Beschreibung
Verfahren zum Bremsen eines Schienenfahrzeuges
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Bremsen eines Schienenfahrzeuges.
Es sind Schienenfahrzeuge mit mehreren Bremssystemen bekannt. So ist in der DE 101 35 797 C2 ein Schienenfahrzeug mit einer elektrodynamischen und einer mechanischen Reibungsbremse beschrieben. Bei jedem Bremsvorgang muss die kinetische Energie des Schienenfahrzeuges von den vorhandenen Bremssystemen aufgenommen werden. Bei der elektrodynamischen Bremse erfolgt dies entweder durch Rückspeisung der kinetischen Energie in ein rückspeisefähiges Versorgungsnetz oder durch einen so genannten Bremswiderstand, wobei die kinetische Energie durch das dann als Generator wirkende Antriebssystem zunächst in elektrische Energie umgewandelt wird. Die elektrische Energie wird dann dem Bremswiderstand zugeführt, der diese schließ- lieh in Wärme umwandelt.
Bei einer rückspeisenden elektrodynamischen Bremse ist der Wirkungsgrad der Bremsung vom Grad der Rückspeisefähigkeit des Versorgungsnetzes abhängig. Diese wird von der Aufnahmen- fähigkeit und Verfügbarkeit des Versorgungsnetzes bestimmt. Weist die elektrodynamische Bremse nur einen Bremswiderstand auf, ist der Wirkungsgrad der Bremsung durch den Bremswiderstand selbst begrenzt, der nur für eine bestimmte maximale Energie zur Wärmeumwandlung ausgelegt ist. Bremswiderstände erhöhen darüber hinaus die Achslast des Schienenfahrzeuges und sind ferner aufgrund der bei Schienenfahrzeugen begrenzt vorhandenen Einbauräume nachteilig. Um den besagten Anforderungen gerecht werden zu können, sind die Bremswiderstände
gemäß dem Stand der Technik möglichst leicht und klein ausgelegt.
Bei unzureichender Bremswirkung der elektrodynamischen Brem- se, muss die gesamte kinetische Bremsenergie mittels der mechanischen Reibungsbremse in Wärmeenergie umgewandelt werden. Dieser hohe Leistungseintrag in eine Bremsscheibe trägt jedoch insbesondere bei hohen Geschwindigkeiten zum vorzeitigen Verschleiß und zur Schädigung der Bremsscheiben bei. Bremsun- gen unterhalb eines Geschwindigkeitsgrenzwertes tragen weniger zur Schädigung der Bremsscheibe bei. Daher sind bekannte Reibungsbremse 1 entsprechend leistungsfähig ausgelegt, so dass auch ein höherer Leistungs- und/oder Energieeintrag in die Bremsscheibe ohne irreversible Schädigung der Bremse mög- lieh ist. Dies führt jedoch zu einer entsprechend kostenintensiven Reibungsbremse.
Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Verfahren zum Bremsen eines Schienenfahrzeug mit einer elektrodynamischen und einer mechanischen Reibungsbremse bereitzustellen, das kostengünstig und sicher einsetzbar ist, wobei auf einen raumgreifenden Bremswiderstand verzichtet werden kann.
Die Erfindung löst diese Aufgabe durch ein Verfahren, das ü- ber eine in ein Stromversorgungsnetz beim Bremsen rückspeisende elektrodynamische Bremse und über eine mechanische Reibungsbremse verfügt, bei dem der Grad einer Rückspeisefähigkeit von Bremsenergie, die die elektrodynamische Bremse beim Bremsen erzeugt, in das Stormversorgungsnetz ermittelt und einer Regelungseinheit zur Verfügung gestellt wird, wobei die Regelungseinheit die Geschwindigkeit des Schienenfahrzeuges an den Grad der Rückspeisefähigkeit so angepasst, dass eine Beschädigung der Reibungsbremse beim Bremsen verhindert ist.
Erfindungsgemäß wird die Rückspeisefähigkeit eines Versorgungsnetzes während der Fahrt fortwährend überwacht. Wird eine Rückspeisefähigkeit festgestellt, deren Grad einem zuvor festgelegten Grenzwert unterschreitet, würde im Falle einer Bremsung ein zu hoher Energieeintrag auf die Bremsscheibe der mechanischen Reibungsbremse gegeben. Die erfindungsgemäße Lösung sieht vor, die Geschwindigkeit des Schienenfahrzeuges so zu begrenzen, dass eine Beschädigung der Reibungsbremse verhindert ist. Auf einen Bremswiderstand kann im Rahmen der Er- findung vollständig verzichtet werden. Das erfindungsgemäße
Verfahren führt somit zu einem kostengünstigen und gleichzeitig sicheren Schienenfahrzeug, dessen Bremssysteme eine e- lektrodynamische Bremse ohne raumgreifende Komponenten aufweist .
