Steuervorrichtung für eine Gleisbremseneinrichtung eines Rangierbahnhofes Ein Rangierbahnhof dient der Zerlegung und Neu bildung von Güterzügen. Das Kernstück eines solchen Bahnhofes bildet die sogenannte Ablaufanlage, welche den Ablaufberg, die Verteil- oder Weichenzone und die Richtungsgeleise umfasst. Im Bereich zwischen dem Ab laufberg und den Richtungsgeleisen einer modernen An lage werden Gleisbremsen eingebaut, welche die frei ablaufenden Wagen hinsichtlich ihrer Geschwindigkeit zu steuern haben.
Diese Gleisbremsen werden aus Sicherheitsgründen so dimensioniert, dass sie in der Lage sind, im Gefahr falle selbst die schwersten Wagengruppen auf Schrittge schwindigkeit abzubremsen. Im folgenden werden stets Wagengruppen erwähnt, entsprechend der Praxis, dass mehrheitlich mehrere Wagen gekuppelt ablaufen. Dieser Begriff umfasst jedoch auch Einzelwagen.
Für den normalen Betrieb sind die genannten Brem sen demzufolge überdimensioniert. Üblicherweise werden sie bis heute so gesteuert, dass der Bremsvorgang mit dem Einlauf der ersten Achse der Gruppe in die Bremse beginnt. Diese Praxis zeitigt jedoch verschiedene Nach teile, nämlich: Die mittlere Geschwindigkeit einer ablaufenden Wa gengruppe in der Bremse ist kleiner, als wenn die Brem sung erst kurz vor dem Austritt der Gruppe aus der Bremse vorgenommen würde. Vor allem bei leichten Wagen kommt dadurch eine lange Belegungszeit der Bremse zustande, welche sich nachteilig auf die zulässige Zerlegegeschwindigkeit und damit auf die Bergleistung auswirkt.
Weiter hat die obgenannte Praxis zur Folge, dass sich im Ausschaltmoment eine von Fall zu Fall verschie dene Achszahl, meistens jedoch mehr als eine Achse in der Bremse befinden. Wegen der Ausschaltzeitkonstan- ten der Bremse ergeben sich deshalb relativ grosse und stark streuende Abweichungen von der angestrebten Aus trittsgeschwindigkeit.
Der verhältnismässig lange Lauf der auf Sollge schwindigkeit gebremsten Wegen in der ausgeschalteten Bremse hat erfahrungsgemäss wegen zufällig veränder licher Laufwiderstände unter Umständen weitere be- trächtliche Streuungen der Austrittsgeschwindigkeit zur Folge.
Die geschilderten Nachteile treten vor allem im Be reich kleiner Austrittsgeschwindigkeiten, wie sie z.B. bei Richtungsgleisbremsen in Frage kommen, in Erschei nung.
Die vorliegende Erfindung soll nun diese Nachteile beseitigen. Sie besteht darin, dass in einer Steuervorrich tung für eine Gleisbremseneinrichtung einer Ablaufan lage eines Rangierbahnhofes Mittel vorgesehen sind, womit in Abhängigkeit von der kinetischen Energie der ablaufenden Wagengruppe der Einschaltmoment der Bremseinrichtung so gewählt wird, dass im Ausschaltmo ment alle Einzelachsen bzw. Drehgestellte bis auf die bzw. das letzte die Bremseinrichtung bereits durchlaufen haben.
Eine solche Steuervorrichtung ermöglicht somit eine minimale Belegungszeit der Bremseinrichtung, sowie kleinstmögliche Abweichungen von der Sollaustrittsge- schwindigkeit zufolge der Reaktionszeit der Bremsein richtung sowie des Wagenlaufs in der ausgeschalteten Bremse. Die vorerwähnten Mittel sind z.B. folgende: Eine Einrichtung zur Messung der Geschwindigkeit der Wagengruppe an einer Stelle vor und an einer Stelle in der Bremseinrichtung. Erstere misst die Geschwin digkeit der Wagen vor ihrem Eintritt in die Bremsein richtung. Nachdem mindestens eine Achse in die Brems einrichtung eingelaufen ist, wird diese kurz eingeschaltet, wodurch eine Testbremsung erfolgt.
Durch zusätzliche Messung der Wagengeschwindigkeit nach der Testbrem sung lässt sich die Bremsverzögerung pro gebremste Achse ermitteln.
Statt der Einrichtung zur Messung der Geschwindig keit in der Bremseinrichtung kann auch vor derselben durch eine Achsdruckmesseinrichtung das Gewicht der ablaufenden Wagengruppe festgestellt werden. Mit der erstgenannten Testbremsung ist ein Geschwindigkeitsver lust verbunden, der in gewissen Fällen nicht tragbar ist. Bei Anwendung der Gewichtsmessung entfällt ein solcher.
