Verwendung von Blockern der NKG2D-Rezeptor-/NKG2D-Liαanden- Interaktion bei Autoimmunerkrankungen
Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von Blockern der NKG2D-Rezeptor-/NKG2D-Liganden-Interaktion zur Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung von Autoimmunkrankheiten.
Autoiπununität beruht auf einer spezifischen, adaptiven Immun- antwort gegen körpereigene Antigene. Normalerweise lässt das Immunsystem körpereigene Substanzen unbehelligt und bekämpft nur Fremdkörper. Autoimmunität lässt sich als Ergebnis eines Zusammenbruchs der Toleranz gegenüber körpereigenen Stoffen und/oder eines defekten Kontroll- und Regulationsmechanismus des Immunsystems auffassen. Die genauen Ursachen für die Ent¬ stehung von Autoimmunkrankheiten sind bisher unbekannt. Es wird jedoch vermutet, dass neben umweltbedingten auch erbliche Fak¬ toren eine Rolle spielen. T-Lymphozyten scheinen an der Auslö-
sung der Krankheiten wesentlich beteiligt zu sein, da sie so¬ wohl als cytotoxische T-Lymphozyten als auch durch die Aktivie¬ rung von Makrophagen Gewebeschädigungen verursachen können.
Autoimmunkrankheiten lassen sich in gewebe- oder organspezifi¬ sche sowie systemische, also nicht-organspezifische Autoimmun¬ krankheiten einteilen. So ist bspw. die Erkrankung Multiple Sklerose ein Beispiel für eine organspezifische, vermutlich T- Zell-vermittelte Autoimmunerkrankung beim Menschen.
Bei der T-Zell-vermittelten Immunantwort erkennen zytotoxische T-Lymphozyten körpereigene Peptide in Kontext von MHC-Klasse I Molekülen (MHC = major histocompatibility complex / Haupthisto- kompatibilitätskomplex) und führen zur Zerstörung der erkannten Zelle. Dies ist vermutlich der Fall bspw. bei der rheumatoiden Arthritis und bei dem insulinabhängigen Diabetes mellitus.
Der Nachweis von Autoimmunkrankheiten, die durch autoreaktive T-Lymphozyten verursacht werden, ist schwierig, da die Isolie¬ rung und Charakterisierung der entsprechenden autoantigenen Peptide technisch schwierig ist.
In der Praxis ist das therapeutische Vorgehen oft konfrontiert mit chronischen, langsam fortschreitenden Autoimmunkrankheiten. Zu Teilerfolgen führte der Einsatz von Immunsuppressiva und Corticosteroiden.
Andere Therapieansätze machen sich die Idee zunutze, dass be¬ stimmte Peptide die Autoimmunreaktion verhindern können. Die
Peptide, die eine ähnliche Aminosäurestruktur wie das die Krankheit verursachende Selbstpeptid besitzen, binden dann zwar an die MHC-Moleküle, die von den T-Zell-Rezeptoren der autore¬ aktiven T-Zellen erkannt werden, jedoch werden die T-Zellen dadurch nicht mehr aktiviert.
Mit anderen Therapieansätzen soll erreicht werden, dass lösli¬ che Komplexe aus MHC-Molekülen, Peptid und einem Toxin an die¬ jenige T Zellen binden, die den Schaden im Organismus auslösen.
In anderen Ansätzen werden Cytokine, die bei der Auslösung von Autoimmunkrankheiten beteiligt sind, durch Antagonisten blo¬ ckiert, wie bspw. Interleukin-1- und Tumor-Nekrosis-Faktor-α- Antagonisten.
Neuere Studien haben nun Anhaltspunkte aufgezeigt, wonach der NKG2D-Rezeptor eine Rolle zumindest bei manchen Autoimmunkrank¬ heiten spielt.
Der aktivierende Immunrezeptor NKG2D wird auf natürlichen Kil¬ lerzellen (NK Zellen) und mehreren T-Zellsubpopulationen ein¬ schließlich CD8+ T Zellen exprimiert.
NK Zellen sind ein wichtiger Bestandteil des angeborenen Immun¬ systems und als solche an der Immunabwehr von Viren und Tumoren beteiligt. Dabei bestimmt das Zusammenspiel von Signalen akti¬ vierender und inhibitorischer Rezeptoren die Aktivierung von NK Zellen. Durch die Vermittlung des aktivierenden Immunrezeptors NKG2D erkennen zytotoxische Lymphozyten, das heißt NK Zellen und CD8+ T Zellen, virusinfizierte bzw. maligne Körperzellen, die infolge dessen eliminiert werden können. Außer auf CD8+ αß
T Zellen und NK Zellen konnte die NKD2D-Expression auch auf γδ T Zellen gezeigt werden.
Der Rezeptor NKG2D wird konstitutiv auf der Zelloberfläche exprimiert und ist mit dem Adapterprotein DAPlO assoziiert. Nach Interaktion mit seinen MHC Klasse I-ähnlichen Liganden vermittelt der Rezeptor NKG2D über das Adapterprotein ein Akti¬ vierungssignal in die zytotoxischen Lymphozyten.
Als NKG2D-Liganden sind bisher im Menschen die MHC-Klasse-I- Ketten-ähnlichen Moleküle A (MICA), MICB und die ULl6-bindenden Proteine (ULBP) 1, 2, 3 und 4 (= RAETlE) und RAETlL sowie RAETlG identifiziert worden (siehe Steinle et al., „Interacti- ons of human NKG2D with its Ligands MICA , MICB, and homologs of the mouse RAE-I Protein Family", Immunogenetics 53:279-287, 2001; Cosman et al., „ULBPs, novel MHC Class I related Molecu- les, bind to CMV Glycoprotein UL 16 and stimulate NK Cytotoxi- city through the NKG2D Receptor", Immunity 14:123-133, 2001; Bacon et al., „Two human ULBP/RAETl molecules with transmembra- ne regions are ligands for NKG2D", J. Immunol. 173:1078-1084, 2004). In der Maus sind die NKG2D-Liganden RAE-lα, ßf γ ,δ und ε, sowie H60 und das ULBP-Homolog MULTl beschrieben worden.
Die verschiedenen NKG2D-Liganden haben unterschiedliche Expres¬ sionsmuster. Die Liganden werden nach derzeitigem Kenntnisstand nicht oder nur in geringem Umfang von normalen Körperzellen exprimiert, während unter pathologischen Bedingungen ihre Ex¬ pression hochreguliert wird, wie beispielsweise bei Transforma¬ tionen (bspw. epitheliale Tumore, Gliome, Leukämien), Infektio¬ nen (bspw. durch das humane Cytomegalovirus (HCMV) oder durch Mycobacterium tuberculosis) oder bei zellulärem Stress.
