DE10016527A1 - Verfahren zur Diagnose von Krebserkrankungen und/oder neurodegenerativen Krankheitszuständen sowie Produkte dafür - Google Patents
Verfahren zur Diagnose von Krebserkrankungen und/oder neurodegenerativen Krankheitszuständen sowie Produkte dafürInfo
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Abstract
Es wird ein Verfahren zur Diagnose von Krebserkrankungen und/oder neurodegenerativen Krankheitszuständen beschrieben, bei dem Proteine mit Glutaminsäure/Arginin-reichen oder Asparaginsäure/Arginin-reichen Domänen (ER-Proteine bzw. DR-Proteine) bestimmt werden. Das Konzept der Bestimmung von ER-Proteinen bzw. DR-Proteinen eignet sich auch zur Untersuchung der Transkriptionsaktivität, des Differenzierungsstadiums und/oder des Zellzyklusstadiums einer Zelle sowie zum Testen von therapeutisch wirksamen Substanzen. Nützliche Produkte zum Einsatz für diese Verfahren werden ebenfalls beschrieben.
Description
Die vorliegende Erfindung betrifft Verfahren zur Untersuchung
von Krebserkrankungen und/oder neurodegenerativen Krankheits
zuständen. Hierzu gehören insbesondere diagnostische
Verfahren sowie Verfahren zum Testen von therapeutisch
wirksamen Substanzen gegen die vorstehend genannten
Erkrankungen. Die Erfindung betrifft ferner Produkte, die zum
Einsatz in den vorstehend genannten Untersuchungen bzw.
Verfahren besonders geeignet sind.
Bisher bekannte Untersuchungen, Verfahren und Produkte für
die eingangs genannten Krankheitszustände sind sehr heterogen
und komplex. Für den Bereich der Krebserkrankungen wurden im
Laufe der Zeit eine Vielzahl von so genannten Tumor-Markern
entdeckt und für diagnostische Zwecke eingesetzt (siehe z. B.
die Übersichtsliteratur in J. Natl. Cancer Inst., Bd. 80, S.
722-727 (1988) sowie Cimono (Hrsg.), Human Tumor Markers, De
Kreuther Verlag (Berlin) (1987)). Dabei werden in erster
Linie Tumor-spezifische bzw. Tumorassoziierte Antigene über
immunologische Methoden nachgewiesen.
In jüngster Zeit wurde im Bereich von Tumor-Erkrankungen
sowohl in diagnostischer als auch in therapeutischer Hinsicht
besondere Aufmerksamkeit gelenkt auf die Struktur des
Zellkerns und möglicherweise damit im Zusammenhang stehende,
relevante Zellkernbestandteile (s. J. A. Nickerson in Journal
of Cellular Biochemistry, Bd. 70, S. 172-180 (1998)). Zwei
fundamentale Charakteristika maligner Veränderungen scheinen
dort besonders deutlich hervorzutreten, nämlich Veränderungen
in der Architektur von Zellen und Geweben sowie die
genetische Instabilität. Die Beobachtung Zelltyp-spezifischer
nukleärer Matrixproteine führte zu den US-Patentschriften 4 885 236
und 4 882 268, die den Einsatz solcher nukleärer
Matrixproteine zur Krebsdiagnose beschreiben. Die dort
beschriebenen Verfahren sind jedoch kompliziert und
arbeitsaufwendig. Sie erfordern die Isolierung von internen
nukleären Matrixproteinen und deren Auftrennung,
üblicherweise über zweidimensionale Gelelektrophorese, wonach
das dadurch erhaltene Analysebild gegenüber normalen
Standards verglichen wird, um maligne Zustände identifizieren
zu können. Für routinemäßige Einsätze, beispielsweise als
Screening Assays, sind solche Verfahren daher nicht geeignet.
Diagnostik-Konzepte, die sich auf die nukleäre Matrix
stützen, haben daher keinen Eingang in die klinische Praxis
gefunden. J. A. Nickerson (s. o.) führt dies auf das bisherige
Unvermögen zurück, Tumor-spezifische bzw. -assoziierte
Polypeptide des Zellkerns identifizieren zu können. Auch die
relativ niedrigen exprimierten Mengen solcher Polypeptide
wird als problematisch angesehen. Ferner wird von J. A.
Nickerson berichtet, dass ein auf dem NMP22-Antigen
beruhender Test gegen nukleäre Matrixproteine neben
cytologischen und endoskopischen Untersuchungen begleitend
zur Verlaufskontrolle nach der Behandlung von Patienten mit
Blasenkarzinomen einen Wert haben könnte. Das Zielantigen
NMP22 wird jedoch nicht als spezifisch für einen malignen
oder Übergangs-Zustand von Zellen angesehen. Neben dieser
fehlenden Spezifität von bestehenden Verfahren wird ferner
ein Problem darin gesehen, dass normalerweise durchgeführte
Assay-Formate wie immun-cytochemische und Serum-basierte
Assays dort nicht anwendbar sind.
Es ist daher Aufgabe vorliegender Erfindung, die
Möglichkeiten zur Diagnose von Erkrankungen, insbesondere bei
Krebserkrankungen zu erweitern und zu verbessern.
Die Erfinder haben überraschender Weise festgestellt, dass
Proteine mit Glutaminsäure/Arginin-reichen Domänen (so
genannte ER-Proteine) oder mit Asparginsäure/Arginin-reichen
Domänen (so genannte DR-Proteine) neue und aussagekräftige
Marker für die Entwicklung krankhafter Zustände darstellen.
Ferner wurde festgestellt, dass es sich bei den betroffenen
krankhaften Zuständen nicht nur um Krebserkrankungen, sondern
auch um neurodegenerative Krankheiten handeln kann, wodurch
die diagnostische Aussagekraft des gefundenen Markers sogar
noch erweitert wird. Gleichzeitig wurde überraschender Weise
erkannt, dass Veränderungen an den vorstehend genannten ER-
Proteinen bzw. DR-Proteinen nach Einwirkung bestimmter
Substanzen eine Indikation dafür sein können, dass die
eingesetzten Substanzen gegenüber Erkrankungen, insbesondere
gegen Krebserkrankungen und/oder neurogenerativen
Krankheitszuständen, therapeutisch wirksam sind.
