Beschreibung
Titel
VERFAHREN ZUR BESTIMMUNG WENIGSTENS EINES BEFAHRBAREN BEREICHS IN DER UMGEBUNG EINES KRAFTFAHRZEUGS
Stand der Technik
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung wenigstens eines befahrbaren Bereichs in der, insbesondere für die Fahrzeugführung relevanten Umgebung eines Kraftfahrzeugs. Die Erfindung betrifft ebenfalls ein Verfahren zur Kollisionsvermeidung für ein Kraftfahrzeug. Des Weiteren betrifft die Erfindung ein Computerprogramm, ein Computerprogrammprodukt und eine Vorrichtung, um derartige Verfahren auszuführen bzw. durchzuführen.
Die Umfeldwahrnehmung gewinnt für Fahrerassistenzsysteme zunehmend an Bedeutung. Zum Einsatz kommen dabei beispielsweise Radarsensoren, Lidar- sensoren, Ultraschallsensoren oder Kamerasysteme. Die Sensordaten werden durch nachgeschaltete Algorithmen analysiert und interpretiert. Das Ergebnis der Interpretation wird dann an die Fahrerassistenzsysteme übermittelt, die daraufhin die entsprechenden Aktionen am Fahrzeug einleiten.
Für Fahrerassistenzsysteme, die automatisiert von Hindernissen ausweichen (z. B. unter Berücksichtigung einer zuvor ermittelten Ausweichtrajektorie), ist jedoch auch die Befahrbarkeit von Gebieten relevant. Diese Information kann mittels eines Sensors ermittelt werden, der Daten explizit aus der Ebene in der, insbesondere für die Fahrzeugführung relevanten Umgebung eines Kraftfahrzeugs, liefert. Wenn der Sensor Ortungen oder Objekte in der Fahrzeugumgebung erfasst, sind Gebiete in denen keine Objekte detektiert wurden, grundsätzlich nicht notwendigerweise befahrbar, vielmehr besteht im Allgemeinen in diesen Gebieten bzw. Bereichen kein explizites Wissen über die Befahrbarkeit.
Die DE 10 2004 056 120 A1 betrifft ein Verfahren zur Kollisionsvermeidung oder Kollisionsfolgenminderung während einer Fahrt, bei der sich ein Kraftfahrzeug einem Hindernis, insbesondere einem vorausfahrenden Fahrzeug, nähert. In der DE 10 2005 026 386 A1 sind ein Verfahren und eine Vorrichtung zum
Bestimmen von Freiflächen in der Umgebung eines Fahrzeugs beschrieben.
Offenbarung der Erfindung Das erfindungsgemäße Verfahren zur Bestimmung wenigstens eines befahrbaren Bereichs in der, insbesondere für die Fahrzeugführung relevanten Umgebung eines Kraftfahrzeugs, insbesondere zur Ermittlung einer Ausweichtrajektorie für ein Fahrerassistenzsystem des Kraftfahrzeugs, wobei das Kraftfahrzeug wenigstens einen Objektdetektionssensor zur Erfassung von Objekten bzw. Hindernis- sen in der Umgebung des Kraftfahrzeugs aufweist, wobei der zeitliche Verlauf von Belegungsinformationen des wenigstens einen Objektdetektionssensors des Kraftfahrzeugs über wenigstens ein erfasstes Objekt berücksichtigt wird, hat den Vorteil, dass in einfacher Weise Informationen über die Befahrbarkeit von Gebieten der Fahrzeugumgebung aus dem zeitlichen Verlauf von Objektdetektionen abgeleitet werden können, d. h. die Befahrbarkeitsinformation wird aus den aktuellen und den vergangenen Objektdetektionen sozusagen geschätzt. Der zeitliche Verlauf der Objektinformationen wird untersucht und interpretiert. Die ermittelten Befahrbarkeitsdaten können anschließend Fahrerassistenzsystemen zur Verfügung gestellt werden, die mittels einer Ausweichtrajektorie in der Lage sind, automatisiert vor Hindernissen ausweichen. Es werden zusätzliche Informationen über befahrbare Flächen oder Bereiche durch eine einfache Situationsinterpretation basierend auf Objektdaten gewonnen. Wichtig ist dabei jedoch, dass sich das wenigstens eine erfasste Objekt nicht in einer Unfallsituation oder dergleichen befindet. Das erfindungsgemäße Verfahren kann in vorteilhafter Weise auch mit einem bereits existierenden Sensor, insbesondere Long-Range-
Radarsensor eingesetzt werden, der beispielsweise die Umfeldbeschreibung durch sogenannte Objektlisten oder Ortungslisten abstrahiert.
