Starrer Geburtensimulator mit interaktivem optischen Display
Die Erfindung betrifft einen Geburtensimulator zum Nachbilden von vorgeburtlichen Behandlungsmethoden und zur Simulation ausgewählter Situationen beim Geburtsvorgang.
Die Ausbildung von Hebammen und Gynäkologen ist sehr aufwendig, da die Ausbildung aus verschiedenen Gründen nur sehr eingeschränkt an der Gebärenden selbst vorgenommen werden kann. Gerade in komplexen Notfallsituationen ist es nicht möglich oder ethisch vertretbar, unerfahrene Personen in die Geburtshilfe aktiv einzubeziehen. Weiterhin treten die unterschiedlichsten Problemfälle oft nicht vorhersehbar auf. So müssen Hebammen und Gynäko- logen über lange Zeiträume relativ passiv bei Geburten anwesend sein. Erst wenn die passive Ausbildung sehr weit fortgeschritten ist, kann mit der aktiven Ausbildung begonnen werden. Dabei müssen alle Handlungen von erfahrenem medizinischen Fachpersonal überwacht werden, um das Restrisiko für Mutter und Kind gering zu halten.
Um die gynäkologische Ausbildung zu unterstützen, werden körperliche Modelle, Filme und Computeranimationen verwendet. Es gibt zusammensetzbare hartplastische Modelle, die eine räumliche Veranschaulichung anatomischer, physiologischer oder pathologischer Zusammenhänge ermöglichen. Es sind weiterhin weichelastische Modelle bekannt, die menschliche taktile Eigenschaften möglichst gut nachbilden sollen, d. h., in einem anatomiegerechten Mutterleib ist eine deformierbare Kinderpuppe angeordnet.
Die auszubildenden Hebammen und Gynäkologen können somit diese Modelle anfassen und bestimmte Grundhandgriffe üben und sich die räumlichen Zusammenhänge, wie z. B. Kindslagen, einprägen. Vorrichtungen für diese und ähnliche Zwecke werden in den Dokumenten WO 02/01 536 A1 und US 5,509,810 beschrieben.
Da die aus dem Stand der Technik bekannten körperlichen Modelle, Vorrichtungen, Filme oder Computeranimationen nur unzureichend für die realitätsnahe Ausbildung geeignet sind, besteht die Aufgabe der Erfindung in der Schaf- fung einer Vorrichtung zur Geburtensimulation, an der die Handgriffe für die Geburtshilfe gegenüber dem Stand der Technik wesentlich effektiver erlernt oder trainiert werden können.
Diese Aufgabe wird mit einem starren Geburtensimulator mit einem interakti- ven optischen Display nach Anspruch 1 gelöst, wobei der Geburtensimulator nachfolgende Merkmale aufweist: Einen Mutterleibstorso, der mit einem Untergrund verbunden ist und ein Kindmodell, welches in dem Mutterleibstorso angeordnet ist, wobei vorzugsweise die natürlichen, d. h. z. B. menschliche Form- und Größenverhältnisse und Haptik eingehalten werden. Das Kindmo- dell ist starr mit dem Untergrund über eine Kraft-Momenten-Sensoranordnung verbunden. Diese Kraft-Momenten-Sensoranordnung ist so ausgebildet, das Kräfte und Momente, die eine untersuchende Person mit den Händen oder mit medizinischen Instrumenten auf das Kindmodell aufbringt, erfaßt und als Meßsignale bereitgestellt werden. Die Kräfte und Momente können entweder direkt auf das Kind oder indirekt über die flexible Baudecke des Mutterleibstorsos aufgebracht werden. Weiterhin ist ein Bildschirm (Display) und eine programmierbare, einen Rechner aufweisende Auswertevorrichtung vorgesehen, die mit der Kraft-Momenten-Sensoranordnung und dem Bildschirm signaltechnisch verbunden ist. In dem Rechner ist ein Simulationsprogramm mit Kraft- und Bewegungsfeedback implementiert, d. h. abgelegt. Dieses Simulationsprogramm ist so ausgebildet, daß die Meßsignale in solche Bildsignale umwandelt werden, die das natürliche Bewegungsverhalten eines Kindes im Mutterleib als adäquate Reaktionsbewegungen der Wirkung der aufgebrachten
Kräfte und Momente in Echtzeit darstellen. Somit werden auf dem Bildschirm Bilder erzeugt die zeigen, wie sich ein natürliches Kind in einem natürlichen Mutterleib verhalten würde, wenn auf Mutter und Kind die gleichen Kräfte und Momente aufgebracht werden, die auch auf den Geburtssimulator gemäß der vorliegenden Erfindung aufgebracht werden, d. h. wenn z. B. auf den Mutterleibsbauch gedrückt wird, oder wenn der Modell-Kindskopf mir einer Zange erfaßt und gezogen wird.
