Zusammensetzung zur Herstellung von anti-Amyloid beta-Peptid-Antikörpern mit D-Peptiden
Die Erfindung betrifft eine Zusammensetzung enthaltend D-Peptide oder Antikörper zur Verwendung als Therapeutikum bei der Behandlung von Krankheiten, bei denen eine aberrante Proteinaggregation oder -multimerisierung eine Rolle spielt. Ferner betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung dieser Zusammensetzung sowie deren Verwendung.
Proteinaggregationserkrankungen bzw. die amyloide Degeneration ist eine heterogene Gruppe klinischer Zustände mit dem gemeinsamen Kriterium der in vielen Fällen aber nicht ausschließlich extrazellulären (systemisch oder lokalen) Ablagerung eines jeweils spezifischen Proteins in der geordneten Konformation von beta-Faltblattstruktur. Unter die Gruppe der Proteinaggregationserkrankungen bzw. Proteinfehlfaltungserkrankungen fällt auch die Alzheimer-Krankheit. Die Alzheimer- Krankheit (lateinisch Morbus Alzheimer) tritt als neurodegenerative Erkrankung in ihrer häufigsten Form bei Personen über dem 65. Lebensjahr auf. Die Pathogenese ist geprägt von einer Verschlechterung der kognitiven Leistungsfähigkeit, die meistens begleitet wird von einer Abnahme der täglichen Aktivitäten, mit Verhaltens- auffälligkeiten und neuropsychologischen Symptomen. Die Patienten verlernen im fortgeschrittenen Stadium altbekannte Fertigkeiten und erkennen nahe stehende Personen nicht mehr wieder. Die Lebenserwartung nach einer Alzheimer-Diagnose beträgt aus statistischer Sicht im Schnitt etwa sieben bis zehn Jahre. Ferri et al. zeigen, dass im Jahr 2005 ca. 24 Millionen Menschen von Demenz betroffen sind, wovon ca. 60% auf Morbus Alzheimer zurückzuführen ist (Ferri et al., Lancet. 366, Nr. 9503, 2005, S. 2112-7). Der Morbus Alzheimer ist derzeit die häufigste Demenzerkrankung für die bis zum heutigen Stand (Oktober 2008) keine kausale Therapie besteht.
Ein pathologisches Kennzeichen von Morbus Alzheimer, welches auch schon vor ersten klinischen Symptomen bestimmbar ist, sind Plaques (sog. Alzheimer-
Fibrillen). Diese Proteinaggregate bestehen größtenteils aus fehlerhaft gefaltetem Amyloid beta-Peptid (auch Abeta-Peptid oder Amyloid beta-Peptid) und lagern sich im Gehirn von Alzheimer-Patienten ab (Walsh und Selkoe; 2007, Journal of Neurochemistry 101 :1172-1184) und sind die Folge einer erhöhten Anhäufung des Amyloid beta-Peptids im Gehirn. Allerdings stellen die Amyloid beta-Peptidfibrillen nur das Endstadium eines Prozesses dar, der mit der Abspaltung von monomerem Amyloid beta-Peptid aus APP (amyloid precursor protein) beginnt, dann neurotoxische Amyloid beta-Peptid Oligomere ausbildet, und erst dann mit Amyloid beta-Peptidfibrillen endet.
Um die Anhäufung mit dem Amyloid beta-Peptid zu verhindern, gibt es als experimentelle Therapien die aktive und passive Immunisierung mit dem Amyloid beta-Peptid-Fragment als Immunogen.
Experimentelle Therapien werden in in vitro Modellen der Amyloid beta-Peptid Aggregation, in Zellmodellen der Produktion des Amyloid beta-Peptids, sowie in transgenen Mausmodellen die im Gehirn Amyloid beta-Peptidaggregate bilden, durchgeführt. Insbesondere wurden aktive und passive Immunisierung als Therapie in dem transgenen Mausmodell der Amyloid beta-Peptidaggregation durchgeführt (Schenk et al., Nature, 1999; Bard et al. 2003) In der Erstbeschreibung der aktiven Immunisierung wurde volle Länge L-Amyloid beta-Peptid als Immunogen verwendet und führte in einem Mausmodell der Alzheimererkrankung im Rahmen einer Immunisierung zu einer Clearance der Plaques (Schenk et al., Nature, 1999). In einem ähnlichen Mausmodell wurden auch die passive Immunisierung erfolgreich angewendet. Dabei zeigte sich, dass N-terminale Epitope im Bereich Amyloid beta- Peptid 1 -11 besonders effizient zur cerebralen Clearance der Amyloid beta- Peptidfibrillen führten (Bard et al.; 2003, PNAS 100 (4):2023-2028). Derzeit finden zwei Studien mit passiver Immunisierung, d.h. Antikörpern / Antikörperfragmenten bei Patienten mit Morbus Alzheimer statt (Brody und Holtzman; 2008, Annual Reviews in Neuroscience 31 :175-193).