Durch eine Untersuchung und Interpretation der Belegungsinformation des we- nigstens einen Objektdetektionssensors des Kraftfahrzeugs über das wenigstens eine erfasste Objekt zu einem aktuellen Zeitpunkt und zu wenigstens einem ver-
gangenen Zeitpunkt kann der wenigstens eine befahrbare Bereich bestimmt werden.
Mindestens ein Sensor zur Umfeldwahrnehmung ist in der Lage, innerhalb seines Detektionsbereichs belegte Gebiete oder Bereiche zu detektieren und idealerweise auch darauf basierend die Wahrscheinlichkeit anzugeben, mit der diese Gebiete belegt sind. Als objekterkennender Sensor, der Rückschlüsse auf befahrbare Flächen aus der zeitlichen Bewegung erkannter Objekte zieht, kommt beispielsweise ein Radarsensor, ein Lidarsensor oder ein Videosensor in Frage. Die Untersuchung und Interpretation der Belegungsinformation zum aktuellen Zeitpunkt und aus der Vergangenheit, d. h. wo sich die aktuell detektierten Objekte befunden haben (sogenannte Objekthistorie), ermöglicht die Bestimmung, ob eine Fläche befahrbar ist oder nicht. Dazu können die folgenden Methoden eingesetzt werden.
Zum Einen kann eine Retrodiktion der Belegungsinformationen des wenigstens einen Objektdetektionssensors des Kraftfahrzeugs über das wenigstens eine er- fasste Objekt für ein vorgegebenes Zeitintervall vorgenommen werden. Dabei sollte die Länge des vorgegebenen Zeitintervalls derart gewählt werden, dass die Genauigkeit in der Geschwindigkeits- und ggf. in der Beschleunigungsinformation hinreichend hoch ist.
Alternativ oder zusätzlich kann eine Interpolation der Belegungsinformationen des wenigstens einen Objektdetektionssensors des Kraftfahrzeugs über das wenigstens eine erfasste Objekt fortlaufend bzw. sukzessive in Zyklen vorgenommen werden.
In Anspruch 6 ist ein Verfahren zur Kollisionsvermeidung für ein Kraftfahrzeug angegeben.
Ein Computerprogramm mit Programmcodemitteln bzw. ein Computerprogrammprodukt mit Programmcodemitteln, die auf einem computerlesbaren Datenträger gespeichert sind, um die erfindungsgemäßen Verfahren auszuführen, sind in Anspruch 7 bzw. Anspruch 8 angegeben.
Anspruch 9 betrifft eine Vorrichtung, insbesondere Fahrerassistenzsystem eines Kraftfahrzeugs, zur Durchführung der erfindungsgemäßen Verfahren.
Das erfindungsgemäße Verfahren zur Bestimmung wenigstens eines befahrbaren Bereichs in der, insbesondere für die Fahrzeugführung relevanten Umgebung eines Kraftfahrzeugs bzw. das erfindungsgemäße Verfahren zur Kollisionsvermeidung für ein Kraftfahrzeug, ist vorzugsweise als Computerprogramm auf einer Steuereinrichtung eines Fahrerassistenzsystems eines Kraftfahrzeugs realisiert, wobei auch andere Lösungen selbstverständlich in Frage kommen. Dazu ist das Computerprogramm in einem Speicherelement der Steuereinrichtung gespeichert. Durch Abarbeitung auf einem Mikroprozessor der Steuereinrichtung wird das Verfahren ausgeführt. Das Computerprogramm kann auf einem computerlesbaren Datenträger (Diskette, CD, DVD, Festplatte, USB-Memory Stick, Speicherkarte oder dergleichen) oder einem Internetserver als Computerprogrammprodukt gespeichert sein und von dort aus in das Speicherelement der Steuereinrichtung übertragen werden.
Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen. Nachfolgend sind anhand der Zeichnung Ausführungsbeispiele der Erfindung prinzipmäßig beschrieben.
Es zeigen:
Figur 1 eine schematische Darstellung zur Verdeutlichung des erfindungsgemäßen Verfahrens in einer ersten Ausführungsform; und
Figur 2 eine schematische Darstellung zur Verdeutlichung des erfindungsgemäßen Verfahrens in einer zweiten Ausführungsform.
