Verbundmatenal für thermisch formbare Schuhkomponenten auf organischer Faserbasis
Die Erfindung betrifft ein Nerbundmaterial für thermisch formbare Schuhkomponenten, enthaltend Fasermaterialien, ein thermoplastisches Bindemittel und Νaturlatex. Weiterhin betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Nerbundmaterials für thermisch formbare Schuhkomponenten auf organischer Faserbasis. Ebenfalls Gegenstand der Erfindung ist eine Beschichtung des Verbundmaterials mit Klebstoff, der zur Verbindung des Verbundmaterials für thermisch formbaren Schuhkomponenten bei der Verarbeitung in der Schuhproduktion dient.
Verbundmaterialien, auch Verbundwerkstoffe genannt, sind Werkstoffe, die durch Einlagerung eines beispielsweise in Form von Fasern vorliegenden Grundwerkstoffs in einen zweiten Stoff (die Matrix) entstehen. Dabei werden bestimmte Eigenschaften (beispielsweise mechanische Eigenschaften,
Oberflächeneigenschaften, oder bestimmtes Verhalten gegenüber äußeren Einflüssen) des eingelagerten Stoffes für den Verbundwerkstoff genutzt. Der Grundwerkstoff kann dabei in seinem Mengenverhältnis zur ihn umschließenden Matrix weit variieren. So beträgt der Matrixanteil in Holzwerkstoffen, zu denen beispielsweise die bekannten Preßspanplatten gehören, in der Regel lediglich 10 - 15 %. Demgegenüber kann der Matrixanteil in faserverstärkten Kunststoffen, beispielsweise in glasfaserverstärkten Kunststoffen, bedeutend höher liegen, etwa bei über 70 oder über 80 %.
Häufig gelingt es, dem Verbundwerkstoff durch geeignete Wahl von Grundwerkstoff und Matrix bestimmte Eigenschaften des Grundwerkstoffs zu verleihen, die mit bestimmten Eigenschaften der Matrix gepaart sind. So kann beispielsweise die Verwendung von Glas- oder Νaturstofi-fasern in duromeren Kunststoffen eine Übertragung der Zugfestigkeit der Fasern auf die Kunststofl-matrix bewirken, die
ihrerseits wiederum Vorteile bezüglich Formgebung, Formstabilität und Verarbeitbarkeit zum Verbundwerkstoff beisteuert.
Häufig dient die Herstellung von Verbundwerkstoffen dazu, aus Nebenprodukten, die bei der Verarbeitung eines bestimmten Grundwerkstoffs anfallen, ein Material herzustellen, das charakteristische Eigenschaften des Grundwerkstoffs aufweist. Das entsprechende Verbundmaterial läßt sich dann in der Regel zumindest als Ersatzmaterial für den Grundwerkstoff einsetzen, und erlaubt damit eine "stoffbezogene" Verwertung der Grundwerkstoffabfalle bzw. -nebenprodukte. Dies ist beispielsweise bei der Verwertung von Holzabfällen in Preßspanplatten der Fall. Ein weiteres Beispiel für eine stoffbezogene Verwertung von Nebenprodukten stellt die Verarbeitung von Beschneide- und Stanzresten aus der Leder- und Schuhproduktion zu Lederfaserwerkstoffen dar.
Lederreste können zerfasert werden und lassen sich dann zu Lederfaserwerkstoffen (LEFA) verarbeiten. Bei LEFA handelt es sich um in der Regel einschichtige Flächengebilde aus Lederfasern und Bindemitteln. Schon seit Ende der dreißiger Jahre werden LEFA-Platten in der Schuhindustrie eingesetzt, beispielsweise zur Herstellung von Hinterkappen, Vorderkappen, Brand- und Zwischensohlen, Laufsohlen, Rahmen und Absätzen.
Eigenschaften wie Flexibilität und Strapazierbarkeit qualifizieren Leder für eine Anwendung in der Schuh- oder Täschnerwarenindustrie. Da Leder keine thermoplastischen Eigenschaften aufweist, ist es allerdings für thermisch formbare Schuhkomponenten nur bedingt einsetzbar. Bislang war es auch nicht möglich, lederähnliche Ersatzmaterialien, beispielsweise LEFA, so auszurüsten, dass sie zum einen die thermoplastischen Eigenschaften aufweisen, die für einen Einsatz in der Schuhindustrie, insbesondere für thermisch verformbare, hochwertige Hinter- und Vorderkappen sowie Laufsohlen notwendig sind, und zum anderen trotzdem lederähnliche Eigenschaften besitzen. Die Verformbarkeit der LEFA-Hinter- und Vorderkappen wird bislang in der Regel in einem traditionellen, sehr arbeitsaufwendigen Verfahren erzielt. Hierbei wird das LEFA-Kappenmaterial kurz
in Wasser eingeweicht, nach ca. 24 Stunden ausgestanzt, geschärft, unter Druck maschinell heiß verformt, mit Dispersion beschichtet, getrocknet und in Folie verpackt zur Weiterverarbeitung in der Schuhproduktion versandt. Thermische Verformbarkeit in einem rationellen Verfahren bieten hingegen synthetische Hinter- und Vorderkappenmaterialien aus thermoplastisch verformbaren Materialien auf Kunststoffbasis, die durch ein Textilgewebe armiert werden. Die Verarbeitung kann nach dem Heiß-Kalt- Verfahren erfolgen. Hierbei wird die ausgestanzte und nur leicht geschärfte Kappe durch Infirarotlicht-Erwärmung thermisch aktiviert, d.h. auf eine Temperatur oberhalb der Fließübergangsgrenze erhitzt und über eine eisgekühlte Form abgeformt und zur Weiterverarbeitung in der Schuhproduktion versandt. Alternativ kann das Kappenmaterial auch ohne Vorformung plan ausgeliefert werden. Die eigentliche passgenaue Verformung findet bei beiden Verfahren in der Schuhfabrik durch thermische Aktivierung, d.h. Erhitzung auf eine Temperatur oberhalb der Fließübergangsgrenze auf dem Leisten statt. Hierbei findet auch die Verklebung der Kappe mit dem Futterstoff und dem Obermaterial statt, da der thermisch aktivierbare Klebstoff im synthetischen Kappenmaterial enthalten ist und die thermische Aktivierung des Klebstoffs im Temperaturbereich oberhalb der Fließübergangsgrenze des synthetischen Kappenmaterials erfolgt.