Die Erfindung stellt demnach in einem ersten Gegenstand ein
Verfahren zur Diagnose von Krebserkrankungen und/oder
neurogenerativen Krankheitszuständen zur Verfügung, bei dem
Proteine mit Glutaminsäure/Arginin-reichen Domänen (im
folgenden kurz ER-Proteine) oder mit Asparginsäure-/Arginin-reichen
Domänen (im folgenden kurz: DR-Proteine) bestimmt
werden.
Dieses Bestimmungsverfahren eignet sich ferner zur
Untersuchung der Transkriptionsaktivität, des
Differenzierungsstadiums und/oder des Zellzyklusstadiums
einer Zelle.
In einem weiteren Gegenstand stellt die Erfindung ein
Verfahren zum Testen von therapeutisch wirksamen Substanzen
gegen Krebserkrankungen und/oder neurodegenerativen
Krankheitszuständen zur Verfügung, welches die Untersuchung
einer Veränderung an ER-Proteinen oder DR-Proteinen infolge
einer Einwirkung durch solche, potentiell therapeutisch
wirksamen Substanzen umfasst.
Die Erfindung stellt ferner nützliche Produkte zur Verfügung,
die zum Einsatz in dem vorstehend bezeichneten Verfahren
besonders gut geeignet sind. Hierzu gehören insbesondere
gegen ein ER-Protein oder ein DR-Protein spezifischer
Antikörper, sowie eine Säugetierzelle, die durch eine DNA
transformiert ist, die für ein ER-Protein oder DR-Protein
kodiert. In weiteren Gegenständen der vorliegenden Erfindung
werden diese speziellen Produkte in den vorstehend genannten
Verfahren verwendet.
Die Erfindung wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die
Figuren näher erläutert.
Fig. 1 zeigt Beispiele einiger ER- oder DR-Proteine, die im
Rahmen der vorliegenden Erfindung bestimmt werden können,
wobei A eine schematische Liniendarstellung der jeweiligen
Proteinstruktur (mit der ER- bzw. DR-Domäne in Form eines
schwarzen Kästchens) und B das Sequenz-Alignment in Bezug auf
die konservierte ER- bzw. DR-Domänenregion mit der
Konsensussequenz zeigt.
Fig. 2 zeigt die Ergebnisse einer immunhistochemischen
Anfärbung eines ER-Proteins als Marker für normale Zellen
(A), für Tumorzellen (B, linke Spalte) und für behandelte
Tumorzellen (B, mittlere und rechte Spalten).
Fig. 3 zeigt die Gesamt-Domänenstruktur eines ER-Proteins am
Beispiel von YT521-B.
Fig. 4 zeigt die Ergebnisse von immuncytometrischen
Untersuchungen an einer Säugetierzelle (COS7-Zellen), die
gemäß vorliegender Erfindung mit einer ER- bzw. DR-Protein
kodierenden DNA transformiert ist und mit unterschiedlichen
Transskriptions- bzw. Transplantations-Inhibitoren behandelt
wurde.
ER- und DR-Proteine mit ihren jeweiligen ER- bzw. DR-
Wiederholungs-Einheiten werden in einer Reihe von
Körpergeweben, einschließlich des Gehirns, exprimiert. Dabei
scheinen die ER- bzw. DR-reichen Domänen für die nukleäre
Lokalisation dieser Proteine verantwortlich zu sein. Einige
Mitglieder der Familie, wie z. B. YT 521-B, werden dort in
erster Linie in Zellen neuronalen Ursprungs gefunden.
Fig. 1 zeigt eine beispielhafte Reihe von ER- und DR-
Proteinen, die für die vorliegende Erfindung in Betracht
gezogen werden können. Die entsprechenden DNA- bzw.
Polypeptid-Sequenzen können über die in der Fig. 1
angegebenen Bezeichnungen der Proteine aus bekannten
Genbanken (z. B. "GenBank") entnommen werden.
In Fig. 1A sind die Proteine als Linien dargestellt, wobei
die ER- bzw. DR-reichen Bereiche als schwarze Box angezeigt
sind. Der Skalierungsstrich steht für 100 Aminosäuren Länge.
In Fig. 1B ist die Abgleichung der ER- bzw. DR-reichen
Bereiche (Domänen) aus A) angegeben. Die Bezeichnungen der
jeweiligen Proteine stehen für:
KIA 0182 = hypothetisches Protein (T. Nagase et al. in DNA
Res. Vol. 3, S. 17-24 (1996); Disc = drosophila disconnected
gene (J. S. Heilig et al., EMBO J. Vol. 10, S. 809-815
(1991)); RD-Protein = Humanes RD-Protein (C. S. Surovi et al.,
Gene vol. 90, S. 299-301 (1990)); RNA-Helicase I = RNA
Helicase-isolo aus Arabidopsis taliana (Genbank-Zugangsnummer
U78721); IK-Faktor = humaner IK-Faktor (P. Greve et al.,
Onkogene Vol. 9, S. 3449-3456 (1994)); U2AF = U2-Auxiliary
Factor aus Tabak (C. Domon et al., J. Biol. Chem. Vol. 273,
S. 34603-34610 (1998)); Shuttle Craft = "Shuttle Craft"-
Protein aus Drosophila (N. D. Stroumbakis, Mol. Cell Biol.
Vol. 16, S. 192-201 (1996)); U170K = humanes U170K-Protein
(R. A. Spritz et al., Genomics Vol. 8, S. 371-379 (1990));
YT521-B = Splicing-assoziierter Faktor (A. M. Hartmann et al.,
Mol. Biol. Cell, Vol. 10, S. 3909-3926 (1999); Genbank
Zugangsnr. AF 144731); SRP20 = SRP20-ähnliches Protein aus C.
elegans (R. Wilson et al., Nature Vol. 368, S. 32-38 (1994));
RNA Helicase-II = RNA Helicase ATP-abhängige RNA Helicase
HRH1 (M. Ono und Y. Shimura, Genes Dev. Vol. 10, S. 997-1007
(1996)); Hel 117 = Ratten-RNA-Helicase (J. Sukigawa und G.
