Beschreibung
Verfahren und Vorrichtung zum Herstellen einer Zellkultur aus menschlichen oder tierischen Zellen
Stand der Technik Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen einer Zellkultur aus menschlichen oder tierischen Zellen gemäß dem Oberbegriff des
Patentanspruchs 1 , eine Mikrotiterplatte mit mehreren Näpfchen, die mit einer Zellkultur befüllt sind, gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 12, sowie eine Verwendung einer Zellkultur gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 14.
Medizinische oder pharmakologische Tests, bei denen die Wirkung bestimmter Wirkstoffe untersucht wird, werden in der Regel an Zellkulturen aus
menschlichen oder tierischen Säugetierzellen durchgeführt. Dabei wird die Zellkultur den zu testenden Stoffen ausgesetzt und die Reaktion der Zellen untersucht.
Für medizinische oder pharmakologische Tests werden heute in der Regel Zellkulturen verwendet, bei denen die Zellen auf einer Oberfläche, wie z.B. auf dem Boden eines Zellkulturgefäßes anhaften. Dazu wird eine Suspension aus menschlichen oder tierischen Zellen in ein Gefäß pipettiert, in dem eine
Nährlösung enthalten ist. Die Zellen sedimentieren dann in der Nährlösung und setzen sich am Boden des Gefäßes ab. Dort heften sie sich an und teilen sie sich mit einer Teilungsrate, die im Wesentlichen von den in der Nährlösung enthaltenen Wachstumsfaktoren abhängig ist. Nach wenigen Tagen bildet sich am Boden des Gefäßes ein sogenannter Zellrasen, der den Boden vollständig bedeckt. Dieser Zellrasen ist jedoch nur eine begrenzte Zeit stabil. Wenn die Zellen zu lange im Gefäß verbleiben - in der Regel nach einigen Tagen -heben sich die Zellen vom Boden des Gefäßes ab und sterben. Es ist daher erforderlich, in regelmäßigen Abständen eine sogenannte Passage
durchzuführen, bei der die Zellen vom Gefäßboden mittels eines Enzyms
abgelöst, gewaschen, vereinzelt und dann in ein anderes Gefäß zur erneuten Zellteilung hinein pipettiert werden. Dieser Prozess wird Passagieren genannt und üblicherweise von Hand durchgeführt. Er ist relativ aufwendig und teuer. Darüber hinaus verändern die Zellen nach jeder Passage, ihren Phänotyp sowie ihre spezifischen Eigenschaften. D.h. sie dedifferenzieren und entwickeln sich von einem differenzierteren Stadium mit ganz spezifischen Eigenschaften, wie z. B. Hautzellen oder Leberzellen, zu unspezifischen und letztlich für
Untersuchungen ungeeignete Zellen. Prinzipiell gilt, dass Zellen einer jüngeren Passage (Tochtergeneration) üblicherweise weniger differenziert sind als Zellen einer älteren Passage (Elterngeneration). Nach mehreren Passagen haben die in der Suspension enthaltenen Zellen schließlich völlig andere Eigenschaften als die ursprünglichen Ausgangszellen.
Dies hat zur Folge, dass derselbe medizinische Test, der einmal an einer Zellkultur einer älteren und einmal an einer Zellkultur einer jüngeren Generation durchgeführt wird, unterschiedliche Ergebnisse liefern kann. Deshalb sind die an den bekannten Zellkulturen vorgenommenen Tests nur während eines sehr kurzen Zeitraums von wenigen Tagen reproduzierbar, da sich die Zellkultur im Laufe der Zeit verändert.
Ein weiterer Nachteil von Zellen, die sich ständig teilen ist, dass die Zellen sich damit in einem Zustand befinden, der sich erheblich von der Situation in einem Gewebe eines erwachsenen Organismus unterscheidet. Eine Zellteilung in einem erwachsenen Körper ist ein vergleichsweise sehr seltenes Ereignis. Es tritt zumeist nur nach Gewebeverlust auf und geht in der Regel mit einer
Entzündungsreaktion einher. Infolgedessen untersucht man bei diesen Zellen nicht den Normalzustand, sondern eigentlich eine Extremsituation. Diese Tatsache könnte erklären, warum bisher Testergebnisse, die unter Verwendung solcher Zellkulturen gewonnen wurden, oft wenig mit klinischen Befunden übereinstimmen.
