Beschreibung
Verfahren und Vorrichtung zum Steuern eines Manipulators
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Steuern eines Manipulators, insbesondere eines Roboters, sowie ein Haltewerkzeug für einen erfindungsgemäß verwendeten Manipulator.
Industrieroboter sollen unter anderem zum Fügen von Bauteilen eingesetzt werden. Dabei erschweren insbesondere Positionstoleranzen von angelieferten Werkstücken, die mit vom Roboter gehaltenen Werkstücken gefügt werden sollen, die
Automatisierung. Neben konstruktiven Nachgiebigkeiten, etwa einem flexiblen Roboter oder einer flexiblen Endeffektoranbindung, zum Beispiel durch ein sogenanntes Remote Center of Compliance („RCC"), sind in der Forschung diverse theoretische Lösungsansätze solcher sogenannter Bolzen-Loch-Probleme vorgeschlagen worden, beispielsweise die Erfassung von Kontaktkräften durch zusätzliche Kraftsensoren und die Ermittlung der korrekten Fügetrajektorie auf Basis dieser Kontaktkräfte. Diese Ansätze wurden jedoch bislang aufgrund verschiedener Probleme kaum in der Praxis umgesetzt.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, die Steuerung eines Manipulators zu verbessern.
Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 , 6 bzw. 8 gelöst. Ansprüche 10, 1 1 stellen eine Vorrichtung, Anspruch 12 ein
Computerprogrammprodukt, insbesondere ein Speichermedium oder einen
Datenträger, zur Durchführung eines erfindungsgemäßen Verfahrens unter Schutz. Die Unteransprüche betreffen vorteilhafte Weiterbildungen.
Ein Verfahren bzw. eine Vorrichtung nach der vorliegenden Erfindung ist
insbesondere für einen ein- oder mehr-, beispielsweise sechsachsigen oder redundanten Roboter wie zum Beispiel einen Industrieroboter oder einen
Leichtbauroboter, etwa den Leichtbauroboter„LBR" der Anmelderin, vorgesehen.
Dabei wird unter einem Steuern auch ein Regeln, i.e. die Vorgabe von Steuergrößen auf Basis vorgegebener Führungs- und erfasster Ist-Größen, verstanden.
Nach einem ersten Aspekt der vorliegenden Erfindung wird eine Kontaktkraft auf Basis tatsächlicher Antriebskräfte und Antriebskräften eines dynamischen Modells des Manipulators erfasst.
Zur kompakteren Darstellung wird vorliegend auch ein Drehmoment, i.e. ein antiparalleles Kräftepaar, verallgemeinernd als Kraft bezeichnet, so dass
beispielsweise unter dem Erfassen einer Kontaktkraft die Erfassung von Kraft- und/oder Drehmomentkomponenten in einer oder mehreren Richtungen,
insbesondere kartesischen Raumrichtungen oder Gelenkachsen, verstanden und auch ein Antriebsdrehmoment beispielsweise eines Elektromotors als Antriebskraft bezeichnet wird.
Tatsächliche Antriebskräfte können beispielsweise direkt, etwa mittels Kraftsensoren an einer Achse oder einem Antrieb des Manipulators, und/oder indirekt, zum Beispiel auf Basis einer Leistungsaufnahme oder -abgäbe eines Antriebs erfasst werden.
Ein dynamisches Modell beschreibt allgemein den Zusammenhang zwischen kinematischen Größen, insbesondere Gelenkkoordinaten g, -geschwindigkeiten dg/df und -beschleunigungen d2q/df, und Kräften, insbesondere Antriebs-, Gewichts- und Reibungskräften, etwa in der Form M d dr2 + h(q, dg/df) = rMOdeii mit der Massenmatrix M und den generalisierten Kräften /?. Sind die kinematischen Größen sowie Gewichts- und Reibungskräften bekannt, resultieren Unterschiede zwischen den Antriebskräften i odeii des Modells und den tatsächlichen
Antriebskräften τ neben Modell- und Messfehlern insbesondere aus im Modell nicht vorgesehenen Kontaktkräften, die somit aufgrund der Differenz zwischen tatsächlich gemessenen und Modell-Antriebskräften erfasst werden können:
^Kontakt = F( ^Modell "
Diese Erfassung von Kontaktkräften zwischen dem Manipulator und einem Werkstück auf Basis tatsächlicher Antriebskräfte und Antriebskräften eines dynamischen Modells spart zusätzliche Kraftsensoren und ermöglicht in vorteilhafter Weise eine
nachfolgend erläuterte Vermessung, Fügeüberwachung und/oder Umschaltung in eine nachgiebige Regelung.
