Verfahren und Einrichtung zur Diagnose von innerhalb einer industriellen Anlage angeordneten technischen Geräten
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren sowie eine Einrichtung zur Diagnose von innerhalb einer industriellen Anlage der verarbeitenden Industrie angeordneten technischen Geräten, insbesondere von Pumpen und Ventilen, wobei auf die Geräte einwirkende lebenszeitbeeinflussende Störgrößen sensortechnisch erfasst werden, deren Daten simulationstechnisch zur Bestimmung der zur erwartenden Lebenszeit jedes Gerätes verarbeitet werden.
Das Einsatzgebiet der vorliegenden Erfindung erstreckt sich auf industrielle Anlagen, wie verfahrenstechnische Anlagen, mechanische Fertigungsanlagen und dergleichen. Innerhalb dieser Anlagen sind einzelne technische Geräte zu einem System verknüpft, um meist voll automatisch ein Produkt zu erzeugen. Zur automatischen Erzeugung von Produkten innerhalb solcher industrieller Anlagen der hier interessierenden Art werden die einzelnen technischen Geräte gewöhnlich auch automatisch hinsichtlich ihres Verschleißzustandes überwacht. Über eine Diagnose des Verschleißzustandes soll ein wartungs- oder reparaturbedürftiges Gerät innerhalb der industriellen Anlage identifiziert werden können, um ohne hohen manuellen Diagnoseaufwand zielgerichtet und zeitsparend eine Wartung oder Reparatur an der industriellen Anlage durchführen zu können.
Im allgemeinen Stand der Technik sind gattungsgemäße technische Geräte bekannt, die elektronische Diagnosemittel umfassen, welche eine Art Wartungsauslöser bilden. Solche technischen Gräte können Ereignisse, die eine Wartung oder Reparatur
auslösen sensortechnisch erfassen und geben eine Meldung aus, sobald ein Wartungsfall eintritt. Ein derartiger Wartungsfall kann beispielsweise durch eine defekte Rohrleitung innerhalb des technischen Geräts ausgelöst werden, deren Defekt sensortechnisch ermittelt worden ist. Ein Nachteil dieser Art von Diagnose besteht darin, dass eine Meldung über einen erforderlichen Wartungsfall erst dann erfolgt, wenn bereits eine Störung oder Funktionseinschränkung des technischen Geräts eingetreten ist. Durch diese reaktive Diagnose tritt ein Wartungsfall oft unvorhergesehen plötzlich ein, was im Extremfall entsprechend plötzlich zum Ausfall der gesamten industriellen Anlage führt. Hierdurch werden wiederum unvorhersehbare Produktionsausfälle herbeigeführt.
Aus der US 5,533,413 geht ein Verfahren und eine Einrichtung zur Diagnose von innerhalb einer industriellen Anlage angeordneten technischen Geräten hervor, welche die vorstehend aufgezeigten Nachteile dadurch vermeidet, indem jedem technischen Gerät simulationstechnisch eine Art Lebenszeituhr zugeordnet wird. Es werden die auf die technischen Geräte einwirkenden lebenszeitbeeinflussenden Störgrößen, wie Temperaturanstiege, Drucksteigerungen, Schwingbeanspruchungen - sensortechnisch erfasst. Die so gewonnen Daten werden anschließend simulationstechnisch zur Bestimmung der zu erwartenden Lebenszeit des Geräts verarbeitet. Zur Simulation wird ein Simulationsmodell des zugeordneten technischen Geräts erstellt und parametrisiert, auf welches die lebenszeitbeeinflussenden Störgrößen als Eingangsdaten einwirken. Als Ergebnis der Simulation lässt sich unter anderem die zu erwartende Lebenszeit des technischen Geräts kalkulieren. Diese sinkt, wenn die lebenszeitbeeinflussenden Störgrößen oft, über eine lange Zeitdauer und mit hoher Intensität auftreten; umgekehrt steigt die zu erwartende Lebensdauer, wenn die lebenszeitbeeinflussenden Störgrößen selten, über kurze Zeitintervalle und mit geringer Intensität auftreten.
Zwar lässt diese technische Lösung eine recht zuverlässige Prognose über die zu erwartende Lebenszeit des einzelnen technischen Geräts zu; jedoch ist die Art des zu erwartenden Schadens, welcher die Störung auslöst - beispielsweise Defekt einer Leitung im technischen Gerät durch Leckage oder Verstopfung - völlig offen. Daher erhält der Bediener der industriellen Anlage lediglich die Information, wann und bei
welchem technischen Gerät eine Störung zu erwarten ist. Eine Information über die Art der zu erwartenden Störung und die richtigen Wartungsmaßnahmen zur Behebung dieser Störung fehlen jedoch. Somit kann es trotz rechtzeitiger Prognose eines Störfalls bei einem technischen Gerät einer industriellen Anlage immer noch zu langen Stillstandszeiten derselben kommen, da die erforderlichen Wartungs- und
Reparaturmaßnahmen eventuell unvorhergesehen aufwendig sind oder die richtigen Ersatzteile nicht rechtzeitig beschafft werden konnten.
Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren sowie eine Einrichtung zur Diagnose von innerhalb einer industriellen Anlage angeordneten technischen Geräten dahingehend weiter zu verbessern, dass auch Art und Umfang einer nächsten Wartung oder Reparatur prognostizierbar ist.
Die Aufgabe wird verfahrenstechnisch durch Anspruch 1 gelöst. Hinsichtlich einer korrespondierenden Einrichtung wird die Aufgabe durch Anspruch 4 gelöst. Die jeweils rückbezogenen abhängigen Ansprüche geben vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung wieder.
Die Erfindung schließt die verfahrenstechnische Lehre ein, dass eine Experteneinheit vorhanden ist, in welche diverse Wartungsanweisungen hinterlegt werden, welche bei Erreichen eines unter Lebenszeitgrenzwerts eines oder mehrere Geräte gemeinsam mit der zu erwartenden Restzeit des störungsfreien Betriebs der industriellen Anlage ausgegeben werden.
Der Vorteil der erfindungsgemäßen Lösung liegt insbesondere darin, dass eine simulationstechnisch implementierte Lebenszeituhr für ein technisches Gerät verknüpft wird mit passenden Wartungsanweisungen, welche geeignet sind, den kurz vor Ablauf der Lebenszeituhr prognostizierten Störfall zu beheben. Dabei werden diese Wartungsanweisungen erst bei Erreichen eines unteren Lebenszeitgrenzwerts ausgegeben, der frei definierbar ist und so bemessen werden sollte, dass noch genügend Zeit verbleibt, um die ausgegebene Wartungsanweisung rechtzeitig vor Eintreten des tatsächlichen Störfalls durchzuführen.
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Die erfindungsgegenständliche Wartungsanweisung kann als Information einen vollständigen Tausch mindestens einer der Geräte beinhalten. Es ist ebenfalls denkbar, dass die Wartungsanweisung einen Hinweis auf ein austauschbedürftiges Teil innerhalb eines Geräts beinhaltet, welches die prognostizierte Wartung verursachen wird. Die Identifizierung eines solchen wartungsverursachenden Teils kann dabei in einfacher Weise über die ohnehin vorhandenen Sensoren zur Ermittlung der lebenszeitbeeinflussenden Störgrößen erfolgen. Beispielsweise kann eine Verminderung des Drucks nach einer in einem technischen Gerät integrierten Leitung, welcher durch einen Drucksensor erfasst wird, auf ein fortschreitendes Verstopfen der Leitung hinweisen. Infolgedessen wird als Wartungsanweisung nicht ein Tausch des gesamten technischen Geräts, sondern nur ein Tausch des über diesen Sensor speziell identifizierten Teils des technischen Geräts, nämlich der Leitung, ausgegeben.
Gemäß einer weiteren die Erfindung verbessernden Maßnahme ermittelt die Experteneinheit nach durchgeführter Wartung durch Tausch oder Teiltausch von bzw. bei Geräten die neue Restzeit eines störungsfreien Betriebs der industriellen Anlage, um den Erfolg der Wartung über eine hierdurch erzielte vergleichsweise höhere Restzeit eines störungsfreien Betriebs zum Ausdruck zu bringen. Durch die Anzeige einer nach der Wartung gestiegenen Restzeit eines störungsfreien Betriebs kann der Bediener der industriellen Anlage also feststellen, dass die durchgeführte Wartung oder Reparatur den gewünschten Erfolg hatte. Es wird demnach eine Art Rücksetzen der Lebenszeituhr durchgeführt.
Die erfindungsgemäße Einrichtung zur Diagnose von innerhalb einer industriellen Anlage angeordneten technischen Geräten sollte vorzugsweise derart in die industrielle Anlage implementiert werden, dass zentral in deren Leitstelle zumindest die Experteneinheit und die hiermit verbundene Anzeigeeinheit zur Ausgabe der Wartungsanweisungen sowie der zu erwartenden Restzeit eines störungsfreien Betriebs angeordnet werden. Die Experteneinheit mit zugeordneter Anzeigereinheit kann beispielsweise in Form eines Personalcomputers mit entsprechender Software ausgebildet sein. Vorteilhafterweise erfolgt die Kommunikation zwischen einzelnen dezentral angeordneten technische Geräten der industriellen Anlage und der zentralen Leitstelle, in welcher zumindest die Experteneinheit mit Anzeigeeinheit angeordnet ist,
über ein Datenbussystem. Besonders eignen sind zu diesem Zwecke sogenannte Feldbussysteme, welche die erforderliche bidirektionale Kommunikation auf Geräteebene mit entsprechend hierfür geeigneten Protokollen unterstützen. Die Simulationseinheit, an welcher eingangsseitig die Sensoren zur Erfassung von auf die Geräte wirkenden lebenszeitbeeinflussenden Störgrößen angeschlossen sind kann entweder an den technischen Geräten selbst oder ebenfalls in der zentralen Leitstelle der industriellen Anlage platziert werden. Es ist auch denkbar, dass Simulationseinheit und Experteneinheit in demselben Personalcomputer in Form einer geeigneten Software implementiert sind.