Die Immunisierung wurde in Tierversuchen erfolgreich getestet , jedoch führte die aktive Immunisierung beim Menschen zu einer T-ZeI I -vermittelten Autoimmunantwort bzw. Autoimmunkrankheit, bei der das körpereigene Immunsystem im Gehirn des Patienten Meningoenzephalitiden (Meningoenzephalitis) herbeiführte (Brody und Holtzman; 2008, Annual Reviews in Neuroscience 31 :175-193). Daher wird die aktive Immunisierung mit dem Amyloid beta-Peptid-Fragment derzeit als wenig erfolgversprechend angesehen.
Antikörper gegen das Amyloid beta-Peptid für die passive Immunotherapie wurden von Bard et al (PNAS 100(4):2023-2028), Dodel et al. (2002; Ann Neural 52:253- 256) und 2007 von Gardberg et al. (PNAS 104(40):15659-15664) gegen die Aminosäuren 1 -8 des Amyloid beta-Peptids beschrieben.
Die Immunisierung von alten Beagle-Hunden mit vollständigen (1 -42) fibrillaren Amyloid beta-Peptid wurde beispielsweise auch von Head et al. (2008; The Journal of Neuroscience 28(14):3555-3566) beschrieben. Jedoch gibt es schwerwiegende Unterschiede zwischen Hunden und Menschen in Bezug auf die Verwendung des Amyloid beta-Peptids als Immunogen, da im Gegensatz zum Menschen in Hunden keine entgegenwirkende Autoimmunantwort auftritt.
Cribbs et al. (1997; The Journal of Biological Chemistry 272(11 ):7431 -7436) untersuchten den Mechanismus des Amyloid beta-Peptides und verwendeten dabei die D- und L-Isomere des vollständigen Amyloid beta-Peptides sowie einer verkürzten Form (Aminosäuren 1 -42 bzw. 25-35). Die Stereospezifität wird ebenfalls von Esler et al. untersucht. Den Nachweis von Proteinen mit veränderter Konformation / Prionen durch die Verwendung von Sequenzen, die dem nachzuweisenden Target- P rote in entsprechen zeigen Orser et al. (US 2008/0171341 A1 ). Willbold et al. (WO 02/081505 A2) zeigen die Durchführung eines Phagendisplays zur Identifizierung von Aminosäuresequenzen die an das Ass-Peptid binden. Findeis
et al. (US 6,689,752 B2) untersuchen den Einfluss von Sequenzen bestehend aus 3- 5 Aminosäuren auf die Aggregation des Amyloid beta-Peptides. Cribbs et al. folgerten aus ihren Ergebnissen, dass die Neurotoxizität nicht stereoisomer-spezifisch ist. Jedoch wird nicht auf eine Immunantwort hin getestet, aber auf die geringere Immunogenizität der D-Isomere verwiesen.
