Beschreibung
VerfahrenzumverzugsarmenEinsatzhärtenvon metallischenBauteilen
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum ver¬ zugsarmen Einsatzhärten von insbesondere niedriglegierten metallischen Bauteilen mit den folgenden Schritten:
Einbringen der heißen Bauteile in eine Hoch- druckgasabschreckkammer mit einem Kühlgaseinlass und einem Kühlgasauslass;
Abschrecken der Bauteile in einem Kühlgasstrom durch Umwälzen eines Kühlgases in der Hochdruck¬ gasabschreckkammer, wobei das Gas abwechselnd über die heißen Bauteile und einen Gaskühler strömt, so dass die Bauteile kontinuierlich abkühlen,
wobei nach einer gewissen Kühldauer der Ab¬ schreckvorgang kurzzeitig unterbrochen bzw. die Ab¬ schreckintensität kurzzeitig gedrosselt wird, um den Temperaturgradienten innerhalb eines jeden Bauteils zu verkleinern.
Ein solches Verfahren ist zum Beispiel in dem Aufsatz: Entwicklung des dynamischen Abschreckens in Hochdruck- gasabschreckanlagen, V. Heuer, K. Löser in Mat.-wiss u. Werkstofftech. 34, 56-63 (2003) beschrieben.
Die Hochdruck-Gasabschreckung hat sich als zuverlässiges Abschreckverfahren in der industriellen Praxis etabliert. Dabei ist die Hochdruck-Gasabschreckung zumeist Bestand¬ teil einer Vakuumwärmebehandlung wie z. B. Vakuumhärtung,
Vakuumaufkohlungen oder Plasmaaufkohlung. Die Vorteile der Hochdruck-Gasabschreckung bestehen insbesondere dar¬ in, dass nur geringe Verzüge an den Bauteilen induziert werden. Um diese Vorteile zu erreichen, ist es aber not¬ wendig, die Abschreckparameter, wie Gasdruck und Gasge¬ schwindigkeit, sorgfältig auszuwählen.
Maß- und Formänderungen infolge von Wärmebehandlungen treten immer dann auf, wenn die in Bauteilen auftretenden Spannungen die Fließspannungen überschreiten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Fließspannung temperaturab¬ hängig ist. Um die Thermospannungen und UmwandlungsSpan¬ nungen, die während der Abschreckung auftreten, zu redu¬ zieren, wird in dem oben genannten Aufsatz vorgeschlagen, die Abschreckintensität zu drosseln bzw. zu unterbrechen, bevor an irgendeiner Stelle im Bauteil die Marten- sitstarttemperatur erreicht wird. Durch die Drosselung bzw. Unterbrechung des Abschreckvorganges kommt es zu ei¬ nem Temperaturausgleich innerhalb des Bauteils, also zwi¬ schen seinen Randschichten und seinem Kern, so dass die Thermospannungen abgebaut sind, bevor die Martensitbil- dung in den Bauteilen beginnt. Außerdem hat sich gezeigt, dass durch den oberhalb der Martensitstarttemperatur an¬ zustrebenden Temperaturausgleich die Martensitbildung im Randbereich und im Kern eines Bauteils nahezu gleichzei¬ tig erfolgt, was zu einer Verkleinerung der Umwandlungs- Spannungen führt. Dies wiederum hat kleinere Maß- und Formänderungen zur Folge.
Es wurde daher daran gedacht, zur weiteren Reduzierung der Maß- und Formänderungen die Dauer der Unterbrechung zu verlängern. Dabei zeigte sich aber, dass das Material nach der Wärmebehandlung eine zu geringe Härte aufwies, was sich dadurch erklären lässt, dass bei der in der Un¬ terbrechung gegebenen Temperaturstufe oberhalb der Mar¬ tensitstarttemperatur das Material nach einiger Zeit in
den Bereich der Bainitumwandlung eintritt und damit keine volle Härteannahme mehr, wie bei der vollständigen Mar- tensitumwandlung, erreichbar ist. Die Erfindung beruht somit auf dem Problem, den Abschreckvorgang so zu gestal¬ ten, dass einerseits nur geringe Maß- und Formänderungen an den abgeschreckten Bauteilen auftreten und anderer¬ seits das Bauteil eine hohe Härte und damit Festigkeit erhält.
