Verfahren und Unterstützungssystem zum Unterstützen eines Fahrers eines Kraftfahrzeuges sowie Messverfahren und Messsystem zum Bestimmen eines mentalen Zustan- des eines Fahrers eines Kraftfahrzeuges
Beschreibung
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Unterstützen eines Fahrers eines Kraftfahrzeuges gemäß Anspruch 1 , ein entsprechendes Unterstützungssystem gemäß Anspruch 9, ein Messverfahren zum Bestimmen eines mentalen Zustandes eines Fahrers eines Kraftfahrzeuges gemäß Anspruch 10 sowie eine entsprechende Messsystem nach Anspruch 17.
Aus dem Stand der Technik sind Assistenzsysteme für Kraftfahrzeuge bekannt, die z.B. Funktionen des Fahrzeugs steuern und/oder einen Fahrer des Kraftfahrzeuges vor kritischen Fahrsituationen warnen. Eine Gefahr, die das Vorhandensein einer Vielzahl von Assistenzsystemen in einem Fahrzeug mit sich bringt, besteht darin, dass der Fahrer sich zu sehr auf die Assistenzsysteme verlässt und/oder nicht adäquat auf Informationen, die die Assistenzsysteme bereitstellen, reagiert.
Das von der Erfindung zu lösende Problem besteht darin, die Sicherheit eines Kraftfahrzeuges zu verbessern.
Dieses Problem wird durch das Verfahren mit den Merkmalen gemäß Anspruch 1 , das entsprechendes Unterstützungssystem mit den Merkmalen des Anspruchs 9, das Messverfahren gemäß Anspruch 10 sowie durch das entsprechende Messsystem mit den Merkmalen des Anspruchs 17 gelöst. Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.
Danach wird ein Verfahren zum Unterstützen eines Fahrers eines Kraftfahrzeuges bereitgestellt, das die folgenden Schritte aufweist:
Messen mindestens eines Wertes mindestens eines mit dem mentalen Zustand des Fahrers korrelierten Vitalparameters des Fahrers und/oder mindestens eines Wertes mindestens einer mit dem mentalen Zustand des Fahrers korrelierten Fahrdynamikgröße;
Klassifizieren des mentalen Zustands des Fahrers anhand des gemessenen Wertes des Vitalparameters oder der Fahrdynamikgröße; und
Erzeugen eines vom Fahrer wahrnehmbaren Signals durch ein Fahrerassistenzsystem des Kraftfahrzeuges, wobei das Signal aus einer Mehrzahl verschiedener Signale in Abhängigkeit von der Klassifizierung des mentalen Zustands des Fahrers ausgewählt wird, oder Unterdrücken eines Signals des Fahrerassistenzsystems und/oder Auswählen mindestens eines Fahrzeugparameters in Abhängigkeit von der Klassifizierung des mentalen Zustands des Fahrers.
Das erfindungsgemäße Verfahren sieht demnach vor, dass eine Signalisierung des Fahrzeugs, z.B. eine Signalisierung eines Fahrerassistenzsystems, den mentalen Zustand des Fahrers berücksichtigt; insbesondere wird ein individueller mentaler Zustand berücksichtigt, bei dem es sich z.B. um einen Unter- oder Überforderungszustand, einen emotionalen Zustand (z.B. starke positive oder negative Erregung) oder einen sonstigen Zustand reduzierter Aufmerksamkeit handelt. Möglich ist auch, dass der mentale Zustand von der Intention des Fahrers bestimmt wird. Das Klassifizieren des mentalen Zustands erfolgt insbesondere anhand von individuell festgelegten Grenzwerten für die Werte des Vitalparameters oder der Fahrdynamikgröße (s.u.).
Bei dem Signal und/oder dem Fahrzeugparameter handelt es sich z.B. um ein Signal oder einen Parameter einer Sicherheitseinrichtung, eines Fahrerassistenzsystems (wie bereits erwähnt), einer Einrichtung zum Beeinflussen der Fahrdynamik und/oder eines Komfortsystems des Fahrzeugs.
In Abhängigkeit von dem ermittelten mentalen Zustand des Fahrers kann z.B. ein Signal (etwa ein vom Fahrer wahrnehmbares Signal, z.B. ein optisches, akustisches und/oder haptisches Signal) eines Assistenzsystems des Fahrzeugs ausgewählt werden, das der Fahrer nicht als störend
empfindet oder dessen Informationsgehalt er möglichst schnell und korrekt erfassen kann. Warnungen an den Fahrer können somit seinem aktuellen mentalen Zustand entsprechend ange- passt werden, wobei z.B. bei einem schon als gestresst determinierten Fahrer die Warnungen stark zurückgefahren und etwa nur bei hoher Dringlichkeit ausgelöst werden. Denkbar ist auch, dass etwa bei einem erfassten mentalen Zustand, der einem Zustand erhöhten Stresses, d.h. einem Überforderungszustand, entspricht, eine Signalisierung des Assistenzsystems oder eines sonstigen Systems des Fahrzeugs ganz unterdrückt wird.
Es wird angemerkt, dass die Formulierung, dass das vom Fahrer wahrnehmbare Signal in Abhängigkeit von der Klassifizierung„ausgewählt" wird, insbesondere bedeutet, dass aus einer Mehrzahl zur Verfügung stehenden Signalen (Signalisierungen) eine adäquate Signalisierung ausgewählt wird. Beispielsweise umfassen die zur Verfügung stehenden Signale die erwähnten optischen, akustischen und/oder haptischen Signale, wobei sich die verschiedenen zur Verfügung stehenden Signale insbesondere auf dieselbe Funktion des Fahrzeugs beziehen und somit insbesondere dieselbe Information transportieren (etwa einen Warnhinweis). Denkbar ist auch, dass jeweils mehrere Varianten von Signalen einer Art bereitstehen, z.B. mehrere optische Signale, worunter sich z.B. ein erstes optisches Signal befindet, das den fokalen visuellen Wahrnehmungskanal des Fahrers anspricht (etwa ein eher statisches Signal), und ein zweites optisches Signal, das den ambienten Wahrnehmungskanal des Fahrers anspricht (etwa ein eher dynamisches Signal).