In beiden Fällen lässt sich aus den ermittelten Daten: Geschwindigkeit vor der Bremse, Bremsverzögerung pro Achse oder Gewicht der Wagengruppe die notwendige Bremsenergie bestimmen, welche der Wagengruppe ent- zogen werden muss, damit sie auf Sollgeschwindigkeit kommt.
Ausserdem ist mit Vorteil der Bremseinrichtung ein Achszählabschnitt vorgelagert, mit welchem die Achszahl jeder ablaufenden Wagengruppe festgestellt wird. Aus dieser und der mittleren Bremskraft pro Achse lässt sich die grösstmögliche Bremsarbeit ermitteln, welche der Gruppe entzogen werden kann. Zieht man von dieser die notwendige Bremsenergie ab, so ergibt sich die über schüssige, d.h. nicht benötigte Bremsenergie, derentspre chend die Bremseinrichtung verzögert eingeschaltet wer den kann.
Jede Achse erfährt in einer zeitgemässen Gleisbremse, z.B. in einer elektrodynamischen, eine Bremskraft, wel che weitgehend unabhängig von den Eigenschaften der Radreifen sowie der in der Bremse befindlichen Achs zahl ist und zudem im interessierenden Geschwindigkeits bereich als konstant angesehen werden kann. Unter die ser Voraussetzung kann jede die Bremseinrichtung durch laufende Achse eine über dem Laufweg in der Bremse mit konstanter Steilheit linear zunehmende Bremsarbeit erfahren, z.B. gemäss Fig. 1. Durch Überlagerung der Wirkungen auf einen beispielsweise zweiachsigen Wagen 5 in einer Bremseinrichtung, bestehend aus zwei Brems abschnitten 10 und 10' ergibt sich die mögliche Brems arbeit A in Funktion der Laufweite gemäss einem mono ton ansteigenden Linienzug.
Der Endwert entspricht der grösstmöglichen Bremsarbeit A",. Wird von dieser die notwendige Bremsarbeit A" in Abzug gebracht, so ergibt sich die nicht notwendige Bremsarbeit A", und dieser entsprechend der Ort X, bei dessen Erreichen die Bremseinrichtung eingeschaltet werden muss, damit die Bremsung mit der letzten Achse bzw. Drehgestell der ab laufenden Gruppe zum Abschluss gebracht werden kann. Ist die Eintrittsgeschwindigkeit der Wagengruppe in die Bremse V,., so ist t;. = Xe/Ve die Zeit, um welche die Bremseinrichtung verzögert eingeschaltet werden kann. Der untere Teil der Fig. 1 zeigt die Situation des Wagens in bezug auf die Bremseinrichtung im Einschaltmoment.
Um diesen Zeitpunkt praktisch zu bestimmen, kön nen vor und hinter jedem Bremsabschnitt Schienenkon takte mit zugeordneten Achszählern eingebaut werden, welche einen Zeitzähler mit einer der momentanen Achs zahl in der Bremseinrichtung sowie der Eintrittsge schwindigkeit Ve proportionalen Zählgeschwindigkeit steuern. Der Zählerstand ist somit in jedem Moment proportional der möglichen, aber nicht notwendigen Bremsarbeit, bis der aus den vorerwähnten Daten er rechnete Wert erreicht ist. In diesem Moment te, wo sich die erste Achse am Punkt Xe befindet, wird die Bremseinrichtung automatisch eingeschaltet.
Das Kennzeichen, wonach im Ausschaltmoment alle Einzelachsen bzw. Drehgestelle bis auf die bzw. das letzte die Bremseinrichtung bereits durchlaufen haben, ist erfüllt, wenn die Sollgeschwindigkeit erreicht wird, nachdem die vorletzte Einzelachse (Drehgestell) und bevor die letzte Einzelachse (Drehgestell) die Bremsein richtung verlassen hat. Es steht somit ein Spielraum an Bremsarbeit entsprechend der von einer Achse (Dreh gestell) über einem der Achsdistanz entsprechenden Bremsweg zur Verfügung. Erfahrungsgemäss genügt dieser, um die durch die Streuung der Messgrössen be dingte Ungenauigkeit A" in der Ermittlung der nötigen Bremsarbeit zu überbrücken.
