Dualphasenstahl, Flachprodukt aus einem solchen Dualphasenstahl und Verfahren zur Herstellung eines
Flachprodukts
Die Erfindung betrifft einen Dualphasenstahl, dessen Gefüge im Wesentlichen aus Martensit und Ferrit bzw. Bainit besteht, wobei Anteile an Restaustenit vorhanden sein können und der Dualphasenstahl eine Zugfestigkeit von mindestens 950 MPa aufweist. Ebenso betrifft die Erfindung ein aus einem solchen Dualphasenstahl hergestelltes Flachprodukt sowie Verfahren zur Herstellung eines solchen Flachprodukts.
Unter den Oberbegriff "Flachprodukt" fallen hier typischerweise Stahlbänder und -bleche der erfindungsgemäßen Art.
Gerade im Bereich des Fahrzeugkarosseriebaus besteht die Forderung nach Stählen, die einerseits bei geringem Gewicht eine hohe Festigkeit, andererseits jedoch auch eine gute Verformbarkeit besitzen. Es ist eine große Zahl von Versuchen bekannt, Stähle zu erzeugen, die diese an sich widersprüchlichen Eigenschaften in sich vereinen.
So sind beispielsweise aus der EP 1 431 107 Al ein Stahl, der nicht nur gut tiefziehbar sein soll, sondern auch hohe Zugfestigkeiten besitzt, ein daraus hergestelltes Flachprodukt und ein Verfahren zu dessen Herstellung
bekannt. Der bekannte Stahl enthält neben Eisen und den unvermeidbaren Verunreinigungen (in Gew.-%) 0,08 - 0,25 % C, 0,001 - 1,5 % Si, 0,01 - 2,0 % Mn, 0,001 - 0,06 % P, bis zu 0,05 % S, 0,001 - 0,007 % N und 0,008 - 0,2 % Al. Gleichzeitig soll er einen mittleren r-Wert von mindestens 1,2, einen r-Wert in Walzrichtung von mindestens 1,3, einen r-Wert in einer Richtung von 45° bezogen auf die Walzrichtung von mindestens 0, 9 und einen r-Wert quer zur Walzrichtung von mindestens 1,2 aufweisen. In dem bekannten Stahl wird Silizium eine festigkeitssteigernde Wirkung zugeschrieben, wobei die Obergrenze von 1,5 Gew.-% im Hinblick auf eine gute Beschichtbarkeit des Stahls gewählt worden ist. Ebenso wird der positive Einfluss von Mn auf die Festigkeit hervorgehoben. Dabei ist die Obergrenze des Gehalts an Mn von 1,5 % im Hinblick auf die mit dem Überschreiten dieser Grenze einhergehende Abnahme der r-Werte gesetzt worden, wobei zur Optimierung der r-Werte des bekannten Stahlblechs Mn-Gehalte im Bereich von 0,04 - 0,8 Gew.-%, insbesondere 0,04 - 0,12 Gew.-%, als vorteilhaft angesehen worden sind.
Optional kann der bekannte Stahl zur weiteren Steigerung seiner Festigkeit neben anderen wahlweise zugegebenen Legierungselementen auch Gehalte an B von 0.0001 - 0.01 Gew.-% B, an Ti, Nb und/oder V in einer Gesamtmenge von 0.001 - 0.2 Gew.-% sowie an Sn, Cr, Cu, Ni, Co, W und / oder Mo in einer Gesamtmenge von 0.001 - 2.5 Gew.-% aufweisen. Aus Kostengründen ist dabei der Gesamtgehalt dieser Elemente auf die jeweils angegebene Obergrenze beschränkt .
Sofern die in der EP 1 431 407 Al beschriebenen Stähle Festigkeiten von mehr als 850 MPa besitzen, weisen sie allerdings kein Dualphasengefüge mehr auf, sondern ihr Gefüge besteht entweder nur aus Martensit oder nur aus Ferrit bzw. Bainit. Auch findet sich in der EP 1 431 407 Al kein Beispiel, anhand dessen beispielsweise die Wirkungen von Cr, Mo, Ti oder B bei gleichzeitig geringen Mengen an Si oder höheren Gehalten an Mn nachvollzogen werden könnten. Vielmehr belegen die in der EP 1 431 407 Al angegebenen Beispiele, dass gemäß diesem Stand der Technik die Festigkeit im Wesentlichen durch eine geeignete Abstimmung der Mn- und Si-Gehalte zur jeweiligen Stahllegierung eingestellt worden ist.