Trotz der aufgezeigten Möglichkeiten zur Behandlung von Autoim¬ munkrankheiten besteht immer noch ein großes Interesse, Alter¬ nativen zu den bisher eingesetzten Therapieansätzen zu finden, da die aufgezeigten Ansätze oftmals schwerwiegende Nebenwirkun¬ gen verursachen oder nur mit großem Aufwand und unter hohen Kosten durchzuführen sind oder nur Teilerfolge erbringen.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, Substanzen zur Herstellung eines Arzneimittels bereitzustellen, welches zur Prophylaxe und/oder Therapie von Autoimmunkrankheiten dient.
Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch die Bereitstellung von zumindest einem Blocker der NKG2D-Rezeptor-/NKG2D-Liganden- Interaktion gelöst, der ausgewählt ist aus der Gruppe umfassend löslicher NKG2D-Rezeptor, lösliches MICA, lösliches MICB, lös¬ liches ULBPl, lösliches ULBP2, lösliches ULBP3, lösliches ULBP4, lösliches RAETlL, lösliches RAETlG, sowie allelische Varianten oder Fragmente oder Derivate der genannten Blocker, sowie synthetisch hergestellte Blocker der NKG2D- Rezeptor/NKG2D-Liganden-Interaktion.
Die Erfinder konnten in eigenen Versuchen zeigen, dass durch die Gabe eines genannten löslichen Blockers der NKG2D-Rezeptor- /Liganden-Interaktion der Ausbruch von Autoiinmunkrankheiten verhindert oder zumindest gebremst werden konnte.
Ogasawara et al. („NKG2D Blockade Prevents Autoimmune Diabetes in NOD Mice", Immunity 20:757-767, 2004) zeigten, dass NKG2D- Liganden-Expression in Pankreas von erkrankten NOD-(„nonobese diabetiσ"-) Mäusen nachgewiesen werden konnte. Dieselbe Ar¬ beitsgruppe konnte auch zeigen, dass eine Blockade des NGK2D-
Rezeptors durch anti-NKG2D monoklonale Antikörper in NOD-Mäusen den Ausbruch der Krankheit verhindern konnte.
Ferner konnten Groh et al. („Stimulation of T-CeIl Autoreacti- vity by Expression of NKG2D and its MIC Ligands in Arthritis", Proceedings of the National Academy of Sciences, USA, 100:9452- 9457, 2003) in ihren Studien zeigen, dass beim Menschen auf Synoviozyten von Patienten mit rheumatoider Athritis NKG2D- Liganden vorliegen und dass deren Interaktion mit NKG2D- Rezeptoren, die bei diesen Patienten auch auf CD4+ CD28- T- Zellen exprimiert werden, die Zerstörung von Synovialzellen bedeutend beeinflussen kann.
Jedoch ist in keiner der neueren Studien gezeigt, noch ist ein Hinweis darauf zu finden, dass durch lösliche NKG2D-Rezeptoren, MICA/B oder lösliches ULBP die NKG2D-Rezeptor/NKG2D-Liganden- Interaktion derart beeinflusst werden kann, dass der Ausbruch von Autoimmunkrankheiten verhindert oder zumindest verzögert werden kann.
Die Erfinder haben mit ihren Versuchen hingegen erstmalig ge¬ zeigt, dass durch die Gabe von löslichem NKG2D-Rezeptor der Ausbruch von Symptomen der Multiplen Sklerose deutlich gehemmt werden konnte. Diese Ergebnisse zeigen somit die Möglichkeit auf, lösliche Liganden oder Fragmente davon im Rahmen einer Therapie bei Autoimmunkrankheiten einzusetzen. Darüber hinaus zeigten transgene Mäuse, die eine hohe Konzentration von lösli¬ chem MICA im Serum enthielten, ebenfalls eine ähnliche Verzöge¬ rung des Krankheitsausbruchs.
Durch die Gabe von löslichem NKG2D-Rezeptor und dessen Bindung an seine (an Zelloberflächen gebundenen) Liganden wird verhin¬ dert, dass diese Liganden den auf Oberflächen von (u.a.) NK Zellen exprirαierten NKG2D-Rezeptor binden und diese aktivieren.
Andererseits kann die Gabe von löslichen NKG2D-Liganden bewir¬ ken, dass diese an den auf Oberflächen von (u.a.) NK Zellen exprimierten NKG2D-Rezeptor binden, diesen jedoch nicht akti¬ vieren können, da hierzu vermutlich ein Zell-Zell-Kontakt not¬ wendig ist.
Vorliegend bedeutet „Fragment" jedes Fragment eines der genann¬ ten löslichen Peptide, welches wie das lösliche Protein an den NKG2D-Rezeptor binden kann. Mit „Derivaten" sind jede Protein- Abwandlungen gemeint, die vom löslichen Protein abweichende Modifizierungen aufweisen, bspw. Aminosäuresubstitutionen, und zwar insbesondere an den Stellen der löslichen Proteine, über welche die Bindung der Proteine an den NKG2D-Rezeptor nicht vermittelt wird. Auch solche Proteine oder Peptide, die von den Blockern abgeleitet sind, können für eine erfindungsgemäße Verwendung eingesetzt werden.
Ferner bedeutet vorliegend „allelische Varianten" alle Varian¬ ten von Nucleotidsequenzen der für die genannten Proteine co- diernden Gene, die zumindest bisher im Stand der Technik be¬ kannt sind. So sind bspw. für MICA bisher 56 Allele identifi¬ ziert worden (siehe bspw. auf der Internetseite des EMBL-EBI (European Bioinformatics Institute) www.ebi.ac.uk/imgt/hla) und für MICB 16 Allele.
Somit werden unter „Fragmenten, Derivaten oder allelische Vari¬ anten der genannten Blocker" alle Substanzen verstanden, die die gleichen Bindungseigenschaften wie die genannten Blocker der NKG2D-Rezeptor-/NKG2D-Liganden-Interaktion aufweisen.