Zur Lösung des Problems sieht die Erfindung vor,
dass der Abschreckvorgang zunächst in einer ersten Phase mit hoher Abschreckintensität, d. h. hoher Gasgeschwin¬ digkeit und hohem Druck begonnen wird, wobei die Ab¬ schreckintensität so hoch ist bzw. die Legierung so zu¬ sammengesetzt ist, dass die Martensitstarttemperatur er¬ reicht wird, ohne dass eine Bainitumwandlung erfolgt,
dass die Drosselung der Abschreckintensität bzw. die Un¬ terbrechung des Abschreckvorganges bei einer Temperatur des Bauteilkerns stattfindet, die unterhalb der Marten¬ sitstarttemperatur des Kernmaterials liegt,
und dass sich daran ein weiterer Abschreckschritt mit hö¬ herer Abschreckintensität anschließt.
Bei dieser Vorgehensweise befindet sich das Material schon in der ersten Phase der Martensitumbildung, wenn die Drosselung bzw. Unterbrechung des Abschreckvorganges beginnt. Damit wird die Bainitumwandlung unterdrückt und somit wird vermieden, dass das Material eine geringere Härte aufweist. Obwohl erfindungsgemäß der Temperaturaus¬ gleich unterhalb der Martensitstarttemperatur erfolgt, bei der das Material der Bauteile zumindest zum Teil schon umgewandelt ist, konnten überraschenderweise keine zu großen Maß- und Formänderungen festgestellt werden. Im
Gegenteil, die Maß- und Formänderungen waren deutlich kleiner als bei dem Verfahren nach dem Stand der Technik.
Das Verfahren ist insbesondere einsetzbar für das Ein¬ satzhärten von Bauteilen aus niedriglegiertem Stahl, wo¬ bei die Bauteile auch deutlich größere Wandstärken als 7 mm aufweisen können. Einsatzhärten bedeutet, dass die Bauteile zuvor aufgekohlt wurden und damit in ihrem Rand¬ bereich einen höheren Kohlenstoffanteil als im Kern auf¬ weisen. Der Gehalt an Kohlenstoff bestimmt aber die Mar- tensitstarttemperatur. Es hat sich gezeigt, dass die Drosselung der Abschreckintensität am besten dann ein¬ setzt, wenn im Kern die Martensitstarttemperatur gerade unterschritten wird, was mit einer entsprechenden Sonde gemessen werden kann.
Der Einsatz eines niedriglegierten Stahls statt eines un¬ legierten Stahls bedeutet, dass bei einer Abschreckung des Bauteils die Bainitumwandlung zeitlich verzögert ein¬ setzt, so dass die Abschreckintensität nur so groß sein muss, dass die Martensitstarttemperatur innerhalb einer Zeitdauer erreicht wird, in der es gerade noch nicht zu einer bainitischen Umwandlung kommt.
Auch bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird die Ab¬ schreckung dadurch unterbrochen, dass der Kühlgasstrom unterbrochen bzw. seine Wirkung verringert wird.
Der weitere Abschreckschritt, der sich der Phase der Drosselung der Abschreckintensität bzw. der Unterbrechung des Abschreckvorganges anschließt, wird ebenfalls in der Hochdruckabschreckkammer durchgeführt, indem z.B. die Ge¬ schwindigkeit des Kühlgasstroms und/oder der Druck wieder erhöht wird. Gegenüber anderen Methoden hat dies den Vor¬ teil, dass das gesamte Verfahren in einer einzigen Kammer
durchgeführt werden kann, ohne dass die Bauteile umge¬ setzt werden müssten.
Um eine möglichst geringe Maß- und Formänderungen zu er¬ reichen, kommt es entscheidend auf die Dauer der Unter¬ brechung bzw. Drosselung der Abschreckung an. Welche Dau¬ er optimal ist, lässt sich letztlich nur empirisch be¬ stimmen. Dies bedeutet, dass bevor ein größere Anzahl von Bauteilen in einer bestimmten Art mit diesem Verfahren abgeschreckt wird, werden für die jeweils zu behandelnde Bauteilart, die durch die Form und das Material des Bau¬ teils bestimmt wird, Versuche mit unterschiedlichen Dros- selungs- bzw. Unterbrechungsdauern durchgeführt und die jeweils zugehörigen Maß- bzw. Formänderungen bestimmt. Sodann wird die Dauer mit der geringsten Maß- bzw. Form¬ änderung identifiziert und damit das erfindungsgemäße Verfahren durchgeführt, das somit dadurch gekennzeichnet ist, dass die Dauer der Drosselung bzw. Unterbrechung für eine vorbestimmten Zeitspanne durchgeführt wird, die für jede Bauteilart so bestimmt wird, dass die nach der Ab¬ schreckung verbleibenden Maß- bzw. Formänderungen minimal sind.