Der Vorteil der Erfindung besteht also darin, daß mit der Erfindung eine Mög- lichkeit geschaffen wurde, unterschiedliche medizinische Situationen vor und während der Geburt an einem körperlichen Modell zu simulieren und bildhaft genau darzustellen. Das Kind-Modell kann z. B. nur mit den Händen angefaßt werden, es ist aber ebenfalls möglich, den richtigen Einsatz von Instrumenten zu üben, wie z. B. die Verwendung einer Zange oder einer Saugglocke. Die Auswirkungen der Bedienerkräfte auf die Kindsbewegung und Physiologie von Mutter und Kind werden unmittelbar und interaktiv dem Bediener auf dem Bildschirm abgebildet. Von besonderer Bedeutung ist die Möglichkeit, daß durch eine Programmänderung, d. h. „per Knopfdruck", eine andere medizinische Situation eingestellt werden kann.
Es sei angemerkt, daß das Kindmodell mechanisch starr befestigt ist und die Bewegungen des Kindes nur als Visualisierung auf dem Bildschirm abgebildet werden. Da der mechanische Aufbau des Geburtensimulators einfach und sehr robust ist, wurde somit ein didaktisch anspruchsvoller, aber kostengün- stiger Geburtensimulator geschaffen.
Nach Anspruch 2 ist das Kindmodell lösbar an der Kraft-Momenten- Sensoranordnung befestigt und der Mutterleibstorso weist eine Klappe auf. So ist es z. B. möglich, unterschiedlich Kindmodelle zu verwenden und diese leicht auszutauschen.
Nach Anspruch 3 kann das Kindmodell in verschiedenen Positionen an der Kraft-Momenten-Sensoranordnung befestigt werden. Dadurch sind spezielle Kindslagen simulierbar.
Nach Anspruch 4 ist wenigstens ein, mit der Auswertevorrichtung signaltechnisch verbundener Schallerzeuger vorgesehen, so daß die bei der realen Untersuchung oder bei der natürlichen Geburt durch Mutter oder Kind oder durch medizinische Geräte auftretenden typischen Geräuschen eingespielt werden können. Die Geräusche können synthetisch erzeugt oder auch natürlichen Ur- sprungs sein, d.h. es handelt sich um Tonbandaufnahmen, die während einer adäquaten natürlichen Situation aufgenommen wurden. Durch diese Maßnahme wird für die auszubildende Person ein sehr wirklichkeitsnaher Eindruck erzeugt, wenn z.B. bei einer heftigen Wehentätigkeit zeitgleich ein Stöhnen der Gebärenden eingespielt wird.
Nach Anspruch 5 ist der Schallerzeuger im Mutterleibstorso und/oder im Kindmodell integriert, so daß z. B. Geräusche aus dem Mutterleib realitätsnah erzeugt werden können. Damit können insbesondere die durch das Kind verursachten Geräusche sehr echt simuliert werden.
Nach Anspruch 6 ist in dem Rechner ein Signal- und Hinweisprogramm implementiert, welches Bedienungshinweise, simulierte physiologische Werte, Geräteoutputs und Warnhinweise auf dem Bildschirm zur Anzeige bringt, wie z. B. Hinweise über gefährliche Situationen, Zeitverläufe der berechneten phy- siologischen Größen von Mutter und Kind oder auch Bedienungshinweise. Dem Fachmann ist klar, wie dieses Programm auch mit dem Simulationsprogramm zusammenarbeiten kann.