Es können jedoch nicht nur die genannten Proteine als Blocker eingesetzt werden, sondern vielmehr jeder niedermolekulare synthetisch hergestellte Blocker der NKG2D-Rezeptor/NKG2D- Ligangen-Interaktion. Solche synthetisch hergestellte Blocker können bspw. dadurch identifiziert werden, dass durch Zugabe synthetischer Substanzen, die z. B. durch kombinatorische Che¬ mie hergestellt wurden, im „high throughput"-Verfahren eine Blockierung der Interaktion zwischen rekombinant hergestelltem löslichem MICA, das z .B. auf Mikrotiterplatten oder sog. „beads" immobilisiert wird, und mit rekombinant hergestelltem löslichem, biotinyliertem NKG2D analysiert wird. Eine Bindung von NKG2D an MICA kann über Streptavidin-Konjugate detektiert werden (z. B. Streptavidin-Phycoerythrin in der Durchflusszyto- metrie oder Streptavidin-Meerrettichperoxidase in ELISA- Verfahren) . Derart identifizierte synthetische Blocker können dann in funktionellen Versuchen, z. B. in Zytotoxizitätsexperi- menten mit NK Zellen, getestet werden.
Als Blocker können aber auch bspw. Antikörper eingesetzt wer¬ den, die gegen den NKG2D-Rezeptor gerichtet sind, oder Fragmen¬ te davon.
Polyklonale Antikörper können in herkömmlicher Weise durch Immunisierung von Tieren, insbesondere von Kanninchen, mittels
Injektion des Antigens bzw. Fragmenten davon, und anschließen¬ der Reinigung des Immunglobulins erhalten werden.
Monoklonale anti-NKG2D-Rezeptor-Antikörper können nach Stan¬ dardprotokollen gemäß dem von Köhler und Milstein beschriebenen Prinzip („Continuous cultures of fused cells seσreting antibody of predefined specificity", Nature 256:495-497, 1975) gewonnen werden. Hierfür werden bspw. Mäuse immunisiert und anschließend antikörperproduzierende Zellen der immunisierten Tiere immorta- lisiert, bspw. durch Fusion mit Myelomzellen. Anschließend wird der Überstand der erhaltenen Hybridome mittels immunologischen Standardassays auf monoklonale anti-NKG2D-Rezeptor-Antikörper gescreent. Für den therapeutischen oder diagnostischen Einsatz im Menschen können diese tierischen Antikörper ggf. auf her¬ kömmliche Weise chimerisiert (siehe bspw. Neuberger et al., „Recombinant antibodies possessing novel effector functions" Nature 312:604-608, 1984) oder humanisiert (siehe bspw. Riechmann et al., „Reshaping human antibodies for therapy", Nature 332:323- 327, 1988) werden.
Insbesondere ist bevorzugt, wenn als Blocker ein Protein oder Peptid eingesetzt wird, das eine Aminosäuresequenz enthält, die ausgewählt ist aus den im beiliegenden Sequenzprotokoll aufge¬ führten Sequenzen mit den SEQ ID Nr. 1 bis SEQ ID NR. 15, und insbesondere ein Protein, das eine Aminosäuresequenz aufweist, die ausgewählt ist aus den Sequenzen mit der SEQ ID Nr. 1 bis SEQ ID Nr. 15.
Das im beigefügten Sequenzprotokoll aufgeführte Peptid mit der SEQ ID-Nr. 1 des beigefügten Sequenzprotokolls stellt die kom¬ plette (full-length) Aminosäuresequenz des NKG2D-Rezeptors dar.
Dieser weist eine cytoplasmatische Domäne (AS 1-51), eine Transmembrandomäne (AS 52-72) und eine Ektodomäne (AS 73-216) auf. Mit der Aminosäuresequenz der SEQ ID- Nr. 2 des beigefüg¬ ten Sequenzprotokolls ist vorliegend die diese Ektodomäne um¬ fassende Sequenz identifiziert. Mit der SEQ ID-Nr. 3 des beige¬ fügten Sequenzprotokolls ist die Sequenz von MICA*01, mit der SEQ ID-Nr. 5 die Sequenz von MICB*02 identifiziert. Die SEQ ID- Nrn. 4 und 6 sind jeweils Sequenzabschnitte von MICA*01 und MICB*02. Unter den SEQ ID-Nm. 7 bis 15 des beigefügten Se¬ quenzprotokolls sind jeweils die full-length Sequenzen sowie Sequenzabschnitte der Proteine ULBPl, ULBP2, ULBP3, ULBP4, RAETlL und RAETlG aufgeführt. Eine Übersicht über die bereits bekannten Sequenzen sowie deren Datenbank- Identifikationsnummern (Accession Number) findet sich in der beigefügten Tabelle 1.
Es ist bevorzugt, wenn die Blocker, also löslicher NKG2D- Rezeptor, lösliches MICA/B und lösliche ULBP-Moleküle, für die Verwendung rekombinant hergestellt werden.
Hierbei kann es von Vorteil sein, nicht das full-length Protein zu exprimieren, sondern bspw. nur bindungsrelevante Domänen der Proteine. So kann bspw. der lösliche NKG2D-Rezeptor ohne die cytoplasmatische Region und ohne die Transmembran-Domäne expri- miert werden (z. B. von Asn 80 bis VaI 216; = SEQ ID Nr. 2); lösliches MICA kann bspw. von GIu 1 bis Lys 276 (= SEQ ID-Nr. 4), lösliches MICB von GIu 1 bis Lys 276 (= SEQ ID-NR. 6), lösliches ULBPl von Asp 1 bis Lys 181 (= SEQ ID-NR. 8), lösli¬ ches ULBP2 von Asp 1 bis AIa 181 (= SEQ ID-NR. 10) und lösli¬ ches ULBP3 von Asp 1 bis AIa 181 (= SEQ ID-Nr. 12) exprimiert werden. Geeignet für die Expression sind bspw. Sf9 Insektenzel-
len oder eukaryontische Expressionssysteme, wie z.B. 2931 oder COS7 Zellen.
Bei der erfindungsgemäßen Verwendung ist insbesondere bevor¬ zugt, wenn die Autoimmunkrankheiten ausgewählt sind aus der Gruppe umfassend Multiple Sklerose, Diabetes Typ I, rheumatoide Arthritis, Psoriasis, Spondylarthritiden, Zöliakie, Morbus Behcet, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und Systemischer Lupus Erythematodes (SLE).
Insbesondere ist bevorzugt, wenn die Verwendung bei der schub¬ förmigen Multiple Sklerose erfolgt, vorzugsweise in der An¬ fangsphase der schubförmigen Multiplen Sklerose.