LEFA-Kappen werden wegen Ihrer lederähnlichen Eigenschaften bevorzugt in höher qualitativen Schuhen eingesetzt. Synthetische Kappen werden aufgrund Ihrer hohen maschinellen Verarbeitbarkeit hauptsächlich in hoher Stückzahl erzeugten preisgünstigen Schuhen verarbeitet.
Die Verwendung von Lederersatzmaterial in Schuhkomponenten stellt an das benutzte Material besondere Ansprüche. So muss das Material bestimmte elastische Eigenschaften, insbesondere eine ausreichende Grund- und Dauerelastizität, aufweisen. Weiterhin muss das Material eine ausreichende Resistenz gegen mechanische Belastungen, insbesondere gegen Kaltbruch, aufweisen.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es daher, einen Verbundwerkstoff zur Verfügung zu stellen, der weitgehend die Eigenschaften von hochqualitativen LEFA- Kapper-materialien aufweist, sich andererseits durch seine thermoplastischen Eigenschaften zur Verarbeitung in modernen Verfahren wie beim Einsatz synthetischer Hinter- und Vorderkappenmaterialien eignet und darüber hinaus noch rationeller verarbeitet werden kann.
Im Rahmen einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung war es weiterhin Aufgabe, das Verbυndmaterial mit einem thermisch aktivierbaren Klebstoff zu versehen, mit dem sich der thermoplastische Verbundwerkstoff im Rahmen einer maschinellen Verarbeitung fest und dauerhaft mit einer Vielzahl von in der Schuhproduktion eingesetzten Materialien verbinden läßt.
Es wurde nun gefunden, dass eine erfindungsgemäße Kombination von thermoplastischem Bindemittel und einem Anteil von Naturlatex in der Verarbeitung des Verbundmaterials im Heiss-Kalt-Verfahren sowohl die thermische Verformbarkeit als auch die notwendige Kältestabilität des Verbundmaterials gewährleistet.
Es wurde nun insbesondere gefunden, dass sich ein thermoplastisches Verbundmaterial mit den gesuchten Eigenschaften erhalten läßt, das organische Fasern, insbesondere Lederfasern, und Naturlatex und ein thermoplastisches Bindemittel als Matrixmaterial enthält, wenn als Matrixmaterial neben mindestens 2 Gew.-% Naturlatex zu mindestens 8 Gew.-% ein thermoplastisches Bindemittel eingesetzt wird, das aus Polymeren, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Polyurethanen, Polyolefinen, Polyvinylestern, Polyethern, Polystyrolen, Styrol- Olefin-Copolymeren, Polyacrylaten, Vinylacetat-Polymeren oder Ethylen- Vinylacetat-Copolymeren oder Gemischen oder Copolymeren aus zwei oder mehr der genannten Polymeren besteht.
Hierbei wurde insbesondere gefunden, dass die Verwendung von Naturlatex im Matrixmaterial des erfindungsgemäßen thermoplastischen Verbundmaterials die
oben genannten Eigenschaften der Grund- und Dauerelastizität sowie die Beständigkeit gegenüber Kaltbruch positiv beeinflusst.
Das aus den genannten Polymeren erhältliche thermoplastische Verbundmaterial weist vorzugsweise eine Fließübergangsgrenze von etwa 70 bis etwa 100°C auf.
Wenn im Zusammenhang mit der vorhegenden Erfindung Gehaltsangaben für die Komponenten des thermoplastischen Verbundmaterials in Gewichtsprozenten (Gew.-%) erfolgen, so beziehen sich diese Angaben, sofern nichts anderes vermerkt ist, immer auf das Gesamtgewicht des thermoplastischen Verbundmaterials.
Gegenstand der Erfindung ist daher ein thermoplastisches Verbundmaterial, enthaltend a) mindestens 15 Gew.-% eines organischen Fasermaterials oder eines Gemischs aus zwei oder mehr organischen Fasermaterialien als Komponente A und b) mindestens 10 Gew-% einer Komponenten B bestehend aus mindestens 8 Gew.-% eines thermoplastischen Bindemittels sowie mindestens 2 Gew.-% Naturlatex,
wobei das thermoplastische Bindemittel aus Polymeren, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Polyurethanen, Polyolefinen, Polyvinylestern, Polyethern, Polystyrolen, Styrol-Olefin-Copolymeren, Polyacrylaten Ninylacetat-Polymeren oder Ethylen-Vinylacetat-Copolymeren, oder Gemischen oder Copolymeren aus zwei oder mehr der genannten Polymeren, besteht.
Als Komponente A des thermoplastischen Verbundmaterials ist jedes beliebige organische Fasermaterial geeignet, das dem thermoplastischen Verbundmaterial die vom Anwender gewünschten Eigenschaften, beispielsweise ein bestimmtes
Aussehen oder einen bestimmten Griff, verleiht. Unter organischem Fasermaterial
werden im Sinne der vorliegenden Erfindung sowohl natürlich gewonnene oder natürlich gewinnbare Fasern als auch synthetisch hergestellte Fasern verstanden, solange sie auf einer "organischen Basis" beruhen. Nicht zum organischen Fasermaterial zählen daher beispielsweise Fasern wie Asbest, Glasfasern oder Kohlefasern.
Weiterhin wird im Rahmen des vorhergehenden Textes nicht zwischen Materialien unterschieden, die in der Natur bereits in faserformigen Zustand vorkommen und solchen, die erst durch einen bestimmten Behandlungsschritt in eine faserige Struktur überführt werden müssen. Desgleichen sind im Sinne der Erfindung unter den natürlichen Materialien sowohl pflanzliche als auch tierische organische Fasermaterialien geeignet.