Gemäß einem Aspekt dieses ersten Aspekts der vorliegenden Erfindung werden eine oder mehrere Posen, insbesondere zum Vermessen oder Fügen von Werkstücken, mit dem steif geregelten Manipulator angefahren. Unter einer steifen Regelung wird insbesondere eine Positionsreglung verstanden, beispielsweise eine Proportional-, Differential- und/oder Integralregelung, etwa einer kartesischen Position eines Referenzpunktes wie zum Beispiel des TCPs, oder in Gelenkkoordinaten des
Manipulators.
Dabei werden kontinuierlich oder zu diskreten Zeitpunkten eine oder mehrere
Kontaktkräfte erfasst, die bei einem Kontakt mit einem angefahrenen Werkstück auf den Manipulator wirken.
Übersteigt eine erfasste Kontaktkraft einen vorgegebenen Wert, der insbesondere auch Null betragen kann, gegebenenfalls unter Berücksichtigung entsprechender Toleranzen, wird erfindungsgemäß in eine nachgiebige Regelung umgeschaltet. Vorzugsweise erfolgt eine solche Umschaltung innerhalb von höchstens 3
Millisekunden nach Eintritt eines Kontaktes, bevorzugt innerhalb von höchstens 1 ,5 Millisekunden.
Eine nachgiebige Regelung bzw. ein Umschalten in eine solche kann beispielsweise dadurch realisiert werden, dass Regelkoeffizienten einer P- oder PD-Regelung reduziert werden und/oder ein Integralanteil einer PID-Regelung entfällt, so dass der Manipulator auch bei größeren Regelabweichungen bzw. Schleppfehlern zwischen Soll- und Ist-Pose keine hohen Antriebskräfte aufbringt. Zusätzlich oder alternativ kann auch eine Antriebskraft auf einen, vorzugsweise niedrigen, Maximalwert begrenzt werden, so dass wiederum auch bei größeren Schleppfehlern keine hohen Antriebskräfte erzeugt werden. In einer bevorzugten Ausführung ist eine nachgiebige Regelung als sogenannte Impedanzregelung, insbesondere kraftbasierte
Impedanzregelung ausgebildet. Allgemein wird als nachgiebige Regelung im
Gegensatz zu einer steifen Regelung vorliegend insbesondere jede Regelung bezeichnet, bei der Antriebskräfte des Manipulators derart erzeugt werden, dass bei einem Kontakt mit einem Werkstück weder dieses noch der Manipulator beschädigt werden, auch wenn eine vorgegebene Soll-Pose ein weiteres Eindringen des
Manipulators in das Werkstück erfordert.
In einer bevorzugten Ausführung wird dann ein Werkstück unter der nachgiebigen Regelung gefügt und/oder seine Position auf Basis erfasster Kontaktkräfte in einem mehrstufigen Verfahren vermessen. Auf diese Weise können, insbesondere in Verbindung mit einem Leichtbauroboter mit seinen geringeren Trägheiten, Taktzeiten vorteilhaft reduziert werden, da nunmehr eine Vermessungs- oder Fügegrundpose unter der steifen Regelung rasch und präzise angefahren werden kann, ohne dass die Gefahr besteht, beim Vermessene bzw. Fügen das Werkstück oder den Manipulator zu beschädigen, da bei Kontakt unverzüglich in die nachgiebige Regelung
umgeschaltet wird. Gemäß einem weiteren Aspekt dieses ersten Aspekts der vorliegenden Erfindung wird ein Werkstück unter nachgiebiger Regelung gefügt und dabei ein Fügezustand des Werkstückes auf Basis einer erfassten Kontaktkraft überwacht. Durch Überwachen einer Kontaktkraft kann beispielsweise, etwa aufgrund eines signifikanten Anstiegs oder Abfalls, ein Einschnappen eines unter elastischer oder plastischer Deformation gefügten Werkstückes und damit ein korrekter Fügevorgang erkannt werden. So nimmt beispielsweise beim Fügen unter elastischer Deformation zunächst eine Kontaktkraft, insbesondere entgegen der Fügerichtung, zu. Entspannt sich das Werkstück, zum Beispiel nach Überwinden einer Wulst, fällt diese Kraft signifkant ab. Ebenso kann beispielsweise aus einem Drehmoment, welches eine gefügte Schraube als Kontaktkraft auf den Manipulator ausübt, die gemäß dem ersten Aspekt erfasst wird, der Verspannungszustand der Schraube überprüft und festgestellt werden, ob die Schraube zu fest angezogen wurde, ihr Schraubenkopf abgedreht wurde oder die Schraube aufgrund eines Setzens im Gewinde zu locker sitzt.