Eine weitere Möglichkeit der Erzeugung von aus höherfesten Dualphasenstählen bestehenden Flachprodukten, die auch nach Durchlauf eines Glühprozesses unter Einschluss einer Überalterungsbehandlung noch gute mechanisch-technologische Eigenschaften besitzen, ist aus der EP 1 200 635 Al bekannt. Bei dem aus dieser Druckschrift bekannt Verfahren wird ein Stahlband oder -blech erzeugt, welches ein überwiegend ferritisch- martensitisches Gefüge aufweist, an welchem der Martensitanteil zwischen 4 bis 20 % beträgt, wobei das Stahlband oder -blech neben Fe und erschmelzungsbedingten Verunreinigungen (in Gew.~%) 0,05 - 0,2 % C, bis zu 1,0 % Si, bis zu 2,0 % Mn, bis zu 0,1 % P, bis zu 0,015 % S, 0,02 - 0,4 % Al, bis zu 0,005 % N, 0,25 - 1,0 % Cr, 0,002 - 0,01 % B enthält. Vorzugsweise beträgt dabei der Martenistanteil des betreffenden Stahls rund 5 % bis 20 % des überwiegend martensitisch-ferritischen Gefüges. Ein solcherart erzeugtes Flachprodukt weist Festigkeiten von
mindestens 500 N/mm2 bei gleichzeitig gutem Umformvermögen auf, ohne dass dazu besonders hohe Gehalte an bestimmten Legierungselementen erforderlich sind.
Zur Steigerung der Festigkeit ist bei dem in der EP 1 200 635 Al beschriebenen Stahl auf den Umwandlungsbeeinflussenden Effekt des Elementes Bor zurückgegriffen worden. Dessen festigkeitssteigernde Wirkung wird bei dem bekannten Stahl dadurch sichergestellt, dass dem Stahlwerkstoff mindestens ein alternativer Nitridbildner, vorzugsweise Al und ergänzend Ti, beigegeben wird. Die Wirkung der Zugabe an Titan und Aluminium besteht darin, dass sie den im Stahl enthaltenen Stickstoff binden, so dass Bor zur Bildung von härtesteigernden Karbiden zur Verfügung steht. Unterstützt durch den notwendig vorhandenen Cr-Gehalt wird auf diese Weise ein höheres Festigkeitsniveau erreicht als bei vergleichbaren Stählen. Jedoch liegt das Maximum der Festigkeit der in der EP 1 200 635 beispielhaft angegebenen Stähle jeweils unterhalb von 900 MPa.
Schließlich ist aus der EP 1 559 797 Al ein höherfester Dualphasenstahl mit einem mehr als 60 % Ferrit und 5 - 30 % Martensit aufweisenden Gefüge bekannt, der neben Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen (in Gew.-%) 0,05 - 0,15 % C, bis zu 0,5 % Si, 1 - 2 % Mn, 0,01 - 0,1 % Al, bis zu 0,009 % P, bis zu 0,01 % S und bis zu 0,005 % N enthält. Um seine Festigkeit weiter zu erhöhen, können diesem bekannten Stahl 0,01 - 0,3 % Mo, 0,001 - 0,05 % Nb, 0,001 - 0,1 % Ti, 0,0003 - 0,002 % B, und 0,05 - 0,49 % Cr zugegeben werden. Der in dieser Weise
legierte und beschaffene bekannte Stahl erreicht bei einer guten Verformbarkeit und Oberflächenbeschaffenheit Zugfestigkeiten von bis zu 700 MPa. Ziel der in der EP 1 559 797 Al beschriebenen Entwicklung war dabei eine Verbesserung der mechanischen Eigenschaften eines solchen Stahls unter Vermeidung einer Zulegierung von größeren Mengen an hinsichtlich der Oberflächenbeschaffenheit, Verschweißbarkeit und Verformbarkeit kritischen Legierungselementen, wie Si, P und Al.