Üblicherweise werden im Rahmen der vorliegenden Erfindung Kunststofffasern, Pflanzenfasern oder tierische Fasern eingesetzt.
Zu den geeigneten Naturfasern zählen beispielsweise tierische Fasern, wie Wolle, Haare oder Seide. Ebenso einsetzbar sind Pflanzenfasern, beispielsweise Baumwolle, Kapok, Flachs, Hanf, Jute, Kenaf, Ramie, Ginster, Manila, Kokos oder Sisal. Geeignete Kunststofffasern aus natürlichen Polymeren sind Cupro-, Viskose-, Modal-, Acetat-, Triacetat- sowie Proteinfasern oder Alginatfasern oder Gemische aus zwei oder mehr der genannten Fasern.
Geeignete Fasern aus synthetischen Polymeren sind beispielsweise Polyacryl-, Polymethacryl-, Polyvinylchlorid-, fluorhaltige Polymerfasern, Polyethylen-, Polypropylen-, Vinylacetat-, Polyacrylnitril-, Polyamid-, Polyester- oder Polyurethanfasern.
Besonders bevorzugt ist es jedoch, als organisches Fasermaterial Lederfasern einzusetzen. Zur Gewinnung dieser Fasern werden Lederreste mit einem geeigneten
Verfahren zerkleinert und zerfasert, so dass sich die gewonnenen Fasern anschließend im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Gewinnung eines
thermoplastischen Verbundmaterials mit lederähnlichen Eigenschaften einsetzen lassen.
Die Lederfasern lassen sich grundsätzlich aus jeder Art von Lederresten gewinnen. Es kann sich dabei sowohl um chromgegerbte, um vegetabil gegerbte oder aldehydgegerbte Leder oder deren Vorprodukte wie z.B. Falzspäne oder Spaltleder handeln. Im Rahmen der Erfindung einsetzbare Lederarten sind beispielsweise Oberleder, Velourleder, Crust-Leder, Unterleder, Futterleder, Blankleder, sowie technisches Leder.
In Abhängigkeit vom gewünschten dekorativen oder mechanischen Effekt wird das organische Fasermaterial auf eine gestreckte Länge von etwa 0,1 bis 20 mm zerkleinert. Insbesondere beim Einsatz von Lederfasern bietet sich eine Länge von etwa 0,5 bis 20 mm, bevorzugt etwa 1 bis etwa 10 mm und besonders bevorzugt etwa 3 bis etwa 8 mm Faserlänge an. Die Faserlänge wird dabei im gestreckten Zustand der Faser gemessen, je nach Ausgangsmaterial und Zerkleinerungsart kann es selbstverständlich vorkommen, dass die Faser ohne äußere Beeinflussung eine unregelmäßig gekrümmte Form ei-nnimmt.
Die Komponente A ist im erfindungsgemäßen thermoplastischen Verbundmaterial in einer Menge von mindestens etwa 15 Gew.-% als Grundwerkstoff enthalten. Mit steigendem Anteil an A nimmt das thermoplastische Verbundmaterial zunehmend die Eigenschaften des organischen Fasermaterials an. Je nach gewünschtem Effekt kann es daher vorteilhaft sein, beispielsweise mindestens 20 Gew.-% oder mindestens etwa 25 Gew.-% der Komponente A im erfindungsgemäßen thermoplastischen Verbundmaterial einzusetzen. Gegebenenfalls kann der Anteil des organischen Fasermaterials jedoch auch größer sein, beispielsweise etwa 30 Gew.-%, 35 Gew.-%, 40 Gew.-%, 45 Gew.-%, 50 Gew.-%, 55 Gew.-% oder sogar mehr als etwa 60 Gew.- %, wobei Anteile von beispielsweise 65 Gew.-% oder sogar 70 Gew.-% und mehr möglich sind. Besonders bevorzugt liegt der Anteil an Fasermaterialien bei etwa 25 bis etwa 65 Gew.-%, ganz besonders bevorzugt bei etwa 35 bis etwa 55 Gew.-%.
Vorzugsweise sind im erfindungsgemäßen thermoplastischen Verbundmaterial als Komponente A Lederfasern enthalten.
Um das thermoplastische Verbundmaterial mit den zur weiteren Verarbeitung erforderlichen thermoplastischen Eigenschaften auszustatten, enthält das thermoplastische Verbundmaterial als Komponente B neben Naturlatex ein thermoplastisches Bindemittel.
Unter "thermoplastischem Bindemittel" werden im Rahmen des vorliegenden Textes polymere Verbindungen verstanden, die neben dem eingesetzten Naturlatex als Matrix im Verbundmaterial dienen. Als thermoplastisches Bindemittel werden in der Regel polymere Materialien mit einem Molekulargewicht von mehr als etwa 1000 eingesetzt, vorzugsweise liegt das Molekulargewicht jedoch höher.
Das Molekulargewicht (Mn) der im Bindemittel vorliegenden Polymeren liegt vorzugsweise zwischen etwa 10.000 und etwa 1.000.000, besonders bevorzugt zwischen etwa 20.000 und etwa 300.000 und insbesondere bevorzugt zwischen etwa 50.000 und etwa 150.000.
Im Rahmen des vorliegenden Textes steht der Begriff "thermoplastisches Bindemittel" für die Gesamtheit des thermoplastisch reagierenden, polymeren Matrixmaterials, d.h. desjenigen Matrixanteils der neben dem Naturlatex die Komponente B des Verbundmaterials darstellt, unabhängig davon, aus wievielen polymeren Komponenten es besteht und wieviele verschiedene Zubereitungen, enthaltend die das/die thermoplastische Bindemittel konstituierende^) Polymer(en), zu seiner Herstellung benötigt wurden.
Die Molekulargewichtsverteilung der Polymeren, wie sie beispielsweise durch Gelpermeationschromatographie (GPC) ermittelt werden kann, muß nicht monomodal sein. Gegebenenfalls kann das thermoplastische Bindemittel auch eine bi- oder höhermodale Verteilung aufweisen.
