Ziehanlage zur Erzeugung von Metallprofilen sowie Verfahren zum automatischen Betrieb einer solchen Ziehanlage
Technisches Gebiet
Die Erfindung betrifft eine Ziehanlage zur Erzeugung von Metallprofilen sowie ein Verfahren zum automatischen Betrieb einer solchen Ziehanlage. Die Erfindung betrifft insbesondere eine Ziehanlage zur Erzeugung von Metallprofilen umfassend wenigstens einen Qualitätssensor zur Erfassung wenigstens eines Qualitätsmerkmals eines Zwischenerzeugnisses oder eines Enderzeugnisses eines Ziehguts, wenigstens einen vorzugsweise geschlossenen Regelkreis, der über wenigstens einen Regler auf wenigstens einen qualitätsrelevanten Parameter der Ziehanlage einwirkt.
Die Erfindung betrifft weiterhin ein Verfahren zum automatischen Betrieb einer Ziehanlage, bei welchem mittels wenigstens eines Qualitätssensors wenigstens ein qualitätsrelevantes Merkmal eines Ziehguts, ausgewählt aus einer Gruppe von Merkmalen umfassend die Geradheit des Ziehguts, die Länge des Ziehguts, den Durchmesser und/oder wenigstens eine Dicke des Ziehguts, die Rundheit des Ziehguts und die Oberflächenbeschaffenheit des Ziehguts gemessen wird, der erhaltene Messwert in wenigstens einem Regelkreis verarbeitet wird, der über wenigstens einen Regler auf wenigstens eine qualitätsrelevante Stellgröße der Ziehanlage oder von Teilen der Ziehanlage einwirkt.
Hintergrund der Erfindung
Ziehanlagen zum Ziehen von beispielsweise Stahl, Messing, Kupfer als Vollmaterial oder auch als Rohr werden heutzutage in der Regel manuell vom Bediener eingestellt. Eine solche Anlage umfasst eine große Anzahl von
Parametern, die von dem Bediener intuitiv und aufgrund seiner Erfahrung eingestellt werden. In der Regel wird das Endprodukt nur stichprobenartig vom Bediener selbst oder von einer Qualitätssicherung überprüft. Qualitätsmerkmale des fertigen Metallprofils sind beispielsweise Geradheit, Längentoleranz, Durchmessertoleranz, Qualität der Oberflächenrauigkeit oder die Fas- und Plangeometrie der Enden.
Eine gattungsgemäße Ziehanlage als sogenannte „Konti - Ziehmaschine“ ist beispielsweise aus der DE 41 08 848 A1 bekannt. Dieses Dokument beschreibt eine Ziehanlage mit einer Konti - Ziehmaschine mit zwei Spannwagen und einer in einer Hohlkugel gelagerten Ziehdüse, deren Drehlage von Stellmitteln eingestellt wird. Mit der winkeligen Einstellung der Ziehdüse wird das Geradheitsergebnis des gezogenen Drahtes verbessert. Die Geradheitsabweichung des Drahtes wird auslaufseitig der Ziehmaschine an einem Führungstrichter gemessen. Über einen Regelkreis erfolgt eine automatische Einstellung der Stellmittel in Abhängigkeit von dem gemessenen Geradheitsergebnis.
Die DE 44 12 268 A1 beschreibt ein Verfahren zum automatischen Betrieb einer Steuerungs- und Regelungseinrichtung für die Ziehantriebe einer Ziehmaschine. Bei diesem Verfahren werden die für die prozessabhängige Regelung der Antriebe erforderlichen Größen von der Drehzahl, dem Drehmoment und der Stromaufnahme der Antriebe abgeleitet.
Der zuvor beschriebene Stand der Technik trägt jeweils nur zu Teilaspekten der Produktivität einer Ziehanlage bei. Die bekannten Lösungen tragen insbesondere nicht dem Problem Rechnung, dass eine Ziehanlage bei Produktwechsel erneut eingestellt werden muss und dass für die Einstellung bzw. Einrichtung der Maschine eine Vielzahl von Parametern neu eingestellt werden müssen.
Darstellung der Erfindung
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine Ziehanlage sowie ein Verfahren zum automatischen Betrieb der Ziehanlage bereitzustellen, mit der die Qualität des Endprodukts in einem hohen Maß reproduzierbar ist.
Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe wird gelöst durch die Merkmale der Patentansprüche 1 und 7. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen, die bevorzugte Ausführungen der Erfindung betreffen.