Vor dem Hintergrund des voranstehend beschriebenen Standes der Technik lag der Erfindung die Aufgabe zu Grunde, einen Stahl und ein daraus hergestelltes Flachprodukt zu entwickeln, das eine Festigkeit von mindestens 950 MPa und eine gute Verformbarkeit aufweist. Darüber hinaus sollte der Stahl eine Oberflächenbeschaffenheit besitzen, die es unter Anwendung eines einfachen Herstellverfahrens erlaubt, ein aus diesem Stahl erzeugtes Flachprodukt im unbeschichteten oder mit einem vor Korrosion schützenden Überzug versehenen Zustand zu einem komplex geformten Bauteil, wie einem Teil einer Automobilkarosserie, zu verformen. Des Weiteren sollte auch ein Verfahren angegeben werden, dass es auf einfache Weise erlaubt, in der voranstehend genannten Weise beschaffene Flachprodukte herzustellen.
In Bezug auf den Werkstoff ist diese Aufgabe erfindungsgemäß durch den in Anspruch 1 angegebenen Dualphasenstahl gelöst worden. Vorteilhafte Ausgestaltungen dieses Stahls sind in den auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüchen genannt.
Ein die voranstehend genannte Aufgabe lösendes Flachprodukt ist entsprechend Anspruch 20 erfindungsgemäß dadurch gekennzeichnet, dass es aus einem erfindungsgemäß zusammengesetzten und beschaffenen Stahl besteht.
In Bezug auf das Herstellverfahren ist die oben genannte Aufgabe schließlich erfindungsgemäß durch die in den Ansprüchen 26 und 27 angegebenen Herstellweisen gelöst worden, wobei sich das in Anspruch 26 angegebene Verfahren auf die erfindungsgemäße Herstellung eines Warmbands und die in Anspruch 27 angegebene Vorgehensweise sich auf die erfindungsgemäße Herstellung eines Kaltbands beziehen. In den auf die Ansprüche 26 und 27 rückbezogenen Ansprüchen sind jeweils vorteilhafte Varianten der erfindungsgemäßen Verfahren enthalten. Zusätzlich sind nachfolgend für die praktische Anwendung der erfindungsgemäßen Verfahren und seiner in den Ansprüchen angegebenen Varianten besonders vorteilhafte Ausgestaltungen erläutert.
Ein erfindungsgemäßer Stahl zeichnet sich durch hohe Festigkeiten von mindestens 950 MPa, insbesondere mehr als 980 MPa, aus, wobei regelmäßig auch Festigkeiten von 1000 MPa und mehr erreicht werden. Gleichzeitig besitzt er eine Streckgrenze von mindestens 580 MPa, insbesondere mindestens 600 MPa, und weist eine Dehnung AQO von mindestens 10 % auf.
Aufgrund der Kombination aus hoher Festigkeit und guter Verformbarkeit eignet sich erfindungsgemäßer Stahl insbesondere zur Herstellung von komplex geformten, im praktischen Einsatz hoch belasteten Bauteilen, wie sie
beispielsweise im Bereich des Karosseriebaus für Automobile benötigt werden.
Dank seines Dualphasengefüges besitzt erfindungsgemäßer Stahl eine hohe Festigkeit bei gleichzeitig guter Dehnung. So ist die Legierung eines erfindungsgemäßen Stahls so zusammengesetzt , dass er einen Martensitanteil von mindestens 20 %, bevorzugt mehr als 30 %, bis maximal 70 % besitzt. Gleichzeitig können Restaustenitanteile von bis zu 8 % vorteilhaft sein, wobei in der Regel geringere Restaustenitanteile von maximal 7 % oder darunter bevorzugt werden. Der Rest des Gefüges eines erfindungsgemäßen Dualphasenstahls besteht jeweils aus Ferrit und / oder Bainit (bainitischer Ferrit + Karbide) .
Die hohen Festigkeiten und guten Dehnungseigenschaften sind durch die erfindungsgemäße Einstellung des Dualphasengefüges erzielt worden. Diese ist durch eine enge Auswahl der Gehalte an den einzelnen Legierungselementen ermöglicht worden, die in einem erfindungsgemäßen Stahl neben Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen vorhanden sind.
So sieht die Erfindung einen C-Gehalt von 0,10 - 0,20 Gew.-% vor. Der Mindestgehalt an Kohlenstoff von 0,10 Gew.-% ist dabei gewählt worden, um die Ausbildung von martensitischem Gefüge mit ausreichender Härte zu erreichen und um die gewünschte Eigenschaftskombination des erfindungsgemäßen Stahls einzustellen. Bei Gehalten von mehr als 0,20 Gew.-% behindert Kohlenstoff jedoch die Entstehung des gewünschten ferritischen / bainitischen Gefügeanteils. Auch wirken sich höhere C-Gehalte negativ
auf die Schweißeignung aus, was für die Anwendung des erfindungsgemäßen Materials beispielsweise im Bereich des Automobilbaus von besonderer Bedeutung ist. Besonders sicher kann die vorteilhafte Wirkung von Kohlenstoff in einem erfindungsgemäßen Stahl dann genutzt werden, wenn der C~Gehalt eines erfindungsgemäßen Stahls 0,12 - 0,18 Gew.-%, insbesondere 0,15 - 0,16 Gew.-%, beträgt.