Bei der Multiplen Sklerose sind in den Entzündungsherden (Pla¬ ques) u.a. T-Lymphozyten, B-Lymphozyten und Makrophagen zu finden, was als Hinweis auf eine Autoimmunreaktion gewertet wird. Ferner konnten Autoantikörper gegen verschiedenen Kompo¬ nenten der Myelinschicht nachgewiesen werden, bspw. gegen basi¬ sche Myelinproteine, Proteolipid-Proteine oder gegen das Mye- lin-Oligodendrozyten-Glykoprotein (MOG) . Zur Therapie der mul¬ tiplen Sklerose wird momentan insbesondere rekombinant herge¬ stelltes Interferon ß eingesetzt, insbesondere beim schubförmi¬ gen Krankheitsverlauf.
Der Autoimmunkrankheit Diabetes Typ I liegt eine zellulär ver¬ mittelte chronische und irreversible Zerstörung der insulinpro¬ duzierenden ß-Zellen des Pankreas zugrunde, wobei vermutlich ein auf den ß-Zellen präsentiertes Peptid von autoimmunen T- Lymphozyten erkannt wird, die ihrerseits die ß-Zellen zerstö¬ ren.
Bei der rheumatoiden Arthritis handelt es sich um eine Autoim¬ munkrankheit, bei welcher vermutlich durch eine Veränderung von Synovialzellen eine Immunantwort von T-Lymphozyten, B- Lymphozyten und Makrophagen induziert wird, die zur Antikörper¬ bildung gegen Synovialzellen führt. Als Folge werden Hydrola- sen, Kollagenasen und lysosomale Enzyme freigesetzt, die zur Zerstörung von Gelenkknorpel führen. Eine Therapie erfolgt momentan mit Antiphlogistika, Corticosteroiden u.a. Antirheuma¬ tika, sowie mit anti-TNF-α-Antagonisten.
Eine mögliche Erklärung der NKG2D-Wirkungsweise bei der Patho¬ genese von Autoimmunkrankheiten ist eine Induktion von NKG2D- Liganden durch zellulären Stress oder virale oder bakterielle Infektionen auf den Zellen der Organe bzw. Gewebe, die von der Autoimmunität betroffen sind. Diese induzierte Expression von NKG2D-Liganden könnte dann eine Lyse der entsprechenden Zellen durch NK Zellen vermitteln. Hierdurch würde nicht nur das ent¬ sprechende Gewebe zerstört, sondern auch sehr viele Autoantige¬ ne freigesetzt, die wiederum von Antigen-präsentierenden Zellen aufgenommen und über MHC-Moleküle präsentiert werden könnten, was zur Aktivierung potentiell autoreaktiver T Zellen führen könnte. Alternativ könnten autoreaktive T Zellen auch direkt durch die NKG2D-Liganden-Expression auf dem betroffenen Gewebe aktiviert werden.
Mit der erfindungsgemäßen Verwendung wird ein Ansatz aufge¬ zeigt, mit welchem eine neue Alternative zur Behandlung der oben angegebenen Krankheiten ermöglicht wird. Die Erfinder konnten nämlich in eigenen Versuchen zeigen, dass in Mäusen bei einem Einsatz von löslichem NKG2D-Rezeptor der Ausbruch der schubförmigen Multiplen Sklerose im Vergleich zu unbehandelten
Mäuse deutlich hinausgezögert werden konnte. Gleiches wurde mit MICA-transgenen Mäusen gezeigt, die hohe Serumkonzentrationen an löslichem MICA enthalten.
Die Erfindung betrifft weiterhin eine pharmazeutische Zusammen¬ setzung, die zumindest einen Blocker der NKG2D-Rezeptor-/NKG2D- Liganden-Interaktion enthält.
Dabei ist bevorzugt, wenn die pharmazeutische Zusammensetzung zumindest einen Blocker enthält, der ausgewählt ist aus der Gruppe umfassend löslicher NKG2D-Rezeptor, lösliches MICA, lösliches MICB, lösliches ULBPl, lösliches ULBP2, lösliches ULBP3, lösliches ULBP4, lösliches RAETlL, lösliches RAETlG, sowie allelische Varianten oder Fragmente oder Derivate der genannten Blocker, sowie synthetisch hergestellte Blocker der NKG2D-Rezeptor/NKG2D-Liganden-Interaktion.
Die Erfindung betrifft ferner eine pharmazeutische Zusammenset¬ zung, die als Blocker ein Protein enthält, das eine Aminosäure¬ sequenz enthält, die ausgewählt ist aus der im beigefügten Sequenzprotokoll aufgeführten Sequenzen SEQ ID-Nr. 1 bis SEQ ID-Wr. 15, und insbesondere ein Protein, das eine solche Amino¬ säuresequenz aufweist.
Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass die Zusammensetzung auch mehrere der genannten Bloσker enthält.
Die Zusammensetzung kann darüber hinaus auch weitere Zusatz¬ stoffe und/oder Träger enthalten, die üblicherweise bei der Zubereitung einer zu verabreichenden pharmazeutischen Zusammen¬ setzung verwendet werden. Solche Inhaltsstoffe sind zum Bei-
spiel Verdünnungsmittel, Bindemittel, Suspensionsmittel, Schmiermittel, Stabilisatoren usw. Dazu zählen, sind aber nicht hierauf beschränkt, z.B. Wasser, Salzlösungen, Alkohole, pflanzliche Öle, Polyetylenglycole, Monoglyceride, etc. Eine Übersicht über derartige Inhaltsstoffe findet sich beispiels¬ weise in A. Tippe, „Handbook of Pharmaceutical Excepients", 3. Edition 2000, American Pharmaceutical Association and Pharma¬ ceutical Press.
Je nach Verabreichung der pharmazeutischen Zusammensetzung, also oral oder parenteral, wird die Zusammensetzung formuliert sein, also beispielsweise in Form von Kapseln, Tabletten oder aber flüssigen Zubereitungen, die bspw. auch injiziert oder intravenös verabreicht werden können. Die Verabreichung kann ferner in Abhängigkeit vom Patienten und der Erkrankung, syste¬ misch oder lokal und subtil gerichtet vorgenommen werden.
Ferner kann die Zusammensetzung weitere aktive Inhaltsstoffe oder Arzneimittel ausweisen, wie beispielsweise Interferone und ähnliche.