Die Art und Weise, wie der Grad der Rückspeisefähigkeit im Rahmen der Erfindung ermittelt wird, ist grundsätzlich beliebig. Vorteilhafterweise wird der Grad der Rückspeisefähigkeit jedoch während eines Bremsvorganges ermittelt. Dies erfordert den geringsten Aufwand für das erfindungsgemäße Verfahren, wobei jedoch die mechanische Reibungsbremse bei einem Bremsvorgang einmalig hoch belastet wird, bei dem für die gegebene Geschwindigkeit ein zu niedriger Grad der Rückspeisefähigkeit festgestellt wird. Dies ist jedoch hinnehmbar.
Zweckmäßigerweise wird nach jedem Bremsvorgang eine Mindest- abkühlzeit der mechanischen Bremse bestimmt und eine zulässige Höchstgeschwindigkeit des Schienenfahrzeuges so lange begrenzt, bis die Mindestabkühlzeit überschritten ist. Die Min- destabkühlzeit wird beispielsweise durch Erfassen einer an der Bremsscheibe abfallenden Temperatur mittels Temperatursensoren ermittelt. Bei höheren gemessenen Temperaturen wird die Mindestabkühlzeit verlängert. Ist die mechanische Bremse, beispielsweise die Bremsscheibe, ausreichend abgekühlt, kann
im Rahmen der Erfindung die Höchstgeschwindigkeit des Schienenfahrzeuges wieder erhöht werden.
Zweckmäßigerweise wird der Grad der Rückspeisefähigkeit des Stromversorgungsnetzes beim Bremsen durch Erfassen des in das Stromversorgungsnetz zurückgespeisten Stromes und/oder der zurückgespeisten Spannung ermittelt. Wird beispielsweise sowohl der Strom als auch die Spannung ermittelt, kann direkt die zurückgespeiste Energie oder Leistung bestimmt werden. Die zurückgespeiste Energie wird beispielsweise mit einer zuvor festgelegten Schwellenenergie verglichen. Unterschreitet die zurückgespeiste elektrische Energie die besagte Schwellenenergie, kommt es zur Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit für das Schienenfahrzeug. Bei dieser Geschwindigkeit ist dann die mechanische Bremse zusammen mit der verbleibenden Bremskraft der elektrodynamischen Bremse in der Lage, das Schienenfahrzeug sicher und verschleißfrei abzubremsen.
Vorteilhafterweise stellt die Regelungseinheit die Summe der Bremskräfte, die von der elektrodynamischen Bremse und der mechanischen Bremse bereitgestellt sind, in Abhängigkeit einer vorgegebenen Bremssollverzögerung ein. Die Bremssollverzögerung wird beispielsweise von dem Zugführer vorgegeben. Nach Erhalt der Bremssollverzögerung spricht die Regelungs- einheit zunächst die elektrodynamische Bremse an, um die ü- berflüssige kinetische Energie wieder in elektrische Energie zurückzuspeisen und dem Versorgungsnetz zur Verfügung zu stellen. Reicht die durch die elektrodynamische Bremse bereitgestellte Bremssollverzögerung nicht aus, spricht die Re- gelungseinheit zusätzlich die mechanische Bremse an, wobei dann eine solche Reibkraft erzeugt wird, dass die erhaltene gesamte Bremssollverzögerung, der Bremssollverzögerung möglichst genau entspricht. Um die Bremssollverzögerung bestimmen zu können, ist die Regelungseinheit mit zweckmäßigen
Messsensoren, wie beispielsweise Raddrehzahlgebern, verbunden. Die Raddrehzahlgeber übermitteln der Regelungseinheit einen Raddrehzahlwert, der eine Anzahl von Umdrehungen der Räder des Schienenfahrzeuges innerhalb einer bestimmten Zeit- einheit entspricht. Der Durchmesser und Umfang der Räder ist bekannt, so dass die Regelungseinheit aus der Anzahl der Umdrehungen je Zeiteinheit eine Momentangeschwindigkeit bestimmen kann. Aus der zeitlichen Veränderung der Momentangeschwindigkeit bei einem Bremsvorgang kann schließlich die Bremsverzögerung ermittelt werden.