Da es bisher nicht möglich war, ruhende Zellen für längere Zeit am Leben zu halten, hat sich im Gegensatz ein Trend entwickelt, besonders teilungsaktive Zellen für pharmakologische Tests zu verwenden und den
Beobachtungszeitraum zu verkürzen. Dies führt jedoch dazu, dass die
Ergebnisse noch weniger aussagekräftiger werden, wie man sich unschwer aus dem oben Gesagten erklären kann.
Offenbarung der Erfindung
Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zum Herstellen einer Zellkultur aus menschlichen oder tierischen Zellen zum Durchführen medizinischer und pharmakologischer Tests zu schaffen, mit dem eine Zellkultur hergestellt werden kann, die über einen längeren Zeitraum, insbesondere über mehrere Wochen, stabil ist. Dadurch wird es möglich, medizinische oder pharmakologische Tests im Abstand von mehreren Wochen an derselben Zellkultur durchzuführen. Darüber hinaus ist es eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens hergestellte, langzeitstabile Zellkultur zu schaffen, an der dann die gewünschten
medizinischen oder pharmakologischen Tests durchgeführt werden können.
Die genannten Aufgaben werden gemäß der Erfindung durch die in den unabhängigen Ansprüchen angegebenen Merkmale gelöst. Weitere
Ausführungsformen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
Gemäß der Erfindung wird ein Verfahren zum Herstellen einer Zellkultur aus menschlichen oder tierischen Zellen, insbesondere aus Säugetierzellen, zum Durchführen medizinischer oder pharmakologischer Tests, vorgeschlagen, das wenigstens folgende Schritte umfasst:
- Einlegen eines Substrats aus mikrobiell hergestellter Zellulose in ein Gefäß;
- Einfüllen einer Nährstofflösung in das Gefäß;
- Aufbringen von menschlichen oder tierischen Zellen auf das Substrat;
- Temperieren des Gefäßinhalts auf eine vorgegebene Temperatur,
insbesondere Körpertemperatur;
- Warten, bis das Substrat komplett mit einem Zellrasen bedeckt ist, d.h. dass sich alle Zellen berühren und aufgehört haben, sich zu teilen (das kann, je nach Anfangskonzentration und Zellart wenige Tage bis mehrere Wochen dauern);
- Vorzugsweise wird anhand von Stoffwechsel-Parametern getestet, ob und wann die Zellen den für sie charakteristischen Zustand erreicht haben und
- Zuführen eines zu testenden Wirkstoffs zu der auf dem Substrat befindlichen Zellkultur.
Nach dem Aufbringen der menschlichen oder tierischen Zellen auf das Substrat aus mikrokristalliner Zellulose kommt es zu einem Zellteilungs- und
Wachstumsprozess, bei dem das Substrat zunehmend von Zellen bedeckt wird. Dieser Prozess läuft bei Körpertemperatur, also bei etwa 37°C, optimal ab. Während des Zellteilungs- und Wachstumsprozesses wird die Zellkultur daher vorzugsweise auf etwa 37°C gehalten. Wenn die Zellen das Substrat so dicht bedecken, dass die äußeren Membranen der Zellen sich lückenlos gegenseitig berühren, hören die Zellen auf, sich zu teilen. Nach Einstellung des
Teilungsprozesses benötigen die Zellen eine gewisse Zeit, sich umzustellen und einen sog. ruhenden Phänotyp zu erreichen. Der Ausdruck„ruhend" bezieht sich hierbei nur darauf, dass keine dramatischen Formveränderungen wie bei der Zellteilung mehr ablaufen. Biochemisch sind diese Zellen sehr aktiv und produzieren z.B. Faktoren, die für ihren Differenzierungszustand typisch sind. In diesem Zustand ist die Zellkultur auf dem Substrat aus mikrobiell hergestellter Zellulose mindestens über mehrere Wochen stabil.
Bezüglich der einzelnen Verfahrensschritte des erfindungsgemäßen Verfahrens ist zu betonen, dass diese nicht unbedingt in der angegebenen Reihenfolge ausgeführt werden müssen. So kann beispielsweise das Aufbringen von menschlichen oder tierischen Zellen auf das Substrat auch vor dem Einfüllen einer Nährstofflösung in das Gefäß erfolgen. Wahlweise könnte auch die Nährstofflösung zuerst in das Gefäß eingefüllt und danach erst das Substrat eingelegt werden. Dem Fachmann ist klar, dass er die Abfolge der einzelnen Schritte in einem gewissen Rahmen nach Wunsch festlegen kann.