In Figur 1 ist ein Kraftfahrzeug 1 dargestellt, auf welchem das erfindungsgemäße Verfahren zur Bestimmung wenigstens eines befahrbaren Bereichs 2 in der für die Fahrzeugführung relevanten Umgebung des Kraftfahrzeugs 1 , insbesondere zur Ermittlung einer Ausweichtrajektorie (nicht dargestellt), implementiert ist. Dieses kann im Rahmen eines Verfahrens zur Kollisionsvermeidung für das Kraftfahrzeug 1 , bei welchem bei einem sich während der Fahrt nähernden, in einem belegten Bereich 2b befindlichen, Objekt bzw. Hindernis 3 ein Fahrmanöver des
Kraftfahrzeugs 1 zum Ausweichen autonom oder semiautonom durchgeführt oder vorgeschlagen wird, ausgeführt werden. Das Fahrmanöver basiert auf einer kollisionsvermeidenden Ausweichtrajektorie, welche unter Berücksichtigung von mittels des Verfahrens zur Bestimmung von befahrbaren Bereichen 2a in der Umgebung des Kraftfahrzeugs 1 erfassten befahrbaren Bereichen 2a ermittelt wird. Darauf basierend kann eine als Fahrerassistenzsystem 4 ausgebildete Vorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens den Fahrer beim Ausweichen vor Hindernissen 3 unterstützen und ihn autonom oder semiautonom im Fall einer bevorstehenden Kollision auf eine sichere Trajektorie führen, die mit keinem das eigene Kraftfahrzeug 1 umgebenden Hindernis 3 kollidiert.
Dies kann zum einen durch Anzeige einer entsprechenden Warnung oder zum anderen durch einen aktiven Eingriff des Fahrerassistenzsystems 4 mittels eines korrigierenden Bremseingriffs über eine gezielte Bremskrafterhöhung oder mittels eines entsprechenden Lenkeingriffs über ein nicht dargestelltes Lenksystem des Kraftfahrzeugs 1 , erfolgen.
Das Kraftfahrzeug 1 bzw. das Fahrerassistenzsystem 4 weist als umgebungser- fassende Sensorik bzw. Objektdetektionssensor einen Radarsensor 5, insbesondere Long-Range-Radarsensor zur messtechnischen Erfassung der Verkehrssi- tuation bzw. des Umfelds vor dem Kraftfahrzeug 1 auf. In einem anderen Ausführungsbeispiel könnte der Objektdetektionssensor auch als Lidarsensor oder dergleichen ausgebildet sein. Selbstverständlich können auch weitere Sensortypen verwendet werden. Mit den entsprechenden Änderungen sind sowohl mehrere Sensoren als auch Kombinationen unterschiedlicher Sensoren einsetzbar.
Durch Fusion mit Sensoren, die auch Informationen über die Objektausdehnung bzw. die Breite (siehe Figuren 1 und 2) liefern, wie etwa einem zusätzlich vorgesehenen Videosensor 6 (z. B. CMOS- oder CCD-Sensor), lassen sich die befahrbaren und belegten Bereiche 2a, 2b bzw. Flächen im Umfeld des Kraftfahr- zeugs 1 in sehr vorteilhafter Weise genauer und vollständiger bestimmen.
Erfassungskegel 7 des Radarsensors 5 sind in den Figuren 1 und 2 gestrichelt angedeutet. In weiteren nicht dargestellten Ausführungsbeispielen könnte auch eine Umgebungssensorik zur Erfassung der Verkehrssituation hinter dem Kraft- fahrzeug 1 vorgesehen sein.
Der Radarsensor 5 bzw. der Videosensor 6 steht mit einer Steuereinrichtung 4a des Fahrerassistenzsystems 4 in Verbindung, welche auch ein nicht näher dargestelltes Auswertemodul aufweist. Mit der Steuereinrichtung 4a können aufgrund der Sensorsignale des Radarsensors 5 Objekte bzw. Hindernisse 3, er- fasst werden. Im Rahmen des Fahrerassistenzsystems 4 läuft nun auf der Steuereinrichtung 4a das Verfahren zur Kollisionsvermeidung für das Kraftfahrzeug 1 ab, bei welchem bei einem sich während der Fahrt nähernden Hindernis 3 ein Fahrmanöver des Kraftfahrzeugs 1 zum Ausweichen autonom oder semiautonom durchgeführt oder über eine Warneinrichtung dem Fahrer oder weiteren Fahr- zeugsystemen vorgeschlagen wird. Das Fahrmanöver basiert auf einer kollisi- onsvermeidenden Ausweichtrajektorie, welche unter Berücksichtigung von mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Bestimmung wenigstens eines befahrbaren Bereichs 2a in der Umgebung des Kraftfahrzeugs 1 bestimmten befahrbaren Bereichen 2a ermittelt wird. Dabei wird der zeitliche Verlauf von Bele- gungsinformationen des wenigstens einen Objektdetektionssensors 5, 6 des
Kraftfahrzeugs 1 über das erfasste Objekt 3 berücksichtigt.