Geylis et al. beschreiben Zelllinien, gewonnen von gesunden Menschen, welche Antikörper synthetisieren die an die Aminosäuren 1 -16 des Amyloid beta-Peptides binden und diskutieren die Verwendung bei der passiven Immunisierung. Von Lee et al. (2005; American Neurological Association 58:430-435) wurden die Antikörper- Seren von Menschen verglichen, die nach einer Amyloid beta-Peptid-lmmunisierung an Meningoenzephalitis erkrankten und nicht erkrankten. Ein Ergebnis dieser Untersuchung war, dass die Antikörper hauptsächlich gegen die Aminosäuren 1 -8 des Amyloid beta-Peptides gerichtet waren.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist daher die Bereitstellung einer Zusammensetzung zur Verwendung als Therapeutikum bei der vorbeugenden Behandlung bzw. Therapie von Proteinaggregations/fehlfaltungserkrankungen. Die Zusammensetzung sollte in einem Verfahren zur aktiven Immunisierung gegen Morbus Alzheimer und anderen Proteinaggreagtionserkrankungen eingesetzt werden können. Dabei soll die selektive Evozierung einer B-ZeII Immunantwort unter Vermeidung einer T-Zellimmunantwort erreicht werden.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch eine Zusammensetzung enthaltend D-Peptide oder Antikörper zur Verwendung als Therapeutikum und/oder zur Krankheitsvorbeugung, wobei a) die D-Peptide mit einem Amyloid beta-Peptid interagieren und b) die Antikörper an das D-Peptid aus a) und zusätzlich an das Amyloid beta-Peptid aus a) binden.
Die Zusammensetzung, enthält somit ein D-Peptid als Immunogen, welches mit einem Amyloid beta-Peptid interagiert und die Antikörperbildung von Anti-Amyloid
beta-Peptid-Antikörpern hervorruft. Die Zusammensetzung kann auch einen Amyloid beta-Peptid-interagierenden Antikörper enthalten, wobei dieser Antikörper in der Lage ist, an das zuvor genannte D-Peptid zu binden und zusätzlich an das Amyloid beta-Peptid. Bei der „Interaktion" zwischen dem D-Peptid und dem Amyloid beta- Peptid handelt es sich um eine Protein-Proteinwechselwirkung.
Die erfindungsgemäße „Zusammensetzung" kann z. B. ein Impfstoff, ein Medikament (z. B. in Tablettenform), eine Injektionslösung, ein Nahrungs- oder Nahrungs- ergänzungsmittel sein. Die erfindungsgemäße Zusammensetzung kann lediglich aus D-Peptiden oder lediglich aus Antikörpern bestehen, verbunden mit den zu der jeweiligen Applikation benötigten Hilfsmitteln wie z. B. Salze wie Aluminium-Salze, Puffer oder Lösungsmittel.
Weitere Vorteile, die sich gegenüber dem Stand der Technik ergeben, sind: - ein geringes Molekulargewicht des Immunogens
- keine T-Zellantwort (zelluläre Autoimmunität) und damit deutlich weniger Nebenwirkungen
- die Verwendung von geringen Mengen der Zusammensetzung ist ausreichend, da das Immunogen verzögert abgebaut wird - das Immunogen ist einfach zu modifizieren oder zu kombinieren.
Durch die erfindungsgemäße Zusammensetzung kommt es nach der Immunisierung mit D-Peptiden zur Generierung von Amyloid beta-Peptid-spezifischen Antikörpern. Diese Immunisierung mit Amyloid beta-Peptid-fremden Immunogen aus D-Peptid ist dem Amyloid beta-Peptid Immunogen überlegen, da eine Antikörperantwort gegen das Amyloid beta-Peptid evoziert wird, ohne die gleichzeitige, Nebenwirkungsbelastende anti-Amyloid beta-Peptid T-ZeII immunantwort.
Unter „Immunisierung" versteht man das Erzeugen einer Immunantwort gegen ein definiertes Antigen mit dem Ziel dieses Antigen zu eliminieren, zu neutralisier und/oder anderweitig für den Organismus ungefährlich zu machen. Aktive
Immunisierung: Einbringen eines Antigens (meist einer Peptidsequenz) dergestalt, dass eine endogen Immunantwort erzeugt wird, die zu der Eliminierung des Antigens, und v.a. verwandter Antigene führt.
Unter „Passive Immunisierung" versteht man das Einbringen von Antikörpern parenteral, die zu einer Eliminierung des Antigens führen.
Mit der erfindungsgemäßen Zusammensetzung kann die Bildung von Amyloid beta- Peptid-Multimeren durch Bindung eines Antikörpers an die Multimerisierungsdomäne des Amyloid beta-Peptids verhindert werden, wobei der Antikörper nach Immunisierung mit einem D-Peptid gebildet wird.
„Amyloid beta-Peptid-Multimere" bedeutet im Sinne der Erfindung die stabile Zusammenlagerung mehrerer Amyloid beta-Peptidmolekülen mit der Erlangung neuer Funktionen ("gain fo function").