Die Ziehanlage gemäß der Erfindung zeichnet sich insbesondere durch wenigstens eine Prozesssteuerung aus, in der wenigstens eine Führungsgröße des geschlossenen Regelkreises bezogen auf ein spezifisches Ziehgut in Form eines Zwischenerzeugnisses und/oder Enderzeugnisses in Form eines einstellbaren Betriebspunkts der Ziehanlage oder einzelner Teile der Ziehanlage verarbeitet wird.
Die Prozesssteuerung kann wenigstens einen selbstlernenden Algorithmus umfassen, der bezogen auf ein spezifisches Ziehgut einen optimalen Betriebspunkt der Ziehanlage oder von Teilen der Ziehanlage ermittelt.
Der betreffende Betriebspunkt kann von der Prozesssteuerung selbsttätig angefahren werden.
Zweckmäßigerweise ist vorgesehen, dass die Ziehanlage eine Bedieneinheit umfasst, mit welcher der gewünschte oder optimalen Betriebspunkt der Ziehanlage oder von Teilen der Ziehanlage anwählbar ist, wobei die Bedieneinheit auf den wenigstens einen Regler einwirkt, der den betreffenden Betriebspunkt der Ziehanlage oder des betreffenden Teils der Ziehanlage automatisch einstellt.
Weiterhin kann vorgesehen sein, dass dem Bediener der Ziehanlage über ein Display an der Bedieneinheit vorgeschlagen wird, einen bestimmten produktspezifischen Betriebspunkt der Ziehanlage anzufahren. Ein Vorteil der erfindungsgemäßen Ziehanlage ist auch darin zu sehen, dass die Ziehanlage gemäß der Erfindung es ermöglicht, End- und/oder Zwischenerzeugnisse nach vordefinierten Qualitäten, beispielsweise nach vordefinierten Toleranzklassen oder nach definierten Prüfzeugnissen auszugeben. Die Prozesssteuerung kann über das Display der Bedieneinheit einen Vorschlag für einen anzufahrenden Betriebspunkt bezogen auf ein spezifisches Ziehgut und gegebenenfalls auch für ein einzelnes zu beeinflussendes Qualitätsmerkmal ausgeben. Der Bediener kann den entsprechenden Betriebspunkt dann manuell anwählen.
Die Prozesssteuerung kann eine Speicher- und Auswerteeinheit umfassen, in der ein produktspezifischer Betriebspunkt speicherbar ist und aus welcher ein solcher Betriebspunkt mittels wenigstens einer Bedieneinheit abrufbar ist. Die Ziehanlage gemäß der Erfindung kann zum Ziehen von beispielsweise Stahl, Messing, Kupfer, Aluminium oder anderer Nichteisenmetalle ausgebildet sein, sowohl als Vollmaterial oder auch rohrförmig oder in Form von beliebigen anderen Profilen. Die Ziehanlage gemäß der Erfindung kann beispielsweise als Ziehanlage für Blankstahl ausgebildet sein.
Eine Ziehanlage im Sinne der vorliegenden Erfindung umfasst beispielsweise Anlagenteile in Form von Vorrichtern, Strahlanlagen, Einstoßvorrichtungen, Zieheinheiten, Profilrichtern, Schlagscheren, insbesondere hydraulischen Schlagscheren, Rohrführungen, Walz-Richtmaschinen, Anfasmaschinen und dergleichen.
Erfindungsgemäß sind an der Ziehanlage gemäß der Erfindung ein oder mehrere Regelkreise vorgesehen, die das Zwischen- oder Endprodukt der Ziehanlage überprüfen und durch Parameteränderungen das Produkt optimieren. Vorzugsweise ist der Qualitätssensor ausgewählt aus einer Gruppe von Qualitätssensoren umfassend wenigstens einen Sensor zur Erfassung der Geradheit des Ziehguts, wenigstens einen Sensor zur Erfassung des Durchmessers und/oder der Dicke des Ziehguts, wenigstens einen Sensor zur Erfassung der Länge des Ziehguts, wenigstens einen Sensor zur Erfassung der Oberflächenbeschaffenheit des Ziehguts und wenigstens einen Sensor zur Erfassung der Rundheit, der Qualität der gefasten Enden des Ziehguts oder der sonstigen Maßhaltigkeit des Ziehguts.
Messwerte aus der Erfassung der Geradheit eines Zwischenprodukts oder eines Endprodukts können beispielsweise zur automatischen Einstellung von Vorrichtern, Ziehsteinhaltern oder Profil-Richtapparaten oder zur Einstellung von Rieht- und Poliermaschinen verwendet werden, wobei unter Einstellung im Sinne der Erfindung eine automatische Einstellung mithilfe wenigstens eines vorzugsweise geschlossenen Regelkreises zu verstehen ist. Diese Einstellung erfolgt vorzugsweise kontinuierlich während des Betriebs der Ziehanlage bzw. während des Betriebs der betreffenden Anlagenteile.