Durch eine Untersuchung und Interpretation der Belegungsinformation des wenigstens einen Objektdetektionssensors 5, 6 des Kraftfahrzeugs 1 über das we- nigstens eine erfasste Objekt 3 zu einem aktuellen Zeitpunkt k und zu wenigstens einem vergangenen Zeitpunkt k-1 wird der wenigstens eine befahrbare Bereich 2a bestimmt.
Wie aus Figur 1 ersichtlich, wird eine Retrodiktion der Belegungsinformationen des wenigstens einen Objektdetektionssensors 5, 6 des Kraftfahrzeugs 1 über das wenigstens eine erfasste Objekt 3 für ein vorgegebenes Zeitintervall At vorgenommen. Dabei bezeichnet At das Zeitintervall zwischen den vorstehend erwähnten Zeitpunkten k-1 und k. dxk bezeichnet den gemessenen Abstand in Längsrichtung zum aktuellen Zeitpunkt k. Nun kann die überfahrene Fläche bzw. der befahrbare Bereich 2a anhand der - beispielsweise von dem Videosensor 6 erfassten - Breite des erfassten Objekts 3 und dem Abstand in Längsrichtung zum vergangenen Zeitpunkt k-1 , welcher sich aus dem Produkt des vorgegebenen Zeitintervalls At und der aktuellen Geschwindigkeit des Objekts 3 in Längsrichtung vxk ergibt, sozusagen vorhergesagt werden. Unter Retrodiktion wird vor- liegend die Vorhersage eines vergangenen aber unbekannten Zustande verstanden. Die Länge des vorgegebenen Zeitintervalls At wird derart gewählt, dass eine
hinreichend hohe Genauigkeit in der Geschwindigkeitsinformation bzw. in der Beschleunigungsinformation über das wenigstens eine erfasste Objekt 3 erreicht wird.
In Figur 2 ist eine alternativ oder zusätzlich einsetzbare Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens gezeigt. In den Figuren 1 und 2 beziehen sich gleiche Bezugszeichen auf funktionsgleiche Elemente. Sonach kann auch eine Interpolation der Belegungsinformationen des wenigstens einen Objektdetektions- sensors 5, 6 des Kraftfahrzeugs 1 über das wenigstens eine erfasste Objekt 3 fortlaufend bzw. sukzessive in Zyklen vorgenommen werden. Dabei kann die überfahrene Fläche bzw. der befahrbare Bereich 2a anhand der - beispielsweise von dem Videosensor 6 erfassten - Breite des erfassten Objekts 3 und dem fortlaufend interpolierten Abstand dxk-i in Längsrichtung zum vergangenen Zeitpunkt k-1 bestimmt werden.
Das erfindungsgemäße Verfahren zur Bestimmung wenigstens eines befahrbaren Bereichs 2a in der, insbesondere für die Fahrzeugführung relevanten Umgebung 2 des Kraftfahrzeugs 1 bzw. das erfindungsgemäße Verfahren zur Kollisionsvermeidung für das Kraftfahrzeug 1 , ist vorzugsweise als Computerprogramm auf des Steuereinrichtung 4a eines Fahrerassistenzsystems 4 des Kraftfahrzeugs 1 , realisiert, wobei auch andere Lösungen selbstverständlich in Frage kommen. Dazu ist das Computerprogramm in einem nicht dargestellten Speicherelement der Steuereinrichtung 4a gespeichert. Durch Abarbeitung auf einem ebenfalls nicht dargestellten Mikroprozessor der Steuereinrichtung 4a wird das Verfahren ausgeführt. Das Computerprogramm kann auf einem computerlesbaren Datenträger (Diskette, CD, DVD, Festplatte, USB-Memory Stick, Speicherkarte oder dergleichen) oder einem Internetserver als Computerprogrammprodukt gespeichert sein und von dort aus in das Speicherelement der Steuereinrichtung 4a übertragen werden.