Blobel, J. Biol. Chem. Vol. 270, 15702-15706 (1995)) Octapep-
Prot. = Octapeptid-Protein aus Maus (N. Di Carlo et al., J.
Submicrosk. Cytol. Pathol. Vol. 24, S. 467-472 (1992)); SAF-B
= "Scaffold Attachment Factor B" aus Ratte (O. Nayler et al.,
Genomics Vol. 53, S. 191-202 (1998)). Die Proteine wurden
ermittelt unter Verwendung der 60 letzten Aminosäuren von
YT521-B sowie durch die Sequenz (ER)15 unter Verwendung des
BLAST Algorithmus. Ähnliche Sequenzen wurden unter Verwendung
des PILEUP-Programms zusammengestellt. Der Ausdruck
"Consensus" bedeutet die mittels LINE UP ermittelte
Konsensussequenz dieser Abgleichung.
Einige dieser Proteine, wie das RD-Protein, U170K, SAF-B, das
"Shuttle Craft"-Protein, SRP 20, U2-Auxiliary Factor und
mehrere RNA Helicasen sind am Prä-mRNA Spleiß-Vorgang bzw.
bei der Bildung des transkriptosomalen Komplexes beteiligt.
Es wird angenommen, dass die ER bzw. DR-Proteine wichtige
Funktionen übernehmen. Bestimmte Proteine davon interagieren
miteinander. Dies wurde von A. M. Hartmann et al. in Molecular
Biology of the Cell 10, S. 3909-3926 (1999) beschrieben am
Beispiel des YT521-B-Proteins, das mit der nukleären
transkriptosomalen Komponente SAF-B interagiert, während eine
weitere Interaktion von YT521-B mit dem p62/SAM 68-Protein
ebenfalls für seine biologische Funktion eine Rolle zu
spielen scheint. Die ER- bzw. DR-reiche Region scheint für
die biologische Funktion bedeutend zu sein, da Deletions-
Varianten ohne diese Regionen die nachweisbare Bindung an
andere interagierende Proteine aufhebt. Indizien sprechen
ferner dafür, dass diese charakteristische Domäne für das
subnukleare Auftreten und das Spleiß-Muster von Reportergenen
von Bedeutung ist.
Als markantes Erkennungszeichen von Krankheitszuständen hat
sich nunmehr die Lokalisierung der ER- bzw. DR-Proteine in
konzentrierten Bereichen (Punkte, "Dots" oder "Bodies") oder
der Veränderung eines solchen Zustandes herausgestellt. Als
besonders aussagekräftig für das Diagnose-Verfahren bzw. das
Testverfahren gemäß vorliegender Erfindung hat sich die
Untersuchung danach herausgestellt, ob oder inwieweit die ER-
bzw. DR-Proteine in solchen zellulären, nukleären Bereichen
lokalisierbar sind. So wurde gefunden, dass Zellen im
normalen Zustand mehrere solcher lokalisierbarer Bereiche
aufwiesen, wie in Fig. 2A gezeigt. Demgegenüber traten
solche konzentrierten Bereiche überraschender Weise in
Tumorzellen nicht auf, wie in Fig. 2B für die humanen Tumor-
Zelllinie MCF7 gezeigt. Vielmehr ist dort das ER- bzw. DR-
Protein diffus im Zellkern verteilt.
Für neurodegenerative Zustände bzw. Krankheiten wurden
andererseits überraschender Weise eine Erhöhung der Anzahl
von lokalisierbaren, nukleären Bereichen in Bezug auf ER-
bzw. DR-Proteine beobachtet.
Eine Reihe von neurodegenerativen Erkrankungen wird durch
Expansion von Triplet-repeats ausgelöst. Hierzu gehören zum
Beispiel spinocerebellar ataxia type 1 und Huntingtonsche
Krankheit (MIM/OMIM Nummern 164400 und 143100). Die hierzu
gehörenden Genprodukte, sca-1 und Huntingtin weisen eine
Ausbildung von nukleären Punkten auf (P. J. Skinner et al.
Nature 389, S. 971-974 (1997) [veröffentlichtes Erratum in
Nature 391, S. 307 (1998)], L. Roizin et al. Adv. Neurol. 23,
S. 95-122 (1979)), die den Strukturen, die von ER-Proteinen
ausgebildet werden, sehr ähnlich sind (E. Assier et al. Gene
230, S. 145-154 (1999)). Ein mit YT521-B interagierendes
Protein, DAN26 (Genbank Referenznummer U94836) interagiert
ebenfalls mit sca-1 und führt zu einer Translokation des sca-
1 Genproduktes in YT521-B enthaltenden Kernstrukturen. Ein
Nachweis von Kernstrukturen, die im Hinblick auf ER- oder DR-
Proteine wie YT521-B positiv detektierbar sind, können somit
also auch für die Genese und Diagnose von neurodegenerativen
Erkrankungen wie spinocerebellar ataxia type 1 und
Huntingtonsche Krankheit von Vorteil sein.
Somit liefert die Bestimmung der ER- bzw. DR-Proteine in
Bezug auf Verteilung, Lokalisierung in nukleären Bereichen
des Zellkerns sowie Quantifizierung sehr nützliche
Informationen und diagnostische Aussagen. Im
erfindungsgemäßen Verfahren können einzelne oder mehrere ER-
bzw. DR-Proteine bestimmt werden. Als besonders
aussagekräftig hat sich die Untersuchung auf das DR-Protein
YT521, insbesondere dessen Spleißvariante YT 521-B erwiesen.