Zusätzlich oder alternativ kann ein Fügezustand des Werkstückes auf Basis einer unter der nachgiebigen Regelung erreichten Endpose des Manipulators überwacht werden. Durch eine nachgiebige Regelung kann erreicht werden, dass der
Manipulator unabhängig vom Erreichen einer Soll-Fügeendpose das Werkstück nicht
mehr weiter in Fügerichtung bewegt. Wird die unter der nachgiebigen Regelung erreichten Endpose mit der Soll-Fügeendpose verglichen, die beispielsweise durch Teachen eines Roboters bestimmt werden kann, kann bestimmt werden, ob der Fügevorgang korrekt ausgeführt worden ist. Weiter zusätzlich oder alternativ kann ein Fügezustand des Werkstückes auch auf Basis einer unter der nachgiebigen Regelung erfolgenden zeitlichen Änderung der Pose des Manipulators überwacht werden, insbesondere auf Basis einer
Geschwindigkeit. Unterschreitet beispielsweise eine Geschwindigkeit des TCPs bzw. des manipulatorgeführten Werkstückes in Fügerichtung einen Grenzwert, kann erfasst werden, dass das Werkstück korrekt gefügt ist.
Ist dies nicht der Fall, da beispielsweise das zu fügende Werkstück durch eine
Störkontur behindert wird, kann eine Fügestrategie, insbesondere eine Fügeposition, verändert werden, indem beispielsweise versucht wird, einen Bolzen in einer zur ursprünglichen Fügegrundposition versetzten neuen Ausgangsposition zu fügen. Gemäß einer bevorzugten Ausführung werden bei einem Fügen eines Werkstückes unter einer nachgiebigen Regelung sowohl eine oder mehrere Soll-Kräfte als auch eine oder mehrere Soll-Bewegungen vorgegeben. Wird die nachgiebige Regelung beispielsweise durch eine kraftbasierte Impedanzregelung realisiert, indem etwa Antriebskräfte τ gemäß τ= f[c(xsoti - x)] durch eine mittels der transponierten Jacobimatrix J in den Raum der
Gelenkkoordinaten, etwa der Drehwinkel eines Knickarmroboters, projizierte
Federkraft einer virtuellen Feder mit der Federkonstanten c zwischen einer
kartesischen Soll- und Ist-Position xson bzw. x etwa des TCPs bestimmt werden, kann der Soll-Bewegung gemäß r= JT[C(XSOII - x) + F] eine im kartesischen Raum definierte Kraft hinzugefügt werden. Dies kann bevorzugt wahlweise, beispielsweise in Abhängigkeit des bereits erfolgten Fügevorgangs oder
der Fügestrategie für das jeweilige Werkstück erfolgen. Die Soll-Kraft kann
beispielsweise konstant, rampenförmig, wechselnd oder schwellend, insbesondere sinusförmig vorgegeben werden, um beispielsweise Stick-Slip-Phänomene, Grate oder kleinere elastische Toleranzen beim Fügen zu überwinden. Insbesondere, um Werkstücke miteinander zu fügen, ist es erforderlich, eine Position, i.e. eine Lage und/oder Orientierung, eines Werkstückes, beispielsweise eines Grundkörpers, relativ zu dem Manipulator zu kennen, der ein damit zu fügendes Werkstück hält, beispielsweise einen Bolzen, eine Klammer oder dergleichen. Daher wird gemäß einem zweiten Aspekt der vorliegenden Erfindung eine Position eines Werkstückes mittels des Manipulators in einem mehrstufigen Verfahren vermessen, wobei dieser zweite Aspekt bevorzugt mit dem vorstehend erläuterten ersten Aspekt kombiniert ist.
Nach diesem zweiten Aspekt werden Positionen von vorzugsweise wenigstens zwei nicht fluchtenden Konturen, insbesondere Kanten, des Werkstückes bestimmt, indem Posen des Manipulators und dabei auf ihn wirkende Kontaktkräfte erfasst werden. Steigt eine Kontaktkraft beim Einnehmen einer Pose signifikant an, da ein Taster des Manipulators eine Kontur des Werkstückes kontaktiert, kann aus der zugehörigen Pose des Manipulators die Kontaktposition ermittelt werden.