Anstelle des Auswählens eines Signals kann eine Signalisierung des Fahrzeugs auch unterdrückt werden, d.h. eine Signalisierung, die unter Standardbedingungen erfolgt wäre, wird unterbunden. Unter„Standardbedingungen" ist insbesondere ein Zustand zu verstehen, der einem Fahrzeug ohne die erfindungsgemäße Klassifizierung entspricht oder einem normalen mentalen Zustand des Fahrers, d.h. insbesondere, dass sich der Fahrer in einem angemessen aufmerksamen Zustand befindet. Insbesondere beinhaltet das Unterdrücken der Signalisierung, dass das Fahrzeug zwar ein Signal (insbesondere ein elektrisches Signal) generiert, das z.B. anzeigt, dass eine Reaktion des Fahrers erwartet wird (etwa ein Hinweis auf zu geringen Reifendruck), eine durch den Fahrer wahrnehmbare Signalisierung jedoch unterbleibt.
Ebenso könnten bei einer festgestellten höheren mentalen Beanspruchung des Fahrers Komfortsysteme in den Hintergrund geschaltet werden, um zusätzliche Reize der Wahrnehmung des
Fahrers zu reduzieren. Dabei kann eine entsprechend ausgelegte Rückmeldung an den Fahrer erfolgen und eine Möglichkeit bereitgestellt werden, gewünschte Systeme auf möglichst einfache Weise wieder zuschalten zu können. Bei einer Veränderung von Parametern eines Komfortsystems spielt z.B. die Erkennung einer Intention des Fahrers eine Rolle. Deshalb können bei der Klassifizierung des mentalen Zustandes Daten (z.B. aus einem Terminkalender) aus einem Fahrzeugcomputer einfließen, z.B. um die Art der Fahrt und einen etwaigen Termindruck des Fahrers zu determinieren.
Darüber hinaus kann in Abhängigkeit von der vorgenommenen Klassifizierung des mentalen ZuStandes des Fahrers, z.B. wenn ein Zustand deutlicher Überforderung oder Unterforderung festgestellt wird, ein Fahrzeugparameter verändert werden. Beispielsweise können die Fahrdynamik des Fahrzeugs oder sonstige Größen (etwa die Höchstgeschwindigkeit) des Fahrzeugs verändert werden. Denkbar ist auch, dass Parameter eines (z.B. passiven) Sicherheitssystems des Fahrzeugs verändert werden. Beispielsweise könnte der Zeitpunkt des Aktivierens eines Gurtstraffers eines Sicherheitsgurtsystems und/oder des Auslösens eines Airbags des Fahrzeugs verändert (z.B. vorverlegt) werden. Möglich ist auch, dass ein Pre-Crash-System zu einem anderen (insbesondere früheren) Zeitpunkt ausgelöst wird, wobei z.B. ein aufblasbares Element des Pre-Crash- Systems aktiviert und/oder der Bremsdrucks zu einem veränderten Zeitpunkt erhöht und/oder ein automatisches Abbremsen des Fahrzeugs eingeleitet wird.
Darüber hinaus können auch Parameter eines aktiven Sicherheitssystems (etwa eines ESP-Sys- tems) des Fahrzeugs abhängig von der Klassifizierung des mentalen Zustands verändert werden, z.B. auf eine höhere, vorsichtigere Aufmerksamkeitsstufe geschaltet werden. Dies ermöglicht z.B. auch eine bessere Vermeidung von Fehlalarmen, also fälschlich ausgelösten Warnmeldungen, da erkannt werden kann, ob eine Fahrsituation vom Fahrer bewusst herbeigeführt wurde oder ungewollt entstanden und somit kritisch ist.
Denkbar ist auch, dass basierend auf der Klassifizierung des mentalen Zustand des Fahrers feststellt wird, ob und wenn ja in welchem Maße der Fahrer eine Automatisierung des Fahrens wünscht. In manchen Situationen möchte ein Fahrer gezielt Aufgaben abgeben, in anderen aber auch gern selbst das Auto führen und diese Fahrt genießen. Das Bestimmen (die Klassifizierung)
des mentalen Zustands des Fahrers ermöglicht z.B. das bessere Erkennen, was vom Fahrer erwünscht ist, und somit z.B. fließendere Übergänge zwischen unterschiedlichen Stufen einer Fahrautomatisierung.
Das erfindungsgemäße Verfahren kann zudem ein energieeffizientes Fahren fördern. Dies wird z.B. ermöglicht durch das Einbeziehen von Umweltfaktoren und z.B. einer Fahrzeug-zu-Fahr- zeug-Kommunikation („Car-2-X-Kommunikation"). Beispielsweise kann erkannt werden, inwiefern eine grüne Ampel noch überfahren werden kann, oder besser eine frühe, langsame Bremsung - natürlich unter Berücksichtigung des Verkehrsflusses - eingeleitet werden soll. Durch die Klassifizierung des Fahrerzustandes könnte zudem eine verbesserte Reaktion auf andere Verkehrsteilnehmer ermöglicht werden. Denkbar wäre auch, zu erkennen, welche Fahrer auf einer vorgebbaren Route gestresst sind, und den Verkehr dementsprechend umzuleiten oder besondere Rücksicht gegenüber diesen Fahrern walten zu lassen.