Die pharmazeutische Zusammensetzung kann dann bei Autoimmun¬ krankheiten eingesetzt werden, . wie bspw. Multiple Sklerose, Diabetes Typ I, rheumatoide Arthritis, Psoriasis, Spondyl- arthritiden, Zöliakie, Morbus Behcet, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und Systemischer Lupus Erythematodes (SLE).
Weitere Vorteile ergeben sich aus den Figuren und dem nachfol¬ genden Beispiel.
Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nach¬ stehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
Ausführungsbeispiele der Erfindung werden in den nachfolgenden Figuren näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 NKG2D-Liganden-Expression im ZNS bei Patienten mit Multipler Sklerose sowie in humaner Mikroglia:
Fig. IA: Immunhistochemische Anfärbung von demyelini- sierten ZNS-Läsionen („plaque" bzw. „shadow plaque") von MS-Patienten. Gezeigt sind Anfärbungen von MHC- Klasse II Molekülen (MHC-II), MIC-Molekülen (BAMOl) und „Major Basic Protein" (MBP), sowie mit einer Isotyp¬ kontrolle.
Fig. IB: Quantifizierung von MICA Transkripten mittels Echtzeit-PCR im ZNS von gesunden („Normal") versus MS- Patienten („MS") mit Normierung auf die T98G Glioma- zelllinie, sowie von unreifen Dendritischen Zellen (DC „imm") versus reifen DC („DC mature" ) versus isolierter Mikroglia.
Fig. 2 NKG2D-Liganden-Expression im ZNS und in Mikrogliazellen bei der experimentellen autoimmunen Encephalomyelitis von Mäusen:
Fig. 2A: Nachweis von RAE-I und NKG2D im ZNS von C57BL/6 Mäusen am Tag der EAE-Induktion (day 0) sowie am Tag 10 bzw. 20 nach EAE-Induktion mittels Immunblot. Die Zahlen geben die Einheiten der relativen Densito¬ metrie wieder (Tag 0 normiert auf 1.0). Zur Kontrolle der aufgetragenen Proteinmenge wurde ß-Aktin detek- tiert.
Fig. 2B: Quantifizierung von RAE-lδ Transkripten mit¬ tels Echtzeit-PCR im ZNS von C57BL/6 Mäusen („Normal") und C57BL/6 Mäusen nach EAE-Induktion („EAE") mit Nor¬ mierung auf die Maus-Gliomazelllinie GL261, sowie in isolierten Astrozyten und Mikrogliazellen von C57BL/6 Mäusen.
Fig. 3 Effekt der NKG2D-Blockade bei der experimentellen autoimmunen Encephalomyelitis (EAE) .
Fig. 3A: Durchschnittlicher „clinical score" von je sechs H2-Kb-MICA transgenen Mäusen (offene Kreise) so¬ wie sechs nicht-transgenen Geschwistern (geschlossene Kreise) an Tagen 0 bis 30 nach EAE-Induktion.
Fig. 3B: Durchschnittlicher „clinical score" an Tagen 0 bis 25 nach EAE-Induktion von fünf C57BL/6 Mäusen bei Gabe von löslichem NKG2D (offene Kreise; die sechste Maus zeigte keinerlei Symptome) sowie von sechs Mäusen bei Gabe von PBS (geschlossene Kreise). PBS bzw. sNKG2D wurde an Tagen 0, 2, 4, 6, 8, und 10 intraperitoneal appliziert.
Fig. 3C: MOG-Peptid spezifische T Zeilproliferation bei Mäusen, bei denen EAE induziert wurde, und die entweder mit PBS oder mit löslichem NKG2D, wie in Fig. 3B be¬ schrieben, behandelt wurden. Milzzellen wurden mit lμg/ml oder 10μg/ml MOG-Peptid stimuliert.
Fig. 3D: Durchschnittlicher „clinical score" an Tagen 0 bis 30 nach EAE-Induktion von je sechs C57BL/6 Mäusen bei Gabe von löslichem NKG2D (offene Kreise) sowie bei Gabe von PBS (geschlossene Kreise). PBS bzw. SNKG2D wurde an Tagen 10, 12, 14, 16, 18, und 20 intraperito¬ neal appliziert.
Fig. 3E: MOG-Peptid spezifische T Zellproliferation bei Mäusen, bei denen EAE induziert wurde, und die entweder mit PBS oder mit löslichem NKG2D, wie unter Fig. 3D be¬ schrieben, behandelt wurden. Milzzellen wurden mit lμg/ml oder lOμg/ml MOG-Peptid stimuliert.
Beispiel
1 . Material und Methoden
1 . 1 Patienten
Hirne von MS-Patienten wurden immunohistochemisch untersucht. Die Studie wurde gemäß dem durch das Ethikkomitee des Universi¬ tätsklinikums Tübingen zugelassenen Protokoll durchgeführt.
1.2 Antikörper
Folgende monoklonale Antikörper wurden verwendet: BAMOl (Maus IgG1), anti-MICA/B; anti-Maus RAE-lγ (R & D Systems, Wiesbaden, Deutschland), anti-Maus NKG2D (R & D Systems) und anti-ß-Aktin (Santa Cruz Biotechnologies) .
1.3 Zelllinien
Die humane maligne Gliomazelllinie T98G wurde von Dr. Tribolet (Lausanne, Schweiz) erhalten. Die Maus-Gliomazelllinie GL261 war ein Geschenk von XO Brakefield (Harvard Medical School Boston, USA) . Die Zellen wurden in DMIM-Medium kultiviert, welches mit 2mM L-Glutamin (Gibco Life Technologies, Paisley, Großbritannien), 10 % FCS (Bioσhrom KG, Berlin, Deutschland) und Penicillin (100 IU/ml)/Streptomycin (100 μg/ml; Gibco) ergänzt war.
