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Die
Erfindung betrifft einen Geburtensimulator zum Nachbilden von vorgeburtlichen
Behandlungsmethoden und zur Simulation ausgewählter Situationen beim Geburtsvorgang.
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Die
Ausbildung von Hebammen und Gynäkologen
ist sehr aufwendig, da die Ausbildung aus verschiedenen Gründen nur
sehr eingeschränkt
an der Gebärenden
selbst vorgenommen werden kann. Gerade in komplexen Notfallsituationen
ist es nicht möglich
oder ethisch vertretbar, unerfahrene Personen in die Geburtshilfe
aktiv einzubeziehen. Weiterhin treten die unterschiedlichsten Problemfälle oft nicht
vorhersehbar auf. So müssen
Hebammen und Gynäkologen über lange
Zeiträume
relativ passiv bei Geburten anwesend sein. Erst wenn die passive
Ausbildung sehr weit fortgeschritten ist, kann mit der aktiven Ausbildung
begonnen werden. Dabei müssen alle
Handlungen von erfahrenem medizinischen Fachpersonal überwacht
werden, um das Restrisiko für
Mutter und Kind gering zu halten.
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Um
die gynäkologische
Ausbildung zu unterstützen,
werden körperliche
Modelle, Filme und Computeranimationen verwendet. Es gibt zusammensetzbare
hartplastische Modelle, die eine räumliche Veranschaulichung anatomischer,
physiologischer oder pathologischer Zusammenhänge ermöglichen. Es sind weiterhin
weichelastische Modelle bekannt, die menschliche taktile Eigenschaften
möglichst
gut nachbilden sollen, d. h., in einem anatomiegerechten Mutterleib
ist eine deformierbare Kinderpuppe angeordnet.
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Die
auszubildenden Hebammen und Gynäkologen
können
somit diese Modelle anfassen und bestimmte Grundhandgriffe üben und
sich die räumlichen
Zusammenhänge,
wie z. B. Kindslagen, einprägen.
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Da
die aus dem Stand der Technik bekannten körperlichen Modelle, Filme oder
Computeranimationen nur unzureichend für die realitätsnahe Ausbildung
geeignet sind, besteht die Aufgabe der Erfindung in der Schaffung
einer Vorrichtung zur Geburtensimulation, an der die Handgriffe
für die
Geburtshilfe gegenüber
dem Stand der Technik wesentlich effektiver erlernt oder trainiert
werden können.
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Diese
Aufgabe wird mit einer Vorrichtung zur Geburtensimulation nach Anspruch
1 gelöst.
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Ein
Mutterleibstorso aus vorzugsweise weichelastischem Kunststoff oder
einem Material mit vergleichbaren Eigenschaften, der eine natürliche Form
und Härte
und somit Haptik aufweist, hat eine Gebärmutterhöhlung aus einem gummielastischen Material.
Die Gebärmutterhöhlung ist
so ausgebildet, daß in
ihr ein Kindmodell aus weichelastischem Kunststoff einbringbar ist,
wobei die Gebärmutterhöhlung und
das Kindmodell in Form, Größe und Lage
natürlichen
Verhältnissen
möglichst
entsprechen. Erfindungsgemäß ist eine
Sensoranordnung zum Detektieren von Kräften und Bewegungen und ein
Simulationsprogramm mit Kraft- und Bewegungsfeedback vorgesehen.
Wenn eine untersuchende Person mit den Händen auf den Mutterleibstorso drückt oder
das Kindmodell direkt anfaßt
oder mit einem medizinischen Instrument (z.B. Geburtenzange, Saugglocke)
greift, werden die dabei eingeleiteten Kräfte gemessen. Dem Fachmann
ist klar, daß gleichzeitig
auch die Richtung der Kräfte
direkt oder indirekt bestimmbar sind. Die Meßaufnehmer der Sensoranordnung
sind zwischen Kindmodell und dessen Befestigung, z.B. auf einem
Tisch oder einer Basisplatte angeordnet.
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Weiterhin
ist eine Auswertevorrichtung mit integriertem Rechner vorgesehen.