Gemäß einer Ausgestaltung der Erfindung werden für den Vitalparameter und/oder der Fahrdynamikgröße, die zur Klassifizierung des mentalen Zustandes des Fahrers herangezogen werden, jeweils ein in mindestens einen ersten und einen zweiten Klassifizierungsbereich unterteilter zu erwartender Wertebereich bestimmt, wobei die Klassifizierungsbereiche jeweils unterschiedlichen mentalen Zuständen des Fahrers entsprechen und der gemessene Wert des Vitalparameters oder der Fahrdynamikgröße dem ersten oder dem zweiten Klassifizierungsbereich zugeordnet werden. Die Unterteilung der Wertebereich erfolgt insbesondere individuell (bezogen auf einen bestimmten Fahrer), wobei, wie oben bereits angesprochen, individuelle Klassengrenzwerte festgelegt werden, die die Klassifizierungsbereiche voneinander abgrenzen. Die Festlegung der Klassengrenzwerte kann durch Kalibrierung der zur Bestimmung des Vitalparameters und/oder der Fahrdynamikgröße verwendeten Messvorrichtung auf einen bestimmten Fahrer erfolgen. Beispielsweise kann die Kalibrierung z.B. regelmäßig aktualisiert werden.
Beispielsweise entspricht der dem ersten Klassifizierungsbereich zugeordnete mentale Zustand einer Unterforderung des Fahrers und der dem zweiten Klassifizierungsbereich zugeordnete mentale Zustand des Fahrers einer Überforderung des Fahrers. Möglich ist natürlich auch, dass den Klassifizierungsbereichen andere mentale Zustände (s.o.) zugeordnet werden. Natürlich können auch mehr als zwei Klassifizierungsbereiche verwendet werden, um eine möglichst genaue Klassifizierung des mentalen Zustands zu ermöglichen.
Gemäß einer Weiterbildung dieser Ausgestaltung der Erfindung erfolgt das Auswählen einer Signalisierung (eines Signals) dadurch, dass dem ersten Klassifizierungsbereich mindestens ein erstes von dem Fahrer wahrnehmbares Signal und dem zweiten Klassifizierungsbereich mindestens ein zweites von dem Fahrer wahrnehmbares Signal zugeordnet ist (wobei das erste Signal von dem zweiten Signal verschieden ist), wobei das erste Signal erzeugt wird, wenn der gemessene Wert des Vitalparameters dem ersten Klassifizierungsbereich zugeordnet wurde, und das zweite Signal erzeugt wird, wenn der gemessene Wert des Vitalparameters dem zweiten Klassifizierungsbereich zugeordnet wurde. Wie oben bereits angedeutet, kann es sich bei dem ersten und dem zweiten Signal um unterschiedliche Arten Signalen oder um Varianten derselben Signalart handeln, etwa jeweils um ein optisches Signal, z.B. um ein erstes Signal, das den fokalen visuellen Wahrnehmungskanal des Fahrers anspricht bzw. um ein zweites Signal, das den ambienten Wahrnehmungskanal des Fahrers anspricht.
Der Wert des Vitalparameters wird z.B. durch Bestimmen der elektrodermalen Aktivität, mittels eines Elektrokardiogramms, einer Blickbewegungsmessung und/oder einer pupillometrischen Messung bestimmt wird. Bei der ggf. erfassten Fahrdynamikgröße handelt es sich z.B. um eine Beschleunigung des Fahrzeugs, die z.B. mit Sensoren eines ESP-Systems des Fahrzeugs bestimmt wird. Des Weiteren können z.B. eine Standardabweichung von der lateralen Position, eine Anzahl von Lenkbewegungen, eine mittlere Differenz zwischen einer erlaubten und der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit und/oder ein Lenkwinkel als Fahrdynamikgrößen verwendet werden.
Die Erfindung betrifft auch ein Unterstützungssystem zum Unterstützen eines Fahrers eines Kraftfahrzeuges, insbesondere zum Durchführen eines wie oben beschriebenen Verfahrens, mit
- einer Messvorrichtung zum Messen mindestens eines Wertes mindestens eines mit dem mentalen Zustand des Fahrers korrelierten Vitalparameters des Fahrers und/oder mindestens eines Wertes mindestens einer mit dem mentalen Zustand des Fahrers korrelierten Fahrdynamikgröße;
- einer Klassifizierungsvorrichtung zum Klassifizieren des mentalen Zustands des Fahrers anhand des gemessenen Wertes des Vitalparameters oder der Fahrdynamikgröße; und
- einer Vorrichtung zum Auswählen eines vom Fahrer wahrnehmbaren Signals oder Unterdrücken einer Signalisierung des Fahrzeugs und/oder Auswählen mindestens eines Fahrzeugparameters in Abhängigkeit von der Klassifizierung des mentalen Zustands des Fahrers.
Gemäß einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung ein Messverfahren zum Bestimmen eines mentalen Zustandes eines Fahrers eines Kraftfahrzeuges, mit den Schritten:
a) Erzeugen eines von dem Fahrer wahrnehmbaren ersten Signals, das dem Fahrer signalisiert, dass von ihm eine erste Handlung erwartet wird;
b) Erzeugen eines von dem Fahrer wahrnehmbaren zweiten Signals, das dem Fahrer signalisiert, dass von ihm eine zweite vorgegebene Handlung erwartet wird, wobei das erste Signal von dem zweiten Signal und/oder die erwartete erste Handlung verschieden ist von der erwarteten zweiten Handlung; und
c) Messen mindestens eines Wertes mindestens eines mit dem mentalen Zustand des Fahrers korrelierten Vitalparameters des Fahrers und/oder mindestens eines Wertes mindestens einer mit dem mentalen Zustand des Fahrers korrelierten Fahrdynamikgröße während des Erzeu- gens des ersten Signals und/oder des Vornehmens der ersten Handlung durch den Fahrer sowie während des Erzeugens des zweiten Signals und/oder des Vornehmens der zweiten Handlung durch den Fahrer.