Der Begriff „Multimerisierungsdomäne" definiert diejenigen Domänen des Amyloid beta-Peptids, die mit der Interaktion der Amyloid beta-Peptide untereinander zu tun haben. In einer Variante erfüllen die Aminosäuren 10-42 des Amyloid beta-Peptids diese Funktion.
Weiterer Indikationsbereich ist die Verwendung bei der Therapie von Morbus Alzheimer, Diabetes mellitus und andere Amyloiderkrankungen, sowie Erkrankungen, bei denen die Homo-Multimerisierung von einem Protein entscheidend ist, wie z. B. Morbus Parkinson, frontotemporale Demenz, amyotrophe Lateralsklerose, Mukoviszidose, bestimmte Formen der Epilepsie.
Weiterer Gegenstand der Erfindung ist eine Zusammensetzung, in der das D-Peptid a) eine retro-inverse Sequenz des Amyloid beta-Peptids oder Amyloid beta-Peptid- Teilfragmenten enthält und vollständig aus D-Aminosäuren besteht und/oder b) an die Multimerisierungsdomäne des Amyloid beta-Peptids bindet und/oder
c) die Sequenz SEQ ID NO:1 oder SEQ ID NO:2 enthält und vollständig aus D- Aminosäuren besteht und/oder d) D-Peptide mit der Sequenz SEQ ID NO:1 oder SEQ ID NO:2 enthält, wobei die D- Peptide mit der Sequenz SEQ ID NO:1 oder SEQ ID NO:2 teilweise L-Aminosäuren enthalten und/oder e) homologe Sequenzen zu SEQ ID NO:1 oder SEQ ID NO:2 enthält
„D-Peptide" bestehen in einer Variante aus einer retro-inversen Sequenz zum Amyloid beta-Peptid oder Amyloid beta-Peptid-Teilfragmenten und vollständig aus D- Aminosäuren.
Ein „Teilfragment" besteht aus 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11 , 12, 13, 14, 15, 16 oder mehr Aminosäuren homolog zur Aminosäuresequenz des Amyloid beta-Peptids.
In einer weiteren Variante binden die erfindungsgemäßen D-Peptide an die Multimehsierungsdomäne des Amyloid beta-Peptids. In einer weiteren Variante weisen die D-Peptide die Sequenz SEQ ID NO:1 oder SEQ ID NO:2 auf und bestehen vollständig aus D-Aminosäuren. In einer weiteren Variante weisen die D- Peptide die Sequenz SEQ ID NO:1 oder SEQ ID NO:2 auf, und enthalten teilweise L-Aminosäuren. In einer weiteren Variante weisen die D-Peptide homologe Sequenzen zu SEQ ID NO:1 oder SEQ ID NO:2 auf. Unter „D-Peptid" wird ein Peptid verstanden, welches sich aus Aminosäuren in der D-Form zusammensetzt.
Enthalten „teilweise" L-Aminosäuren bedeutet, dass 1 , 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10 oder mehr Aminosäuren homolog zur Aminosäuresequenz des aus D-Aminosäuren bestehenden D-Peptids durch jeweils die gleiche Aminosäure in der L-Konformation ersetzt sind.