Zur Herstellung des erfindungsgemäßen thermoplastischen Verbundmaterials wird zu mindestens 8 Gew.-% ein thermoplastisches Bindemittel aus Polymeren eingesetzt, ausgewählt aus Polyurethanen, Polyolefinen, Polyvinylestern, Polyethem, Polystyrolen, Styrol-Olefin-Copolymeren, Polyacrylaten, Vmylacetat-Polymeren oder Ethylen-Vinylacetat-Copolymeren, oder Gemischen oder Copolymeren aus zwei oder mehr der genannten Polymeren.
In einer bevorzugten Ausfuhrungsform der Erfindung werden zur Herstellung der thermoplastischen Verbundmaterialien für die Komponente B thermoplastische Bindemittel eingesetzt, die mindestens zwei verschiedene Polymere enthalten. Unter "zwei verschiedenen Polymeren" werden im Rahmen der vorliegenden Erfindung zwei Polymertypen verstanden, die sich in ihrer chemischen Zusammensetzung, d.h., in der Art der am Aufbau der polymeren beteiligten Monomeren oder, wenn zwei oder mehr Monomeren am Aufbau des Polymeren beteiligt sind, im Verhältnis der Monomeren untereinander, oder in beidem, unterscheiden. Es ist dabei unerheblich, ob das einzelne Polymere thermoplastische Eigenschaften aufweist, solange das Gemisch aus zwei verschiedenen Polymeren eine entsprechende Thermoplastizität besitzt.
Als Polyurethane sind im Rahmen der vorliegenden Erfindung alle Polymeren zu verstehen, die wenigstens zwei Urethangruppen im Polymerrückgrat aufweisen. Als Polyurethane sind im Rahmen der vorliegenden Erfindung alle dem Fachmann auf dem Gebiet der Polyurethanchemie bekannten thermoplastischen Polyurethane geeignet, insbesondere solche Polyurethane, wie sie üblicherweise im Rahmen der Herstellung thermoplastischer Formkörper, insbesondere von Folien, oder zur thermoplastischen Beschichtung von Oberflächen eingesetzt werden. Geeignet sind beispielsweise Polyesterpolyurethane oder Polyetherpolyurethane, wie sie durch Umsetzung von Dicarbonsäuren mit entsprechenden polyfunktionellen Alkoholen, insbesondere difunktionellen Alkoholen, beispielsweise difunktionellen Polyethem wie Polyethylenoxid, zu Polyether- oder Polyesterpolyolen und anschließender Umsetzung der entsprechenden Polyether- oder Polyesterpolyole mit di- oder polyfunktionellen Isocyanaten erhältlich sind.
Im Rahmen der vorliegenden Erfindung geeignete Polyolefine sind beispielsweise durch radikalische oder koordinative Polymerisation von α-Olefinen, insbesondere von Ethylen oder Propylen erhältlich.
Als Polyvinylester sind im Rahmen der vorliegenden Erfindung insbesondere die Polymere des Vinylacetats geeignet.
Im Rahmen der vorliegenden Erfindung geeignete Polyether sind beispielsweise Polyethylenoxid, Polypropylenoxid, Polybutylenoxid oder Polytetrahydrofuran, insbesondere mit einem Molekulargewicht von mehr als etwa 5.000.
Als Polystyrole sind beispielsweise die Polymeren von Styrol oder α-Methylstyrol geeignet.
Ebenfalls als Polymere zum Einsatz im thermoplastischen Bindemittel des erfindungsgemäßen thermoplastischen Verbundmaterials geeignet sind die Styrol- Olefin-Copolymeren, wie sie durch Copolymerisation von Styrol mit Mono- oder Diolefinen, insbesondere Butadien, erhältlich sind.
Als Polyvinylester eignen sich die Polymerisate der Ester ungesättigter Alkohole mit entsprechenden Carbonsäuren. Geeignete ungesättigte Alkohole sind beispielsweise die ungesättigtem aliphatischen Alkohole mit 2 bis etwa 22 C-Atomen, insbesondere mit 2 bis etwa 8 C-Atomen. Als Carbonsäuren eignen sich die linearen und verzweigten Alkansäuren mit 2 bis etwa 22 C-Atomen, insbesondere mit 2 bis etwa 8 C-Atomen.
Zur Herstellung der erfindungsgemäßen Verbundstoffe werden vorzugsweise Polymere eingesetzt, die in Form einer wäßrigen Dispersion vorliegen. Es kann sich dabei um anionisch stabilisierte oder kationisch stabilisierte Polymerdispersionen handeln. Die Stabilisierung der Dispersion kann beispielsweise durch selbstemulgierbare Polymere bewirkt sein, d.h., durch Polymere, die entsprechende
hydrophile Gruppen tragen, beispielsweise Carbonsäuregruppen oder Aminogruppen. Es sind jedoch ebenso Dispersionen einsetzbar, deren Stabilität durch geeignete anionische oder kationische Dispergatoren oder Emulgatoren bewirkt wird.
Die Begriffe "Polyacrylat" oder "Polyacrylate", wie sie im Rahmen des vorliegenden Textes benutzt werden, beziehen sich im folgenden sowohl auf Polymere oder Copolyme e der Acrylsäure und/oder ihrer Derivate als auch auf Polymere oder Copolymere der Methacrylsäure und/oder ihrer Derivate.
Polyacrylate lassen sich herstellen, indem Acrylsäure und/oder Methacrylsäure und/oder Derivate von Acrylsäure und/oder Methacrylsäure, beispielsweise deren Ester mit mono- oder polyfunktionellen Alkoholen, jeweils alleine oder als Gemisch aus zwei oder mehr davon, auf bekannte Weise, beispielsweise radikalisch oder ionisch, polymerisiert werden. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung werden Polyacrylate in anionischer Dispersion, wie sie beispielsweise durch Emulsionspolymerisation der entsprechenden Monomeren und Comonomeren erhältlich sind, bevorzugt. Wäßrige anionische Dispersionen enthalten zum Emulgieren in der Regel beispielsweise die Natrium-, Kalium- und/oder Ammoniumsalze langkettigen, aliphatischer Carbonsäuren und/oder Sulfonsäuren, Ebenso geeignet sind jedoch auch Alkali-C10.18-alkylsulfate, oxethylierte und sulfatierte und/oder sulfonierte langkettige, aliphatische Alkohole oder Alkylphenole sowie Sulfbdicarbonsäureester.