Das Messverfahren kann insbesondere dazu dienen, die mentale Belastung, die auf einen Fahrer durch Signalisierungen des Fahrzeugs (insbesondere eines Fahrerassistenzsystems) entsteht, zu bestimmen. Denkbar ist, das oben beschriebene erfindungsgemäße Unterstützungsverfahren auf Basis dieser Messungen durchzuführen, wobei etwa verschiedenen mentalen Zuständen eines Fahrers jeweils adäquate Fahrerassistenzsystemsignale (oder Signale eines anderen Fahrzeugsystems) zugeordnet werden, von denen in Abhängigkeit von der mit dem erfindungsgemäßen Unterstützungsverfahren vorgenommenen Klassifizierung des mentalen Zustandes des Fahrers eines ausgewählt wird.
Sollten die mit Hilfe des erfindungsgemäßen Messverfahrens durchgeführten Messungen z.B. ergeben, dass ein optisches Signal, das vorwiegend den fokalen visuellen Wahrnehmungskanal des Fahrers anspricht, ein geringere Belastung des Fahrers erzeugt als andere Signale (z.B. als ein visuell wahrnehmbares Signal, das den ambienten Wahrnehmungskanal des Fahrers an-
spricht), könnte einem mentalen Überforderungszustand ein derartiges optisches Signal zugeordnet werden, um eine möglichst geringe zusätzliche mentale Belastung des Fahrers zu erzeugen.
Das Messverfahren wird insbesondere mit Hilfe eines Fahrsimulators durchgeführt, der unterschiedliche Signale, wie sie z.B. typischerweise von Fahrerassistenzsystemen erzeugt werden, generieren kann. Beispielsweise handelt es sich bei dem ersten und/oder dem zweiten Signal des Messverfahrens um ein von dem Fahrer visuell, auditiv, taktil und/oder olfaktorisch wahrnehmbares Signal. Es wird darauf hingewiesen, dass das erste und das zweite Signal durchaus aus einer Sprachinformation bestehen kann, die einer Testperson übermittelt wird; z.B. eine ihm etwa akustisch (z.B. per Lautsprecher) oder visuell (etwa per Anzeige auf einem Display) übermittelte Aufgabenstellung.
Darüber hinaus können die Schritte a) bis c) mehrfach durchgeführt werden, wobei die Art des ersten Signals und/oder die Art des zweiten Signals bei jeder Durchführung verschieden sind. Die Wiederholungen dienen dazu, die mentale Belastung von einer Mehrzahl von Kombinationen der Signale zu bestimmen. Beispielsweise erfolgen mindestens zwei Durchführungen der Schritte a) bis c), wobei bei der ersten Durchführung als erstes und/oder zweites Signal ein visuell wahrnehmbares Signal und bei der zweiten Durchführung ein akustisches Signal verwendet wird. Denkbar ist auch, dass bei der ersten Durchführung als erstes und/oder zweites Signal eines ersten Typs und bei der zweiten Durchführung ein visuell wahrnehmbares Signal eines zweiten Typs verwendet wird. Gemäß einer Weiterbildung dieser Variante handelt es sich bei dem bei dem visuell wahrnehmbares Signal des ersten Typs um ein Signal, das den fokalen visuellen Wahrnehmungskanal des Fahrers anspricht, und bei dem visuell wahrnehmbares Signal des zweiten Typs um ein Signal, das den ambienten Wahrnehmungskanal des Fahrers anspricht. Denkbar ist natürlich z.B. auch, dass unterschiedliche akustische Signale verwendet werden. Mögliche Signale und mögliche Arten von zu erwartenden Handlungen sind unten in Tabelle 1 zusammengestellt.
Der Wert des mindestens einen Vitalparameters wird z.B. durch Bestimmen der elektrodermalen Aktivität, mittels eines Elektrokardiogramms, einer Blickbewegungsmessung und/oder einer pu- pillometrischen Messung bestimmt. Die herangezogenen Vitalparameter des Fahrers sind entsprechend z.B. die Folgenden:
- eine elektrodermale Aktivität (EDA);
- mit Hilfe eines Elektrokardiogramms (EKG) bestimmte Größen wie nicht-spezifische Fluktuationen, ein tonisches Level, die Herzrate, die Herzratenvariabilität (0.1 -Komponente), wobei auch ein Referenz EDA und EKG (nicht-spezifische Fluktuationen, tonisches Level, Herzrate, Herzratenvariabilität (0.1 -Komponente) bestimmt werden kann;
- mit Hilfe einer Blickbewegungsmessung bestimmte Größen wie Blickrichtung, Fixationsanzahl auf bestimmten Zielgebieten („Areas of interest" - AOI), Fixationsdauer auf AOI, Fixationsort, Sakkadenanzahl, Sakkadendauer, Lidschlussfrequenz;
- mit Hilfe der Pupillometrie bestimmte Größen wie die Amplitude der Veränderungen in phasischen Pupillenerweiterungen (z.B. zwischen 0,1 - 0,6 mm),„Index of cognitive activity (ICA)" - Index der kognitiven Aktivität
Einige der o.g. Vitalparameter können mittels einer Messvorrichtung bestimmt werden, die in ein Lenkrad eines Fahrzeugs integriert ist. Beispielweise umfasst die Messvorrichtung mindestens eine Elektrode, die an einem Lenkradkranz des Lenkrades angeordnet ist.
Bei der mindestens einen mit dem mentalen Zustand des Fahrers korrelierten Fahrdynamikgröße handelt es sich z.B. um eine Standardabweichung von der lateralen Position, die Anzahl der Lenkbewegungen, die mittlere Differenz zwischen einer erlaubten und der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit und/oder den Lenkwinkel. Bei Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens mit Hilfe eines Fahrsimulator ergeben sich diese Größen aus den Fahrsimulatordaten.
