTe
weitgehend resistente Verbindungen, die gegenüber Wasser völlig beständig sind,
während etwa Tetraäthoxysilan wasserempfindlich ist. Die erfindungsgemäß angewandten
Alkoxysilane sind ferner physiologisch unbedenklich, sofern sie rein sind, also
weder Spuren von Salzsäure noch von Lösungsmitteln von ihrer Gewinnung her enthalten.
Es ist zu beachten, daß schon vor längerer Zeit Ester der Orthokieselsäure in Organen
und im Blut festgestellt werden konnten, die sonach für den Siliciumstoffwechsel
Bedeutung habea~dürften.
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Je nach den Substituenten stellen die oben gekennzeichneten Verbindungen
ölige, pastöse, bereits bei Körperwärme schmelzende oder harte, höherschmelzende,
farblose Substanzen dar, deren Geschmack leicht ölig oder butterartig, bei manchen
blumig, und deren Geruch wenig auffallend ist. Sämtliche Verbindungen sind miteinander
im flüssigen Zustand glatt vermischbar. Durch geeignete Anteile von zumeist zwei
bis vier dieser Alkoxysilane sind Gemische von praktisch beliebiger Konsistenz herstellbar.
Sie lösen leicht Fettfarbstoffe; ebenso leicht sind in den Schmelzen die für Lippenstifte
an sich bekannten Farbkörper dispergierbar. Das Parfümieren bereitet infolge des
besonders geringen Eigengeruchs nicht die geringste Schwierigkeit, ebensowenig der
Zusatz von Aromen. Die Auswahl der Verbindungen vollzieht sich - im Gegensatz zu
den bisher verwendeten Rohstoffen - innerhalb nächst verwandter, genau definierter
Verbindungen von reproduzierbarer Reinheit. In Kenntnis des Zusammenhangs zwischen
Konstitution und Eigenschaften läßt sich der Einsatz der wenigen Komponenten mit
großer Sicherheit im voraus bestimmen.
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Gemäß der Erfindung sind in gleicher Weise -Schminkmassen iiberhaupt
herstellbar, z. B. Augenbrauen- und Wimpernstifte. Die erfindungsgemäßen Mittel
können in flüssige, halbfeste oder feste Form gebracht und in Fläschchen, Tuben
u. dgl., je nach
Konsistenz, verpackt werden. Neben Fettfarben, die in den Alkoxysiianen
hervorragend löslich sind, lassen sich die üblichen Farbstoffe, z. B. Pigmentfarbstoffe
oder Eosinsäuren, feinst verteilen. Andere beliebige .Wirkstoffe sind in die Massen
ebenfalls leicht einzufügen.
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Beispiel 1 66,7 Gewichtsteile Phenyltricetoxysilan [C«} Hs Si(OClGH33)3]
(auch Phenyltricetylorthosilikat genannt), weiße Masse, bei 36 bis 380 schmelzend,
vermischt man mit 11,1 Gewichtsteilen Tetraoleoxysilan [Si(OCl8H35)d] (auch Tetraoleylorthosilikat
genannt), eine schwach- gelbliche ölige Flüssigkeit, und 11,1 Gewichtsteilen Tetrastearoxysilan
[(Cl8H37O)4Sil, schmilzt gut bei etwa 60 bis 700 durch, und fügt 11,1 Gewichtsteile
Permanentbordo FRF extra Pulver hinzu, das ist 2-Methyl-4-nitr& aminobenzol
1 t - (2', 3' - Oxynaphthoylamino>-2-methylbenzol, aufgenommen in die Liste der
Pigmente und Farbstoffe für Kosmetika der Deutsche Forschungsgemeinschaft, Kommission
zur Bearbeitung des Lebensmittelfarbstoffproblems, Mitt. Nr. 3 (1952), 5. 19.
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Man vergießt in Formen und erhält einen stark glänzenden, sehr weichen,
gut deckenden Stift.
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Beispiel 2 44,25 Gewichtsteile Phenyl-tricetoxysilan, 8,85 Gewichtsteile
Phenyl-trioleoxysilan (auch Phenyltrioleylorthosilikat genannt), gelbliche, ölige
Flüssigkeit, 8,85 Gewichtsteile Tetrastearoxysilan und 26,55 Gewichtsteile eines
Gemisches von Tetracetoxysilan und Tetrastearoxysilan, gewonnen durch Umesterung
eines handelsüblichen Gemisches von Cetyl- und Stearyl; alkohol, werden wie im Beispiel
1 geschmolzen und mit 10,6 Gewichtsteilen Permanentcarmin FB extra Pulver der Farbwerke
Höchst, das ist 2-Methoxy-5-diäthylsulfamino-1 -aminobenzol + 1-(2' 3'-Oxynaphthoylamino)
-2,4 - dimethoxy-5-chlorbenzol, aufgenommen in der oben zitierten Liste der Pigmente
und Farbstoffe für Kosmetika, vermischt, worauf Zugabe von 0,9 Gewichtsteilen eines
Parfümöls erfolgt.
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Man vergießt in Formen und erhält einen vorzüglichen Lippenstift
mit dem Tropfpunkt bei 48 bis 49Q.
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Beispiel 3 57,7 Gewichtsteile Phenyltricetylorthosilikat,38,5 Ge;
wichtsteile Tetrastearylorthosilikat, 3,8 Gewichtsteile Permanentcarmin FB extra
Pulver.
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Man erhält einen Lippenstift vom Tropfpunkt 450.
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Beispiel 4 35,0 Gewichtsteile Phenyltrimyristylorthosilikat 65 Gewichtsteile
Tetraarachylorthosilikat, schmilzt im Wasserbad bei 750, vermischt und fügt 0,005
Ge wichtsteile Vitamin-A-acetat (im Handel unter der geschützten Bezeichnung Arovit
bekannt) oder 0,007 Gewichtsteile Vitamin-A-stearat (im Handel unter der geschützten
Bezeichnung Adaptinol bekannt) q hinzu und vermischt mit 10,6 Gewichtsteilen Permanentcarmin
FB extra Pulver.
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Der so gewonnene Lippenstift besitzt einen Tropfpunkt von 600.
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Beispiel B eis i el 5 Benutzt man in den vorangehenden Beispielen
statt der roten Pigmentfarben reinen Kohlenstoff, so erhält man schwarz deckende
Augenbrauen- und Wimpern--stifte.
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Durch Aufsuchen passender Mengenverhältnisse ist es möglich, bereits
aus nur einigen wenigen Alkoxysilanen, wie z. B. Tetradecyl-, Phenyltridecyl-, Tetralauryl-,
Phenyltrilauryl-, Tetramyristyl-, Phenyltrimyristyl-, Tetracetyl-, Phenyltricetyl-,
Tetrastearyl-, Phenyltristearyl- sowie Tetraoleyl- und Phenyltrioleylorthosilikaten
Stifte von beliebigem Aussehen, beliebiger Härte und praktischer Unveränderlichkeit
zu gewinnen. Der am Si-Atom befindliche Phenylrest übt eine erweichende Wirkung
aus.
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PATENTANSPROCHE: 1. Lippen-, Augenbrauen- und Wimpernfärbemittel,
dadurch gekennzeichnet, daß es als Grundmasse Gemische von Tetraalkoxysilanen und
bzw. oder Alkyltrialkoxysilanen und bzw. oder Aryltrialkoxysilanen und bzw. oder
Alkyl-aryl-
dialkoxysilanen und bzw. oder Dialkyldialkoxysilanen und bzw. oder Diaryldialkoxysilanen
enthält.