Die Zellen können zur Lagerung oder für den Transport langsam auf
Raumtemperatur von z. B. 15°-30°C, insbesondere 18°-25°C abgekühlt werden.
Es ist nicht notwendig, die Zellkultur zur Lagerung oder für den Transport einzufrieren, da sie auch bei Raumtemperatur stabil bleibt.
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird die Zellkultur vorzugsweise aus Stammzellen oder aus Zellen hergestellt, die aus Stammzellen gewonnen wurden, wie z. B. Leber-, Herz- oder Nierenzellen, oder Zellen
anderer Organe, wie z. B. der Haut. Ein medizinischer bzw. pharmakologischer Test kann somit an bekannten, genau definierten Zellen durchgeführt werden. Im Falle von aus Stammzellen gewonnenen Zellen können diese Zellen z. B. mit Hilfe eines Verfahrens hergestellt werden, wie es aus der US 20030161818A1 oder der US 2003 015 45 06 A1 bekannt ist. Hierbei werden die Stammzellen aus menschlichen Nabelschnurgewebe gewonnen. Die Stammzellen befinden sich in der sog. substantia gelatinea funiculi umbilicalis, einer gelatinösen Matrix, reich an Hyaluronsäuren und Chondroitinsulfaten, auch„Wharton's Jelly" genannt. Die Extraktion erfolgt über einen enzymatischen Prozess (z.B. mit Hilfe von Collagenase).
Alternativ können natürlich auch solche Zellen verwendet werden, die direkt einem menschlichen oder tierischen Körper entnommen wurden. Dies geschieht z.B. über eine Biopsie aus dem Knochenmark oder aus dem Fettgewebe.
Gemäß einer Ausführungsform der Erfindung können z. B. Zellen eingesetzt werden, die direkt aus betroffenen Patienten stammen, wodurch eine
personalisierte Therapie möglich wird.
Die auf das Zellulosesubstrat aufgebrachten Zellen sind vorzugsweise solche Zellen, die zuvor nicht bereits passagiert worden sind. Die Zellkultur entsteht also erfindungsgemäß durch einen einmaligen Zellteilungs- und Wachstumsprozess aus originären, sog. primären Zellen, wie z. B. Stammzellen oder daraus gewonnen Zellen, die keinen Dedifferenzierungsprozess durchlaufen haben. D.h., bei den auf das Zellulosesubstrat aufgebrachten Zellen handelt es sich vorzugsweise um Zellen mit einer Passagezahl gleich Null. Wahlweise könnten aber auch Zellen mit einer Passagezahl von kleiner gleich fünf verwendet werden.
Für den Transport ist es nicht nötig, die Zellen, wie sonst üblich, einzufrieren; der Transport kann vielmehr bei Umgebungstemperatur erfolgen, wie z. B. zwischen 15°C und 30°C. Die Temperatur kann aber auch höher oder niedriger sein.
Wenn die Umgebungstemperatur im gewünschten Bereich liegt, z. B. zwischen 15 °C und 30°C, ist es ausreichend, die Zellkultur einfach abkühlen zu lassen (ohne Verwendung einer Kühleinrichtung). Die Zellkultur könnte aber auch aktiv,
d.h. mittels einer Kühleinrichtung, auf die gewünschte Temperatur herunter gekühlt werden.
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird das Gefäß mit einem hermetischen Verschluss, wie z.B. einer Folie oder einem Deckel versehen. Der hermetische Verschluss soll insbesondere das Eintreten oder Austreten von Medien, wie beispielsweise Flüssigkeit oder Gas aus dem bzw. in das Gefäß verhindern. Das Abdichten des Gefäßes kann prinzipiell vor oder nach dem Abkühlen durchgeführt werden, wird aber vorzugsweise vorher
durchgeführt.
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird das Gefäß mit einer Folie abgedichtet, die z.B. mit dem Gefäß verschweißt oder verklebt wird. Alternativ oder zusätzlich könnte auch ein Deckel vorgesehen sein, der das Gefäß abschließt.
Das Gefäß mit der darin befindlichen Zellkultur kann schließlich noch verpackt werden, um es anschließend z. B. an ein Labor oder einen Kunden schicken zu können, der dann die medizinischen oder pharmakologischen Tests an der Zellkultur durchführt. Die Verpackung kann beispielsweise eine Schachtel und gegebenenfalls Dämmmaterial umfassen. Die Verpackung kann auch ein Kühlmittel umfassen.