Im Rahmen der vorliegenden Erfindung können als Polyacrylate Homopolymere oder Copolymere eingesetzt werden, die neben den Acrylsäureestern (Acrylaten) noch Styrol, Acrylnitril, Vinylacetat, Vinylpropionat, Vinylchlorid, Vinylidenchlorid und/oder Butadien aufweisen.
Als Monomere kommen bei der Herstellung der Polyacrylate insbesondere Methacrylat, Ethylacrylat, n-Butylacrylat, Isobutylacrylat, tert.-Butylacrylat, Hexylacrylat, 2-Ethylhexylacrylat oder Laurylacrylat in Frage. Gegebenenfalls
können als weitere Monomere noch Acrylsäure, Methacrylsäure, Acrylamid oder Methacryla id in geringen Mengen bei der Polymerisation zugegeben werden.
Gegebenenfalls können noch weitere Acrylate und/oder Methacrylate mit einer oder mehreren funktionellen Gruppen bei der Polymerisation anwesend sein. Beispielsweise sind dies Maleinsäure, Itaconsäure, Butandioldiacrylat, Hexandioldiacrylat, Triethylenglycoldiacrylat, Tetraethylenglycoldiacrylat, Neopentylglycoldiacrylat, Trimethylolpropantriacrylat, 2-Hydroxyethylacrylat, 2- Hydroxyethylmethacrylat, Hydroxypropylacrylat, Propylenglycolmethacrylat, Butandiolmonoacrylat, Ethyldiglycolacrylat sowie, als sulfonsäuregruppentragendes Monomeres, beispielsweise 2-Acrylamido-2-methylproρansulfonsäure.
Wenn im Rahmen der vorliegenden Erfindung Angaben zum Gehalt von Naturlatex in den thermoplastischen Verbundmaterialien in Gewichtsprozenten (Gew.-%) gemacht werden, so beziehen sich diese Angaben auf die Gewichtsanteile des natürlichen Latexpolymeren im fertigen Verbundmaterial.
Im Rahmen einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung enthält das in Komponente B eingesetzte thermoplastische Bindemittel mindestens eines der oben genannten Polymeren, wobei der Anteil des thermoplastischen Bindemittels am gesamten Verbundstoff insgesamt mindestens etwa 8 Gew.-%, beispielsweise mindestens etwa 10 Gew.-%, mindestens etwa 20 Gew.-%, mindestens etwa 30 Gew.-% oder mindestens etwa 40 Gew.-% oder mehr, beispielsweise mindestens etwa 50 bis etwa 70 Gew.-% oder bis etwa 80 Gew.-%, beträgt
In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung enthält der thermoplastische Bindemittelanteil mindestens ein Polymer, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Styrol-Olefin-Copolymeren, Vinylacetat-Polymeren oder Ethylen-Vinylacetat- Copolymeren, oder Gemischen oder Copolymeren aus zwei oder mehr der genannten Polymeren.
Es hat sich weiterhin gezeigt, dass die thermoplastischen Eigenschaften des erfindungsgemäßen thermoplastischen Verbundmaterials durch die Wahl von Polymeren für das thermoplastische Bindemittel, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Styrol-Olefin-Copolymeren, Vinylacetat-Polymeren oder Ethylen- Vinylacetat-Copolymeren, oder Gemischen oder Copolymeren aus zwei oder mehr der genannten Polymeren mit einer geeigneten Mindestfilmbildetemperatur beeinflußbar sind. Die Mindestfilmbildetemperatur eines Polymeren ist die tiefste Temperatur bei der eine Dispersion nach Verdampfen des Wassers gerade noch einen zusammenhängenden Film bildet. Sie liegt nahe bei der Glasübergangstemperatur Tg des Polymeren und bestimmt mit der Filmbildung eine der wichtigsten anwendungstechnischen Eigenschaften einer Polymerdispersion. Die Mindestfilmbildetemperatur (MFT) wird in der Regel nach DIN 53787 bestimmt. Als Meßgerät dient eine Metallplatte, an die ein Temperaturgradient angelegt wird. Beobachtet wird, bei welcher Temperatur der Film beginnt rissig zu werden oder wo der sogenannte Weißpunkt liegt, an dem der trübe Film klar zu werden beginnt.
Im Rahmen einer bevorzugten Ausfuhrungsform der vorliegenden Erfindung weist mindestens eines der Polymeren eine MFT von mindestens 20 °C auf.
Im Rahmen einer weiteren bevorzugten Ausfuhrungsform der vorliegenden Erfindung weist mindestens eines der Polymeren eine MFT von etwa 25 °C bis etwa 35 °C auf.
Der gesamte Anteil der Komponente B am thermoplastischen Verbundmaterial beträgt vorzugsweise mindestens etwa 10 Gew.-%. Es kann vorteilhaft sein, beispielsweise zur gezielten Eigenschaftsänderung, wenn das thermoplastische Verbundmaterial mindestens etwa 20 Gew.-% oder mindestens etwa 30 Gew.-% oder mehr der Komponente B enthält, beispielsweise mindestens etwa 40 bis mindestens etwa 50 Gew.-%. In einer bevorzugten Ausfuhrungsform der Erfindung beträgt der Anteil der Komponente B am gesamten thermoplastischen Verbundmaterial etwa 25 bis etwa 40 Gew.-%.
Neben dem organischen Fasermaterial als Komponente A und dem thermoplastischen Bindemittel als Komponente B, kann das erfindungsgemäße thermoplastische Verbundmaterial noch weitere Komponenten, vorzugsweise in einem Anteil bis zu etwa 20 Gew.-%, aufweisen. Hierzu zählen beispielsweise anorganische Salze, Konservierungsmittel, Farbstoffe, natürliche und/oder synthetische Fette, Paraffine, natürliche und/oder synthetische Öle, Silkonöle sowie ionische und/oder nichtionische Tenside.