„Homologe Sequenzen" bedeutet im Sinne der Erfindung, dass eine Aminosäuresequenz eine Identität mit der SEQ ID NO:1 oder SEQ ID NO:2 von mindestens 70%, 75%, 80%, besonders bevorzugt 85%, 90%, insbesondere 91 %,
92%, 93%, 94%, 95%, 96%, 97%, 98% oder 99% aufweist. Homologe Sequenzen zu den erfindungsgemäßen Sequenzen bestehend aus D-Aminosäuren können auch teilweise L-Aminosäuren enthalten. Anstelle des Begriffs "Identität" werden in der vorliegenden Beschreibung die Begriffe "homolog" oder "Homologie" gleichbe- deutend verwendet. Die Identität zwischen zwei Nukleinsäuresequenzen oder PoIy- peptidsequenzen wird durch Vergleich mit Hilfe des Programms BESTFIT basierend auf dem Algorithmus von Smith, TF. und Waterman, M. S (Adv. Appl. Math. 2: 482- 489 (1981 )) berechnet unter Einstellung folgender Parameter für Aminosäuren: Gap creation penalty: 8 und Gap extension penalty: 2; und folgender Parameter für Nukleinsäuren: Gap creation penalty: 50 und Gap extension penalty: 3. Bevorzugt wird die Identität zwischen zwei Nukleinsäuresequenzen oder Polypeptidsequenzen durch die Identität der Nukleinsäuresequenz / Polypeptidsequenz über die jeweils gesamte Sequenzlänge definiert, wie sie durch Vergleich mit Hilfe des Programms GAP basierend auf dem Algorithmus von Needleman, S.B. und Wunsch, CD. (J. Mol. Biol. 48: 443-453) unter Einstellung folgender Parameter für Aminosäuren berechnet wird: Gap creation penalty: 8 und Gap extension penalty: 2; und die folgenden Parameter für Nukleinsäuren Gap creation penalty: 50 und Gap extension penalty: 3.
Diese homologen D-Peptide binden entweder an das Amyloid beta-Peptid und/oder die Amyloid beta-Peptid-Multimerisierungsdomäne. Sie können aus dem Amyloid beta-Peptid abgeleitet sein (homolog) und sind funktional definiert, d.h. fähig eine mindestens dem Amyloid beta-Peptid identische Immunantwort zu evozieren. Sie sind aber nicht das Amyloid beta-Peptid selber und erzeugen eine Antikörperantwort in Mäusen gegen das Amyloid beta-Peptid und/oder Amyloid beta-Peptid- Multimeren.
Unter dem Begriff "Retro-inverses Peptid" oder „Retro-inverso Peptid" wird erfindungsgemäß ein Peptid bezeichnet, welches sich aus Aminosäuren in der D- Form zusammensetzt (invers: Chiralität des alpha-C-Atoms invers zur L-Form), bei dem zusätzlich die Sequenzreihenfolge zum ursprünglichen Peptid umgekehrt wurde
(retro = rückwärts; siehe auch Regenmortel und Muller, 1998; Current Opinion in Biotechnology 9:377-382).
Weiterer Gegenstand der Erfindung ist eine Zusammensetzung enthaltend Antikörper, wobei der Antikörper an das Amyloid Peptid oder Amyloid beta-Peptid bindet und a) an eine retro-inverse Sequenz des Amyloid beta-Peptids oder Amyloid beta- Peptid-Teilfragmenten bindet und/oder b) an die Multimerisierungsdomäne des Amyloid beta-Peptids bindet und auch an das Amyloid beta-Peptid und/oder c) an SEQ ID NO:1 oder SEQ ID NO:2 oder homologe Sequenzen davon bindet.
Vorteilhafterweise weisen die Antikörper Eigenschaften des Amyloid beta-Peptids selber auf und kompetitieren mit der Multimerisierung des Amyloid beta-Peptids, wenn zur Antikörper-Generierung Peptide, die an die Amyloid beta-Peptid- Multimehsierungsdomäne binden, verwendet werden.
Weiterer Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung der erfindungsgemäßen Zusammensetzung, wobei durch Immunisierung von Tieren bzw. Tierzellen und Fusionierung von Tierzellen mit Myelomzellen und darauffolgender Selektion und Kultivierung antikörperproduzierende Hybridzellen erhalten werden und Antikörper isoliert und aufgereinigt werden.
Die Immunisierung, Fusionierung, Selektion, die Kultivierung von antikörperproduzierenden Hybridzellen und die Antikörper-Isolierung bzw.
Antikörper-Aufreinigung kann zum Beispiel mit den in in „Monoclonal antibodies"
(Heddy Zola. Springer Verlag, New York 2000) gezeigten und dem Fachmann bekannten Methoden durchgeführt werden. Weitere Verfahren, insbesondere für das
Screening von antikörperproduzierenden Zellen, wurden von Korth et al., 1999, in Methods in Enzymology 309:106f gezeigt.