Desweiteren wurde im Rahmen der vorliegenden Erfindung
festgestellt, dass das Auftreten der ER- bzw. DR-Proteine in
lokalisierten nukleären Bereichen im Verlauf des
Zellzyklusses reguliert ist und sich verändert. Das Auftreten
der lokalisierten Bereiche korreliert dabei sehr gut mit dem
Beginn während der mittleren bis späten G1-Phase und der
anschließenden Fortsetzung während der S-Phase in Bezug auf
die transkriptionale Aktivität, während solche lokalisierbare
Bereiche während der Mitose, speziell der G2/M-Phase und der
frühen G1-Phase, undetektierbar waren und somit das Fehlen
transkriptionaler Aktivität anzeigte. Die Bestimmung der ER-
bzw. DR-Proteine, insbesondere das lokalisierbare Auftreten
in zellulären, nukleären Bereichen, kann daher vorteilhafter
Weise auch zur Bestimmung der Transkriptions-Aktivität, des
Differenzierungs-Stadiums und/oder des Zyklus-Stadiums einer
zu untersuchenden Zelle eingesetzt werden.
Eine weitere, erfindungsgemäß gefundene Verwendungs
möglichkeit des vorstehend beschriebenen Markers, d. h. des
bzw. der oben beschriebenen ER- bzw. DR-Protein(e), besteht
darin, ggf. therapeutisch wirksame Substanzen, insbesondere
solche gegen Krebserkrankungen und/oder neurogenerative
Krankheitszustände, zu testen. Eine therapeutische
Wirksamkeit zeigt sich dadurch, dass das wie oben
beschriebene Erscheinungsbild der ER- bzw. DR-Proteine in
Folge der Einwirkung der untersuchten, potentiell
therapeutisch wirksamen Substanz ändert. Aussagekräftige
Kriterien für eine solche Veränderung sind wiederum eine
diffuse Verteilung, eine Sichtbarmachung in definierten
nukleären Bereichen oder eine Vermehrung solcher nukleärer
Bereiche an ER- bzw. DR-Proteinen. Dies wurde am Beispiel der
bekannten Brustkrebs-Zelllinie MCF7 experimentell belegt.
Während die unbehandelte Krebs-Zelllinien eine lediglich
diffuse Verteilung von ER- bzw. DR-Proteinen und kein
Auftreten von nukleären Bereichen zeigten, konnten solche
nukleäre Bereiche lokalisiert werden nach 48 Stunden
Inkubationszeit mit dem bekannten Anti-Brustkrebs-Mittel
Tamoxifen (s. Fig. 2B, linke und rechte Spalte). Auch die
Einwirkung durch bekannte Differenzierungsagentien wie
Natriumbutyrat oder Phorbol-12-myristat-13-acetat (PMA),
veränderten das Erscheinungsbild unter Auftreten der
lokalisierbaren, nukleären Bereiche nach der Behandlung (s.
Fig. 2B, die beiden mittleren Spalten).
Zur Detektion im Rahmen der Bestimmung der ER- bzw. DR-
Proteine in den erfindungsgemäßen Verfahren kommen in erster
Linie immunocytische und verwandte Verfahren in Frage, wie
dies bei den oben beschriebenen Experimenten der Fall war.
Immunocytische Verfahren sind vorteilhafter Weise mit den in
Screening-Verfahren üblichen Assay-Formaten vereinbar. Jedoch
kommen auch andere typische, spezifische Protein-
Nachweisverfahren in Frage, beispielsweise ein Enzym
gebundener Immunosorbensassay (ELISA). Solche Methoden sind
dem Fachmann geläufig.
Als besonders nützliche Produkte zum Einsatz in solche
immunocytische Verfahren oder dergleichen sind Antikörper,
die gegenüber einzelnen oder mehrere der oben beschriebenen
ER- bzw. DR-Proteine gerichtet sind, zu nennen. Die
Antikörper können gegen das gesamte ER- bzw. DR-Protein oder
aber gegen ein Oligopeptid, das einen Sequenzausschnitt aus
dem ER- bzw. DR-Protein definiert, gerichtet werden. Je nach
gewünschter Anwendung können die Antikörper gegen die ER-
oder DR-Region gerichtet sein, so dass ER- bzw. DR-Proteine
generell erfasst werden können. Als Antigen kann hierfür die
in Fig. 1B dargestellte Konsensus-Sequenz herangezogen
werden. Andererseits kann es, falls gewünscht, vorteilhaft
sein, wenn die Antikörper spezifisch gegen einzelne ER- bzw.
DR-Proteine gerichtet sind, um differenziertere Aussagen zu
ermöglichen. Dies ist in Beispiel 2 für einen Antikörper
gegen YT521-B gezeigt. Die Antikörper der Erfindung können
monoklonal oder polyklonal sein.
Als weiteres hilfreiches Produkt wird erfindungsgemäß eine
Säugetierzelle zur Verfügung gestellt, die durch eine DNA
transformiert ist, welche für ein wie oben beschriebenes ER-
Protein oder DR-Protein kodiert. Die Säugetierzelle ist dabei
vorzugsweise menschlichen Ursprungs. Eine solche
transformierte Zelle kann vorteilhafter Weise für das oben
beschriebene Verfahren zum Testen von therapeutisch wirksamen
Substanzen, insbesondere solche gegen Krebserkrankungen
und/oder neurodegenerative Krankheitszustände, verwendet
werden. Die Transformation der Säugetierzelle mit der ER- bzw.
DR-Protein kodierenden DNA kann mit an sich bekannten
Methoden durchgeführt werden (s. z. B. J. Sambrook et al.,
Molecular Cloning, Cold Spring Harbor Laboratory Press
(1989)). Dafür geeignete Vektoren, einschließlich
expressionsfördernder Sequenzen, sind bekannt und bei J.
Sambrook et al. beschrieben. Die für das ER-Protein oder DR-
Protein kodierende DNA ist vorzugsweise stabil in das Genom
der Säugetierzelle integriert.
Die vorstehend beschriebenen erfindungsgemäßen Verfahren
können ohne weiteres in vitro, beispielsweise nach Entnahme
eines geeigneten Zellmaterials aus dem zu untersuchenden
Patienten oder durch Verwendung von in Kultur gebrachten
Zellen, durchgeführt werden. Insbesondere für das
erfindungsgemäße Testverfahren zum Screenen potentiell
therapeutisch wirksamer Substanzen sind bevorzugt etablierte
Zelllinien, die für den jeweiligen Krankheitszustand
spezifisch sind, in geeigneter Weise einzusetzen.