Als anorganische Salze werden vorzugsweise Salze des Aluminiums oder des Kupfers eingesetzt, besonders bevorzugt ist hierbei das Aluminiumsulfat.
Die anorganischen Salze werden in der Regel im Rahmen des Herstellungsverfahrens, das im weiteren Verlauf des vorliegenden Textes noch beschrieben wird, zum Ausfallen (zur Koagulation) des polymeren Bindemittels eingesetzt. In der Regel wird der größte Anteil des Metallsalzes mit der wäßrigen Phase aus dem Verbundwerkstoff entfernt, ein geringer Rest kann jedoch im Verbundmaterial verbleiben.
Unter den Konservierungsmitteln sind besonders solche Konservierungsmittel bevorzugt, die ein fungizides Wirkspektrum aufweisen. Gut geeignet im Sinne der Erfindung ist das von der Firma BAYER, Leverkusen, vertriebene Konservierungsmittel Preventol® AI ID.
In einer bevorzugten Ausfuhrungsform der Erfindung enthält Komponente B bis zu 70 Gew.-% (bezogen auf das Gesamtgewicht von Komponente B) Polymer, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Styrol-Olefin-Copolymeren, Vinylacetat- Polymeren oder Ethylen-Vinylacetat-Copolymeren, oder Gemischen oder Copolymeren aus zwei oder mehr der genannten Polymeren.
In einer weiteren bevorzugten Ausfuhrungsform enthält das thermoplastische Verbundmaterial
etwa 25 bis etwa 65 Gew.-% organische Fasern, etwa 2 bis etwa 30 Gew-% Naturlatex , etwa 8 bis etwa 35 Gew.-% Polymeren, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Styrol-Olefin-Copolymeren, Vinylacetat-Polymeren oder Ethylen-Vinylacetat-Copolymeren, oder Gemischen oder Copolymeren aus zwei oder mehr der genannten Polymeren, gegebenenfalls bis zu 20 Gew.-% anorganische Salze, Konservierungsmittel, Farbstoffe, natürliche und/oder synthetische Fette, Paraffine, natürliche und/oder synthetische Öle, Silkonöle, ionische und/oder nicht-ionische Tenside.
In einer besonders bevorzugten Ausfuhrungsform enthält das thermoplastische Verbundmaterial - etwa 35 bis etwa 55 Gew.-% organische Fasern, etwa 10 bis etwa 25 Gew-% Naturlatex , etwa 10 bis etwa 30 Gew.-% Polymeren, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Styrol-Olefin-Copolymeren, Ninylacetat-Polymeren oder Ethylen-Ninylacetat-Copolymeren, oder Gemischen oder Copolymeren aus zwei oder mehr der genannten Polymeren, gegebenenfalls bis zu 20 Gew.-% anorganische Salze, Konservierungsmittel, Farbstoffe, natürliche und/oder synthetische Fette, Paraffine, natürliche und/oder synthetische Öle, Silkonöle, ionische und/oder nicht-ionische Tenside.
Das erfindungsgemäße thermoplastische Verbundmaterial soll vorzugsweise für Schuhkomponenten wie Hinterkappen, Vorderkappen und Laufsohlen und ganz bevorzugt zur Herstellung von Hinterkappen in der Schuhindustrie dienen und neben den gewünschten lederähnlichen Eigenschaften von hochqualitativen LEFA Hinterkappenmaterialien die rationellen Verarbeitungseigenschaften von hochwertigem synthetischem Hinterkappenmaterial aufweisen.
In einer bevorzugten Ausfuhrungsform der Erfindung weist das thermoplastische Verbundmaterial einen Fließübergangsbereich von etwa 70 °C bis 100 °C auf.
Bei Temperaturen innerhalb des angegebenen Fließübergangsbereichs läßt sich das erf-ndungsgemäße thermoplastische Verbundmaterial Formänderungen, beispielsweise konturgenaue Einformungen, unterziehen, die nach Unterschreiten des Fließübergangsbereichs formstabil erhalten bleiben. Das erfindungsgemäße thermoplastische Verbundmaterial weist hierbei hohe Reißfestigkeit und Elastizität auf. Die Verarbeitung kann aufgrund der Materialeigenschaften rationeller als bei synthetischem Kappenmaterial erfolgen.
Die Herstellung des erfindungsgemäßen thermoplastischen Verbundmaterials erfolgt vorzugsweise durch Kontaktieren der Komponente A mit den Bestandteilen der Komponente B, wobei diese Bestandteile vorzugsweise in wäßriger Dispersion vorliegen.
Da Komponente B mehr als einen Bestandteil aufweist, d.h., mehr als ein Polymeres, können beide Polymeren nebeneinander in einer Dispersion vorliegen. Es ist jedoch im Rahmen der vorliegenden Erfindung ebenso möglich, dass beide Polymeren in unterschiedlichen Dispersionen vorliegen.
Im Rahmen des erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens werden Komponente A und die Bestandteile der Komponente B in einer oder mehreren Dispersionen vermischt und die Bestandteile der Komponente B gleichzeitig, d.h., während des Vermischens, oder anschließend, d.h., in einem eigenen Verfahrensschritt nach der Vermischung koaguliert.
Gegenstand der Erfindung ist daher auch ein Verfahren zur Herstellung eines thermoplastischen Verbundmaterials, enthaltend
a) mindestens 15 Gew.-% eines organischen Fasermaterials oder eines Gemischs aus zwei oder mehr organischen Fasermaterialien als Komponente A und b) mindestens 10 Gew.-% einer Komponente B bestehend aus mindestens 8 Gew.-% eines thermoplastischen Bindemittels und mindestens 2 Gew.-% Naturlatex,
bei dem Fasern mit einer gestreckten Faserlänge von 0,1 bis 20 mm als Komponente A, gleichzeitig oder in beliebiger Reihenfolge aufeinanderfolgend mit einer Polymerdispersion oder einem Gemisch aus zwei oder mehr Polymerdispersionen, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Naturlatex, Polyurethanen, Polyolefinen, Polyvinylestern, Polyethem, Polystyrolen, Styrol-Olefin-Copolymeren, Polyacrylaten, Vinylacetat-Polymeren oder Ethylen-Vinylacetat-Copolymeren, oder Gemischen oder Copolymeren aus zwei oder mehr der genannten Polymeren, zu einer Mischung vermischt wird, so dass die in der Dispersion oder den Dispersionen enthaltenen Polymeren Komponente B bilden, und anschließend die Mischung mit einer wäßrigen Lösung eines Aluminium- oder eines Kupfersalzes behandelt, entwässert und getrocknet wird.