Mit Anspruch 7 wird ein Kindmodell für den Geburtensimulator nach den An- Sprüchen 1 bis 6 als eine eigenständige Erfindung beansprucht.
An dem Kindmodell sind im Halsbereich und/oder im Bereich des Schädeldachs, das aus verformbaren Segmenten besteht, Kraft- und/oder Drucksensoren angeordnet, die signaltechnisch mit der Auswertevorrichtung verbunden
sind. Dieses mit Sensoren versehene Kindmodell ermöglicht die Gewinnung zusätzlicher und genauerer Informationen über den Krafteinsatz und über Pal- pationsvorgänge, so daß damit mehr und genauere Kraft- und/oder Momenteninformationen zur Berechnung der Reaktionskräfte und der dazugehörigen Reaktionsbewegungen zur Verfügung stehen.
Es sei weiterhin erwähnt, daß bei Bedarf der Fachmann auch weitere Sensoren an geeigneten Stellen am Kind oder auch am Mutterleibstorso anordnen wird, wenn es zur Signalgewinnung bei der Umsetzung einer konkreten Be- wegungssimulation erforderlich ist. So können z. B. zusätzlich auf dem Bauchbereich des Mutterleibstors Drucksensoren angeordnet werden. Die Meßsignale dieser zusätzlichen Sensoren werden dem Simulationsprogramm und/oder dem Signal- und Hinweisprogramm zugeführt.
Die •Kraft-Momenten-Verläufe können z. B. auch aufgezeichnet werden, während eine ausgebildete Person am Geburtensimulator eine Geburt simuliert. Ebenso wird bei einer auszubildenden Person verfahren. Anschließend werden die beiden Kraftverläufe verglichen. Diese Methode hat einen hohen didaktischen Wert.
Es ist klar, daß die Erfindung vorwiegend für menschliche Anwendungen geeignet ist. Die Erfindung kann aber prinzipiell auch in der Veterinärmedizin angewendet werden.
Die Erfindung wird nachfolgend an Hand von Ausführungsbeispielen in Verbindung mit schematischen Zeichnungen näher erläutert.
Fig. 1 zeigt eine schematische Darstellung der Erfindung mit ihren einzelnen Komponenten. Fig. 2 zeigt zwei geöffnete Bauchtorso.
Fig. 3 zeigt 4 Bauchtorso mit unterschiedlichen Kindsmodellen.
Fig. 4 zeigt ein Kindmodell mit Sensoren.
Die Fig. 1 zeigt schematisch den Querschnitt eines Geburtensimulators in Form eines Bauchtorsos 1 einer Schwangeren mit einem Kindmodell 2. Der Bauchtorso 1 ist auf einer Unterlage 3, z. B. auf einem Tisch, fest angeordnet. Das Kindmodell 2 ist in einer Höhlung 4 angeordnet, welche die Gebärmutter simuliert. Der Bauchtorso 1 und das Kindmodell 2 sind aus einem weichelastischen Kunststoff ausgebildet. Das Kindmodell 2 ist über einen Sechskompo- nenten-Kraft-Momenten-Sensor 6 mit der Unterlage 3 verbunden.
Eine auszubildende Person 5 kann das Kindmodell 2 wie bei einer realen Ge- burt berühren und Kräfte einleiten. Die dabei auftretenden Kräfte und Momente werden von dem Sechskomponenten-Kraft-Momenten-Sensor 6 erfaßt, in elektrische Signale umgewandelt und der Simulations- und Auswertevorrichtung zugeführt. Die Meßdaten können gespeichert werden. Dies ermöglicht einen Vergleich dieser Meßdaten mit gespeicherten Soll-Kraftverläufen eines erfahrenen Geburtshelfers. Aus den Abweichungen zwischen den verfolgten Kraftverläufen und den gespeicherten Soll-Kraftverläufen können Rückschlüsse auf den Trainingserfolg der auszubildenden Person gezogen werden.