Die Erfindung wird nachfolgend anhand von erläuternden,
jedoch nicht einschränkenden Beispielen näher beschrieben.
Die molekulare Klonierung wurde am Beispiel von YT521-B unter
Verwendung von Standard-Protokollen (J. Sambrook et al.,
Molecular Cloning, Cold Spring Harbor Laboratory press
(1989)) durchgeführt. Reverse Transkriptase (RT)-PCR wurde
wie von A. M. Hartmann und S. Stamm (Biochem. Biophys. Res.
Com. Vol. 1353, S. 224-230 (1997)) durchgeführt. Genbanken
aus Rattenhirn, und zwar zum einen postnatal (5. Tag) und zum
anderen im embryonischen Zustand nach 16 Tagen, wurde einem
Doppelhybrid-Screening unter Verwendung einer htra2-β pGBT9-
Sonde (B. Beil et al., DNA and Cell Biol., Vol. 16, S. 679-690
(1997)) als Köder. Der Hefe-Gal4-Doppelhybrid-Screen
wurde gemäß S. Fields und O. Song. (Nature Vol. 340, S. 245-247
(1989)) unter Verwendung des Stamms HF7c durchgeführt.
Für jeden Screen wurden etwa 6 × 106 Transformanten mit
100 µg Köder(bait)-DNA und 50 µg Beute(prey)-DNA gescreent.
Um eine Wechselwirkung von YT521-B mit anderen Proteinen zu
testen, wurde 1 µg der mit der Gal4-Aktivierungsdomäne
fusionierten YT521-B und 1 µg von SAF-B, htra2-beta, hnRNP-G,
p62/SAM68 sowie mit der Gal4-Bindungsdomäne fusioniertes
YT521-B wurden cotransformiert und auf Dreifach-Dropout-
Platten, denen Leucin, Tryptophan und Hystidin fehlten,
plattiert. Überlebende Kolonien wurden wiederholt auf
Dreifach-Dropout-Platten abgestreift, welche mit 10 mM
3-Aminotriazol supplementiert waren.
DNA wurde aus His-autotrophen und lacZ-positiven Kolonien
(C. S. Hoffmann und F. Winston, Gene, Vol. 57, S. 267-272
(1987)) isoliert, mittels Elektroporation in HB101-Zellen
eingebracht, wonach auf Ampicillin-Platten selektiert wurde.
Resistente Kolonien wurden auf M9-Platten ohne Leucin rück
abgestrichen, um Köder-Plasmid zu entfernen (S. M. Hollenberg
et al., Mol. Cell Biol., Vol. 15, S. 3813-3822 (1995)). DNA
aus den autotrophen Bakterien wurde isoliert und unter
Verwendung eines automatischen Sequenzierers (ABI-Sequencer)
sequenziert. Die DNA-Sequenzen wurden mit dem GCG-Wisconsin
Software-Paket (Genetics Computer Group, Program Manual for
Wisconsin Package, Version 8, Medicine, Wisconsin (1994))
analysiert.
Zwei cDNA-Klone, YT521TH-pADgal4 und YT521ΔN10-pADGal4,
wurden erhalten. Da keine der Klone eine komplette cDNA
enthielt, wurde eine Schnell-Amplifikation von cDNA-Enden
(RACE) zur Amplifizierung der fehlenden 5'-Enden (Marathon
cDNA amplification kit; Clontech) durchgeführt. Ein Vergleich
mit den vollständigen RACE-Klonen zeigte, dass dem
erstgenannten Klon die ersten 253 Aminosäuren und dem
zweitgenannten Klon die ersten 10 Aminosäuren fehlten.
YT521TH-B und YT521ΔN10 wurden in Form eines EcoRI/SacII-
Fragments in pEGFP-C2 (Clontech) und in Form eines
EcoRI/PstI-Fragments in pGBT9 (Clontech) geklont.
Restriktions-Schnittstellen wurden eingeführt mittels PCR-
Amplifikation mit den Oligonukleotiden yt521eco-f1:
CCGAATTCTATGAACAGGATGAGAGAGATC (SEQ ID Nr. 1), yt521-sacII-r:
CCCCGCGGACATTATCTTCGATAACGACCTCTTTCC (SEQ ID Nr. 2) und
yt521pstI-r: TCTGCAGGGTTTTTCTGGTTGACT (SEQ ID Nr. 3).
Eine ähnlich zu der obigen Prozedur durchgeführte Klonierung
durch Y. Imai, et al., Mol. Brain Res. Vol. 53, S. 33-40
(1998)) führte kürzlich zur Isolierung einer ähnlichen cDNA,
YT521.
Die Gesamt-Domänenstruktur des gefundenen ER-Proteins YT521-B
ist in Fig. 3A gezeigt. Die aminoterminale, Glutaminsäure-
reiche Region, die carboxyterminale Prolin-reiche Region und
die charakteristische Glutaminsäure/Amin-reiche Region sind
durch schattierte Kästchen angezeigt. Die Kästchen mit
arabischen Nummern bezeichnen die vier nukleären
Lokalisierungssignal-Sequenzen. Die Buchstaben "A" und "B"
bezeichnen die Insertionen, die wahrscheinlich mittels
alternativem Spleißen generiert sind. Die detaillierten
Sequenzen der Insertionen A und B sind unterhalb der
Darstellung der Gesamtdomänen-Struktur angegeben (sowohl DNA-
als auch Einbuchstaben-Aminosäuresequenz). Das Protein YT521-B
unterscheidet sich von YT521 durch diese Insertionen A und
B. Die Gesamtsequenz von YT521-B wurde in der Genbank unter
der Zugangsnummer AF144731 abgelegt.
Northern-Blot-Analysen in-situ Hybridisierungsstudien an
Hirngewebeschnitten zeigten, dass YT521-B in verschiedenen
Gewebearten (Herz, Gehirn, Niere, Lunge, Leber, Muskel, Milz
und Testis (Hoden) vorkommt, wobei verschiedenen Isoformen
aufgrund alternativen Spleißens entdeckt wurden), wobei im
Gehirn eine Zelltyp-spezifische Expression charakteristisch
war.