Wenn zwei oder mehr verschiedene Polymerdispersionen eingesetzt werden, so können im Rahmen der vorliegenden Erfindung beispielsweise unterschiedlich stabilisierte Dispersionen verwendet werden. Beispielsweise kann beim Einsatz von zwei Polymerdispersionen eine anionisch stabilisierte Dispersion und eine kationisch stabilisierte Dispersion eingesetzt werden. Die Dispersionen können dabei so gewählt werden, dass es zu einer im wesentlichen vollständigen Koagulation, d.h., einer im wesentlichen vollständigen Ausfallung der in der Dispersion enthaltenen Bindemittel kommt. Es ist jedoch ebenso möglich so zu verfahren, dass nur ein Teil der Bindemittel ausgefallt wird.
In einer bevorzugten Ausfuhrungsform der Erfindung werden jedoch Polymerdispersionen eingesetzt, die im wesentlichen, zumindest bezüglich der
Ladung der stabilisierenden Spezies angeht, identisch stabilisiert sind. Beispielsweise können Dispersionen eingesetzt werden, die anionisch oder kationisch stabilisiert sind. In einer weiteren bevorzugten Ausfuhrungsform der Erfindung werden anionisch stabilisierte Polymerdispersionen eingesetzt.
Die Behandlung der Mischung mit einer wäßrigen Lösung eines Aluminium- oder eines Kupfersalzes erfolgt derart, dass im Anschluß an die Behandlung im wesentlichen alle in der Mischung vorliegenden Polymermoleküle ausgefällt, d.h. koaguliert sind.
Die folgende, beispielhafte Verfahrensbeschreibung dient lediglich der Illustration einer Möglichkeit zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens, und stellt keine Beschränkung dar. Abweichungen vom folgenden Verfahrensablauf, gegebenenfalls unter Optimierung des folgend beschriebenen Verfahrens, kann der Fachmann in Abhängigkeit von der ihm vorliegenden Situation problemlos vornehmen.
Zur Herstellung der erfindungsgemäßen thermoplastischen Verbundmaterialien werden gegerbte Lederreste in Messermühlen auf eine Größe von etwa 1 cm2 Fläche zerkleinert (vorgeschnitten). Die Zerkleinerung erfolgt in diesem Stadium in der Regel trocken.
Die so vorzerkleinerten Lederreste werden abgewogen und über sogenannte Scheibenrefiner naß zerfasert. Die Wasserzugabe wird so gesteuert, dass man einen knotenfreien Faserbrei erhält, der aus etwa 5 Gew.-% Fasern und etwa 95 Gew.-% Wasser besteht (entsprechend ca. 1000 kg Fasern auf 20 m3 Wasser). Vorzugsweise wird die Zerkleinerung so durchgeführt, dass ein Teil des später im Prozeß stehenden Abwassers an dieser Stelle in den Kreislauf zurückgeführt wird. So lassen sich Abwasseranteile am gesamten, während des Zerkleinerungsvorgangs eingesetzten Wasser von etwa 50 %, vorzugsweise darüber, erzielen.
Die so erhältliche Suspension von Lederfasern in Wasser wird anschließend in ein geeignetes Gefäß, vorzugsweise eine Ansetzbütte, transferiert. Die transferierte Menge wird so bemessen, dass die Konzentration an Lederfasern bezogen auf die gesamte vorgesehene Ansatzmenge zwischen etwa 1,5 und etwa 2,5 Gew.-% liegt.
Wenn die Lederfasern einen hohen Anteil an chromgegerbtem Leder enthalten oder wenn die Lederfasern ausschließlich aus chromgegerbtem Leder bestehen werden zunächst vegetabile Gerbstoffe, beispielsweise Kastanienholzextrakt, Quebracho, Mimosa oder Valonea, zugegeben.
Anschließend werden Fettungsmittel zugegeben. Als Fettungsmittel sind alle Lederfettungsmittel geeignet, die in Wasser emulgierbar sind.
Weiterhin können dem Ansatz Farbstoffe zugegeben werden. Üblicherweise handelt es sich hierbei um quantitativ aufziehende Eisenoxidfarben.
Der Ansatz kann weiterhin mit Konservierungsmitteln, natürlichen und/oder synthetischen Fetten, natürlichen und/oder synthetischen Ölen, Silikonölen und oder ionischen und/oder nichtionischen Tensiden versetzt werden.
Im Anschluß daran wird die Polymerdispersion oder das Gemisch aus zwei oder mehr verschiedenen Polymerdispersionen zugegeben.
Wenn zwei oder mehr verschiedene Polymerdispersionen eingesetzt werden sollen, so können diese entweder gleichzeitig oder in beliebiger Reihenfolge nacheinander der Mischung zugegeben werden.
Wenn zwei Polymerdispersionen mit unterschiedlicher Stabilisierung, d.h., unterschiedlicher Ladung der stabilisierenden Spezies der Mischung zugegeben werden, so wird die anionisch stabilisierte Polymerdispersion oder werden die anionisch stabilisierten Polymerdispersionen getrennt von der kationisch
stabilisierten Polymerdispersion oder den kationisch stabilisierten Polymerdispersionen zugegeben. Die Reihenfolge spielt hierbei keine Rolle.