Darin ist ein Simulationsprogramm implementiert, das die von der
Sensoranordnung bereitgestellten Meßsignale verwendet, um die
resultierende theoretische (virtuelle) Kindsbewegung sowie die physiologischen
Auswirkungen auf Mutter und Kind zu berechnen. Die theoretische
Bewegung des Kindes entspricht dabei dem natürlichen Bewegungsverhalten
in der betreffenden medizinischen Situation. Eine mit der Auswertevorrichtung
signaltechnisch verbundene grafische Anzeigevorrichtung sorgt schließlich dafür, daß die gemessenen
Bedieneraktionen sowie die errechnete, virtuelle Bewegung des Kinds
im Mutterleib in Echtzeit sichtbar gemacht werden. Bei der graphischen Anzeigevorrichtung
kann es sich um einen Monitor, einem Stereodatenhelm (Head-Mounted-Display) oder
einem beliebig anderen Displaygerät handeln.
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Ein
mit der Auswertevorrichtung signaltechnisch verbundener Schallerzeuger
ist zur Erzeugung von typischen Geräuschen vorgesehen, die bei
der Untersuchung oder bei der Geburt auftreten können. Dabei können sowohl
Gerätetöne als auch
Laute von Mutter und Kind eingespielt werden. Die Geräusche können synthetisch
erzeugt oder auch natürlichen Ursprungs
sein, d.h. es handelt sich um Aufnahmen, die während einer adäquaten natürlichen
Situation aufgezeichnet wurden. Durch diese Maßnahme wird für die auszubildende
Person ein sehr wirklichkeitsnaher Eindruck erzeugt, wenn z. B.
bei einer heftigen Wehentätigkeit
zeitgleich ein Stöhnen
der Gebärenden
eingespielt wird.
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Es
sei angemerkt, dass sich in der Visualisierung das Kind bewegt,
während
das reale, berührbare
Kindmodell in seiner Lage relativ zum Muttertorso starr bleibt.
Durch diese Vereinfachung lässt
sich der mechanische Aufbau einfacher und kostengünstiger umsetzen.
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Der
Vorteil der Erfindung besteht darin, daß eine Möglichkeit geschaffen wurde,
unterschiedliche medizinische Situationen vor und während der
Geburt an einem körperlichen
Modell zu simulieren. Das Modell kann mit den Händen angefaßt werden, um z. B. zu empfinden,
wie das Kind im Geburtskanal zu einem bestimmten Zeitpunkt positioniert
ist. Die Effekte der Bedienerkräfte
auf die Kindsbewegung und Physiologie von Mutter und Kind werden
unmittelbar und interaktiv dem Bediener graphisch und akustisch
mitgeteilt. Es ist ebenfalls möglich,
den richtigen Einsatz von Instrumenten zu üben, wie z. B. die Verwendung einer
Zange oder einer Saugglocke. Von besonderer Bedeutung ist die Möglichkeit,
durch eine Programmänderung,
d. h. „per
Knopfdruck" eine
andere medizinische Situation einstellen zu können oder entsprechend des
Zufallsprinzips unvorhergesehene Situationen anzubieten.
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Nach
Anspruch 2 zeigt die optische Displayvorrichtung auch Hinweise und
Zusatzinformationen an, wie z. B. Hinweise über gefährliche Situationen, Zeitverläufe der
berechneten physiologischen Größen von
Mutter und Kind oder Bedienungshinweise, wie beispielsweise die
Kraftgröße und -richtung,
die nötig
ist, um ein Kind per Geburtenzange zur Welt zu bringen.
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Nach
Anspruch 3 sind die Schallerzeuger im Mutterleibstorso integriert.
Damit können
insbesondere die durch das Kind verursachten Geräusche sehr echt simuliert werden.
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Nach
Anspruch 4 wird ein Kindmodell bereitgestellt, das im Halsbereich
und/oder im Bereich des Schädeldaches,
das aus verformbaren Segmenten besteht, Weg- und/oder Kraft- und/oder Drucksensoren
aufweist, die signaltechnisch mit der Auswertevorrichtung verbunden
sind. Dieses instrumentierte Kindmodell ermöglicht bei der Anwendung mit
einem Geburtensimulator nach Anspruch 1 bis 3, daß zusätzliche
Informationen über
Krafteinsatz und Palpationsvorgänge
gewonnen werden können,
die den Lerneffekt verbessern. So können z.B. die Kraftverläufe aufgezeichnet
werden, während
eine ausgebildete Person am Geburtensimulator eine Geburt simuliert.