Messwerte aus einer Durchmessermessung können beispielsweise zur Einstellung einer Rieht- und Poliermaschine verwendet werden. Oberflächenmessungen, beispielsweise eine Rauigkeitsmessung an einem Zwischenerzeugnis können beispielsweise zur Optimierung der Strahlleistung einer Strahlanlage bei der Blankstahlherstellung verwertet werden. Die Oberflächenmessung kann beispielsweise vor oder hinter der Entzunderung vorgenommen werden.
Vorzugsweise umfasst die Ziehanlage eine Vielzahl von Regelkreisen, wobei jeder Regelkreis auf einen anderen qualitätsrelevanten Parameter der Ziehanlage oder von Teilen der Ziehanlage einwirkt. Bei einer bevorzugten Variante der Ziehanlage gemäß der Erfindung wirkt die Speicher- und Auswerteeinheit auf eine Regeleinheit ein, die eine Vielzahl von Reglern ansteuert.
Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe wird weiterhin gelöst durch ein Verfahren zum automatischen Betrieb einer Ziehanlage mit den vorstehend beschriebenen Merkmalen, bei welchem mittels wenigstens eines Qualitätssensors wenigstens ein qualitätsrelevantes Merkmal eines Ziehguts, ausgewählt aus einer Gruppe von Merkmalen umfassend die Geradheit des Ziehguts, die Länge des Ziehguts, den Durchmesser und/oder wenigstens eine Dicke des Ziehguts, die Rundheit des Ziehguts die Maßhaltigkeit der gefasten Enden des Ziehguts und die Oberflächenbeschaffenheit des Ziehguts gemessen wird, der erhaltene Messwert in wenigstens einem Regelkreis verarbeitet wird, der über wenigstens einen Regler auf wenigstens eine qualitätsrelevante Stellgröße der Ziehanlage oder von Teilen der Ziehanlage einwirkt, wobei in einer Prozesssteuerung wenigstens eine Führungsgröße für wenigstens ein qualitätsrelevantes Merkmal eines spezifisches Ziehguts in Form eines Zwischenerzeugnisses und/oder Enderzeugnisses verarbeitet wird, wobei die Führungsgröße einen Betriebspunkt der Ziehanlage oder von Teilen der Ziehanlage definiert oder zur Definition eines Betriebspunkts der Ziehanlage oder von Teilen der Ziehanlage verwendet wird und der Betriebspunkt in Abhängigkeit eines spezifischen Ziehguts einstellbar ist.
Die Prozesssteuerung kann wenigstens einen selbstlernenden Algorithmus umfassen, der bezogen auf ein spezifisches Ziehgut einen optimalen Betriebspunkt der Ziehanlage oder von Teilen der Ziehanlage ermittelt.
Der betreffende Betriebspunkt kann von der Prozesssteuerung selbsttätig angefahren werden.
Alternativ kann vorgesehen sein, den gewünschten oder optimalen Betriebspunkt der Ziehanlage oder von Teilen der Ziehanlage über eine Bedieneinheit anzuwählen, die auf den wenigstens einen Regler einwirkt, der den betreffenden Betriebspunkt der Ziehanlage oder des betreffenden Teils der Ziehanlage automatisch einstellt. Alternativ kann das Verfahren vorsehen, dass dem Bediener der Ziehanlage über ein Display an der Bedieneinheit vorgeschlagen wird, einen bestimmten produktspezifischen Betriebspunkt der Ziehanlage anzufahren.
Auf diese Art und Weise kann beispielsweise bei einem Produktwechsel die Ziehanlage unmittelbar automatisch mit allen hierzu erforderlichen Parametern auf das neue Produkt bzw. auf das neue Ziehgut eingestellt werden. Dadurch werden etwaige Umrüstzeiten sowie der Ausschuss beim Anfahren der Ziehanlage reduziert. Bei einer zweckmäßigen Variante des Verfahrens gemäß der Erfindung ist vorgesehen, dass die Prozesssteuerung eine Speicher- und Auswerteeinrichtung umfasst, in der wenigstens ein Betriebspunkt der Ziehanlage abgespeichert wird.
Vorzugsweise wird eine Vielzahl von qualitätsrelevanten Merkmalen des Ziehguts gemessen, wobei jeder Messwert wenigstens in einem Regelkreis verarbeitet wird.