Si dient in einem erfindungsgemäßen Stahl ebenfalls zur Steigerung der Festigkeit durch Härtung des Ferrits bzw. Bainits. Um diesen Effekt nutzen zu können, ist ein Mindestgehalt an Si von 0,10 Gew.-% vorgesehen, wobei die Wirkung von Si dann besonders sicher eintritt, wenn der Si-Gehalt eines erfindungsgemäßen Stahls mindestens 0,2 Gew.-%, insbesondere mindestens 0,25 Gew.-% beträgt. Im Hinblick darauf, dass ein aus einem erfindungsgemäßen Stahl erzeugtes Flachprodukt eine für die weitere Verarbeitung und erforderlichenfalls aufgetragene Beschichtungen optimale Oberflächenbeschaffenheit besitzen soll, ist gleichzeitig die Obergrenze des Si- Gehaltes auf 0,6 Gew.-% festgelegt worden. Auch ist bei Einhaltung dieser Obergrenze die Gefahr von Korngrenzoxidation minimiert. Dabei lässt sich ein ungünstiger Einfluss von Si auf die Eigenschaften des erfindungsgemäßen Stahls dadurch mit noch größerer Sicherheit vermeiden, dass der Si-Gehalt des erfindungsgemäßen Stahls auf 0,4 Gew.-%, insbesondere 0,35 Gew.-%, beschränkt wird.
Der Mn-Gehalt eines erfindungsgemäßen Stahls liegt im Bereich von 1,5 - 2,50 Gew.-%, insbesondere 1,5 - 2,35 Gew.-%, um die festigkeitssteigernde Wirkung dieses
Elements zu nutzen. So wird durch die Anwesenheit von Mn die Entstehung von Martensit unterstützt. Dabei verhindern die erfindungsgemäß vorgesehenen Gehalte an Mn insbesondere im Fall, dass aus erfindungsgemäßem Stahl ein Kaltband hergestellt und dieses Kaltband abschließend geglüht wird, die Bildung von Perlit bei der Abkühlung nach dem Glühen. Diese positiven Effekte der Anwesenheit von Mn in einem erfindungsgemäßen Stahl lassen sich dann besonders sicher nutzen, wenn der Mn-Gehalt mindestens 1,7 Gew.-%, insbesondere mindestens 1,80 Gew.-% beträgt. Um jedoch einen negativen Einfluss von Mn auf die Verformbarkeit, Schweißeignung und Beschichtbarkeit zu vermeiden, ist die Obergrenze für die Gehalte an Mn auf 2,5 Gew.-% in erfindungsgemäßem Stahl gesetzt. Die möglicherweise negativen Einflüsse von Mn auf einen erfindungsgemäßen Stahl können dadurch mit erhöhter Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Mn-Gehalt auf 2,20 Gew.-%, insbesondere 2,00 Gew.-%, beschränkt wird.
Cr wirkt in einem erfindungsgemäßen Dualphasenstahl in Gehalten von 0,2 - 0,8 Gew.-% ebenfalls festigkeitssteigernd. Diese Wirkung tritt insbesondere dann ein, wenn der Cr-Gehalt mindestens 0,3 Gew.-%, insbesondere mindestens 0,5 Gew.-% beträgt. Gleichzeitig ist der Cr-Gehalt eines erfindungsgemäßen Stahls jedoch auf 0,8 Gew.-% beschränkt, um die Gefahr der Entstehung von Korngrenzoxidation zu vermindern und gute Dehnungseigenschaften des erfindungsgemäßen Stahls zu sichern. Auch wird bei Einhaltung dieser Obergrenze eine Oberfläche erreicht, die gut mit einer metallischen Beschichtung versehen werden kann. Negative Einflüsse der Gehalte an Cr werden insbesondere dann vermieden, wenn
die Obergrenze des Chrom-Gehalts eines erfindungsgemäßen Stahls auf höchstens 0,7 Gew.-%, insbesondere 0,6 Gew.-%, festgesetzt wird.