Gemäß einer diesbezüglich zweckmäßigen Weiterentwicklung wird der Grad der Rückspeisefähigkeit beim Bremsen durch Ermitteln der Bremskraft der mechanischen Reibungsbremse ermittelt. Wie bereits weiter oben ausgeführt wurde, kommt bei dem Abbremsen des Schienenfahrzeuges zunächst die elektrodynamische Bremse zum Einsatz, um die kinetische Energie in elektrische Energie zu überführen. Die mechanische Bremse beispielsweise nur dann zum Einsatz, wenn die durch die elektrodynamische Bremse be- reitgestellte Bremsverzögerung unzureichend ist. Aus dem Maß der Beanspruchung der mechanischen Bremse können daher Rückschlüsse auf die Rückspeisefähigkeit des Stromversorgungsnetzes gezogen werden. Das Maß der Beanspruchung der mechanischen Bremse erfolgt beispielsweise durch Messen eines Hyd- raulikdruckes in einem Bremszylinder einer hydraulischen
Bremse oder eines pneumatischen Druckes im Bremszylinder einer pneumatischen Bremse oder durch Messen eines Stromes im Bremsstromkreis einer elektromechanischen Bremse.
Gemäß einer vorteilhaften Weiterentwicklung der Erfindung wird nach mehrmaligem aufeinander folgendem Erkennen einer für die zulässige Höchstgeschwindigkeit zu geringen Grad der Rückspeisefähigkeit, die zulässige Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs dauerhaft begrenzt, wobei die dauerhafte Begrenzung
nur durch eine zugelassene Person aufhebbar ist. Auf diese Weise kann das erfindungsgemäße Verfahren auch hohen Sicherheitserfordernissen gerecht werden.
Weitere Merkmale und Vorteile der Erfindung sind Gegenstand der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen der Erfindung unter Bezug auf die beigeschlossenen Figuren, wobei gleiche Bezugszeichen auf gleich wirkende Bauteile verweisen und wobei
Figur 1 ein elektrisch angetriebenes Schienenfahrzeug in einer Seitenansicht und
Figur 2 ein Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens schematisch verdeutlichen.
Figur 1 zeigt ein unter einem Fahrdraht 1 fahrendes Schienenfahrzeug 2. Das Schienenfahrzeug 2 weist ein elektrisches Antriebssystem mit Elektromotoren auf, das in Figur 1 jedoch nicht erkennbar ist. Die elektrische Verbindung zwischen
Schienenfahrzeug 2 und Fahrdraht 1 erfolgt über einen Stromabnehmer 3. Der beim Antrieb des Schienenfahrzeuges 2 stattfindende Energiefluss ist durch den oberen Pfeil 4 verdeutlicht. Die elektrische Leistung wird dem Fahrdraht 1, der Teil eines Stromversorgungsnetzes ist, entnommen und mittels der Elektromotoren des Schienenfahrzeuges 2 in Bewegungsenergie umgewandelt. Beim elektrodynamischen Bremsen arbeiten die Elektromotoren des Schienenfahrzeuges 2 als Generatoren, so dass die Drehung der Radachse unter Bremswirkung elektrische Energie erzeugt, die dann in Richtung 5 in Fahrdraht 1 und somit in das Stromversorgungsnetz zurückgespeist wird. Ist die auf diese Weise herbeigeführte Bremsverzögerung nicht ausreichend, greift eine mechanische Reibbremse ein, mit der die Bremsverzögerung erhöht werden kann. Die figürlich eben-
falls nicht dargestellte Reibbremse weist eine drehfest mit der Achse verbundene Bremsscheibe sowie Bremsbacken auf. Beim Bremsen werden die Bremsbacken unter Reibschluss gegen die Bremsscheibe gepresst.
Wie bereits erläutert wurde, muss bei einem Ausfall der e- lektrodynamischen Bremse die kinetische Energie von der mechanischen Reibbremse allein in Wärmeenergie umgewandelt werden. Dies führt zu einem hohen Temperatureintrag in eine Bremsscheibe der mechanischen Reibungsbremse. Dies führt bei hohen Geschwindigkeiten zu einer Beschädigung der Reibungsbremse .