Antikörper wurden mittels herkömmlicher Methoden gegen
antigene Strukturen der ER- bzw. DR-Proteine gewonnen.
Beispielsweise wurde ein gegen YT521B spezifischer,
polyklonaler Antikörper aus Ratte entwickelt, gegen eine
Mischung zweier YT521-B-spezifischer Polypeptide, die jeweils
mit dem Keyhole-Limpet-Hemocyanin fusioniert worden waren,
und zwar Polypeptid Nr. 1: RSARSVILIFSVRESGKFQCG (SEQ ID Nr.
4), und Polypeptid Nr. 2: KDGELNVLDDILTEVPEQDDECG (SEQ ID Nr.
5).
Zellen, wie HEK293, COS7-Zellen oder BHK-Zellen, wurden in
Dulbecco's modifiziertem Eagle's Medium (DMEM), zu dem 10
(v/v)-% fötales Kälberserum (FCS) zugesetzt war, gehalten.
Die humane Brustkrebs-Zelllinie MCF7 wurde in RPMI 1640,
welches mit 10% (v/v) FCS supplementiert war, gehalten. Für
immunologische Anfärbeexperimente wurden Zellen auf Glas-
Abdeckplättchen in 6 cm-Zellkultur-Gefäßen wachsen gelassen.
Zellkern-Extraktionen wurden wie beschrieben (s. z. B. M.
Patturajan et al., Mol. Cell. Biol., Vol. 1998, S. 2406-2415)
durchgeführt. Kurz gesagt wurden Zellen in Tris-gepuffertem
Salz (TBS-Puffer: 10 mM Tris-HCl, pH 7,4, 150 mM NaCl, 5 mM
MgCl2), welches 0,5% Triton-X 100 und 0,5 mM PMSF enthielt,
permeabilisiert. Die Zellen wurden dann in TBS alleine, in
TBS mit 20 U/ml Benzonase oder in TBS mit 4 U/ml DNase-freier
RNase inkubiert (die Enzyme wurden von Sigma bezogen).
Schließlich wurden Zellen mit TBS/0,2 M Ammoniumsulfat
extrahiert, in 3,7%- Formaldehyd/Phosphat-gepuffertem Salz
(PBS) für 5 Minuten fixiert und ggf. mit dem Farbstoff
Hoechst Nr. 33258 in einer Konzentration von 1 µg/ml PBS
inkubiert.
Zellen wurden auf 60-80% Konfluenz wachsen gelassen und
mit 0,5 µg/ml Nocodazol für 4 Stunden in der G2/M-Phase
blockiert. Mitose-Zellen wurden dann mittels Auffangen auf
dem Zellkulturgefäß entfernt, gewaschen und auf Glas-
Abdeckplättchen ausgesät (D. L. Spector et al. in Cells: A
Laboratory Manual; Cold Spring Harbor Laboratory Press, New
York (1998)). Die Zellen wurden für 6, 13, 18 und 24 Stunden
vor der Fixierung inkubiert.
1 × 105 zu untersuchende Zellen wurden auf einem Glas-
Abdeckplättchen in 3,5 cm-Kulturschälchen für 24 h vor der
Fixierung und Immuno-Anfärbung wachsen gelassen. Die Zellen
wurden dann in 3,7%-Formaldehyd in PBS für 10 Minuten bei
Raumtemperatur fixiert, dreimal in PBS/0,1% Triton-X100
gewaschen und in PBS/0,1% Triton-X 100/3% Rinder-Serumalbumin
für 30-60 Minuten bei Raumtemperatur blockiert. Die Zellen
wurden dann mit dem entsprechenden Antikörper, hier dem gemäß
Beispiel 2 erhaltenen Antikörper gegen YT521-B, über Nacht
bei 4°C in PBS/0,1% Triton-X 100/3% Rinder-Serumalbumin
inkubiert und dreimal mit PBS/0,1% Triton-X 100 gewaschen.
Die Zellen wurden dann mit CY3-konjugiertem Sekundär-
Antikörper (Dianova) in PBS/0,1% Triton-X 100 für 2 Stunden
bei Raumtemperatur inkubiert, dreimal in PBS/0,1% Triton-
X 100 gewaschen und auf Glasplättchen in Fluormount (Dianova)
angeheftet. Die Zellen wurden entweder durch Laserscanning-
Flureszenzmikroskopie (Leica) oder durch herkömmliche
Mikroskopie, gefolgt von einem Deconvolutionsvorgang unter
Verwendung der Openlab-Software (Improvision), untersucht.
1 × 106 der humanen Brustkrebs-Zelllinie MCF7 wurden in
10 cm-Zellkulturschalen, die 4 Glas-Abdeckplättchen
enthielten, ausgesät und für 24 h wachsen gelassen. Nach
weiteren 48 h wurden die Glas-Abdeckplättchen entfernt und
die Zellen wie in Beispiel 3, Punkt 4 beschrieben, fixiert
und mittels dem in Beispiel 2 beschriebenen Antikörper
angefärbt.
Die Immunfluoreszenz-Untersuchung mittels Laserscanning-
Fluoreszenzmikroskopie zeigte eine diffuse nukleäre Anfärbung
des endogenen ER-Proteins in den unbehandelten MCF7-Zellen;
es waren keine definierte, nukleäre Bereiche lokalisierbar
(s. Fig. 2B links). Im Vergleich zeigten normale Zellen
(hier: BHK- und COS-Zellen) die charakteristische punktuelle
Anfärbung ("Dots"), die im Zellkern lokalisiert werden
konnten (s. Fig. 2A).
Um zu zeigen, dass der Nachweis von ER- bzw. DR-Proteinen zum
Studium von Zell-Differenziation und zum Testen von
therapeutisch wirksamen Substanzen geeignet ist, wurden MCF7-
Zellen wie im Beispiel 4 beschrieben wachsen gelassen und mit
unterschiedlichen Agentien behandelt.
Hierzu wurden nach Aussäen und 24 h-Wachstum die MCF7-Zellen
mit Tamoxifen (5 µM), Natriumbutyrat (1 µM) oder Phorbol-12-
myristat-13-acetat (PMA, 1 µg/ml) für weitere 48 h inkubiert.