Die Anwesenheit von Titan in Gehalten von mindestens 0,02 Gew.-% trägt ebenfalls zur Steigerung der Festigkeit eines erfindungsgemäßen Stahls bei, indem es feine Ausscheidungen von TiC bzw. Ti (C, N) bildet und zur Kornfeinung beiträgt. Eine weitere positive Wirkung von Ti besteht in der Abbindung eventuell vorhandenen Stickstoffs, so dass die Bildung von Bornitriden im erfindungsgemäßen Stahl verhindert wird. Diese hätten einen stark negativen Einfluss auf die Dehnungseigenschaften und damit einhergehend auf die ümformbarkeit eines erfindungsgemäßen Flachprodukres . Durch die Anwesenheit von Ti wird somit im Fall einer Zugabe von Bor zur Festigkeitssteigerung auch sichergestellt, dass das Bor seine Wirkung voll entfalten kann. Zu diesem Zweck kann es günstig sein, wenn Ti in einer Menge zugegeben wird, die mehr als das 5,1-fache des jeweiligen N-Gehaltes beträgt (d. h. Ti-Gehalt > 1,5 (3,4 x N-Gehalt)) . Zu hohe Ti-Gehalte führen allerdings zu ungünstig hohen
Rekristallisationstemperaturen, was sich insbesondere dann negativ auswirkt, wenn aus erfindungsgemäßem Stahl kaltgewalzte Flachprodukte erzeugt werden, die abschließend geglüht werden. Daher ist die Obergrenze des Ti-Gehalts auf 0,08 Gew.-%, insbesondere 0,06 Gew.-%, beschränkt worden. Besonders sicher lässt sich der positive Einfluss von Ti auf die Eigenschaften eines erfindungsgemäßen Stahls nutzen, wenn sein Ti-Gehalt 0,03
- 0,055 Gew.-%, insbesondere 0,040 - 0,050 Gew.-%, beträgt .
Auch durch die erfindungsgemäß optional vorgesehenen Gehalte an B von bis zu 0,002 Gew.-% wird die Festigkeit des erfindungsgemäßen Stahls erhöht und, wie durch die jeweilige Zugabe von Mn, Cr und Mo, im Falle der Herstellung von Kaltband aus erfindungsgemäßem Stahl die kritische Abkühlgeschwindigkeit nach dem Glühen herabgesetzt. Deshalb beträgt gemäß einer besonders praxisgerechten Ausgestaltung der Erfindung der B-Gehalt mindestens 0,0005 Gew.-%. Gleichzeitig können jedoch zu hohe Gehalte an B die Verformbarkeit des erfindungsgemäßen Stahls herabsetzen und die Ausprägung des erfindungsgemäß angestrebten Dualphasengefüges negativ beeinflussen. Optimierte Wirkungen von Bor ergeben sich in einem erfindungsgemäßen Stahl daher bei Gehalten von 0,0007 - 0,0016 Gew.-%, insbesondere 0,0008 - 0, 0013 Gew.-%.
Wie Bor oder Cr in den voranstehend genannten Gehaltsbereichen tragen auch die erfindungsgemäß wahlweise vorhandenen Gehalte an Molybdän zur Erhöhung der Festigkeit eines erfindungsgemäßen Stahls bei. Dabei wirkt sich die Anwesenheit von Mo erfahrungsgemäß nicht negativ auf die Beschichtbarkeit des Flachproduktes mit einer metallischen Beschichtung und seine Dehnbarkeit aus. Praktische Versuche haben gezeigt, dass sich die positiven Einflüsse von Mo bis zu Gehalten von 0,25 Gew.-%, insbesondere 0,22 Gew.-%, auch unter Kostengesichtspunkten besonders effektiv nutzen lassen. So wirken sich bereits Gehalte von 0,05 Gew.-% Mo positiv
auf die Eigenschaften des erfindungsgemäßen Stahls aus. Bei Anwesenheit ausreichender Mengen an anderen festigkeitssteigernden Elementen tritt die erwünschte Wirkung von Molybdän in einem erfindungsgemäßen Stahl insbesondere dann ein, wenn sein Mo-Gehalt 0,065 - 0,18 Gew.-%, insbesondere 0,08 - 0,13 Gew.-%, beträgt. Dann jedoch, wenn Mo-Gehalte von weniger als 1,7 Gew.-% und/oder Cr-Gehalte von weniger als 0,4 Gew.-% im erfindungsgemäßen Stahl vorhanden sind, ist es vorteilhaft, zur Sicherung der geforderten Festigkeit des erfindungsgemäßen Stahls 0,05 - 0,22 Gew.-% Mo zuzugeben.