Um das Erreichen bzw. Unterschreiten der Martensitstart- temperatur bestimmen zu können, wird die Temperatur im Kern des Bauteils während der Abschreckung gemessen.
Bauteile, die typischerweise dem erfindungsgemäßen Ver¬ fahren unterworfen werden, sind z. B. Zahnräder. Bei die¬ sen hat es sich gezeigt, dass die Prozesstemperatur am besten im Zahnfußkern eines Zahnrades ermittelt wird. Dementsprechend wird dort an einem Zahnrad aus einer aus mehreren Zahnrädern bestehenden Charge der Temperaturfüh¬ ler angebracht.
Im Folgenden soll anhand eines Ausführungsbeispiels die Erfindung näher erläutert werden. Dazu zeigen:
Fig. 1 eine schematische Darstellung einer Ab¬ schreckvorrichtung,
Fig. 2 das Diagramm eines Abschreckvorganges nach dem Stand der Technik,
Fig. 3 das Diagramm eines erfindungsgemäßen Ab¬ schreckvorganges.
Die Figur 1 zeigt schematisch eine Abschreckvorrichtung. Diese besteht aus einer die abzuschreckenden Bauteile aufnehmenden Hochdruckgasabschreckkammer 1, durch die in einem Kreislauf 2 ein Kühlgasstrom geleitet werden kann; wobei das Gas abwechselnd über die heißen Bauteile 3 und einen oberhalb und unterhalb der Bauteile angeordneten Gaskühler 4 strömt. Die Umwälzung des Gases übernehmen zwei im Kreislauf angeordnete Ventilatoren 5. Die Steue¬ rung des Abschreckvorgangs erfolgt über eine Prozess- steuerung 6, die mit dem Ventilator 5 und einem Gasein- lass- 7 bzw. Gasauslassventil 8 an der Hochdruckgasab- schreckkammer 1 verbunden ist. Durch Steuerung des Venti¬ lators 5, der die Gasgeschwindigkeit bestimmt und/oder des Gaseinlass- bzw. -auslassventils 7, 8, mit dem der Abschreckdruck bestimmt wird, ist es möglich, dass ein zeitlicher Temperaturverlauf erreicht wird, der prinzipi¬ ell in dem Diagramm der Fig. 1 dargestellt ist.
Fig. 2 zeigt anhand eines Diagramms den typischen Tempe¬ raturverlauf eines Bauteils während einer Abschreckung gemäß dem Stand der Technik. Die Temperaturkurve 10 zeigt die sich mit der Zeit ändernde Temperatur im Randbereich des Bauteils, während die Temperaturkurve 11 die Tempera-
tur im Kern des Bauteils angibt, die der randnahen Tempe¬ ratur nachhinkt. Die Temperatur wird zunächst kontinuier¬ lich verringert und dann für eine vorgegebene Dauer ober¬ halb der Martensitstarttemperatur 12 des zu kühlenden Werkstoffes gehalten. Der Abschreckvorgang wird zumindest so lange unterbrochen bzw. gedrosselt, bis sich die Tem¬ peraturen im Randbereich des Bauteils und in seinem Kern angeglichen haben (Kurvenabschnitt 13) . Danach wird der Abschreckvorgang weiter fortgesetzt, so dass es zu einer Martensitbildung kommt (Kurvenabschnitt 14) . Würde länge¬ re Zeit eine Temperatur oberhalb der Martensitstarttempe¬ ratur 12 vorliegen, was zum Beispiel bei massereichen Bauteilen der Fall ist, oder würden besonders niedrig le¬ gierte Stähle abgeschreckt werden, so würden die Bauteile eine teilweise Bainitstruktur annehmen, die durch eine geringere Härte gekennzeichnet ist.
Gemäß der Erfindung wird daher vorgeschlagen, die Drosse¬ lung oder Unterbrechung der Abschreckung erst dann durch¬ zuführen, wenn die Temperatur des Bauteils unterhalb der Martensitstarttemperatur 12 liegt. Dies ist im Diagramm der Fig. 3 dargestellt. Die Temperaturkurve 17 zeigt eine annähernde Temperaturkonstanz unterhalb der Marten¬ sitstarttemperatur 12 im Kurvenabschnitt 18 zwischen 30 und 70 sec.