Da eine Anzahl von unterschiedlichen Einflussparametern (Kovariabeln) das Ergebnis des Messverfahrens beeinflussen können, werden diese z.B. ebenfalls erfasst und kontrolliert. Beispielsweise werden folgende Kovariabeln der Testfahrer (Testpersonen) untersucht: Geschlecht, Alter, Fahrerfahrung, ggf. Simulatorerfahrung, letzte Handwäsche, letzte sportliche Aktivität, Drogen- und Koffeinkonsum, aktueller mentaler Zustand (z.B. müde oder erholt), Uhrzeit, Temperatur, Lärm, Fahrbahnbeschaffenheit, Straßenzustand, Jahreszeit, Luftfeuchtigkeit, Wind, Fahrzeugtyp und/oder Verkehrsdichte.
Die Durchführung des Messverfahrens erfolgt beispielweise folgendermaßen: Es werden EDA & EKG Messsonden an die Testperson angelegt. Um sog.„non-responder" (ca. 5% der Bevölkerung), also Personen, bei denen sich kein EDA-Signal erfassen lässt, zu identifizieren, werden
die Testpersonen aufgefordert, einen tiefen Atemzug zu nehmen und den Atem anzuhalten. Damit wird ebenfalls ein Basislevel von EDA und EKG erzeugt und gemessen.
Darauf folgend werden z.B. zwei Fragebögen ausgefüllt (z.B. gemäß„NASA Task Load Index" - NASA-TLX - NASA-Belastungsindex und/oder„SAM" - Self-Assessment Manikin - Selbstein- schätzungs-Manikin), um die Grundbeanspruchung und das allgemeine Erregtheitslevel der Testperson zu erfassen. Dann wird der Testperson beispielsweise ein demographischer Fragebogen vorgelegt, insbesondere um die oben bereits erwähnten Kovariabeln Geschlecht, Alter, Fahrerfahrung, Simulator Erfahrung, letzte Handwäsche, letzte sportliche Aktivität, Drogen- und Koffeinkonsum und den aktuellen mentalen Zustand zu erfassen. Der Versuchsleiter füllt derweil einen Versuchsprotokollbogen zu Uhrzeit, Temperatur, Lärm, Fahrbahnbeschaffenheit, Straßenzustand, Jahreszeit, Luftfeuchtigkeit Wind und Fahrzeugtyp aus. Die Verkehrsdichte und eventuell auftretende Lärmstörungen werden während des Versuchs protokolliert.
Daraufhin werden eine Blickbewegungsmessungsapparatur und eine Pupillometrieapparatur kalibriert. Danach wird den der Testperson etwa ermöglicht, im Fahrsimulator oder im Realfahrzeug Probe zu fahren. Nach einiger Übungszeit wird ein Basislevel der Fahrleistung und der betreffenden Fahrdynamikgrößen erfasst. Bei der eigentlichen Durchführung einer Messung kommen je nach Zielrichtung der Messung unterschiedliche Aufgaben, d.h. vom Fahrer (von der Testperson) erwartete Handlungen zum Tragen. Die Aufgaben sind insbesondere dazu ausgelegt, unterschiedliche Input- und Outputmodalitäten der Wahrnehmung der Testperson zu prüfen.
Des Weiteren kann zwischen der Überprüfung einer reinen Reaktionsleistung (z.B. die Anforderung,„Ja" zu sagen, wenn ein Stimuli in Form des ersten Signals präsentiert wird) und den unterschiedlichen Ebenen einer kognitiv beanspruchenden Aufgabe (z.B. leicht, mittel und schwer) unterschieden werden. Aufgaben, die nicht unmittelbar relevant für die Fahraufgabe (d.h. die „erste Handlung") sind, werden als Sekundäraufgaben („zweite Handlung") bezeichnet. Sekundäraufgaben dienen dazu, durch unterschiedliche Beanspruchungsgrade (d.h. insbesondere durch Ausgestaltungen des„zweiten Signals") die Inanspruchnahme des Fahrers in den Fahrdaten durch seine Fahrleistung deutlich zu machen.
Es können z.B. die in der folgenden Tabelle 1 zusammengestellten ersten und zweiten Signale bzw. erste und zweite Handlungen verwendet werden, die zur Erfassung einer mentalen Beanspruchung insbesondere miteinander kombiniert werden:
Im Fall von Nr. 1 wird der Testperson ein visueller Reiz als erstes wahrnehmbares Signal (z.B. eine aufleuchtende LED) dargeboten, auf den die Testperson verbal (z.B. mit„Ja") reagieren soll
("erwartete erste Handlung"). Im zweiten Fall wird der Testperson ebenfalls ein visueller Reiz als erstes wahrnehmbares Signal (z.B. ebenfalls eine aufleuchtende LED) dargeboten, auf den sie motorisch (z.B. durch Drücken einer Taste) reagieren muss. Im dritten Fall wird der Testperson eine kognitive Aufgabe gestellt und zwar mittels eines visuellen zweiten Signals (z.B. eine Anzeige auf einem Display), die sie verbal („erwartete zweite Handlung"), z.B. durch Richtungsanweisungen, erledigen muss.
Im vierten Fall wird der Testperson z.B. ebenfalls auf einem Display eine kognitive Aufgabe geben, die sie durch Bedienung über Tasten oder direkt auf einem Touchdisplay motorisch bearbeiten kann. Im fünften Fall muss die Testperson auf ein ersten Signal in Form eines akustischen Reizes (über Lautsprecher) verbal (z.B. mit„Ja") reagieren, im sechsten Fall motorisch durch das Drücken einer Taste. Im siebten Fall wird der Testperson mittels eines zweiten Signals in Form eines akustischen Signals (ebenfalls über Lautsprecher) eine Aufgabe dargeboten, die sie durch verbales Beantworten bearbeiten muss (beispielsweise soll die Lösung der Aufgabe gesprochen werden).