1.4 Immunoblot
Zu den angegebenen Zeitpunkten nach Induzierung der experimen¬ tellen autoimmunen Encephalomyelitis wurde das Gehirngewebe der Mäuse isoliert. Das Gewebe wurde in Lysispuffer (50 mM Tris-HCl (pH 8) mit 120 mM NaCl, 5 mM EDTA, 0,5 % NP-40, 2 μg/ml Aproti- nin, 10 μg/ml Leupeptin und 100 μg/ml PMSF) mittels Ultraschall aufgeschlossen. Aliquots der Gewebelysate wurden auf 12 % SDS- PAGE Gelen unter nicht-reduzierenden Bedingungen elektrophore- tisch aufgetrennt und auf Nitrozellulose überführt. Die Gesamt¬ menge an Protein der Lysate betrug 40 μg je Spur. Nach Blockie¬ rung der unspezifischen Bindungsstellen mit 5 % (w/v) Milchpul¬ ver in PBS für 30 Minuten wurden die Filter mit den spezifi¬ schen monoklonalen Antikörpern über Nacht bei 40C inkubiert,
gewaschen und mit Peroxidase-konjugierten Ziegen-Anti-Kaninchen oder Ziegen-Anti-Ratte IgG (1:3000 verdünnt; Santa Cruz Bio- technologies, Santa Cruz, USA) drei Stunden lang bei 220C inku¬ biert. Die Primärantikörper wurden in einer Konzentration von 1 μg/ml in PBS mit 0,05 % Tween20 und 1,3 % fettarme Milch einge¬ setzt.
1.5 Isolierung der humanen Mikrogliazellen
Primäre gliale Zellen wurden aus adulten Patienten während einer chirurgischen Resektion gewonnen, welche zur Behandlung einer nicht Tumor-bezogenen unheilbaren Epilepsie durchgeführt wurde. Die Gewebeproben wurden in Regionen entnommen, die ab¬ seits der aktiven Stelle lagen. Die methodische Isolierung und Kultivierung adulter menschlicher Mikroglia wurde bereits be¬ schrieben, bspw. von Yong et al. („Culture of Cells from Human Brains Biopsies" , Protocol for Neural Cell Culture, Seite 35- 42, 1992). Hierzu wurden ein bis drei mm3 Gewebe mit 0,025 % Collagenase A und DNase (50 mg/ml) (Böhringer, Mannheim) für 45 Minuten behandelt, und anschließend mittels Passage durch ein 130 μm Nylonnetz mechanisch auftrennt. Die Zellen wurden über einen 30 %igen Percoll-Gradienten (Pharmacia) bei 15.000 rpm für 30 Minuten weiter aufgetrennt. Die Zellen, die aus der Zwischenschicht gewonnen wurden, enthielten eine gemischte gliale Zellpopulation, die aus ungefähr 65 % Oligodendroglia, 30 % Mikroglia und 5 % Astroglia bestand. Zur Anreicherung der Mikroglia wurde die gemischte Zellpopulation in Eagels MEM suspendiert, das mit 5 % FCS, 2,5 U/ml Penicillin, 2,5 mg/ml Streptomycin, 2 mM Glutamin und 0,1 % Glukose (alles von Gibco) ergänzt war, und wurde über Nacht in 25 cm2 Gewebekulturfla¬ schen oder 48-Well-Platten (Falcon, Fisher Scientific) in
feuchter Atmosphäre bei 370C mit 5 % CO2 inkubiert. Die weniger adhärierenden Oligodendroglia wurden durch vorsichtiges Schüt¬ teln entfernt. Die übrigen adhärierenden Zellen, also Astroglia und Mikroglia, ließ man morphologisch über drei Tage entwi¬ ckeln. Danach wurden die weniger adhärierenden Astroglia durch rotierendes Schütteln für fünf Stunden bei 150 rpm abgespült. Die zurückbleibenden Mikroglia (1,2 x 105 Zellen(cm2) waren zu 95 % rein, was durch Immunzytochemie bestätigt werden konnte.
1.6 Isolierung von Maus-Mikrogliazellen
Maus-Mikrogliazellen wurden von primären gemischten Hirnglia- zellkulturen durch Anwendung eines modifizierten, bereits be¬ schriebenen Verfahrens isoliert (siehe Magnus et al., J. Neuro- patol. ex. Neurol. 2002, 61(9):760-766).
1.7 Real-time PCR
RNA-Extraktion und cDNA-Synthese wurden mittels Standardverfah¬ ren durchgeführt. Die quantitative Analyse der Gen-expression wurde mit QRT-PCR unter Verwendung des ABI Prism 7000 Sequenz- detektionssystems (Applied Biosystems, Weiterstadt, Deutsch¬ land) wie zuvor beschrieben durchgeführt (siehe Wiendl et al. Brain, 2003, 126:1026-1035). Dabei wurde die cDNA-Amplifikation unter Verwendung der SYBRGreen-Chemie nachgewiesen. Die Zyklus¬ parameter betrugen zwei Minuten bei 500C, zehn Minuten bei 95°C, sowie vierzig Zyklen mit jeweils fünfzehn Sekunden Dena- turierung bei 950C und eine Minute Annealing bei 600C. Die Daten wurden mit dem ABI PRISM® Detektionssystem analysiert und unter Verwendung des ΔCτ-Verfahrens zur relativen Quantifizie¬ rung quantifiziert. Die Grenzwertzyklen (Cτ) für die 18S rRNA
(Referenz) und MICA oder RAE-I (Probe) wurden je zweimal be¬ stimmt. Ein Kalibrierungswert (100 %) wurde abgeschätzt und die relative Veränderung der Kopienzahl gemäß der Formel rl = 2 — [(Cτ Probe — Cτ Referenz) — (Cτ Kalibrierungsprobe — Cτ Kalibrie¬ rungsreferenz)] berechnet. Die folgenden spezifischen Primer wurden verwendet: 18S:5'-CGG CTA CCA CAT CCA AGG AA-3 ' (SEQ ID- Nr. 16), 5'-GCT GGA ATT ACC GCG GCT-3' (SEQ ID-Nr. 17), MI- CA:5'-CCT TGG CCA TGA ACG TCA GG-3' (SEQ ID-Nr. 18), 5'-CCT CTG AGG CCT CRC TGC G-3 ' (SEQ ID-NR. 19), RAE-lδ:5'-TCC TAC CCC AGC AGA TGA AG-3' (SEQ ID-Nr. 20), 5'-CCA CTT CAG TGG CAT TTG CTG- 3' (SEQ ID-Nr. 21) .
1.8 Produktion von löslichem Maus NKG2D-Rezeptor in Insekten¬ zellen
Der rekombinante lösliche Maus NKG2D-Rezeptor ohne die amino- terminale cytoplasmatische Region und die Transmembrandomäne wurde in Sf9 Insektenzellen (Invitrogen, Karlsruhe, Deutsch¬ land) unter Verwendung des BAC-to-BAC-Systems (Gibco Life Tech¬ nologies, Großbritannien) hergestellt. Das Expressionskonstrukt (SEQ ID-Nr. 24) besitzt eine amino-terminale FLAG/Hexahistidin- Markierungssequenz (siehe Steinle et al., „Interactions of human NKG2D with its ligands MICA, MICB and homologs of the mouse RAE-I Protein family", Immungenetics 53:279-287, 2001). Die Sequenz des Maus NKG2D-Rezeptors (full-length) ist in dem beiliegenden Sequenzprotokoll mit der SEQ ID-Nr. 23 wiedergege¬ ben.