Zur Immunisierung können Tiere (bzw. Tierzellen), z. B. Mäuse, Kaninchen, Ratten, Meerschweinchen und weitere, standardmäßig zur Antikörperherstellung eingesetzte Tiere, verwendet werden. Werden Mäuse für die Immunisierung mit der erfindungsgemäßen Zusammensetzung gewählt, kann eine Immunisierungsstrategie wie folgt aussehen: die Zusammensetzung kann dabei subkutan injiziert werden (z. B. dreimal; Tag 0: komplettes Freund-Adjuvans, Tag 21 und 22: inkomplettes Freund- Adjuvans; Blutabnahme ca. 100 μl am Tag 31 ). Nach einer oder mehreren Booster- Injektionen mit der erfindungsgemäßen Zusammensetzung werden die Mäuse beispielsweise am Tag 50 betäubt, enthauptet und es wird die Milz entnommen. Die daraus gewonnenen Milzzellen (Splenocyten) werden mit Maus-Myelom-Zellen im Verhältnis 1 :5 vermischt und durch Hinzugabe von 50% Polyethylen-Glycol (PEG) (8 Minuten, Raumtemperatur) fusioniert. Danach werden die Zellen gewaschen und über-Nacht kultiviert. Die Selektion auf die Antikörper-produzierende Hybridoma- Zellen kann z. B. in HAT-Medium und in 96-well Mikrotiter-Platten erfolgen und im ELISA-Enzymtest.
Weiterer Gegenstand der Erfindung ist eine Verwendung einer erfindungsgemäßen Zusammensetzung zur Verhinderung von Amyloid beta-Peptid-Multimeren. Dabei können D-Peptide oder Antikörper, die an die Multimerisierungsdomäne des Amyloid beta-Peptids binden, verwendet werden
In einer erfindungsgemäßen Variante enthält die Zusammensetzung 10-1000 μg Immunogen. In einer weiteren Variante enthält die Zusammensetzung 20-900, 25- 750, 30-600, 40-500, 50-400, 50-300 oder 50-250 μg Immunogen. Denkbar wäre auch eine Zusammensetzung die weniger als 10 μg Immunogen oder mehr als 1000 μg Immunogen enthält.
Vorzugsweise wird unter „Immunogen" ein zur Immunität führendes Antigen verstanden. Ein Immunogen ist ein Stoff, der in der Lage ist, eine Immunantwort auszulösen. Immunogene unterscheiden sich dadurch von den Antigenen, die von
einem Antikörper erkannt werden, von denen aber nicht alle allein eine Immunantwort auszulösen können.
Vorzugsweise wird unter „Immunität" die durch Immunisierung herbeigeführte und durch Auftreten spezifischer Antikörper und/oder Zellen gekennzeichnete veränderte Reaktionsbereitschaft des Immunsystems gegenüber Antigenen (wie z. B. Viren, Bakterien oder Fremdeiweiß) verstanden.
Weiterer Gegenstand der Erfindung ist eine Verwendung der erfindungsgemäßen Zusammensetzung bei der Vorbeugung und/oder Therapie von Morbus Alzheimer. So können D-Peptide, die an die Multimerisierungsdomäne des Amyloid beta- Peptids binden, zur Herstellung eines Medikamentes zur Vorbeugung und/oder Therapie von Morbus Alzheimer dienen.
Weiterer Gegenstand der Erfindung ist eine Verwendung der erfindungsgemäßen Zusammensetzung enthaltend D-Peptide als Therapeutikum und/oder zur Krankheitsvorbeugung von Morbus Alzheimer, wobei das D-Peptid a) aus einer retro-inverse Sequenz zum Amyloid beta-Peptid oder Amyloid beta- Peptid-Teilfragmenten enthält und vollständig aus D-Aminosäuren besteht und/oder b) an die Multimerisierungsdomäne des Amyloid beta-Peptids bindet und/oder c) die Sequenz SEQ ID NO:1 oder SEQ ID NO:2 enthält und vollständig aus D- Aminosäuren besteht und/oder d) die Sequenz SEQ ID NO:1 oder SEQ ID NO:2 enthält, wobei die D-Peptide mit der Sequenz SEQ ID NO:1 oder SEQ ID NO:2 teilweise L-Aminosäuren enthalten und/oder e) homologe Sequenzen zu SEQ ID NO:1 oder SEQ ID NO:2 enthält.