Im achten Fall wird der Testperson wiederum mittels eines zweiten Signals in Form eines akustischen Signals akustisch (über Lautsprecher) eine Aufgabe dargeboten, deren Lösung sie über ein Display mittels Tasten oder einer Touchoberfläche eingeben soll („erwartete zweite Handlung"). Im neunten Fall wird ein Reiz („erstes Signal") gleichzeitig visuell und akustisch dargeboten (z.B. erscheint eine Anzeige auf einem Display und es erfolgt gleichzeitig eine Anweisung per Lautsprecher), wobei die Testperson auf dieses erste Signal verbal (z.B. mit„Ja") reagieren soll.
Im zehnten Fall wird ebenfalls ein visuell und akustisches erstes Signal dargeboten (z.B. erscheint wieder eine Anzeige auf einem Display und es erfolgt zudem eine Anweisung per Lautsprecher), wobei die Testperson darauf motorisch (z.B. durch Drücken einer Taste) reagieren soll. Im elften Fall wird eine Aufgabe durch ein zweite Signal in Form eines sowohl visuellen als auch akustischen Signals dargeboten (z.B. durch die erwähnte Kombination einer Anzeige auf einem Display und einer Anweisung per Lautsprecher), wobei die erwartete zweite Handlung darin besteht, dass die Testperson die Lösung der Aufgabe laut sagen soll. Im zwölften Fall wird eine Aufgabe gleichzeitig ebenfalls visuell und akustisch dargeboten, wobei die Testperson die Lösung der Aufgabe als erwartete zweite Handlung über Tasten oder direkt auf einem berührungsempfindlichen Dis-
play (Touchdisplay) motorisch eingeben soll. Wie erwähnt, können die in der Tabelle zusammengestellten Varianten miteinander kombiniert werden. Insbesondere können die dort enthaltenen ersten Signale und ersten Handlungen mit den in der Tabelle genannten zweiten Signalen und zweiten Handlungen kombiniert werden. Die zweiten Signale werden insbesondere zeitlich nach den ersten Signalen erzeugt.
Die akustischen ersten und/oder zweiten Signale können z.B. in Form der folgenden akustisch bzw. visuell übermittelten Aufgabenstellungen ausgestaltet sein (Tabelle 2):
Die Art der mittels des es ersten und/oder zweiten Signals übermittelten Aufgabenstellung besteht entweder in einer lediglich eine Reaktion der Testperson erfordernden oder einer mental beanspruchenden Aufgabe (kognitiv). Die„N-back"-Aufgabe ist eine spezifische Beanspruchungsaufgabe, die eine leichte, mittlere und schwere Stufe hat. Dabei muss in der leichten Stufe eine Versuchsperson eine Zahl wiederholen, die ihm in der akustischen Modalität präsentiert wurde (Beispiel: Präsentation = 3, Versuchsperson antwortet„3"), in der mittleren muss die Versuchsperson die Zahl nennen, die vor der letzten Zahl präsentiert wurde (Beispiel: Präsentation = 3 - 5 - 2 - 1 , Versuchsperson antwortet„-",„3",„5",„2"), dies schließt also Gedächtnisaufwand mit ein, und in der schweren Stufe muss die Versuchsperson die Zahl nennen, die vor der vorletzten Zahl präsentiert wurde (Beispiel: Präsentation = 3 - 5 - 2- 1 , Versuchsperson antwortet„-",„-",
„N-Back mit Schnittstelleninteraktion" bedeutet, dass die Testperson nicht verbal antwortet, sondern per Eingabemittel (z.B. Schalter oder Touchscreen) die Zahl auswählt und damit manuell über eine Schnittstelle (zu einer Maschine) ausgibt. Deshalb entspricht dies der Ausgabemodalität„motorisch" in Tabelle 1 .
Die Aufgaben werden der Testperson entweder akustisch (insbesondere per Lautsprecherdurchsage), visuell (insbesondere per Anzeige auf einem Display) oder akustisch-visuell (insbesondere sowohl per Lautsprecher als auch über eine Anzeige auf einem Display) übermittelt.
Die per erstem und/oder zweitem Signal übermittelten Aufgaben werden z.B. mit der Testperson ausreichend geübt, bis sie vollständig verstanden und beherrscht werden, um Lerneffekte oder Missverständnisse auszuschließen. Ziel dabei ist es insbesondere, die genauen individuellen Muster bei unterschiedlichen Beanspruchungen des Fahrers zu klassifizieren. Mit individuellem Mustern sind die Ausprägungen der Beanspruchungen in den physiologischen Daten (EDA, EKG, Blickbewegung, Pupillometrie) gemeint, die je nach Individuum starken Schwankungen unterliegen. Es ist Ziel, anhand dieser Muster die Fahrfähigkeit zu erkennen und eine dementsprechend passende Anpassung des Fahrzeugs (Assistenzsysteme und Komfortfunktionen) vorzunehmen, wie oben in Bezug auf den ersten Erfindungsaspekt beschrieben. Das erfindungsgemäße Messverfahren könnte daher auch in einem Serienfahrzeug implementiert sein.
Am Ende der Testung (d.h. nach Beendigung des erfindungsgemäßen Messverfahrens, insbesondere nach Beendigung mehrerer Durchläufe des erfindungsgemäßen Messverfahrens) kann zudem die maximal mögliche Spannweite des EDA-Signals getestet werden. Dies kann etwa durch die sogenannte„Shockpattern-Methode" durchgeführt werden, wobei z.B. durch einen lauten Knall (z.B. in dem der Versuchsleiter auf den Tisch schlägt) eine unwillkürliche Reaktion der Testperson hervorgerufen wird. Selbstverständlich muss eine Methode gewählt werden, die schadensfrei und harmlos für den Probanden ist. Am Ende des Messverfahrens füllt die Testperson z.B. nochmals die Fragebögen NASA-TLX und SAM aus.