Ist auf diese Weise die Position des Werkstückes relativ zum Manipulator grob bekannt, können nun Referenzpunkte des Werkstückes, die beispielsweise durch Aussparungen, insbesondere Bohrungen, definiert sein können, prozesssicher angefahren werden. Bei Kontakt eines Tasters mit einem Referenzpunkt,
beispielsweise Hineingleiten eines Tasters in eine Aussparung, kann aufgrund eines Anstiegs einer entsprechenden Kontaktkraft, die einer Weiterbewegung des Tasters entgegenwirkt, die Position dieses Referenzpunktes bestimmt werden. Auf Basis dieser Referenzpunkte kann ein Werkstückkoordinatensystem bestimmt werden, welches im Gegensatz zu den zur Groborientierung angefahrenen Konturen eine präzise Bestimmung beispielsweise von Fügepositionen und dergleichen ermöglicht.
Vorzugsweise wird ein Referenzpunkt mit einem Taster pertubierend angefahren, i.e. der Manipulator bewegt den Taster in der unmittelbaren Nähe der vorab geschätzten Position des Referenzpunktes längs einer festgelegten Suchstrecke, vorzugsweise in
einer Ebene, die im Wesentlichen tangential zur Werkstückkontur im Referenzpunkt orientiert ist, und sucht so gewissermaßen den Bereich um die vorab geschätzten Position des Referenzpunktes ab, bis er aufgrund der Kontaktkraft, etwa infolge eines Hineingleitens des Tasters in einer Bohrung, an einer Weiterbewegung gehindert wird. Dabei zeigt sich der Vorteil, wenn gemäß dem ersten Aspekt die vorab geschätzte Position des Referenzpunktes unter einer nachgiebigen Regelung angefahren wird.
Insbesondere, um ein Hineingleiten eines Tasters in eine einen Referenzpunkt definierende Aussparung sicherzustellen, kann der Manipulator bei dessen Anfahren eine Normalkraft senkrecht zu der oben erläuterten Ebene, die im Wesentlichen tangential zur Werkstückkontur im Referenzpunkt orientiert ist, auf das Werkstück ausüben. In einer bevorzugten Ausführung der vorliegenden Erfindung sind ein Taster und eine Aussparung zur Definition eines Referenzpunktes so ausgebildet, dass sich der Taster bei einem Hineingleiten in die Aussparung selbst zentriert. Beispielsweise kann der Taster eine kegelförmige Spitze und die Aussparung einen kreisförmigen Umfang aufweisen.
Das Antasten von Konturen zur Bestimmung der groben Position des Werkstückes, um Referenzpunkte prozesssicher antasten zu können, und dieses Antasten der Referenzpunkte kann nacheinander derart erfolgen, dass zunächst alle vorgegebenen Konturen angetastet werden, bevor anschließend die Referenzpunkte, deren ungefähre Position damit bekannt ist, angefahren werden. Gleichermaßen kann dies auch abwechselnd derart erfolgen, dass zunächst jeweils Konturen, vorzugsweise in der Nähe von Referenzpunkten, angetastet werden, anschließend Referenzpunkte, deren ungefähre Lage in Bezug auf diese Konturen bekannt ist, bevor anschließend wiederum andere Konturen angetastet werden, um die ungefähre Position weiterer Referenzpunkte zu bestimmen und diese anschließend prozesssicher antasten zu können.
Ein dritter Aspekt der vorliegenden Erfindung betrifft das Fügen eines Werkstückes mittels eines Manipulators. Dies kann vorteilhafterweise mit dem oben erläuterten ersten und/oder zweiten Aspekt kombiniert sein. Gemäß dem dritten Aspekt hält ein Manipulator ein zu fügendes Werkstück zunächst in wenigstens zwei, vorzugsweise nicht kollinearen, insbesondere im Wesentlichen
senkrecht zueinander orientierten, Kraftkontakten, wenn er es in einer Fügegrundposition ansetzt. Als Kraftkontakt wird dabei ein Kontakt zwischen
Werkstück und Manipulator, insbesondere einem Haltewerkzeug, bezeichnet, in dem der Manipulator eine Haltekraft auf das Werkstück ausübt, als Orientierung
entsprechend die Richtung der jeweiligen Haltekraft.