Um die Zellkultur nach deren Herstellung insbesondere für einen nachfolgenden Transport per Post, oder allgemein gegen mechanische Belastungen und Stöße zu schützen, wird vorgeschlagen, einen die Viskosität der Nährstofflösung erhöhenden Stoff oder einen Stoff mit einer höheren Viskosität als die
Nährstofflösung in das Gefäß hinein zu geben. Gemäß der ersten Alternative kann die Nährstofflösung beispielsweise mit Methylzellulose, Polyethylenglykol oder einem anderen, die Viskosität erhöhenden Stoff, versetzt werden. Gemäß der zweiten Alternative könnte auch eine höher viskose Substanz, wie z. B. eine gelartige Substanz in das Gefäß eingebracht werden. Es könnte aber auch ein Feststoff, wie z. B. ein Körper aus mikrokristalliner Zellulose auf die Zellkultur aufgesetzt werden. Dadurch wird die Zellkultur mechanisch am Boden des Gefäßes festgehalten und kann nur noch schwer zur Seite kippen oder aufschwimmen.
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung werden die Zellen der Zellkultur nicht passagiert, d.h. der Zellrasen wird vorzugsweise nicht abgelöst und die Zellen werden nicht wie im Stand der Technik vereinzelt und danach wieder auf ein anderes Substrat zur erneuten Zellteilung aufgebracht. Die Zellkultur wird vielmehr vorzugsweise durch einen einmaligen Zellteilungs- und Wachstumsprozess aus originären Zellen, d.h. Zellen, die zuvor nicht passagiert worden sind, hergestellt.
Die Zellkultur wird vorzugsweise in demselben Gefäß in dem sie gezüchtet worden ist, verpackt und gegebenenfalls an einen Empfänger verschickt. Sie muss also nicht in ein anderes Gefäß umgefüllt werden.
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird das vorstehend genannte Verfahren an einer Mikrotiterplatte durchgeführt, die eine Vielzahl von Näpfchen aufweist. In jedes der Näpfchen wird ein Substrat aus mikrobiell hergestellter Zellulose eingelegt, eine Nährstofflösung eingefüllt und menschliche oder tierische Zellen auf das Substrat aufgebracht. Danach wachsen und teilen sich die Zellen, bis sie das Substrat wenigstens teilweise bedeckt haben. In den einzelnen Näpfchen der Mikrotiterplatte befindet sich schließlich jeweils ein Teil derselben Zellkultur. Die einzelnen Teilkulturen können dann dazu verwendet werden, denselben oder unterschiedliche medizinische bzw. pharmakologische Tests durchzuführen.
Die Lagerung oder der Transport der Zellkultur erfolgt vorzugsweise bei
Umgebungstemperatur. Ein Einfrieren der Zellkultur, wie bislang üblich, ist nicht erforderlich.
Die gesamte Mikrotiterplatte wird vorzugsweise mit einem hermetischen
Verschluss versehen, wie vorstehend beschrieben. Sie kann schließlich noch verpackt und verschickt werden.
Die Erfindung betrifft auch eine Mikrotiterplatte mit mehreren Näpfchen, die jeweils mit einem aus mikrobieller Zellulose hergestelltem Substrat, das von einer Zellkultur besiedelt ist, befüllt sind. Die Mikrotiterplatte befindet sich
vorzugsweise auf etwa Umgebungstemperatur und wird weder gekühlt noch
erwärmt. Sie könnte zur Aufbewahrung aber auch auf Temperaturen unterhalb der Zimmertemperatur, z. B. auf 5°C bis 10°C abgekühlt werden.
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist in den einzelnen Näpfchen der Mikrotiterplatte ein Stoff enthalten, der auf der Zellkultur angeordnet ist und eine höhere Viskosität aufweist als die Nährstofflösung.
Dadurch wird die Zellkultur mitsamt dem Substrat mechanisch am Boden des Gefäßes festgehalten und kann nur noch schwer zur Seite kippen oder aufschwimmen.
Darüber hinaus betrifft die Erfindung auch noch eine Verwendung einer Zellkultur aus menschlichen oder tierischen Zellen, insbesondere Säugetierzellen, die gemäß einem der vorstehend beschriebenen Verfahren hergestellt wurde, zur Durchführung medizinischer oder pharmakologischer Tests.