Aluminium wird bei der Erschmelzung eines erfindungsgemäßen Stahls zur Desoxidation und zum Abbinden von gegebenenfalls in dem Stahl enthaltenem Stickstoff genutzt. Zu diesem Zweck kann dem erfindungsgemäßen Stahl erforderlichenfalls Al in Gehalten von weniger als 0,1 Gew.-% zugegeben werden, wobei die gewünschte Wirkung von Al dann besonders sicher eintritt, wenn dessen Gehalte im Bereich von 0,01 - 0,06 Gew.-%, insbesondere 0,020 - 0,050 Gew.-%, liegen.
Stickstoff ist in erfindungsgemäßem Stahl nur in Gehalten von bis zu 0,012 Gew.-% zugelassen, um insbesondere bei gleichzeitiger Anwesenheit von B die Bildung von Bornitriden zu vermeiden. Um sicher zu verhindern, dass das jeweils vorhandene Titan vollständig mit N abgebunden wird und nicht mehr als Mikrolegierungselement wirksam sein kann, ist der N-Gehalt bevorzugt auf 0,007 Gew.-% beschränkt .
Niedrige, unterhalb der erfindungsgemäß vorgesehenen Obergrenze liegende P-Gehalte tragen zur guten Schweißbarkeit erfindungsgemäßen Stahls bei. Daher wird der P-Gehalt erfindungsgemäß bevorzugt auf < 0,1 Gew.-%, insbesondere < 0,02 Gew.-%, beschränkt, wobei besonders gute Ergebnisse bei P-Gehalten von < 0,010 Gew.-% erzielt werden.
Bei unterhalb der erfindungsgemäß vorgegebenen Obergrenze liegenden Gehalten an Schwefel wird die Bildung von MnS bzw. (Mn, Fe) S unterdrückt, so dass eine gute Dehnbarkeit des erfindungsgemäßen Stahls bzw. der daraus hergestellten Flachprodukte gewährleistet ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der S-Gehalt unter 0,003 Gew.-% liegt.
In erfindungsgemäßer Weise aus einem erfindungsgemäßen Dualphasenstahl bestehende Flachprodukte können als nach dem Warmwalzen erhaltenes Warmband unmittelbar, d. h. ohne nachfolgend durchgeführten Kaltwalzprozess, der weiteren Verarbeitung zugeführt werden. So lassen sich aus erfindungsgemäß beschaffenem Warmband im unbeschichteten Zustand hoch belastbare Bauteile formen. Sollen diese Bauteile besonders gegen Korrosion geschützt werden, so können die Warmbänder vor oder nach ihrer Umformung zu dem jeweiligen Bauteil mit einem metallischen Schutzüberzug versehen werden.
Werden dagegen Flachprodukte mit geringerer Dicke gefordert, so können die aus erfindungsgemäßem Stahl erzeugten Warmbänder zunächst einer Kaltwalzung und einer anschließenden Glühung unterzogen werden, um dann als
Kaltband gegebenenfalls nach Auftrag eines metallischen, vor Korrosion schützenden Überzugs weiterverarbeitet zu werden.
Sofern das erfindungsgemäße Flachprodukt mit einem metallischen Schutzüberzug versehen wird, kann dies beispielsweise durch Feuerverzinken, eine Galvannealing- Behandlung oder elektrolytisches Beschichten erfolgen. Erforderlichenfalls kann dabei vor dem Beschichten eine Voroxidation durchgeführt werden, um eine sichere Anbindung der metallischen Beschichtung an das jeweils zu beschichtende Substrat zu gewährleisten.
Zur erfindungsgemäßen Herstellung eines als Warmband vorliegenden Flachprodukts mit einer Zugfestigkeit von mindestens 950 MPa und einem Dualphasengefüge, das zu 20 - 70 % aus Martensit, bis zu 8 % aus Restaustenit und als Rest aus Ferrit und/oder Bainit besteht, wird zunächst ein erfindungsgemäß zusammengesetzter Dualphasenstahl erschmolzen, die Schmelze zu einem Vorprodukt, wie Bramme oder Dünnbramme, vergossen, das Vorprodukt bei einer Warmwalzstarttemperatur von 1100 - 1300 0C wiedererwärmt oder gehalten, das Vorprodukt bei einer Warmwalzendtemperatur von 800 - 950 0C zu dem Warmband warmgewalzt und das erhaltene Warmband bei einer Haspeltemperatur von bis zu 570 0C gehaspelt.