Beispielsweise kann ein erster Kraftkontakt kraftschlüssig durch einen
Elektromagneten realisiert werden, der bei Aktuierung das Werkstück anzieht. Ein zweiter Kraftkontakt kann zum Beispiel formschlüssig durch einen Absatz realisiert werden, an dem sich das Werkstück abstützt. Nach dem Ansetzen in einer Fügegrundposition bewegt der Manipulator das
Werkstück in Fügerichtung in eine Fügeendposition. Erfindungsgemäß wird dabei einer der Kraftkontakte, beispielsweise der erste, durch einen Elektromagneten realisierte Kraftkontakt geöffnet, sobald dessen Stütz- bzw. Haltefunktion durch ein Werkstück, mit dem das vom Manipulator gehaltene Werkstück gefügt wird, übernommen wird.
Dies ermöglicht eine Umorientierung des das Werkstück haltenden
Manipulatorwerkzeugs, so dass ein Konflikt mit Konturen eines Werkstückes, mit dem das vom Manipulator gehaltene Werkstück gefügt wird, vermieden werden kann.
Insbesondere, um ein Vermessen und ein anschließendes Fügen von Werkstücken gemäß wenigstens einem der vorgenannten Aspekte kürzere Taktzeiten zu
ermöglichen, weist ein erfindungsgemäßes Haltewerkzeug für einen Manipulator einen Haltebereich zum, insbesondere kraft- und/oder formschlüssigen, Halten eines Werkstückes, und zusätzlich einen Taster zum Antasten eines Werkstückes auf. Der Haltebereich kann beispielsweise durch einen oder mehrere Elektromagnete und/oder Absätze die oben erläuterten ersten bzw. zweiten Kraftkontakte darstellen, der Taster vorzugsweise ein kegelförmiges Ende zur Selbstzentrierung in einer Aussparung unter einer nachgiebigen Regelung aufweisen. Bevorzugt erstreckt sich der Taster im Wesentlichen rechtwinkelig oder entgegengesetzt zu dem Anlage- bzw. Haltebereich des Haltewerkzeugs, um Konflikte zwischen einem Werkstück und dem Haltebereich beim Vermessen bzw. dem Taster beim Fügen zu vermeiden. Ein Taster im Sinne der vorliegenden Erfindung kann somit insbesondere ein fest mit einem Haltewerkzeug
des Manipulators verbundener oder integral mit diesem ausgebildeter Bolzen, Stift oder dergleichen sein, der vorzugsweise rotationssymmetrisch ist und/oder eine Spitze aufweist.
Weitere Vorteile und Merkmale ergeben sich aus den Unteransprüchen und den Ausführungsbeispielen. Hierzu zeigt, teilweise schematisiert:
Fig. 1 : eine Draufsicht auf ein Werkstück beim Vermessen gemäß
einem Verfahren nach einer Ausführung der vorliegenden Erfindung;
Fig. 2: einen Schnitt längs der Linie II-II in Fig. 1 ;
Fig. 3A: eine Seitansicht von links oben in Fig. 1 beim Fügen eines
Werkstückes gemäß einem Verfahren nach einer Ausführung der vorliegenden Erfindung;
Fig. 3B: einen Schnitt längs der Linie IIIB-IIIB in Fig. 1 , 3A mit in
Fügegrundposition angesetztem Werkstück;
Fig. 3C: eine Ansicht gemäß Fig. 3B mit Werkstück in Fügeendposition;
Fig. 4A - 4D: eine Seitansicht beim Fügen eines anderen Werkstückes gemäß einem Verfahren nach einer Ausführung der vorliegenden Erfindung;
Fig. 5: den Ablauf der in Fig. 1 , 2 gezeigten Vermessung;
Fig. 6: den Ablauf der in Fig. 3A gezeigten Veränderung einer
Fügeposition; und
Fig. 7: den Ablauf eines in Fig. 4A - 4D gezeigten Fügens.
Anhand der Fig. 1 , 2 und 5 wird ein mehrstufiges Vermessen einer Position eines Werkstückes 2 auf Basis erfasster Kontaktkräfte gemäß einem Verfahren nach einer Ausführung der vorliegenden Erfindung erläutert.