1.9 Mäuse
Weibliche C57BL/6-Mäuse wurden von Charles River Labratories (Sulzfeld, Deutschland) käuflich erworben. MICA-transgene C57BL/6-Mäuse (freundlicherweise überlassen von Dr. Spies, Fred Hutchinson Cancer Research Center, Seattle) exprimieren MICA*07 cDNA unter Kontrolle eines MHC-Klasse I Promotors, nämlich des MHC-Klasse I Gens Kb. Für die Experimente wurden Mäuse im Alter von sechs bis acht Wochen eingesetzt.
1.10 EAE Induktion und Behandlung
EAE (experimentelle autoimmune Encephalomyelitis) wurde bei C57BL/6-Mäusen durch subkutane Immunisierung mit 200 μg MOG3S_55Peptid in CFA (Sigma-Aldrich) induziert. Ferner wurden intraperitoneal oder intravenös 200 ng Pertussistoxin (Calbio- chem) am Tag der Immunisierung und zwei Tage danach verab¬ reicht. Körpergewicht und klinische Einordnung („Clinical Sco- res") (0 = gesund; 1 = schlaffer Schwanz; 2 = Ataxie und/oder Lähmung der Hintergliedmaßen; 3 = Lähmung der Hintergliedinaßen und/oder Lähmung der Vordergliedmaßen; 4 = Tetraparalyse; 5 = sterbend oder tot) wurden aufgezeichnet. Die Versuche wurden gemäß den NIH (National Institute of Health) Richtlinien „Guide for the Care and Use of Laboratory Animals" durchgeführt. Bei denjenigen Versuchen, bei welchen lösliche NKG2D-Rezeptoren (= SNKG2D) eingesetzt wurden, um die NKG2D-Liganden-/NKG2D- Rezeptoren-Interaktion zu blockieren, wurden die Tiere entweder mit löslichem Maus-NKG2D-Rezeptor (intraperitoneal) oder mit PBS behandelt (i.p.). Am Tag der Immunisierung oder am Tag zehn wurden jeweils 100 μg verabreicht und 50 μg jeweils jeden zwei¬ ten Tag bis zehn Tage nach der Immunisierung oder am Tag zwan¬ zig.
1.11 Splenozyten-Proliferations-Assay
Aus Milz gewonnene Zellsuspensionen (5 x 105-Zellen/Well) wur¬ den in 100 μl RPMI 1640-Medium mit 10 % FCS (Biochrom KG), 2 mM L-Glutamin, 100 U/ml Penicillin-Streptomycin (Gibco) und 50 μM 2-Mercaptoethanol (Gibco) mit MOG35-55 in unterschiedlichen Kon¬ zentrationen ausplattiert. Kontroll-Wells enthielten lediglich Respondersplenozyten plus Medium. Alle Versuchsansätze werden jeweils dreifach ausgemessen. Während des viertägigen Kultur¬ zeitraums wurden die Kulturen mit 1 μCi/Well pulsiert [Methyl- 3H]-Thymidin (Amersham) . Die Zellen wurden geerntet und die eingebaute Radioaktivität wurde anschließend in einem „Wallac 1450 Microbeta plus" Flüssigszintillationszähler augezählt.
1.12 Statistik
Die Signifikanzanalyse wurde unter Verwendung des zweiseitigen Students t-Test durchgeführt, wobei P < 0,05 als signifikant und P < OfOOl als hochsignifikant betrachtet wurde (Excel, Microsoft, USA) . P~Werte wurden mittels des Mantel log-rank Tests evaluiert (siehe Mantel: "Evaluation of survival data and two new rank order statistics arising in its consideration", Cancer Chemother. Rep. 50:163-170, 1966).
2. Ergebnisse
2.1 Expression von MICA in MS-Läsionen
Die Expression von NKG2D-Liganden wurde in Gehirnproben von MS- Patienten und in Kontroll-ZNS-Gewebe untersucht. Im ZNS-Gewebe der normalen grauen oder weißen Substanz von MS-Gewebeproben konnte keine Immunreaktivität für MICA/B nachgewiesen werden. Im Gegensatz dazu konnte eine starke MICA/B-Expression in MS- Patientenproben detektiert werden, die im Bereich von demyeli- nisierten ZNS-Läsionen mit aktivierten, MHC Klasse II positiven Mikrogliazellen kolokalisiert (Fig. IA) . Diese Beobachtung konnte auf mRNA-Ebene bestätigt werden: Hier zeigte sich eine starke Hochregulierung der MICA mRNA in Gewebeproben entzündli¬ cher MS-Läsionen im Vergleich zu Kontrollgewebe. Entsprechend zu den Beobachtungen in vivo zeigten isolierte menschliche Mikrogliazellen, wie Dendritische Zellen, ebenfalls eine Ex¬ pression von MICA mRNA in vitro (Fig. IB) .
2.2 Expression von NKG2D-Liganden und NKG2D-Rezeptoren im Maus EAE-Modell
Nach dem Nachweis einer starken NKG2D-Ligandenexpression in MS- Gehirnproben wurde die pathogene Bedeutung der Expression die¬ ser Proteine bei einer entzündlichen ZNS-Demyelinisierung im Tiermodell anhand der MOG-induzierten EAE untersucht. Hierzu wurde die Expression des Maus-NKG2D-Liganden RAE-I und des NKG2D-Rezeptors im Verlauf der EAE im ZNS untersucht. Die Er¬ gebnisse dieser Untersuchungen sind in Figur 2 gezeigt. Ein Immunblot von Proteinen aus Gehirnen von Mäusen mit EAE zeigt, dass die die Expression von RAE-I und NKG2D im Verlauf der EAE deutlich ansteigt, während die Expression des Kontrollproteins (ß-Aktin) unverändert bleibt (Fig. 2A) . Dies deutet darauf hin, dass im Verlauf der EAE Mikrogliazellen aktiviert wurden und NKG2D-positive Lymphozyten in das Gehirn eingewandert sind.