Weiterer Gegenstand der Erfindung ist eine Verwendung einer erfindungsgemäßen Zusammensetzung enthaltend Antikörper als Therapeutikum und/oder zur Krankheitsvorbeugung oder zur Diagnose von Morbus Alzheimer, wobei die Antikörper
a) an eine retro-inverse Sequenz des Amyloid beta-Peptids oder Amyloid beta- Peptid-Teilfragmenten binden und/oder b) an die Multimerisierungsdomäne des Amyloid beta-Peptids binden und auch an das Amyloid beta-Peptid und/oder c) an SEQ ID NO:1 oder SEQ ID NO:2 oder homologe Sequenzen davon binden.
Weiterer Gegenstand der Erfindung ist eine Verwendung einer Zusammensetzung enthaltend Antikörper zur Diagnose von Morbus Alzheimer, zum Nachweis oder Quantifizierung von Biomolekülen oder zur Lokalisierung von Biomolekülen in Geweben, Zellen oder bei der Erkennung spezieller Zelltypen enthält, wobei der Antikörper a) an eine retro-inverse Sequenz des Amyloid beta-Peptids oder Amyloid beta- Peptid-Teilfragmenten bindet und auch an das Amyloid beta-Peptid und/oder b) an die Multimerisierungsdomäne des Amyloid beta-Peptids bindet und/oder c) an SEQ ID NO:1 oder SEQ ID NO:2 oder homologe Sequenzen davon und auch an das Amyloid beta-Peptid bindet.
Unter Nachweis bzw. Quantifizierung von Biomolekülen im Sinne der Erfindung wird hierbei die Bestimmung von Substanzen durch Antigen-Antikörper-Reaktionen verstanden (z. B. Immunoassays).
Unter der Lokalisierung von Biomolekülen in Geweben bzw. Zellen oder unter der Erkennung spezieller Zelltypen im Sinne der Erfindung wird hierbei die Nutzung von Antikörpern z. B. in der Immunhistochemie oder Immuncytochemie verstanden.
Vorteil der vorliegenden Erfindung ist, dass eine therapeutische Antikörperantwort evoziert wird, ohne dass das dabei eingesetzte D-Peptid von T-Zellen verarbeitet wird.
Somit wurde eine Methode erfunden, mit deren Hilfe auf einfache Weise Immunisierungsstrategien gegen Proteinaggregationserkrankungen bzw.
Proteinkonformationserkrankungen entwickelt werden können. So kann in einem Verfahren im Zusammenhang mit der Therapie von Morbus Alzheimer, bei dem mit Amyloid beta-Peptid-interagierenden D-Peptiden immunisiert wird, in einem Individuum eine Amyloid beta-Peptid-Toxizität neutralisierende und/oder Amyloid beta-Peptid clearende humorale Immunantwort erreicht werden. Ferner können Verfahren entwickelt werden, bei dem es sich um eine andere Krankheit als Morbus Alzheimer handelt, bei der die Aggregation bzw. Multimerisierung von Proteinen ebenfalls krankheitsrelevant ist und bei dem an Multimerisierungs-Interfaces bindende D-Peptide verwendet werden (Proteinkonformationserkrankungen des ZNS, Diabetes usw.).
Vorzugsweise wird unter „Clearing", „Clearance" bzw. „clearend" die Entfernung einer bestimmten exogenen oder endogenen Substanz aus einem Gewebe als spezifische Leistung eines Organs (z.B. renale Clearance), einer zellulären Komponente (z.B. Makrophagen, Mikroglia), oder subzellulären Kompartments (z. B. Proteasom) verstanden.
Ein weiterer Vorteil der Erfindung ist, dass zusätzlich der Epitopraum („epitope space") des Amyloid beta-Peptids verlassen wird, der grundsätzlich bei hoher Selbsttoleranz die humorale Immunantwort limitieren kann. Bei der erfindungsgemäßen Verwendung von Amyloid beta-Peptid-bindenden D-Peptiden wird zudem die T-ZeII immunantwort unterdrückt, da diese Peptide nicht degradiert und präsentiert werden können.