Wenn eine Person 5 das Kindmodell 2 mit den Händen indirekt über die elasti- sehe Bauchdecke des Bauchtorsos 1 oder auch direkt mit der Hand oder mit einem medizinischen Instrument berührt, werden von dem Sechskomponen- ten-Kraft-Momenten-Sensor Meßsignale erzeugt, aus denen die theoretisch resultierenden Bewegungen berechnet werden. Das in der Simulations- und Auswertevorrichtung rechnerisch simulierte Kind führt eine Bewegung aus, welches einer realen Reaktionsbewegung eines natürlichen Kindes entspricht.
Das Simulationsprogramm für die Geburtssimulationsberechnung beinhaltet somit ein Computermodell, welches die biomechanischen Beziehungen zwischen Becken, Gebärmutter, Bändern, Sehnen, Haut und Muskulatur der Mut- ter und dem Körper des Kindmodells enthält. Es beschreibt die statischen und dynamischen Zusammenhänge zwischen den auftretenden Kräften und Momenten, die eine Person, wie z. B. die auszubildende Hebamme, auf das Kindmodell aufbringt, und die Lagen und Bewegungen, die das Kind relativ
zum Körper der Mutter einnimmt. Dadurch können aus den gemessenen Kräften und Momenten die resultierenden Bewegungen des Kindmodells 2 berechnet werden.
Weiterhin werden aus den in dem Simulationsprogramm aufbereiteten Bewegungsinformationen in einer Bewegungsanimationsrechnung die Bewegungen und Verformungen der anatomischen Komponenten, wie z. B. Becken, Gebärmutter, Bänder, Sehnen, Haut, Muskulatur der Mutter und des Kindes, ermittelt und in Echtzeit auf einem Monitor 7 visualisiert. Es können unter- schiedliche Darstellungsarten gewählt werden, wie z. B. eine röntgenbildähnli- che Darstellung oder eine ultraschallbildartige Darstellung, wobei z. B. besonders gefährdete Abschnitte oder Verletzungen farbig hervorgehoben werden können. Gleichfalls ist es möglich, zwischen verschiedenen Darstellungsarten umzuschalten. Da die visuellen Informationen zeitgleich mit den haptischen Informationen der agierenden Person 5 übermittelt werden, entsteht für die Person 5 ein sehr realistischer visueller Gesamteindruck.
Weiterhin können zusätzlich aus den biomechanischen Gelenkberechnungen auch noch Schmerzgrenzwerte ermittelt werden, die bei Überschreitung einen Befehl zum Abspielen eines Soundsamples auslösen. Diese Soundsamples sind in einem Speicher abgelegt und werden nach Anforderung aufgerufen und über ein Stereolautsprechersystem 8 wiedergegeben. Es ist für die agierende Person 5 von nachhaltiger lernpsychologischer Wirkung, wenn z. B. bei einem falschen Handgriff ein Schmerzenslaut ertönt, die Herztöne des Kindes oder der Mutter hörbar sind, oder wenn das Kindmodell nach erfolgreicher Geburt wie ein natürliches Kind schreit.
Durch die graphische, bildhafte Darstellung der resultierenden Kindsbewegung hat die agierende Person 5 den subjektiven Eindruck einer realen Reaktion. Durch entsprechende Parameterwahl in der Geburtssimulationsberechnung lassen sich nicht nur normale Geburtsvorgänge oder Kindsbewegungen simulieren, sondern auch seltene Situationen und Problemfälle darstellen und anschaulich vermitteln.
Die Fig. 2 zeigt zwei Bauchtorsos mit einer Klappe, die in Pfeilrichtung um ein Gelenk schwenkbar ist. Es ist gezeigt, daß in der Fig. 2 das größere Kind gegen ein kleineres Kind ausgetauscht wurde.