Bei der Wahl des Ein schaltmomentes ist lediglich das Gewicht und die Ein trittsgeschwindigkeit zuzüglich deren grösste Streuungen, sowie die Bremskraft abzüglich deren grösste Streuung zu berücksichtigen, um auf alle Fälle eine genügende Bremsung zu ermöglichen. Die Lösegeschwindigkeit soll um einen, dem Geschwindigkeitsverlust von einer Achse während der Ausschaltzeitkonstanten entsprechenden Vorhalt höher gewählt werden, als die Sollaustrittsge schwindigkeit. Diese kann mit geringer Streuung einge halten werden und gleichzeitig wird die Belegungszeit der Bremseinrichtung minimal.
Um eine ordnungsgemässe Behandlung der Wagen gewährleisten zu können, ist es erforderlich, dass die letzte Achse der vorauslaufenden Wagengruppe einen Bremsabschnitt verlassen hat, bevor die erste Achse der nachlaufenden Wagengruppe in diesen einläuft. Von der Belegungszeit hängt es somit ab, ob eine Bremseinrich tung aus einem Abschnitt (Fig. 2) oder aus zwei funk tionell von einander unabhängigen Abschnitten (Fig. 3) aufgebaut werden kann oder muss. Die erfindungsgemäs- se Steuervorrichtung ermöglicht daher weitestgehend, mit einer billigen, einstufigen Lösung auszukommen.
Anhand der Fig. 2 und 3 werden nun Ausführungs beispiele der Erfindung erläutert.
In Fig. 2 ist am Beispiel einer einstufigen Bremse 10 die spezielle Anordnung einer Steuerung mit Gewichts messung dargestellt. Der Pfeil zeigt in Ablaufrichtung. Durch die Schienenkontakte 11, 12 wird ein Achszählab schnitt begrenzt und auf dem Achszähler 1 laufend die darin befindliche Achszahl angezeigt. Die Distanz des ersten Kontaktes dieses Abschnittes vom Bremsenanfang sollte möglichst der grössten zulässigen Länge einer ab laufenden Wagengruppe entsprechen. Die Schienenkon takte 14, 15 betätigen eine Einrichtung zur Messung der Wagengeschwindigkeit vor der Bremse. Die Gewichts- messeinrichtung 13 stellt während dem Lauf die Achs gewichte fest und summiert diese zum Gesamtgewicht der ablaufenden Wagengruppe.
Sie ist soweit vor der Bremseinrichtung angeordnet, dass die Gewichtsmeldung rechtzeitig zur Verfügung steht, bevor die Bremsung be ginnen muss.
Vor und hinter der Bremse 10 sind Schienenkon takte 18, 19 mit zugeordnetem Achszähler 2 eingebaut, welche einen Zeitzähler 20 mit einer, der Eintrittsge schwindigkeit und der momentanen Achszahl in der Bremse proportionalen Zählgeschwindigkeit bei nicht eingeschalteter Bremse so lange in Bewegung halten, bis dieser einen mit Hilfe obgenannter Mittel festgestellten Wert erreicht hat und dann die Bremse einschaltet.
Die links des einen Schienenkontaktes 18, d.h. vor der Bremseinrichtung liegenden Mittel zur Feststellung der Achszahl und des Gewichtes der ablaufenden Wagen gruppe können in einer Anlage mit mehreren hinterein- anderliegenden Bremsstaffeln, z.B. Talbrems- und Rich- tungsgleisbremsstaffel, auch nur vor der ersten Staffel vorgesehen werden, wenn dafür gesorgt wird, dass die ermittelten Werte auf die nachgeschalteten Bremsab schnitte übertragen werden.
In Fig. 3 ist eine zweistufige Bremseinrichtung 10, 10' die prinzipielle Anordnung einer Steuerung mit Test bremsung dargestellt. Der Pfeil zeigt die Ablaufrichtung an. Im Unterschied zu Fig. 2 fehlt hier die Gewichtsmess- einrichtung, dafür sind hier Schienenkontakte 16, 17 zur Geschwindigkeitsmessung im ersten Bremsabschnitt 10 angeordnet. Bevor oder während dem Befahren dieser Kontakte erfolgt die Testbremsung. Weiter sind hier pro Bremsabschnitt 10 bzw. 10' Schienenkontakte 18, 19 bzw. 18', 19' angeordnet, welche auf die Achszähler 2 bzw. 2' und den Zeitzähler 20 wirken. Die übrigen Kon takte haben dieselbe Bedeutung wie in Fig. 2.
Es versteht sich, dass alle Bremsabschnitte mit einer Einrichtung für die kontinuierliche Messung der Wagen geschwindigkeit zur Überwachung des Bremsvorganges versehen sein müssen, welche beim Erreichen der Soll geschwindigkeit den Ausschaltbefehl für den betreffen den Bremsabschnitt gibt. Diese Einrichtungen sind nicht eingezeichnet, da sie an sich bekannt und für die vorlie gende Erfindung nicht typisch sind.