Dann wurden die Zellen fixiert und mit dem gegenüber YT521-B
spezifischen Antikörper angefärbt, wie in Beispiel 4
beschrieben.
Fig. 2B (rechte Spalte) zeigt, dass in den Tumorzellen nach
Behandlung durch das Antitumormittel Tamoxifen die
charakteristischen nukleären Bereiche mittels der ER- bzw.
DR-Protein-Anfärbung wieder lokalisierbar waren. Dasselbe
geschah nach Behandlung mit den Differenzierungs-Agentien
Natriumbutyrat und PMA (Fig. 2B, mittlere Spalten).
Ferner zeigte sich, dass nukleäre ER- bzw. DR-Protein-spe
zifische Bereiche bei Zellzyklus-Studien während der
mittleren bis späten G1-Phase sowie während der S-Phase,
jedoch nicht während der G2/M-Phase und der frühen G1-Phase
lokalisierbar waren. Zur Kontrolle wurden die Differen
zierungszustände mit herkömmlicher Anfärbung durch Ölrot O
nach Fixierung der Zellen mit 2% Formaldehyd und
anschließender Beobachtung mittels Phasenkontrastmikroskopie
verifiziert.
Somit konnte gezeigt werden, dass die ER- bzw. DR-Proteine
sowie deren Bestimmungen ausgezeichnet als. Marker nutzbar
waren. Dies nicht nur zur Diagnose von krankhaften Zuständen,
sondern auch zur Identifizierung des Differenzierungs-
Zustandes und/oder des Zellzyklus-Zustandes einer Zelle sowie
zum Testen von potentiell therapeutisch wirksamen Substanzen
oder Agentien.
3 × 105 Zellen (z. B. HEK293-, COS7- oder BHK-Zellen) wurden
in einer 3,5 cm-Kulturschale ausgesät und mit einer
geeigneten Menge an Plasmid-Konstrukt, welches die ER- bzw.
DR-Protein-kodierende DNA enthielt, einer Transfektion bzw.
Transformation unterworfen. So wurden HEK293-Zellen mit
0,5 µg-1 µg Plasmid-DNA unter Verwendung der Kalzium-
Präzipitations-Methode wie beschrieben (O. Nayler et al.,
Biochem. J., Vol. 326, S. 693-700 (1997)) transformiert. Die
Zellen wurden 24 h nach der Transfektion geerntet. COS7- oder
BHK-Zellen wurden mit 10 µl Superfect-Reagens (Qiagen,
Hilden, Deutschland) gemäß den Herstellerinstruktionen unter
Verwendung von 1,5 µg Plasmid-DNA (0,5 µg des klonierten
Konstrukts sowie 1 µg an leerem Carrier-Vektor)
transformiert. Als Expressions-Konstrukte wurden z. B. der in
Beispiel 1 erhaltene Vektor pEGFP-YT521-B verwendet.
Cytologische Untersuchungen ergaben, dass die
charakteristischen nukleären Bereiche konzentrierter ER- bzw.
DR-Proteine mit fokalen Transskriptionsstellen co
lokalisierten. Um die Transskriptions-Aktivität einer Zelle
im Hinblick auf ER- bzw. DR-Proteine als Marker beurteilen zu
können, wurde der Einfluss von bekannten Transskriptions-
oder Translations-Inhibitoren untersucht.
Zu diesem Zeck wurden COS7-Zellen, die nach dem im Beispiel 6
beschriebenen Verfahren EGFP-YT521-B als Beispiel für ein
Protein, welches ER-reiche Domänen enthält, transient
exprimierte, eingesetzt und einer Behandlung
unterschiedlicher Inhibitoren unterworfen. Zu den einzelnen
Behandlungsmitteln gehörten α-Amanitin (blockiert die
Transskription durch dessen direkte Inhibition der RNA-
Polymerase II; Bedingungen: 50 µg/ml für 5 h), 5,6-Dichloro-
1-β-ribofuranosyl-benzimidazol ("DRB", blockiert die
Transskription durch Inhibierung einer Kinase in der oberen
Signalkette für die RNA-Polymerase II; Bedingungen: 75 µm DRB
für 3 h), Cycloheximid ("Cyclo", blockiert lediglich die RNA-
Polymerase I; Bedingungen: 100 µg/ml für 5 h) sowie Akinomycin
D ("ActD", bindet an GC-reiche doppelsträngige DNA, erlaubt
die RNA-Initiation, blockert jedoch die RNA-Elongation;
Bedingungen: (a) 0,04 µg/ml für 3 h ("ActD niedrig"), (b) 50 µg/ml
für 3 h ("ActD hoch"), und (c) wie (b), jedoch 2 h
Inkubation nach Entfernung der hohen ActD-Konzentration
("ActD hoch + befreit").
Die Ergebnisse sind in Fig. 4 graphisch dargestellt, wobei
der Prozentsatz an Zellen, bei denen ER- bzw. DR-Domänen
lokalisierbar waren, aufgetragen sind in Bezug auf die
Behandlung der vorstehend genannten Inhibitoren gegenüber
einem unbehandelten Standard. Der Anteil positiver Zellen
wurde Fluoreszenz-mikroskopisch bestimmt durch Zählen
einzelnen Zellen in drei unabhängigen Experimenten pro
Standard bzw. Inhibitor-Ansatz. Die Daten zeigen die
Durchschnittswerte der drei unabhängigen Experimente (+/-
Standardabweichung), wobei jeweils 150 Zellen gezählt wurden.
Die Ergebnisse zeigen, dass Actinomycin D die definierten,
ER- bzw. DR-Protein-spezifischen Bereiche im Zellkern
auflöst. Diese Empfindlichkeit gegenüber Akinomycin D ist
jedoch reversibel, da eine Befreiung der Zellen von diesem
Inhibitor die nukleären, lokalisierbaren Bereiche wieder
ansteigen lässt. Eine niedrige Actinomycin-Konzentration oder
eine Cycloheximid-Behandlung zeigte jedoch keine Veränderung
in der Zahl der Zellen, in denen nukleäre Bereiche von ER-
bzw. DR-Proteinen lokalisierbar waren. α-Amanitin zeigte
lediglich eine geringfügige Verminderung des Anteils an
Zellen, die in Bezug auf nukleäre, ER- bzw. DR-Protein-
spezifische Bereiche positiv warn.