Die Fig. 3 zeigt vier Bauchtorsos, in denen Kindsmodelle unterschiedlicher Größe und in unterschiedlichen Lagen angeordnet sind.
Die Fig. 4 zeigt ein Kindmodell 2, dessen Kopf über einen Kraft- und Drehmomentensensor 9 mit dem Rumpf verbunden ist. Bei der Geburtensimulation ist es besonders wichtig, Handgriffe am Kopf des Kindmodells 2 zu üben. Dabei wird der Hals des Kindes besonders beansprucht. Die Schädeldecke des Kindes ist mit weiteren Kraftmeßsensoren 1 0 ausgestattet, um auch im Bereich der Schädeldecke räumlich selektive Krafteinleitungen, z.B. während des Pal- pierens, eindeutig erfassen zu können. Es ist daher bei der Überwachung einer simulierten Geburt von besonderer Bedeutung, die Kopfgriffe zu kontrollieren, was mit dieser Ausführungsform eines Kindmodells besonders genau möglich ist. Für die Übertragung der elektrischen Meßsignale zur Auswertevorrichtung stehen dem Fachmann drahtgebundene sowie drahtlose Übertragungsverfahren zur Verfügung.
Nachfolgend werden weitergehende Hinweise zur Realisierung des biomechanischen Modells gegeben.
Zur Umsetzung der Erfindung wird das zu Grunde liegende biomechanische Modell entwickelt. Im biomechanischen Modell wird der Zusammenhang zwi- sehen den von außen (Bediener) auf das Kind eingeprägten Lasten, d.h. Kräfte und Momente (Ursache) und der zugrundeliegenden Bewegung oder Position (Wirkung) dargestellt.
Dem Fachmann ist bekann, daß das biomechanische Modell nicht alle anato- mischen Komponenten und Formen explizit beinhalten muß. Es reicht eine gewisse „abstrahierte" Darstellung der mathematischen Zusammenhänge zwischen eingeprägten Kräften und resultierenden Bewegungen. D.h. eine mathematische Funktion beschreibt, welche Position, Orientierung und Ge-
schwindigkeit sich ergibt, wenn eine Kraft und ein Moment an einer bestimmten Stelle am Kind in eine bestimmte Richtung wirkt, wobei die eingeleiteten Kräfte und Momente in 3D-Richtungen (dreidimensionaler Richtung) wirken und an beliebiger Stelle der Oberfläche des Kindes angreifen können. Die re- sultierenden Positionen, Orientierungen und Geschwindigkeiten sind ebenso in 3D anzugeben. Die Beziehung zwischen Kraft/Moment und Lage/Bewegung hängt zudem noch von der aktuellen Position des Kindes in der Gebärmutter bzw. im Geburtskanal ab. Diese mathematischen Beziehungen können auf der Basis linearer oder nicht-linearer algebraischer Gleichungen einfach beschrie- ben werden. Dann ist eine Parametrisierung durchzuführen. Die Wahl der Parameter bestimmt, wie realitätsnah der normale oder pathologische Geburtsvorgang simuliert werden kann. Die Parameter können auf der Basis theoretischer Überlegungen abgeschätzt oder experimentell/meßtechnisch gewonnen werden.
Nachfolgend werden Hinweise zur Realisierung des grafischen Displays gegeben:
Auf dem Monitor werden interne anatomische Komponenten, wie Beckenknochen, Gebärmutter, Plazenta, Muttermund, Blutgefäße sowie das Kind visuali- siert. Optional kann der Monitor zusammen mit einer Schutterbrille auch im Stereomodus betrieben werden, oder es kann ein Stereodatenhelm verwendet werden. Die Bewegungsanimation erfolgt synchron mit der Einleitung der Kräfte auf den Bauchtorso oder auf das Kindmodell. Die Visualisierung erfolgt auf der Basis segmentierter und 3D-rekonstruierter CT-, MRT- und Ultraschall- Aufnahmen. Die rekonstruierte anatomische Darstellung stellt eine Zusatzinformation dar, die bei der medizinischen Ausbildung einen hohen didaktischen Stellenwert hat . Eine derartige rekonstruierte anatomische Darstellung kann bei einer realen Geburt nicht zur Verfügung gestellt werden. In der klinischen Routine werden allerhöchstens Ultraschalltechniken zur Beobachtung und Be- urteilung der Geburt verwendet. Solche Ultraschallaufnahmen können in der Bewegungsanimation auf der Basis von zusammengesetzten Einzelbildern, die synchron mit der Geburt ablaufen, simuliert werden.