Beispielsweise kann vorgesehen sein, dass ein Betriebspunkt der Ziehanlage oder von Teilen der Ziehanlage durch eine Vielzahl von Führungsgrößen definiert wird. Eine Variante des Verfahrens zeichnet sich dadurch aus, dass wenigstens ein Messwert in einer Vielzahl von Regelkreisen verarbeitet wird.
Jeweils ein produktspezifischer Betriebspunkt kann über eine Vielzahl von jeweils Regelkreisen der Ziehanlage definiert werden. Bei einer besonders bevorzugten Variante der Erfindung ist vorgesehen, dass ein Betriebspunkt der Ziehanlage während des Betriebs jeweils bezogen auf ein spezifisches Ziehgut optimiert wird. Dieser optimale Betriebspunkt wird jeweils als beste Einstellung bezogen auf ein spezifisches Ziehgut in der Speicher- und Auswerteeinheit der Ziehanlage abgespeichert
In einer Ziehanlage der eingangs genannten Art haben gegebenenfalls mehrere Anlagenteile bzw. Aggregate Einfluss auf eine einziges qualitätsrelevantes Merkmal des Zwischenprodukts oder des Enderzeugnisses des Ziehguts. Mehrere Anlagenteile können beispielsweise Einfluss auf die Geradheit des Ziehguts haben. Deshalb kann in einer bevorzugten Variante des Verfahrens vorgesehen sein, dass ein einziger Messwert für ein bestimmtes qualitätsrelevantes Merkmal eines Ziehguts als Führungsgröße, in Regelkreisen von jeweils aufeinanderfolgenden Teilen der Ziehanlage verarbeitet wird und dass die Regelkreise der aufeinanderfolgenden Teile der Ziehanlage kaskadenartig miteinander verknüpft sind, so dass aus der Regelabweichung nacheinander und/oder parallel Stellgrößen für aufeinanderfolgende Teile der Ziehanlage abgeleitet werden.
Kurze Beschreibung der Figuren
Die Erfindung wird nachstehend unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen erläutert, in denen Figur 1 eine schematische Darstellung eines geschlossenen Regelkreises an einer Ziehanlage gemäß der Erfindung zeigt und
Figur 2 eine schematische Darstellung des Regelschemas mit mehreren geschlossenen Regelkreisen an einer Ziehanlage gemäß der Erfindung zeigt. Detaillierte Beschreibung bevorzugter Ausführunqsbeispiele
Figur 1 zeigt schematisch eine automatische Regelung an einer Ziehanlage 1 gemäß der Erfindung als Blockschaltbild. Die Ziehanlage 1 kann beispielsweise zur Erzeugung von Blankstahl eines durch ein Stranggießverfahren und anschließendes Walzen hergestellten Drahts ausgebildet sein. Ein Werkstück 2 als Ziehgut, beispielsweise in Form eines runden Drahts, durchläuft die Ziehanlage 1 von links nach rechts, wobei ausgangsseitig ein Qualitätsmerkmal des Drahts (beispielsweise Dicke, Durchmesser, Rauigkeit, Geradheit oder Maßhaltigkeit eines gefassten Endes des Ziehguts) mit einem Qualitätssensor 3 gemessen wird. Der erhaltene Messwert wird einer Prozesssteuerung 4 zugeführt. Die Prozesssteuerung 4 umfasst eine Speicher- und Auswerteinheit sowie wenigstens einen Regler, der über die Ausgabe einer entsprechenden Stellgröße auf eine Stelleinrichtung 5 zur Beeinflussung eines qualitätsrelevanten Parameters der Ziehanlage 1 einwirkt. Über eine Bedieneinheit 6 lassen sich externe Informationen in die Prozesssteuerung 4 eingeben. Über die Bedieneinheit lässt sich ein produktspezifischer Betriebspunkt der Ziehanlage 1 einstellen.
Das Blockschaltbild gemäß Figur 2 erweitert das in Figur 1 dargestellte Regelschema auf eine Vielzahl von Qualitätssensoren 3 und eine Vielzahl von Stelleinrichtungen 5 für die Ziehanlage 1 gemäß der Erfindung. Gleiche Teile sind mit entsprechenden Bezugszeichen versehen. Im Übrigen entspricht das Blockschaltbild gemäß Figur 2 prinzipiell demjenigen gemäß Figur 1.
Bezuqszeichenliste 1 Ziehanlage
2 Werkstück
3 Qualitätssensor
4 Prozesssteuerung
5 Stelleinrichtungen 6 Bedieneinheit