Diese Ergebnisse konnten auch auf der mRNA-Ebene bestätigt werden. Auch die relative Expression der RAE-lδ mRNA ist in Gehirngewebe von Mäusen mit EAE (an Tag 20 nach der Induktion) um ein Vielfaches höher als in normalen Kontroll-Gehirngewebe (Fig. 2B) . In isolierten Maus-Mikrogliazellen, nicht jedoch auf Astrozyten, konnten ebenfalls erhöhte RAE-lδ Transkriptmengen nachgewiesen werden (Fig. 2B) .
2.3 MICA-transgene Tiere sind weniger empfänglich für MOG- induzierte EAE.
Für die Untersuchung der Bedeutung der NKG2D-Rezeptor/NKG2DL- Liganden-Interaktion bei der entzündlichen ZNS Demyelinisierung wurde der Krankheitsverlauf von MOG-induzierter EAE in MICA- transgenen C57BL/6-Mäusen untersucht. Diese Mäuse exprimieren eine MICA*07 cDNA konstitutiv unter Kontrolle eines MHC Klasse I Promotors (H-2Kb) und weisen hohe Konzentrationen an lösli¬ chem MICA im Serum auf (45-90 ng/ml) . Aufgrund dessen ist bei diesen transgenen Mäusen die NKG2D Expression deutlich vermin¬ dert, vermutlich durch eine Liganden-induzierte Herabregulati¬ on, und NKG2D-vermittelte NKG2D-Effektorfunktionen sind stark beeinträchtigt. Im Vergleich zu nicht-transgenen Mäusen wurde bei den MICA-transgenen Mäusen eine bedeutende Verzögerung des Ausbruchs der KrankheitsSymptome beobachtet (Fig. 3A).
2.4 Blockierung von NKG2D-Liganden mit löslichem NKG2D- Rezeptor schützt Tiere vor MOG-induzierter EAE.
Um zu untersuchen, ob eine Blockierung der NKG2D-Rezeptor- /NKG2D-Liganden-Interaktion den Verlauf der EAE beeinflussen kann, wurde den Mäusen lösliches NKG2D (sNKG2D) (wie unter 1.8 sowie 1.10 beschrieben) verabreicht, um die Interaktion der Liganden mit dem Rezeptor in unterschiedlichen Phasen der EAE zu unterbrechen. Hierzu wurde SNKG2D an den Tagen null bis zehn (Frühphase) verabreicht. Es konnte beobachtet werden, dass bei einer sNKG2D-Behandlung während der Frühphase EAE deutlich später ausbrach (Fig. 3B) . Es erkrankten auch nur fünf der sechs Mäuse in der sNKG2D-behandelten Gruppe. Darüber hinaus war die MOG-Peptid-spezifische T-Zellproliferation von Milzzel¬ len aus Mäusen mit sNKG2D-Behandlung im Vergleich zu Milzzellen von Kontroll-behandelten Mäusen signifikant reduziert (Fig. 3C) .
Als nächstes wurde der EAE-Verlauf bei einer Verabreichung von SNKG2D in der Spätphase (Tag 10 bis 20) untersucht. Hierbei ergab sich keine Verbesserung im Krankheitsverlauf im Vergleich zu Kontroll-behandelten Tieren (Fig. 3D) . Entsprechend war die MOG-Peptid-spezifische T-Zell-Proliferation auch nicht durch die Verabreichung von löslichem NKG2D-Rezeptor beeinflusst (Fig. 3E).
Insgesamt entwickelten alle Tiere, die mit dem Peptid MOG-35_55 immunisiert wurden, starke EAE-Symptome, jedoch hatte eine frühe Behandlung mit löslichem NKG2D-Rezeptor einen stark posi¬ tiven Effekt, da hierdurch der Krankheitsausbruch deutlich verzögert werden konnte.
Tabelle 1
SEQ ID-Nr. Name, Länge Definition/Besonderheiten Acc. Nr.
SEQ ID-Nr. 1 NKG2D (Homo sapiens) NKG2D-Typ II integrales Acc_P26718 Membranprotein Full-length,
1-51 Cytoplasm. Domäne 216 AS
52-72 Transmembranregion
73-216 Ektodomäne
SEQ ID-Nr. 2 NKG2D (Homo sapiens) Ektodomäne -
SEQ ID-Nr. 3 MICA*01 (Homo sapiens) MHC-Klasse-I Ketten¬ AAA21718
Full-length, 383 AS verwandtes Protein
SEQ ID-Nr. 4 MICA*01 (Homo sapiens)
GIu 1 bis Lys 276
SEQ ID-Nr. 5 MICB*02 (Homo sapiens) MHC-Klasse-I Ketten¬ AAC39847
Full-length, 383 AS verwandtes Protein
SEQ ID-Nr. 6 MICB*02 (Homo sapiens)
GIu 1 bis Lys 276
SEQ ID-Nr. 7 ULBPl (Homo sapiens) ULBPl Protein AAK13081
Full-length, 244 AS
SEQ ID-Nr. 8 ULBPl (Homo spaiens)
Asp 1 bis Lys 181
SEQ ID-Nr. 9 ULBP2 (Homo sapiens) ULBP2 Protein AAK13082
Full-length, 246 AS
SEQ ID-Nr. 10 ULBP2 (Homo sapiens)
Asp 1 bis AIa 181
SEQ ID-Nr. 11 ULBP3 (Homo sapiens) ULBP3 Protein AAK13083
Full-length, 244 AS
SEQ ID-Nr. 12 ULBP3 (Homo sapiens)
Asp 1 bis AIa 181
SEQ ID-Nr. 13 ULBP4 (Homo sapiens) ULBP4 Protein AAP15166
Full-length, 263 AS
SEQ ID-Nr. Name, Länge Definition/Besonderheiten Acc. Nr.
SEQ ID-Nr. 14 RAETlGl (Homo sapiens) RAETlGl AAO22238 Full-length, 334 AS
SEQ ID-Nr. 15 RAETlL (Homo sapiens) Retinole Acid Early AAK91503 Transcript 1 Full-length, 246 AS
SEQ ID-Nr. 22 NKG2D-L (Mus musculus) NKG2D-L AAC24356 Full-length, 232 AS
SEQ ID-Nr. 23 NKG2D-S (Mus musculus) NKG2D Homolog AAC28245 Full-length, 219 AS
SEQ ID-Nr. 24 NKG2D löslich NKG2D Ektodomäne (Mus musculus) AS 4-11: Flag-tag, 168 AS AS 15-20: Hexahistidin-tag AS 21-26: Linker AS 27-169: Ektodomäne