Weitere die Erfindung verbessernde Maßnahmen werden nachstehend gemeinsam mit der Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispieis der Erfindung anhand der einzigen Figur näher dargestellt. Die einzige Figur zeigt ein schematisches Blockschaltbild einer Einrichtung zur Diagnose von technischen Geräten.
Gemäß Figur befinden sich innerhalb einer industriellen Anlage 1 in Form einer verfahrenstechnischen Anlage zur Gewinnung eines chemischen Zwischenprodukts - hier exemplarisch - die technischen Geräte 2 und 3. Das technische Gerät 2 ist eine Pumpe zur Förderung eines fließfähigen Mediums; das technische Gerät 3 stellt ein zum Öffnen oder Schließen innerhalb einer - nicht weiter dargestellten - Rohrleitung zum Transport des fließfähigen Mediums eingeschaltetes Ventil dar. Beide Geräte 2 und 3 sind mit jeweils zugeordneten Sensoren 4 bzw. 5 zur Erfassung von auf die Geräte 2 und 3 einwirkenden lebenszeitbeeinflussenden Störgrößen, wie Leitungsdruck, Betriebstemperatur und dergleichen ausgestattet. Die Sensoren 4 und 5 erfassen diese lebenszeitbeeinflussenden Störgrößen und leiten diese über ein nach Art eines Feldbusses ausgebildetes Datenbussystem 6 an eine Simulationseinheit 7 weiter. In der Simulationseinheit 7 ist ein Gerätemodell 8, welches die technischen Geräte 2 und 3 sowie deren Betriebsparameter als Modell abbildet, hinterlegt. Das Gerätemodell 8 wird gespeist mit den sensortechnisch ermittelten lebenszeitbeeinflussenden Störgrößen, woraus die Simulationseinheit 7 die zu erwartende Lebenszeit jedes Geräts simulationstechnisch prognostiziert. Die Simulationseinheit 7 steht mit einer Experteneinheit 9 in Verbindung in welcher mittels geeigneter Speicherelemente diverse Wartungsanweisungen 10 hinterlegt sind. Bei
Erreichen eines, ebenfalls hinterlegten Lebenszeitgrenzwerts eines oder mehrerer Geräte 2 und / oder 3 ermittelt die Experteneinheit 9 über einen integrierten Auswertealgorhythmus eine zugeordnete Wartungsanweisung, welche gemeinsam mit der zu erwartenden Restzeit eines störungsfreien Betriebs der industriellen Anlage 1 über eine nachgeschaltete Anzeigeeinheit 11 ausgegeben wird.
Hierdurch wird es möglich, rechtzeitig vor dem prognostizierten Eintritt eines Störfalls diejenige passende Wartungsanweisung dem Bediener der industriellen Anlage 1 bereitzustellen, welche zur Behebung des Störfalls vor dessen Eintritt auszuführen ist. Dabei kann die Wartungsanweisung sowohl einen vollständigen Tausch mindestens eines der Geräte 2 oder 3 oder auch ein Tausch von wartungsverursachenden Teilen innerhalb des Geräts 2 bzw. 3 beinhalten.
Zu diesem Zwecke beinhaltet die Wartungsanweisung ebenfalls eine Bezeichnung der zu tauschenden Geräte 2 oder 3 bzw. deren wartungsverursachenden Teile.
Anschließend ermittelt die Experteneinheit 9 die neue Restzeit eines störungsfreien Betriebs der industriellen Anlage 1. Diese neue Restzeit wird nun höher sein als die zuvor prognostizierte Restzeit bis zum Eintritt eines Störungsfalls, da die Wartung oder Reparatur an dem kritischen Gerät 2 bzw. 3 ausgeführt worden ist. Durch die vergleichsweise höhere Restzeit eines störungsfreien Betriebs, d.h. die Zeit bis zu welcher der nächste Störfall prognostiziert wird, kann der Erfolg der Wartung oder Reparatur abgeschätzt werden. Falls beispielsweise ein Teiletausch bei einem Gerät 2 oder 3 nicht die erwartete höhere Lebenszeit herbeiführt, kann das betreffende Gerät 2 oder 3 auch gänzlich sofort oder zu gegebener Zeit ausgetauscht werden.
Die Experteneinheit 9 und die hiermit verbundene Anzeigeinheit 11 sind in diesem Ausführungsbeispiel zentral in einer Leitstelle 12 der industriellen Anlage 1 angeordnet, also ortsfern von den dezentral angeordneten technischen Geräten 2 und 3 mit zugeordneten Sensoren 4 bzw. 5.
Bezuqszeichenliste
1 industrielle Anlage
2 erstes technisches Gerät
3 zweites technisches Gerät
4 erster Sensor
5 zweiter Sensor
6 Datenbussystem
7 Simulationseinheit
8 Gerätemodell
9 Experteneinheit
10 Wartungsanweisung
11 Anzeigeeinheit
12 Leitstelle