Die erfindungsgemäße Bestimmung der ER- bzw. DR-Protein kann
daher auch sehr nützlich zur Bestimmung der Transskriptions
aktivität einer Zelle eingesetzt werden.
Claims (25)
1. Verfahren zur Diagnose von Krebserkrankungen und/oder
neurodegenerativen Krankheitszuständen, dadurch
gekennzeichnet, dass Proteine mit Glutaminssäure/Arginin-reichen
oder Asparaginsäure/Arginin-reichen Domänen (ER-
Proteine bzw. DR-Proteine) bestimmt werden.
2. Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
die Bestimmung die Untersuchung einschließt, ob oder
inwieweit ER- oder DR-Proteine in zellulären, nukleären
Bereichen lokalisierbar sind.
3. Verfahren gemäß Anspruch 1 oder 2, dadurch
gekennzeichnet, dass die Bestimmung der ER- oder DR-Proteine
immuncytometrisch erfolgt.
4. Verfahren gemäß einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die im Verfahren bestimmten ER-
oder DR-Proteine solche sind, die beim pre-mRNA-Spleißvorgang
und/oder bei der Bildung des transkriptosomalen Komplexes
beteiligt sind.
5. Verfahren gemäß einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass das im Verfahren bestimmte ER-
Protein YT521 oder dessen Spleiß-Variante YT521-B ist.
6. Verfahren gemäß einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass Brustkrebs diagnostiziert wird.
7. Verfahren zur Untersuchung der Transkriptionsaktivität,
des Differenzierungsstadiums oder des Zellzyklusstadiums
einer Zelle, dadurch gekennzeichnet, dass Proteine mit
Glutaminssäure/Arginin-reichen oder Asparaginsäure/Arginin-reichen
Domänen (ER-Proteine bzw. DR-Proteine) bestimmt
werden.
8. Verfahren gemäß Anspruch 6, wobei die Bestimmung wie in
einem der Ansprüche 2 bis 5 angegeben erfolgt.
9. Verfahren zum Testen von therapeutisch wirksamen
Substanzen, umfassend die Untersuchung einer Veränderung an
Proteinen mit Glutaminssäure/Arginin-reichen oder
Asparaginsäure/Arginin-reichen Domänen (ER-Proteine bzw. DR-
Proteine) infolge einer Einwirkung durch die gegebenenfalls
therapeutisch wirksame Substanz.
10. Verfahren gemäß Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass
therapeutisch wirksamen Substanzen gegen Krebserkrankungen
und/oder neurodegenrative Krankheitszustände getestet werden.
11. Verfahren gemäß Anspruch 9 oder 10, dadurch
gekennzeichnet, dass untersucht wird, ob oder inwieweit sich
die Lokalisation der ER- oder DR-Proteine in zellulären,
nukleären Bereichen ändert.
12. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 9 bis 11, dadurch
gekennzeichnet, dass die im Verfahren untersuchten ER- oder
DR-Proteine solche sind, die beim pre-mRNA-Spleißvorgang
und/oder bei der Bildung des transkriptosomalen Komplexes
beteiligt sind.
13. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 9 bis 12, dadurch
gekennzeichnet, dass das im Verfahren untersuchte ER-Protein
YT521 oder dessen Spleiß-Variante YT521-B ist.
14. Antikörper, welcher spezifisch ist gegen ein Protein mit
Glutaminssäure/Arginin-reicher oder Asparaginsäure/Arginin-reicher
Domäne (ER-Protein bzw. DR-Protein).
15. Antikörper gemäß Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet,
dass das ER- oder DR-Protein ein solches ist, welches beim
pre-mRNA-Spleißvorgang und/oder bei der Bildung des
transkriptosomalen Komplexes beteiligt ist.
16. Antikörper gemäß Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet,
dass das ER-Protein YT521 oder dessen Spleiß-Variante YT521-B
ist.
17. Verwendung eines Antikörpers gemäß einem der Ansprüche
14 bis 16 in einem Verfahren gemäß Anspruch 1, einem
Verfahren gemäß Anspruch 7 oder einem Verfahren gemäß
Anspruch 9.
18. Säugetierzelle, die durch eine DNA transformiert ist,
die für ein Protein mit Glutaminssäure/Arginin-reicher oder
Asparaginsäure/Arginin-reicher Domäne (ER-Protein bzw. DR-
Protein) kodiert.
19. Säugetierzelle gemäß Anspruch 18, dadurch
gekennzeichnet, dass die DNA für ein ER- oder DR-Protein
kodiert, welches beim pre-mRNA-Spleißvorgang und/oder bei der
Bildung des transkriptosomalen Komplexes beteiligt ist.
20. Säugetierzelle gemäß Anspruch 18 oder 19, dadurch
gekennzeichnet, dass die DNA für das ER-Protein YT521 oder
dessen Spleiß-Variante YT521-B kodiert.
21. Säugetierzelle gemäß einem der Ansprüche 18 bis 20,
dadurch gekennzeichnet, dass die DNA zur Transformation in
einem zur Transformation geeigneten Vektor insertiert ist.
22. Säugetierzelle gemäß Anspruch 21, dadurch
gekennzeichnet, dass in den Vektor zusätzlich eine DNA
insertiert ist, die für ein Detektionsmarkerprotein kodiert.
23. Säugetierzelle gemäß einem der Ansprüche 18 bis 22,
dadurch gekennzeichnet, dass sie menschlichen Ursprungs ist.
24. Verwendung einer Säugetierzelle gemäß einem der
Ansprüche 18 bis 23 in einem Verfahren zum Testen von
therapeutisch wirksamen Substanzen.
25. Verwendung gemäß Anspruch 24, dadurch gekennzeichnet,
dass die getesteten Substanzen gegen Krebserkrankungen
und/oder neurodegenrative Krankheitszustände wirksam sein
sollen.
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