Figur 2 verdeutlicht ein Ausführungsbeispiel des erfindungs- gemäßen Verfahrens in schematischer Darstellung. Wieder ist der Fahrdraht 1 als Teil des Stromversorgungsnetzes gezeigt. Der Stromabnehmer sorgt wieder für die Verbindung zwischen Fahrdraht 1 und Schienenfahrzeug 2. In dem Schienenfahrzeug 2 sind elektrische Bauteile 6 vorgesehen, mit deren Hilfe die elektrische Energie des Fahrdrahtes 1 den jeweiligen Anforderungen entsprechend verändert werden kann. Diese elektrischen Bauteile 6 umfassen in der Regel einen Eingangstransformator zur Einstellung einer bestimmten Spannung sowie einen mit dem Eingangstransformator wechselstromseitig verbundenen Umrich- ter, der gleichspannungsseitig mit einem weiteren Umrichter verbunden ist. Der erste Umrichter erzeugt beim Antrieb aus der vom Fahrdraht 1 bereitgestellten Wechselspannung eine Gleichspannung, wobei der zweite Umrichter die Gleichspannung in eine Wechselspannung umwandelt, die die gewünschte Fre- quenz zum Antrieb des Schienenfahrzeuges aufweist. Darüber hinaus kann ein Hilfsstromkreis mit Hilfstransformatoren, Hilfsumrichtern oder dergleichen vorgesehen sein. Die so umgewandelte elektrische Energie wird anschließend den Elektro-
motoren 7 zugeführt, die für den Antrieb des Schienenfahrzeuges 2 sorgen.
Wie bereits weiter oben ausgeführt wurde, arbeiten die Elekt- romotoren 7 bei einem Bremsvorgang als elektrodynamische
Bremse 7. Die mechanische Reibungsbremse 8 umfasst wenigstens eine drehfest mit einer Raddrehachse verbundene Bremsscheibe 9 und Bremsbacken 10, die pneumatisch gegen die Bremsscheibe 9 gepresst werden können. Zum Einstellen eines gewünschten pneumatischen Druckes und somit einer gewünschten Andruck- kraft der Bremsbacken 10 an die Bremsscheibe 9 dient eine Druckversorgungseinheit 11. Hierzu stellt die Druckluftversorgungseinheit 11 den notwendigen pneumatischen Druck im Bremszylinder 12 ein. Der Bremszylinder 12 ist mit einem P/I- Umsetzer 13 verbunden, der den pneumatischen Druck der Bremskammer aufnimmt und einem dem Druck proportionalen Strom I erzeugt. Der P/I-Umsetzer 13 ist mit einer Regelungseinheit 14 verbunden, die den Bremsvorgang gemäß der vorliegenden Erfindung steuert. Die Regelungseinheit 14 erhält eine Brems- Sollverzögerung vom Führer des Schienenfahrzeuges 2. Anschließend erfolgt ein Umstellen der Elektromotoren 7 auf den Generatorbetrieb und somit das Durchführen einer elektrodynamischen Bremsung. Durch in Figur 2 nicht gezeigte Geschwindigkeitsgeber bestimmt die Regelungseinheit 14 zu bestimmten Zeitpunkten anhand einer übermittelten Raddrehzahl pro Zeiteinheit die Momentangeschwindigkeit des Schienenfahrzeuges 2 und leitet daraus eine Bremsistverzögerung ab. Diese Bremsistverzögerung wird an die vorgegebene Sollverzögerung regelungstechnisch angepasst. Reicht die Bremskraft der elektro- dynamischen Bremse nicht aus, spricht die Regelungseinheit 14 die Druckluftversorgungseinheit 11 an, die daraufhin einen pneumatischen Druck in dem Bremszylinder 12 erzeugt, woraufhin die Bremsbacken 10 gegen die Bremsscheibe 9 gepresst werden. Anhand des vom P/I-Umsetzer 13 bereitgestellten Stromes
leitet die Regelungseinheit 14 den Grad der Rückspeisefähigkeit der elektrodynamischen Bremse in den Fahrdraht 1 ab. Stellt die Regelungseinheit 14 anhand einer in ihr implementierten Logik fest, dass der Grad der Rückspeisefähigkeit bei der jeweils gefahrenen Geschwindigkeit des Schienenfahrzeuges 2 unzureichend ist, reduziert die Regelungseinheit 14 die Geschwindigkeit auf eine maximal zulässige Höchstgeschwindigkeit. Eine Beschädigung der Bremsbacken 10 ist auf diese Weise vermieden.