Die Erfindung wird nachstehend anhand der beigefügten Zeichnungen beispielhaft näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 a - 1 h verschiedene Zustände eines Verfahrens zum Herstellen einer
Zellkultur aus menschlichen oder tierischen Zellen gemäß einer Ausführungsform der Erfindung; und
Fig. 2 eine Mikrotiterplatte mit mehreren Näpfchen, in denen sich
jeweils eine gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Zellkultur befindet.
Die Figuren 1 a-1 h zeigen verschiedene Zustände eines Verfahrens zum
Herstellen einer Zellkultur 9 aus menschlichen oder tierischen Zellen. Die Zellkultur 9 kann später zum Durchführen medizinischer oder pharmakologischer Tests verwendet werden.
Zum Herstellen der Zellkultur 9 wird zunächst ein Gefäß 1 mit einer
Nährstofflösung 2 befüllt (Fig. 1 a). Als Nährlösung 2 kann beispielsweise das im Biochemical Journal 58 von 1954, Seiten 345-352 beschriebene Nährmedium von Schramm und Hestrin verwendet werden. Die Nährlösung kann z.B. aus 20 g Glukose, 5 g Hefeextrakt, 5 g Bactopepton, 2,7 g Natriumphosphat und 1 ,15 g
Zitronensäure-Monohydrat und 0,5 g Magnesiumsulfat-Heptahydrat in einem Liter Wasser umfassen. Alternativ können auch andere aus dem Stand der Technik bekannte Nährstofflösungen verwendet werden.
Als nächster Schritt wird dann ein aus mikrobieller Zellulose hergestelltes Substrat 3, das beispielsweise die Form eines Plättchens aufweisen kann, in das Gefäß 1 hinein gelegt (Fig. 1 b). Die beiden vorstehend beschriebenen Schritte können auch in umgekehrter Reihenfolge durchgeführt werden. Ein Substrat 3 aus mikrokristalliner Zellulose kann beispielsweise mittels eines Verfahrens hergestellt werden, wie es aus der DE 10 2008 056 413.3 oder der WO 2010 052 019 A2 bekannt ist. Andere Herstellungsverfahren zum Herstellen
mikrokristalliner Zellulose sind aus dem Stand der Technik hinreichend bekannt.
In Fig. 1 c wird schließlich eine Suspension aus menschlichen oder tierischen Zellen 4 in das Gefäß 1 eingebracht. Die auf das Substrat 3 aufgebrachten Zellen können z. B. Stammzellen oder Zellen sein, die aus Stammzellen gewonnen wurden, wie z. B. Leber-, Herz- oder Nierenzellen, oder Zellen anderer Organe, wie z. B. der Haut. Die Zellen 4 können z. B. mit Hilfe eines Verfahrens hergestellt werden, wie es aus der US 02013025983A1 , US 6410320B1 oder der US 7534607B1 bekannt ist. Alternativ können natürlich auch solche Zellen 4 verwendet werden, die direkt einem menschlichen oder tierischen Körper entnommen wurden.
Die auf das Zellulosesubstrat aufgebrachten Zellen 4 sind vorzugsweise solche Zellen, die zuvor nicht bereits passagiert worden sind. Die Zellkultur 9 entsteht also durch einen einmaligen Zellteilungs- und Wachstumsprozess aus originären Zellen, die keinen Dedifferenzierungsprozess durchlaufen haben. D.h., bei den auf das Zellulosesubstrat 3 aufgebrachten Zellen 4 handelt es sich vorzugsweise um Zellen mit einer Passagezahl gleich Null.
Die Zellen 4 sedimentieren dann in der Nährstofflösung 2 und setzen sich auf der Oberfläche des Zellulose-Substrats 3 ab. Bei Temperaturen um die 37°C findet dann ein Teilungs- und Wachstumsprozess statt, wobei sich auf dem Substrat 3 innerhalb weniger Tage ein sogenannter Zellrasen 5 bildet, der das Substrat 3 vollständig bedeckt, wie in Fig. 1 d zu sehen ist.
Sobald der Zellrasen 5 die gewünschte Größe und Dicke erreicht hat, stoppt der Zellteilungs- und Wachstumsprozess. Das Gefäß 1 einschließlich seines Inhalts wird dann auf eine niedrigere Temperatur abgekühlt. Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird das Gefäß auf Raumtemperatur abkühlen gelassen, z. B. auf etwa 18°C bis 25°C. Es hat sich gezeigt, dass die Zellkultur 9 bei diesen Temperaturen über mehrere Wochen hinweg, z. B. über drei, vier oder auch mehr Wochen stabil bleibt und die Zellen insbesondere nicht absterben. An den Zellen können nun je nach Art der Zellen Tests durchgeführt werden, so z.B. Zugabe von Substanzen zur Blutgefäßneubildung an Endothelzellen, die Wirkung möglicher toxischer Substanzen auf Leberzellen, oder die Beeinflussung der Schlagfrequenz von Herzmuskelzellen.