Die angestrebte Temperaturangleichung findet somit im Be¬ reich der Martensitbildung statt, wobei diese durch eine eine große Härte auszeichnende Struktur erhalten bleibt.
Die Drosselung bzw. Unterbrechung des Abschreckvorganges erfolgt vorzugsweise durch eine deutliche Reduzierung der Gasgeschwindigkeit, was durch eine entsprechende Ansteue¬ rung der Ventilatoren 5 erfolgen kann, und/oder durch ei¬ ne Reduzierung des Abschreckdrucks in der Hochdruckgasab-
schreckkammer 1, was durch eine entsprechende Ansteuerung des Gasauslassventils 8 erfolgen kann.
Im Folgenden soll ein typisches Anwendungsbeispiel näher erläutert werden. Ein Bauteil aus einem PKW-Getriebe, nämlich ein innenverzahnter Ring mit den Abmessungen: Durchmesser D=140mm, Höhe H=30mm, Ringdicke s=7mm) , be¬ steht aus dem Werkstoff 34Cr4. Die Martensitstarttempera- tur (MS-Temperatur) beträgt für diesen Werkstoff ca. 350° C. Das Bauteil wurde einer Wärmebehandlung, beste¬ hend aus Vakuumaufkohlung und Hochdruck-Gasabschreckung (C2H2-Aufkohlung und Helium-Abschreckung) unterworfen. Es sollte eine Einsatzhärtungstiefe Eht = 0,35mm nach der Wärmebehandlung erzielt werden. Die Temperaturmessung wurde im Zahnfußkern des Bauteils vorgenommen. Der dabei gemessene Temperaturverlauf ist in der Fig. 3 darge¬ stellt. Man erkennt deutlich (Abschnitt 18) die Stabili¬ sierung der Temperatur im Zahnfußkern unterhalb der Mar- tensitstarttemperatur. Es wird vermutet, dass dies, zu ei¬ nem Abbau von Spannungsspitzen führt und somit zu gerin¬ gerem Bauteilverzug.
Trotz der veränderten Abkühlcharakteristik wurden bei An¬ wendung des verbesserten Abschreckprozesses die zu erzie¬ lenden metallurgische Bauteilqualitäten (Einsatzhärte¬ tiefe, Kernhärte, Mikrogefüge in Rand und Kern) vollstän¬ dig erzielt. Es gab keine Verschlechterung der metallur¬ gischen Bauteilqualität im Vergleich zur Durchführung des Verfahrens nach dem Stand der Technik, wie er prinzipiell in Fig.2 gezeigt ist: Die Abschreckparameter dabei waren: Gesamtdauer: 180 sec; Gasgeschwindigkeit für 10 s 100%, für 20 s (oberhalb der Martensitstarttemperatur) 0% und danach wieder 100%, der Druck in der Gasabschreckkammer betrug stets 12 bar; das Abkühlgas war Helium He.
Die erfindungsgemäß verbesserte Gasabschreckung wurde mit den folgenden Parametern durchgeführt:
Zunächst für 20 sec. 100% Gasgeschwindigkeit, 12 bar He
Danach für 15 sec. 15% Gasgeschwindigkeit, 12 bar He
Danach für 25 sec. 0% Gasgeschwindigkeit, 12 bar He
Abschließend für 180 sec. 25% Gasgeschwindigkeit, 12 bar
He
Bei einem derart behandelten Bauteil wurde die durch¬ schnittliche Unrundheit, die während der Wärmebehandlung hervorgerufen wird, durch den verbesserten Abschreckpro- zess von 150 Mikrometer auf 65 Mikrometer gesenkt. Auch die Verzugswerte an der Zahngeometrie
(Flankenlinienwinkelabweichung, Profilwinkelabweichung etc.) wurden signifikant verbessert, wie in der folgenden Tabelle dargestellt:
Hochdruckgas-ab- schreckkammer
Kreislauf
Bauteile
Gaskühler
Ventilator
Gaseinlassventil
Gasauslassventil
Temperaturkurve
Temperaturkurve
Martensitstart-tem peratur
Kurvenabschni11
Kurvenabschnitt
Temperaturkurve
Kurvenabschnitt