Die Erfindung betrifft auch Messsystem zum Bestimmen eines mentalen Zustandes eines Fahrers eines Kraftfahrzeuges, mit
- einer Erzeugungsvorrichtung zum Erzeugen eines von dem Fahrer wahrnehmbaren ersten Signals, das dem Fahrer signalisiert, dass von ihm eine erste Handlung erwartet wird, und
zum Erzeugen eines von dem Fahrer wahrnehmbaren zweiten Signals, das dem Fahrer signalisiert, dass von ihm eine zweite vorgegebene Handlung erwartet wird, wobei das erste Signal von dem zweiten Signal und/oder die erwartete erste Handlung verschieden ist von der erwarteten zweiten Handlung; und
- einer Messvorrichtung zum Messen mindestens eines Wertes mindestens eines mit dem mentalen Zustand des Fahrers korrelierten Vitalparameters des Fahrers und/oder mindestens eines Wertes mindestens einer mit dem mentalen Zustand des Fahrers korrelierten Fahrdynamikgröße während des Erzeugens des ersten Signals und/oder des Vornehmens der ersten Handlung durch den Fahrer sowie während des Erzeugens des zweiten Signals und/oder des Vornehmens der zweiten Handlung durch den Fahrer.
Das erfindungsgemäße Messsystem ist insbesondere Teil eines Fahrsimulators oder arbeitet mit einem Fahrsimulator zusammen. Denkbar ist allerdings auch, dass das Messsystem in einem Fahrzeug (z.B. auch in einem Serienfahrzeug) angeordnet ist. In beiden Fällen kann die Messvorrichtung des Messsystems in ein Lenkrad integriert sein. Denkbar ist z.B., dass in das Lenkrad Elektroden und/oder andere Sensoren zur Durchführung einer EDA- und/oder EKG-Messung in das Lenkrad integriert sind.
Die Erfindung wird im Folgenden anhand von Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme auf die Figuren näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 den Wickens-Würfel; und
Fig. 2 ein Lenkrad zur Durchführung des erfindungsgemäßen Messverfahrens.
Ein bekanntes Modell der menschlichen Informationsaufnahme und -Verarbeitung und der Reaktion auf eine Information ist der in Fig. 1 dargestellte sog. Wickens-Würfel. Das mit diesem Würfel dargestellte Wickens-Modell setzt unterschiedliche Aspekte (Modalitäten, involvierte Sinneskanäle, Codes und Stufen) der Informationsverarbeitung miteinander in Verbindung. Die Aspekte (Ressourcen) werden insbesondere jeweils als dichotom angesehen.
Grundsätzlich wird das menschliche Verhalten in die Phasen„Wahrnehmung",„Speicherung und Verarbeitung" (kognitive Arbeit) und das Produzieren einer Antwortreaktion eingeteilt. Die Wahrnehmungsformen („Wahrnehmungsmodalitäten") werden in visuelle, auditive oder taktile Informationen unterteilt, wobei davon ausgegangen wird, dass diese unterschiedlichen Modalitäten unterschiedlich verarbeitet werden. Innerhalb der visuellen Modalität befinden sich zudem zwei visuelle Sinneskanäle, nämlich ein fokaler und ein ambienter Kanal. Die hauptsächliche Aufgabe des fokalen Kanals ist die Objekterkennung, während der ambiente Kanal für die Wahrnehmung von Bewegung und der Orientierung zuständig ist. Unter den unterschiedlichen„Codes" versteht man zum einen die spatiale, analoge Speicherung von Informationen und zum anderen die verbalen, symbol- oder bildhaften Speicherung. Als„Stufen" werden unterschiedliche Verarbeitungsressourcenebenen bezeichnet.
Mit Hilfe des erfindungsgemäßen Messverfahrens ist es möglich, bei einer Bestimmung eines mentalen Zustandes eines Fahrers eines Kraftfahrzeuges zwischen der reinen Reizaufnahme (basierend auf einem dem Fahrer präsentierten„ersten Signal") und der kognitiven Verarbeitung (basierend auf einem dem Fahrer präsentierten„zweiten Signal") zu unterscheiden. Darüber hinaus kann bei einer Untersuchung der Auswirkung der aufgenommenen Information auf den mentalen Zustand des Fahrers zwischen Informationen, die in unterschiedlichen Modalitäten (insbesondere visuell, auditiv oder taktil) aufgenommenen werden, unterschieden werden. Die mit Hilfe des erfindungsgemäßen Messverfahrens gewonnenen Erkenntnisse können insbesondere dazu verwendet werden, die Signalisierung eines Fahrzeuges (etwa eines Fahrerassistenzsystems) anzupassen (z.B. fahrerindividuell), wie oben erläutert.
In Fig. 2 ist ein Lenkrad 1 dargestellt, das eine Messvorrichtung 2 umfasst, die Bestandteil eines erfindungsgemäßen Messsystems (nicht dargestellt) zur Durchführung des oben erläuterten Messverfahrens ist. Die übrigen Bestandteile des Messsystems könnten zusammen mit dem Lenkrad 1 in ein Fahrzeug integriert sein. Insbesondere könnte das Lenkrad als Bestandteil des erfindungsgemäßen Unterstützungssystems auch in einem Serienfahrzeug eingebaut sein.