Nach beendeter Zugabe der Polymerdispersionen wird die Mischung mit einer Lösung eines Aluminium- oder eines Kupfersalzes versetzt. Vorzugsweise wird Aluminiumsulfat eingesetzt, wobei pro 1000 kg Ansatz etwa 40 bis 300 1, vorzugsweise etwa 100 bis etwa 2501, besonders bevorzugt etwa 120 bis etwa 2001 einer etwa 20 bis vorzugsweise etwa 60 Gew.-%igen Aluminiumsulfatlösung zugegeben werden.
Nach etwa einer Stunde Rühren wird der Ansatz unter Zuhilfenahme einer geeigneten Entwässerungsvorrichtung von überschüssigem Wasser befreit. Hierzu bieten sich zum einen Entwässerungseinrichtungen an, die im sogenannten Batch- Verfahren arbeiten, beispielsweise eine sogenannten Müllerpresse, bevorzugt ist jedoch eine kontinuierliche Verarbeitung auf einer Langsiebentwässerungsmaschine. Der Ansatz wird auf der Langsiebentwässerungsmaschine auf einen Restwassergehalt von etwa 70 Gew.-% entwässert.
Im Anschluß an den Entwässerungsvorgang wird das erhaltene Material unter Zuhilfenahme einer geeigneten Preßvorrichtung mechanisch bis zu einem Restwassergehalt von etwa 50 Gew.-% entwässert.
Das so behandelte Material wird nun durch eine geeignete thermische Trocknungseinrichtung geführt, und hier bis auf einen Restwassergehalt von etwa 10 Gew.-% getrocknet und anschließend auf Rollen aufgewickelt. Abhängig vom angestrebten Verwendungszweck ist es auch möglich, das Material auf geringere Restwassergehalte zu trocknen.
Abhängig von der vorgesehenen Verarbeitung in der Schuhindustrie kann das Material anschließend weiterveredelt werden (Schleifen, Kalandrieren, Besäumen) und in Platten bzw. Rollen geschnitten werden.
Der so gewonnene Verbundstoff zeigt beispielsweise einen Fließübergangsbereich von etwa 70 °C bis etwa 100 °C.
In einer weiteren bevorzugten Ausfuhrungsform der Erfindung wird, um in einem rationellen Verfahren bei der Verwendung als Hinter- oder Vorderkappenmaterial eine dauerhafte Befestigung des Verbundmaterials mit Futterstoff und Obermaterial zu erreichen, das Verbundmaterial mit einem thermisch aktivierbaren Klebstoff ausgerüstet. Bei der Verarbeitung erfolgt die thermische Aktivierung des Klebstoffs im Fließübergangsbereich des Verbundstoffes.
Unter Klebstoffen werden im Sinne der vorliegenden Erfindung nichtmetallische, vorzugsweise organische Stoffe verstanden, die Fügeteile durch Flächenhaftung und innere Festigkeit verbinden. Zu den Klebstoffen zählen beispielsweise Leime, Dispersionsklebstoffe, lösemittelhaltige Klebstoffe, Schmelzklebstoffe, und/ oder Kontaktklebstoffe.
Vorzugsweise werden im Rahmen der vorliegenden Erfindung organische Klebstoffe eingesetzt, wobei es sich entweder um physikalisch abbindende Klebstoffe oder um chemisch reagierende Klebstoffe oder eine Kombination aus beiden handeln kann. Zu den physikalisch abbindenden Klebstoffen, die im Sinne der vorliegenden Erfindung eingesetzt werden können, zählen beispielsweise in Lösung oder Dispersion vorliegende Klebstoffe, Kontaktklebstoffe oder Schmelzklebstoffe. Als chemisch reagierende Klebstoffe können z.B. solche Klebstoffe eingesetzt werden, die ohne Abspaltung flüchtiger Bestandteile eine ausreichende Haftung der zu verklebenden Flächen aneinander vermitteln. Es können jedoch auch Klebstoffe eingesetzt werden, die unter Abspaltung flüchtiger Bestandteile die erforderliche Haftung erzielen. Die Klebstoffe können sowohl kalthärtend als auch warmhaltend sein, einen thermoplastischen, duromeren oder elastomeren Endzustand aufweisen und einkomponentig oder zwei- oder mehrkomponentig anwendbar sein.
In einer Ausfuhrungsform werden Schmelzklebstoffe verwendet, deren Erweichungspunkt etwa 60 °C bis etwa 120 °C beträgt. In einer besonderen
Ausführung werden Schmelzklebstoffe verwendet, deren Erweichungspunkt etwa 80 °C bis etwa 100 °C beträgt. In einer ganz besonderen Ausführung werden Schmelzklebstoffe verwendet, deren Erweichungspunkt etwa 80 °C bis etwa 100 °C beträgt und der Klebstoff auf Polyeste n, Polyamiden oder Polycarbonaten basiert.
Der Klebstoff wird auf das thermoplastische Verbundmaterial im Heißverfahren aufgetragen, beispielsweise mittels Extruder-Auftrag mit Schlitzdüse oder RoÜercoater-Auftrag. Der K-Ϊebstoff kann ebenfalls durch Pulverauftrag mit anschließender thermischer Ansinterung aufgebracht werden. Es handelt sich bei diesen Verfahren um kalthärtende Verfahren.
In einer Ausführung werden Schmelzklebstoffe mittels Extruder-Schlitzdüsenauftrag zwischen etwa 50 bis etwa 100 g m2 aufgebracht. In einer weiteren Ausführung werden Schmelzkleber-Pulverbeschichtungen zwischen etwa 30 bis etwa 80 g/m2 aufgebracht. In einer besonderen Ausführung werden Schmelzkleber- Pulverbeschichtungen zwischen etwa 40 bis etwa 70 g/m2 aufgebracht.
Die erfindungsgemäßen thermoplastischen Verbundmaterialien eignen sich außer zur Herstellung thermisch formbarer Schuhkomponenten für zahlreiche weitere Anwendungen, beispielsweise zur Beschichtung der Oberfläche von Gegenständen, wie etwa von Möbelfronten mit oder ohne Innenradien, zur Oberflächeribeschichtung von Teilen in Innenräumen motorgetriebener Kraftwagen, oder zur Profilummantelung von Wand-, Boden- und Deckenpaneelen.