In der grafischen Animation werden bewegungssynchrone Lageänderungen der Körpersegmente, Verlaufsänderungen von Blutgefäßen oder der Nabelschnur, sowie Verformungen von Muskeln, Gebärmutter, Plazenta usw. berücksichtigt. Eine Visualisierung solcher Bewegungsvorgänge ist durch so ge- nannte „kinematische CT und MRT Aufnahmen" dem Fachmann bekannt. Hierbei handelt es sich aber nur um eine cinematografische Technik, die keine interaktive Bedienung in mehr als einem Freiheitsgrad zuläßt und daher für eine Anwendung im VR-Bereich (virtuelle Realität) nur begrenzt geeignet ist. Eine Alternative stellt eine modellbasierte Animation dar. Dabei werden alle Komponenten in ihren relevanten geometrischen und viskoelastischen Eigenschaften und in ihrem mechanischen Zusammenwirken modelliert. Für eine realitätsnahe Simulation sind aber FE-Rechnungen (finite Elemente) und komplexe Mehrkörper-Kontaktmodelle notwendig, die den simulationstechnischen Aufwand stark vergrößern und so die Echtzeitfähigkeit gefährden könnten.
Empfohlen wird daher ein kombiniertes Verfahren, bei dem Bilddaten ebenso wie anatomische Modellbetrachtungen zum Einsatz kommen. Der Ansatz besteht darin, Geometriedaten, die aus zahlreichen diskreten Geburtsmomenten rekonstruiert werden, so zu inter- und extrapolieren, daß jede beliebige Kinds- position in jedem wichtigen Freiheitsgrad dargestellt werden kann. Die Inter- und Extrapolationen können dabei modellunterstützt erfolgen, indem beispielsweise die Volumenerhaltung oder Längenkonstanz bestimmter Körperabschnitte berücksichtigt werden. Da dies mit verhältnismäßig geringem Rechenaufwand möglich ist, können echtzeitfähige und glatte Bewegungsabläu- fe in jeder beliebigen Richtung erzielt werden.
Verstärkt wird der Lernerfolg auch dadurch, daß die in der Simulation berechneten physiologischen Parameter von Mutter und Kind (z.B. Wehentätigkeit und Blutdruck der Mutter, Puls des Kindes) als Zeitverläufe angezeigt werden.
Nachfolgend werden Hinweise zur Realisierung des akustischen Displays gegeben:
Bei der Geburt treten eine Reihe verschiedener akustischer Signale auf, die von Lautsprechern erzeugt werden. Dazu zählen z. B. Schmerzschreie der Mutter und Geräusche beim Austritt des Kindes. Weiterhin akustisch dargestellte Signale, wie z.B. die Wehentätigkeit der Mutter und das EKG des Kin- des. Die Lautsprecher können in der Nähe der künstlichen Körperabschnitte angeordnet oder in die Körperabschnitte so eingebaut werden, daß sie von außen nicht sichtbar sind.
Die Geburtsgeräusche können an mehreren Probandinnen während der Geburt aufgenommen werden. Zur Darstellung der Geräusche werden Modelle verwendet, die die Art des Geräusches mit der zugrundeliegenden Situation und der ausgeführten Bewegungsaktionen des Bedieners in Zusammenhang bringen. Auf der Basis der Erfahrung zahlreicher Gynäkologen können diese Zusammenhänge zunächst mit Hilfe von linguistischen Variablen qualitativ be- schrieben werden. Mit der Methode der Fuzzy-Logik können dann aus den linguistischen Angaben quantitative Zusammenhänge hergeleitet werden.