Durch eine geeignete Einstellung der Haspeltemperatur im Bereich von Raumtemperatur bis 570 0C lässt sich das Dualphasengefüge des als solches anschließend nicht mehr weiter gewalzten Warmbandes einstellen, um die jeweils gewünschte Eigenschaftskombination zu erhalten.
Soll das in erfindungsgemäßer Weise erhaltene Warmband unbeschichtet bleiben oder als Warmband elektrolytisch mit einem metallischen Überzug beschichtet werden, so ist keine Glühung des Flachproduktes erforderlich. Soll dagegen das Warmband durch Feuerverzinken mit einem metallischen Überzug beschichtet werden, so wird es zunächst bei einer maximalen Glühtemperatur von 600 0C geglüht und dann auf die Temperatur des
Beschichtungsbades, bei dem es sich beispielsweise um ein Zinkbad handeln kann, abgekühlt. Nach dem Durchlauf des Zinkbades kann das beschichtete Warmband in konventioneller Weise auf Raumtemperatur abgekühlt werden.
Soll ein erfindungsgemäßes Flachprodukt in Form eines Kaltbandes zur Verfügung gestellt werden, so wird dazu ein erfindungsgemäß zusammengesetzter Dualphasenstahl erschmolzen, die entsprechende Stahlschmelze zu einem Vorprodukt, wie Bramme oder Dünnbramme, vergossen, das Vorprodukt bei einer Warmwalzstarttemperatur von 1100 - 1300 0C wiedererwärmt oder gehalten, das Vorprodukt bei einer Warmwalzendtemperatur von 800 - 950 0C zu einem Warmband warmgewalzt, das Warmband bei einer Haspeltemperatur von 500 - 650 0C gehaspelt, das Warmband nach dem Haspeln kaltgewalzt, das erhaltene Kaltband bei einer 700 - 900 0C betragenden Glühtemperatur geglüht und das Kaltband nach dem Glühen kontrolliert abgekühlt.
Haspeltemperaturen im Bereich von bis zu 580 0C haben sich im Zusammenhang mit der Erzeugung von Kaltband als besonders vorteilhaft erwiesen, weil bei Überschreiten der Haspeltemperatur von 580 0C die Gefahr von
Korngrenzoxidation ansteigt. Mit niedrigen Haspeltemperaturen steigt die Festigkeit und Streckgrenze des Warmbands an, so dass das Warmband immer schwerer kaltgewalzt werden kann. Dementsprechend wird das zu Kaltband kaltzuwalzende Warmband bevorzugt bei mindestens 530 0C, insbesondere mindestens 550 0C, gehaspelt.
Wenn das erfindungsgemäß erzeugte Kaltband unbeschichtet bleiben oder elektrolytisch beschichtet werden soll, so erfolgt eine Glühbehandlung in einer Conti-Glühe als separater Arbeitsschritt. Die dabei erreichten maximalen Glühtemperaturen liegen im Bereich von 700 - 900 0C bei Aufheizraten von 1 - 50 K/s. Anschließend wird das geglühte Kaltband zur gezielten Einstellung der erfindungsgemäß angestrebten Eigenschaftskombination bevorzugt in der Weise abgekühlt, dass im Temperaturbereich von 550 - 650 0C Abkühlgeschwindigkeiten von mindestens 10 K/s erreicht werden, um die Bildung von Perlit zu unterdrücken. Nach Erreichen der in diesem kritischen Temperaturbereich liegenden Temperatur kann das Band für eine Dauer von 10 - 300 s gehalten werden oder direkt mit einer Abkühlrate von 0,5 - 30 K/s auf Raumtemperatur abgekühlt werden.