Optional kann in einem weiteren Schritt 1 e ein die Viskosität der Nährstofflösung 2 erhöhendes Mittel 10, wie z.B. Methylzellulose oder Polyethylengykol (PEG) zugefügt werden. Das sich nach dem Hinzufügen des Mittels 10 ergebende
Medium ist in Fig. 1f mit dem Bezugszeichen 1 1 gekennzeichnet.
Anstelle des Mittels 10 oder zusätzlich könnte auch ein Stoff mit einer höheren Viskosität als die Nährstofflösung oder ein Festkörper auf die Zellkultur 9 aufgebracht werden. So könnte z. B. ein weiterer Körper aus mikrokristalliner
Zellulose auf die Zellkultur 9 aufgesetzt werden. Dadurch kann verhindert werden, dass sich das Substrat 3 zusammen mit der Zellkultur 9 vom Boden des Gefäßes 1 abhebt und z. B. zur Seite kippt oder aufschwimmt. In einem weiteren Schritt 1f kann das Gefäß 1 noch mit einem hermetischen
Verschluss 6 abgedichtet werden, um das Austreten bzw. Eindringen von Medium zu verhindern. Bei dem hermetischen Verschluss 6 kann es sich beispielsweise um eine Folie handeln, die z.B. mit dem Gefäß 1 verschweißt oder verklebt werden kann. Wahlweise könnte natürlich auch ein Deckel mit einer Dichtung (nicht gezeigt) vorgesehen sein.
Um die Zellkultur 9 einschließlich des Gefäßes 1 zu verschicken, wird das Gefäß 1 in Schritt 1 g schließlich noch verpackt. Im dargestellten Ausführungsbeispiel ist das Gefäß 1 in einer Schachtel 12 eingepackt und zusätzlich durch einen Füllstoff 13 gegenüber mechanischen Stößen und Beschädigungen geschützt.
Gemäß der Erfindung wird die Zellkultur 9 vorzugsweise in demselben Gefäß 1 verschickt, in dem sie auch kultiviert worden ist.
Aus den einzelnen Verfahrensschritten 1 a bis 1 g wird deutlich, dass es nicht erforderlich ist, die Zellen der Zellkultur 9 zu passagieren, d.h. der Zellrasen 5 wird nicht vom Substrat 3 abgelöst, und die Zellen werden nicht vereinzelt und danach wieder auf ein anderes Substrat zur erneuten Zellteilung aufgebracht. Die Zellkultur 9 wird vielmehr in einem einzigen Wachstums- und Zellteilungsprozess hergestellt.
In Fig. 1 h ist schließlich noch dargestellt, wie eine zu testende Substanz 14 auf die Zellkultur 9 aufgebracht wird, während sich die Zellkultur 9 weiterhin auf dem Substrat 3 befindet. Die Reaktion der Zellen auf die Substanz wird dann diagnostiziert.
Fig. 2 zeigt eine Mikrotiterplatte 8 mit mehreren Näpfchen 7, die jeweils als Gefäß 1 entsprechend der Figuren 1 a bis 1 g dienen. In jedem der Näpfchen 7 befindet sich ein Substrat 3 aus mikrokristalliner Zellulose, das von einer Zellkultur 9 besiedelt ist. Die Herstellung der Zellkulturen 9 kann dabei entsprechend der in den Figuren 1 a bis 1 d gezeigten Verfahrensschritte gleichzeitig hergestellt werden.
Nachdem die einzelnen Zellkulturen 9 die gewünschte Größe erreicht haben, wird die Mikrotiterplatte 8 auf Raumtemperatur abgekühlt und z. B. mittels einer Folie 6 verschlossen, wie in Fig. 1f dargestellt ist. In jedem der Näpfchen 7 befindet sich dann ein Teil derselben Zellkultur.
Sofern die Mikrotiterplatte 8 verschickt werden soll, wird sie in einem weiteren Schritt entsprechend Fig. 1 g verpackt. Der Kunde erhält somit eine
Mikrotiterplatte mit einer fertigen, über viele Wochen stabilen Zellkultur 9, an der er die gewünschten medizinischen oder pharmakologischen Tests durchführen kann.