Dabei ist das Werkstück 2, beispielsweise ein Armaturenbrett, nach seiner Anlieferung zunächst innerhalb gewisser Toleranzen beliebig im Arbeitsbereich eines
Leichtbauroboters positioniert, von dem in den Figuren stets nur ein Teil eines
Haltewerkzeuges 1 gezeigt ist, in den Fig. 1 , 2 nur ein rechtwinkelig zu einem
Haltebereich 1.1 , 1.2, auf den nachfolgend mit Bezug auf Fig. 3, 4 eingegangen wird, angeordneter zylindrischer Taster 1 A mit kegelförmiger Spitze (vgl. Fig. 3A). Im Arbeitsbereich ist ein Basis-Koordinatensystem B des Roboters definiert, dessen x- und y-Achsen in Fig. 1 angedeutet sind. Durch die nachfolgend jeweils näher erläuterte Verwendung eines erfindungsgemäßen Haltewerkzeugs 1 mit einem
Haltebereich 1.1 , 1.2 (vgl. Fig. 3B) und einem Taster 1A (vgl. Fig. 3A) kann ein Werkzeugwechsel zwischen Vermessen und Fügen vermieden und so die Taktzeit reduziert werden.
In einer ersten Stufe einer mehrstufigen Vermessung verfährt der Roboter steif PID- geregelt seinen Taster 1A in x- bzw. y-Richtung des Koordinatensystems B, bis dieser nacheinander die Kanten 2.1 , 2.2 des Werkstücks 2 an den in Fig. 1 angedeuteten Stellen kontaktiert (vgl. Fig. 5, Schritt S10). Dabei vergleicht eine
Steuerungsvorrichtung (nicht dargestellt) die am Roboter gemessenen
Antriebsdrehmomente τ mit theoretischen Antriebsdrehmomenten TModeii. die gemäß einem dynamischen kontaktfreien Modell zur Erzeugung der erfassten Bewegung des Roboters theoretisch erforderlich wären (Fig. 1 :„S20"). Übersteigt die Differenz zwischen diesen Antriebsdrehmomenten, insbesondere betragsmäßig, einen vorgegebenen Grenzwert rKontakt> wird hieraus erkannt, dass der Taster 1 A eine Kante 2.1 bzw. 2.2 des Werkstücks 2 kontaktiert hat. Daraufhin wird unverzüglich innerhalb 1 Millisekunde in eine nachgiebige kraftbasierte Impedanzregelung umgeschaltet (Fig. 1 :„S30"), in der der Taster 1 A mit einer virtuellen Feder in Richtung einer Soll-Position soii„gezogen" wird.
Durch das Antasten der zwei nicht miteinander fluchtenden Kanten 2.1 , 2.2 kann die Position des Werkstücks 2 im Koordinatensystem B des Roboters bereits grob bestimmt werden (Fig. 1 :„S40"). Dabei stellt das Umschalten in die nachgiebige
Regelung sicher, dass der Roboter die Konturen zunächst steif geregelt schnell anfahren kann, ohne bei Kontakt Werkstück oder Roboter zu beschädigen.
In einer zweiten Stufe werden drei nicht kollineare Referenzbohrungen 3.1 - 3.3 im Werkstück 2 mit dem Taster angefahren. Hierzu bewegt der Roboter den Taster 1 A in Positionen 3.1geSchätzt bis 3.3geSchätzt (Fig. 1 :„S50"), die aufgrund der aus der ersten Stufe grob bekannten Position des Werkstücks 2 geschätzt werden, wobei der Taster 1A pertubierten, beispielsweise mäanderförmig oder in parallelen Bahnen, um die geschätzten Positionen bewegt wird (vgl. Fig. 2). Dabei wird die Tasterspitze mit einer Normalkraft senkrecht zur Oberflächenebene des Werkstückes auf dieses aufgedrückt, während insbesondere in dieser Ebene (links - rechts in Fig. 2) der Roboter
nachgiebig geregelt wird.
Sobald der Taster 1A dabei aus einer neben einer Referenzbohrung liegenden
Position, die in Fig. 2 gestrichelt angedeutet und mit 1A" bezeichnet ist, in die durch die Referenzbohrung 3 definierte Referenzpunktposition gelangt, gleitet er unter der aufgeprägten Normalkraft in diese hinein und zentriert sich aufgrund seiner
kegelförmigen Spitze und der in der Oberflächenebene nachgiebigen Regelung in dieser Bohrung, wie dies ausgezogen in Fig. 2 dargestellt ist.