Die Messvorrichtung 2 ist dazu ausgebildet, verschiedene Vitalparameter („psychophysiologischen Parameter"), die mit dem mentalen Zustand eines Fahrers korrelieren, zu bestimmen. Insbesondere weist die Messvorrichtung Elektroden 21 , 22 auf, die jeweils als EKG- und/oder EDA- Elektrode dienen. Bei den Elektroden 21 , 22 handelt es sich z.B. um Trockenelektroden. Die
Elektroden 21 , 22 erstrecken sich zusammen über nahezu den gesamten äußeren Umfang des Lenkradkranzes, um sicherzustellen, dass der Fahrer sich in Kontakt mit zumindest einer der Elektroden befindet. Des Weiteren weisen die Elektroden 21 , 22 eine große Oberfläche auf; z.B. erstrecken sie sich auch (z.B. zumindest näherungsweise vollständig) um ein Skelett des Lenkradkranzes herum, d.h. sie erstrecken sich über einen Großteil des Umfanges des Lenkradskeletts, der in einer senkrecht zum äußeren Umfang orientierten Ebene liegt. Die Elektroden 21 , 22 besitzen insbesondere an den üblichen Griffstellen eines Lenkrads eine besonders große Fläche.
Der aktuelle mentale Zustand des Fahrers wird sich in (insbesondere fahrerspezifischen) EDA- und/oder EKG-Werten niederschlagen, die zum einen dazu genutzt werden können, im Rahmen des erfindungsgemäßen Messverfahrens die Auswirkungen verschiedener Reize auf seinen mentalen Zustand zu bestimmen oder in einem Serienfahrzeug den mentalen Zustand des Fahrers zu klassifizieren und anhand der Klassifizierung eine Signalisierung des Fahrzeugs anzupassen, wie oben erläutert.
Die in das Lenkrad 1 integrierte Messvorrichtung weist zudem eine Auswerteeinheit 23 auf, die die von den Elektroden 21 , 22 aufgenommenen elektrischen Signale erfasst und auswertet. Beispielsweise erfasst die Auswerteeinheit 23 eine Herzrate des Fahrers. Die Quelle des menschlichen Herzschlags ist ein elektrischer Impuls, der durch ein Cluster von Zellen innerhalb des Herzens erzeugt wird. Da dieser Impuls über den Blutstrom übertragen wird, kann sie als Potentialdifferenz zwischen zwei Punkten auf dem Körper nachgewiesen werden. Die Elektroden 21 , 22 des Lenkrades 1 sind so ausgebildet, dass die Herzaktivität des Fahrers als Potentialdifferenz zwischen beiden Händen des Fahrers erfasst werden kann. Die Elektroden 21 , 22 bestehen hierfür jeweils aus zwei Segmenten und die Auswerteeinheit 23 weist einen Differenzverstärker, um sehr kleine Potentialdifferenzen registrieren zu können, sowie eine Verarbeitungseinheit zum Herausfiltern von Störsignalen auf.
Die Elektroden 21 , 22 dienen zudem als Temperatursensoren, mit denen die Hauttemperatur als weiterer Vitalparameter bestimmt werden kann. Die Körpertemperatur (und damit die Hauttemperatur) gilt als ein Indikator für den mentalen Zustand des Fahrers und wird als Thermoregulation durch das zentrale Nervensystem gesteuert. Die normale Hauttemperatur der Hand variiert im Bereich zwischen 20 ° C und 40 ° C. Durch Steuerung des zentralen Nervensystems kann die
Körpertemperatur durch den Schwei ß-Prozess reguliert werden. So gibt die Aktivität der Schweißdrüsen eine Rückmeldung über das sympathische Nervensystem und ist ein Merkmal, um den Fahrerzustand zu beurteilen.
Ekkrine Schweißdrüsen haben eine weite Verbreitung im ganzen Körper, vor allem an den Händen, Füßen und Stirn. Ihre Dichte auf der Hand beträgt über 2000/cm2. Ekkriner Schweiß besteht aus Wasser und Salzen, mit dem die Drüsen entweder gefüllt sind oder nicht. Deshalb kann die Aktivität der Schweißdrüsen elektrisch als Leitfähigkeitsänderung der Haut gemessen werden. Im Allgemeinen ist die Leitfähigkeitsänderung der menschlichen Haut im Bereich zwischen 0 und 50 oder äquivalent der Widerstand der menschlichen Haut zwischen 20kQ und unendlich. Entsprechend können die Elektroden 21 , 22 zur Messung der Leitfähigkeit der Haut des Fahrers ausgebildet sein.
Die Leitfähigkeitsmessung erfolgt insbesondere auf der Grundlage des Spannungsteilerprinzips, bei dem zwei Kontakte auf der Haut erforderlich sind. Ein Pol ist z.B. auf eine Gleichspannung von 0,5 V eingestellt, und der andere dient der Potentialmessung, die von der Drüsenaktivität abhängig ist. Der Widerstandswert des Spannungsteilerwiderstands ist eingestellt auf z.B. 180kQ. Das bedeutet insbesondere, dass eine Spannung an dem Widerstand anliegt, die zwischen 0 V und 0,25 V variiert. Dieses Signal wird z.B. 8-fach verstärkt und insbesondere ein Tiefpass mit einer Grenzfrequenz von z.B. 10 Hz zur Ausfilterung des EDA-Signals darüber gelegt.
Es wird angemerkt, dass eine Gleichspannung von 0.5V nicht gefährlich für den Menschen ist. Die maximal zulässige Spannung beträgt 0.7V, um Nervenzellenanregung zu verhindern. Auch können keine Zellen Schäden durch Erhitzen oder Verbrennen nehmen, da die maximale Eingangsstromstärke z.B. 0,5V x 0,5V x δθμβ = 12.5 μΑ ist.
Der Temperaturbereich für den Betrieb des Lenkrads und die Elektroden 21 , 2 liegt z.B. zwischen -40 ° C und +85 ° C. Die Lagerung des Lenkrades ist z.B. bei Temperaturen zwischen -40 ° C und +125 ° C möglich, wobei in diesem Temperaturbereich eine relative Luftfeuchtigkeit zwischen 5 und 95% zu erwarten ist.