Wenn das Kaltband jedoch durch Feuerverzinken beschichtet werden soll, dann lassen sich die Arbeitsschritte des Glühens und des Beschichtens zusammenlegen. In diesem Fall durchläuft das Kaltband in kontinuierlicher Abfolge verschiedene Ofenabschnitte einer Feuerbeschichtungsanlage, wobei in den einzelnen Ofenabschnitten unterschiedliche Temperaturen herrschen, die im Maximum im Bereich von 700 - 900 0C liegen, wobei Aufheizraten im Bereich von 2 - 100 K/s gewählt werden
sollten. Nach Erreichen der jeweiligen Glühtemperatur wird das Band dann für 10 - 200 s bei dieser Temperatur gehalten. Anschließend wird das Band auf die in der Regel unter 500 0C liegende Temperatur des jeweiligen Beschichtungsbades, bei dem es sich typischerweise um ein Zinkbad handelt, abgekühlt, wobei auch in diesem Fall im Temperaturbereich von 550 - 650 0C die Abkühlgeschwindigkeit mehr als 10 K/s betragen sollte. Optional kann das Kaltband nach Erreichen dieser Temperaturstufe für 10 - 300 s bei der jeweiligen Temperatur gehalten werden. Dann läuft das geglühte Kaltband durch das jeweilige Beschichtungsbad, bei dem es sich bevorzugt um ein Zinkbad handelt. Anschließend erfolgt entweder eine Abkühlung auf Raumtemperatur, um ein konventionell feuerverzinktes Kaltband zu erhalten, oder ein schnelles Aufheizen mit anschließender Abkühlung auf Raumtemperatur, um ein Galvannealed-Kaltband herzustellen.
Wird das Warmband zu Kaltband kaltgewalzt, so hat es sich als günstig erwiesen, wenn dabei Kaltwalzgrade eingestellt werden, die 40 - 70 %, insbesondere 50 - 60 %, betragen, um unter optimaler Ausnutzung der jeweils zur Verfügung stehenden Anlagentechnik ausreichend hohe Verfestigungen des gewalzten Bandes zu erreichen. Derart kaltgewalztes erfindungsgemäßes Kaltband weist typischerweise Dicken von 0,8 - 2,5 mm auf.
Erforderlichenfalls kann das Kaltband im beschichteten oder unbeschichteten Zustand einer Dressierwalzung unterzogen werden, bei der im Bereich von bis zu 2 % liegende Dressiergrade eingestellt werden.
Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert.
Sechzehn Stahlschmelzen 1 - 16, deren Zusammensetzungen in Tabelle 1 angegeben sind, sind in konventioneller Weise erschmolzen und zu Brammen vergossen worden. Die Brammen sind anschließend in einem Ofen auf 1200 0C wiedererwärmt und ausgehend von dieser Temperatur in konventioneller Weise warmgewalzt worden. Die Walzendtemperatur betrug dabei 900 0C.
Für eine erste Versuchsreihe sind die so erhaltenen Warmbänder bei einer mit einer Genauigkeit von +/- 3O0C eingestellten Haspeltemperatur von 550 0C gehaspelt worden, bevor sie mit einem Kaltwalzgrad von 50 %, 65 % bzw. 70 % zu Kaltband mit einer Dicke von 0,8 mm bis 2 mm kaltgewalzt worden sind.
Anschließend sind die erhaltenen Kaltbänder in der oben bereits in allgemeiner Form für ein unbeschichtet auszulieferndes Kaltband beschriebenen Weise einer Glühung und kontrollierten Abkühlung unterzogen worden.
In Tabelle 2 sind für die in der ersten Versuchsreihe aus den Schmelzen 1 bis 16 erzeugten Kaltbänder der
Gefügezustand, die mechanischen Eigenschaften sowie die jeweils eingestellten Kaltwalzgrade und Banddicken angegeben.
In drei weiteren Versuchsreihen sind die aus den Schmelzen 1 bis 16 in der voranstehend beschriebenen Weise erzeugten Warmbänder bei einer weniger als 100 0C,
bei einer 500 0C und bei einer 650 0C betragenden Haspeltemperatur gehaspelt worden. Die für diese Warmbänder ermittelten Eigenschaften sind in den Tabellen 3 (Haspeltemperatur 20 0C) , 4 (Haspeltemperatur = 500 0C) und 5 (Haspeltemperatur = 570 0C) eingetragen. Die so erhaltenen Warmbänder waren nicht für das Kaltwalzen bestimmt, sondern sind als Warmbänder - ggf. nach Auftrag einer metallischen Schutzbeschichtung - der weiteren Verarbeitung zu Bauteilen zugeführt worden.
Kt
Angaben in Gew.-%, Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen Tabelle 1
Tabelle 2
Kt Kt
Tabelle 3
Kt
Tabelle 4
Tabelle 5