Einer Weiterbewegung des Tasters 1A durch den nachgiebig geregelten Roboter, der weiterhin die Suchstrecke abzufahren versucht, wirkt nun eine signifikant größere Kontaktkraft auf den in der Bohrung 3.2 sitzenden Taster 1 A entgegen, die in einem Schritt S60 (Fig. 5) erfasst wird. Auf diese Weise können die Positionen der
Referenzbohrungen 3.1 - 3.3 schnell, präzise, schonend und prozesssicher bestimmt werden. Aus diesen kann dann insbesondere die Position eines werkstückfesten Koordinatensystems W relativ zum Roboterkoordinatensystem B bestimmt werden. Nun wird beispielsweise eine Klammer 4 (vgl. Fig. 3) auf eine in Fig. 1 linke oberer Kante des Werkstücks 2 gefügt, wobei die mehrstufige Vermessung unter
Umschaltung in eine nachgiebige Regelung auch entfallen kann. Dieser Fügevorgang wird anhand der Fig. 3, 6 erläutert.
In Fig. 3A ist strichliert eine erste Fügegrundposition eingezeichnet, an der der
Roboter die Klammer 4 zunächst ansetzt und in Fügerichtung auf das Werkstück 2
aufzuschieben versucht (Index ' in Fig. 3A; Schritt S1 10 in Fig. 6). Dabei kollidiert die Klammer 4 jedoch mit einem Flansch 2.3 des Werkstücks 2 (vgl. auch Fig. 1 ). Wie zuvor beschrieben, wird bei Kontakt in eine nachgiebige Regelung umgeschaltet (Fig. 6:„S120",„S130"), in der einer Soll-Bewegung XSOII eine vorgegebene Soll-Kraft F, insbesondere eine konstante Kraft in Fügerichtung und eine Kraft Fz mit
sinusförmigem Verlauf senkrecht zu Fügerichtung und -ebene, überlagert wird, um ein Aufschieben auf die Kante zu erleichtern.
Aufgrund der nachgiebigen Regelung erfolgt jedoch trotz der Kollision mit dem
Flansch 2.3 keine Beschädigung von Werkstück oder Roboter. Vielmehr wird, sobald das Werkzeug 1 des Roboters mit daran gehaltener Klammer 4 sich aufgrund des Widerstandes nicht mehr bewegt, die dabei erreichte Endpose des Roboters (in Fig. 3A strichliert angedeutet) mit einer geteachten Endlage bei korrekt aufgeschobener Klammer 4 verglichen (Fig. 6: S140). Im vorliegenden Fall erkennt die
Steuerungsvorrichtung aufgrund des signifkanten Unterschiedes, dass die Klammer 4 nicht korrekt aufgeschoben wurde. Daher wird die Fügeposition verändert (Fig. 6:
S150), indem der Roboter die Klammer 4 seitlich versetzt erneut am Werkstück 2 ansetzt, wie in Fig. 3A - 3C ausgezogen angedeutet. Dieser Vorgang wird solange wiederholt, bis der Roboter die Klammer 4 kollisionsfrei fügen kann oder eine vorgegebene Anzahl von Fehlversuchen erreicht ist. Anhand der Fig. 3B, 3C wird ein erfolgreicher Fügevorgang erläutert. Dabei setzt der Roboter das Werkstück, gegebenenfalls nach vorstehend mit Bezug auf Fig. 3A beschriebenen Fehlversuchen, in einer Fügegrundposition an und schiebt es leicht auf das Werkstück 2 auf (Fig. 3B). Hierbei hält er die Klammer 4 einerseits in einem ersten Kraftkontakt in vertikaler Richtung mittels eines aktuierten Elektromagneten 1.2, und stützt sie zugleich in einem zweiten Kraftkontakt gegen eine dem Aufschieben entgegenwirkende zweiten Kontaktkraft in horizontaler Richtung formschlüssig in einem Absatz 1 .1 des Werkzeugs 1 ab.
Um beim weiteren Fügen eine Kollision des Werkzeugs 1 mit dem Flansch 2.4 des Werkstücks 2 zu vermeiden, löst die Steuervorrichtung während des Aufschiebens den ersten Kraftkontakt, indem der Elektromagnet 1 .2 nicht mehr bestromt wird, was eine Umorientierung des Werkzeugs 1 (Fig. 3C) relativ zu der teilweise
aufgeschobenen Klammer 4 ermöglicht. Auf diese Weise kann der Roboter mit dem Werkzeugabsatz 1.1 die Klammer 4 vollständig auf das Werkstück 2 aufschieben.