Gegenstand der Erfindung sind auch Antikörper, die sich gegen die Amyloid beta- Peptid-Multimerisierungsdomäne richten und die Multimerisierung des Amyloid beta- Peptids verhindern. Danach können, durch die Markierung mit dem Antikörper, Amyloid beta-Peptide bzw. die zusammengelagerten Amyloid beta-Peptid- Ablagerungen durch das Körper-eigene Immunsystem abgebaut werden. Weitere erfindungsgemäße Antikörper richten sich gegen das Amyloid beta-Peptid allgemein und nicht gegen die Multimerisierungsdomäne im speziellen.
Beispiele
Im Folgenden wird die Erfindung anhand der Ausführungsbeispiele und der beiliegenden Abbildungen näher beschrieben.
Abbildung 1 zeigt einen Western Blot von synthetischem Amyloid-beta-Peptid (1 ) und CHO-Zellen, mit APP transfiziert (3); irrelevante Kontrolle (2). Dieser Western Blot zeigt, dass 9A6 kein APP oder Amyloid-beta-Peptid auf dem Western Blot erkennt (linke Seite), während der universale anti-Amyloid-beta-Peptid-Antikörper IC16 dies vermag (rechte Seite).
Abbildung 2 zeigt einen Western Blot einer Immunpräzipitation von IC16 (rechte Seite) und 9A6 (rechte Seite) vom Überstand permanent APP transfizierter CHO- Zellen, die das Amyloid-beta-Peptid sezernieren. Es ist zu sehen, dass 9A6 Amyloid- beta-Peptid Oligomere erkennt.
Abbildung 3 zeigt eine immunohistochemische Färbung mit 9A6 einer kortikalen Probe eines Patienten mit Morbus Alzheimer. Es ist zu sehen, dass der 9A6 Antikörper schwach Amyloid-beta-Peptid Plaques erkennt.
Beispiel 1 (Immunisierung von Mäusen mit D3 Peptid)
Mäuse wurden mit D-Peptiden immunisiert. Es wurden das D3-Peptid verwendet, sowie ein retro-inverses Peptid des Amyloid beta-Peptids (riAbeta1 -16; retro- inverso-Abeta(1 -16)). Nach mehreren Boosterinjektionen (Auffrischungsimpfungen, Booster-Effekt) wurde eine Fusion zur Erzeugung monoklonaler Antikörper nach Standardmethoden durchgeführt. Es konnten monoklonale Antikörper isoliert werden, die an D3, hAbeta1 -16 und an das Amyloid beta-Peptid binden. Somit führt die Immunisierung mit den genannten D-Peptiden zu einer protektiven Immunantwort gegen das Amyloid beta-Peptid.
Vorzugsweise wird unter „Booster-Effekt" (erzielt durch eine Boosterinjektion bzw. Auffrischungsimpfung) eine immunologische Sekundärreaktion bzw. eine verstärkte Immunantwort nach einem Wiederholungskontakt mit dem Antigen verstanden.
Die zum Immunisieren verwendeten Peptide hatten folgende Sequenzen:
„D3"-Peptid: rprtr Ihthr nr (SEQ ID NO:1 ) retro-inverso-Abeta(1 -16): kqhhv eygsd hrfea d (SEQ ID NO:2)
D3 wurde an KLH (Keyhole Limpet Hämocyanin) kovalent verbunden (crosslinking) und mit Standardprozeduren Mäusen immunisiert. Diese wurden dann nach Standardprotokollen mit Mausmyelomzellen fusioniert. Der Zellkulturüberstand der entstandenen Hybridomazellen wurde dann sowohl auf die Erkennung des D3 Peptids und des Amyloid beta-Peptids im Standard ELISA getestet.
Folgende Klone erkennen ausschließlich D3 (und nicht das Amyloid beta-Peptid): 4G11 , 13H11 , 32A11 , 40B7
Folgende Klone erkennen sowohl D3 als auch das Amyloid beta-Peptid: 9A6, 14B5, 39B12
Diese Experimente zeigen, dass
1. die Immunisierung mit D3 eine Antikörperantwort gegen das Amyloid beta-Peptid zufolge hat und 2. dass es an bestimmten Antikörpern eine Bindungsstelle gibt, die sowohl das Amyloid beta-Peptid als auch D3 erkennen kann.
Der exemplarisch untersuchte antiD3/anti-Amyloid beta-Peptid Antikörper 9A6 wurde weiter in den in Abbildung 1 , Abbildung 2 und Abbildung 3 gezeigten Assays getestet.