Anhand der Fig. 4, 7 wird das Fügen eines anderen Bauteils, nämlich eines
elastischen Stopfens 40, in eine Bohrung 20 erläutert. Man erkennt, dass der Roboter den Stopfen 40 zunächst in vertikaler Richtung auf die Bohrung 20 zu bewegt (Schritt S210 in Fig. 7). Übersteigt eine anhand der Differenz zwischen gemessenen und Modell-Antriebsmomenten erfasste Kontaktkraft einen vorgegebenen Grenzwert, erfasst die Steuervorrichtung den Kontakt mit dem Werkstück (Fig. 7:„S220") und schaltet in eine nachgiebige Regelung um (Fig. 7:„S230"). Unter dieser wird der Stopfen weiter eingefügt und die Kontaktkraft über dem Fügevorschub z erfasst.
Man erkennt in der Bildfolge Fig. 4B -> Fig. 4C, dass sich der Stopfen 40 dabei elastisch verformt. Sobald sein unterer Flansch die Bohrung 20 vollständig durchquert hat und elastisch in seine Ausgangslage zurückspringt, reduziert sich die Kontaktkraft, die dem Fügen entgegenwirkt. Diesen Kraftabfall erfasst die Steuervorrichtung in einem Schritt S240 und kann auf dieser Basis auch bei nachgiebiger Regelung überprüfen, ob der Stopfen 40 ordnungsgemäß in die Bohrung 20 eingesetzt wurde. Alternativ oder zusätzlich kann auch hier wieder die bei Stillstand des Roboters erreichte Endpose mit einer zuvor geteachten Pose verglichen werden, um zu überprüfen, ob der Stopfen 40 vollständig in die Bohrung 20 eingeführt worden ist.
Zusätzlich oder alternativ kann hier ein Geschwindigkeitskriterium verwendet werden. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn die Endposition in Fügerichtung nicht genau bekannt ist, falls beispielsweise die Position des Werkstücks 20 variiert, ohne dass es vor dem Fügen jeweils vermessen wird. Sinkt zum Beispiel die
Geschwindigkeit des TCPs bzw. Werkstücks 40 für einen vorgegebene Zeitspanne unter einen vorgegebenen Grenzwert, so kann die Steuervorrichtung erfassen, dass der Stopfen 40 nicht mehr weiter in die Bohrung gedrückt werden kann. Dann wird die so erreichte Endpose erfasst und mit einer bei Kontakt der Werkstücke 20, 40, der beispielsweise über den dabei erfasten Kraftanstieg erfasst werden kann,
gespeicherten Pose verglichen. Liegt die Differenz beider Posen in einem
vorgegebenen Toleranzbereich, wird der Fügevorgang als erfolgreich erfasst.
In einer nicht dargestellten Ausführung fügt der Leichtbau roboter durch die Vorgabe eines Soll-Drehmonentes und/oder eines Soll-Vorschubes eine Schraube in ein Gewinde. Auch dabei wird eine Kontaktkraft, beispielsweise ein Drehmoment in Schraubrichtung, erfasst und der Fügezustand auf Basis dieser Kontaktkraft überwacht. Hat der Roboter seine geteachte Fügeendpose erreicht, und liegt dabei ein zu hohes Drehmoment an, ist die Schraube zu fest angezogen. Liegt hingegen ein zu niedriges Drehmoment an, ist die Schraube nicht fest genug angezogen, weil sich beispielsweise eine Mutter gesetzt hat oder ein Schraubenkopf abgedreht wurde.
Zusätzlich oder alternativ kann die eingedrehte Schraube nach dem Anziehen mit einem definierten Moment um einen vorgegebenen Winkelwert weitergedreht werden, beispielsweise um 90°. Nach dieser Drehung muss das erfasste Moment bei korrekt abgezogener Schraube in einem vorgegebenen Bereich liegen.
Bezugszeichenliste
1 ; 10 Haltewerkzeug
1A Taster
1.1 Absatz (Haltebereich, formschlüssiger Kraftkontakt)
1.2 Elektromagnet (Haltebereich, kraftschlüssiger Kraftkontakt)
2 Werkstück
2.1 , 2.2 Kante (Kontur)
2.3, 2.4 Flansch
3.1 - 3.3 Bohrung (Referenzpunkt)
4 Klammer
20 Werkstück
40 Stopfen