Ebenso wird bei einer auszubildenden Person verfahren. Anschließend können die
beiden Kraftverläufe
verglichen und bewertet werden.
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Bei
einer Anwendung des Kindmodells mit einem Geburtensimulator nach
Ansprüchen
1 bis 4 werden die Sensorinformationen der Auswertevorrichtung zugeführt, so
daß damit
mehr und genauere Kraft- und/oder Momenteninformationen zur Berechnung
der Reaktionskräfte
und der dazugehörigen
Reaktionsbewegungen zur Verfügung
stehen. Es sei weiterhin erwähnt,
daß bei
Bedarf der Fachmann auch weitere Sensoren an geeigneten Stellen
am Kind oder auch am Mutterleibstorso anordnen wird, wenn es zur
Signalgewinnung bei der Umsetzung einer konkreten Bewegungssimulation
erforderlich ist. So können
z. B. auf dem Bauchbereich des Mutterleibstorso Drucksensoren angeordnet
werden.
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Die
Erfindung wird nachfolgend an Hand von Ausführungsbeispielen in Verbindung
mit schematischen Zeichnungen näher
erläutert.
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1 zeigt eine schematische
Darstellung einer Ausführungsform
der Erfindung.
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2 zeigt eine schematische
Darstellung einer zweiten Ausführungsform
des Kindmodells der Erfindung.
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Die 1 zeigt schematisch den
Querschnitt eines Geburtensimulators in Form eines Bauchtorsos 1 einer
Schwangeren mit einem Kindmodell 2. Der Bauchtorso 1 ist
in einem Bereich 3 auf einer Unterlage, z. B. ein Tisch,
fest angeordnet. Das Kindmodell 2 befindet sich in einer
Höhlung 4,
welche die Gebärmutter
simuliert. Der Bauchtorso 1 und das Kindmodell 2 sind
aus einem weichelastischen Kunststoff ausgebildet. Das Kindmodell 2 ist über einen
Sechskomponenten-Kraft-Momenten-Sensor 6 fest mit der Unterlage 3 verbunden.
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Eine
auszubildende Person 5 kann das Kindmodell 2 wie
bei einer realen Geburt berühren
und Kräfte
einleiten. Die dabei auftretenden Kräfte und Momente werden von
dem Kraft-Momenten-Sensor 6 erfaßt, in elektrische
Signale umgewandelt und der Simulations- und Auswerteeinheit zugeführt. Die Meßdaten können zum
einen gespeichert werden. Dies erlaubt die bei einer simulierten
Geburt verfolgbaren Kraftverläufe
mit gespeicherten Norm-Kraftverläufen
eines erfahrenen Geburtshelfers zu vergleichen. Aus den Abweichungen
zwischen den verfolgten Kraftverläufen und den gespeicherten Norm-Kraftverläufen können Rückschlüsse auf
den Trainingserfolg der auszubildenden Person 5 gezogen
werden.
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Wenn
eine Person 5 das Kindmodel 12 mit den Händen indirekt über die
elastische Bauchdecke oder auch direkt mit der Hand oder einem medizinischen
Instrument berührt,
so wird aus den gemessenen Kräften
und Momenten die theoretisch resultierende Bewegung berechnet. Das
in der Simulations- und Auswertevorrichtung simulierte Kind 2 führt eine virtuelle
Bewegung auf dem graphischen Display aus, welches einer realen Reaktionsbewegung
eines natürlichen
Kindes entspricht.
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Das
Simulationsprogramm für
die Geburtssimulationsberechnung beinhaltet somit ein Computermodell,
welches die biomechanischen Beziehungen zwischen Becken, Gebärmutter,
Bändern,
Sehnen, Haut und Muskulatur der Mutter und dem Körper des Kindmodells enthält. Es beschreibt
die statischen und dynamischen Zusammenhänge zwischen den auftretenden
Kräften
und Momenten, die eine Person, wie z. B. die auszubildende Hebamme,
auf das Kindmodell aufbringt, und die Lagen und Bewegungen, die
das Kind relativ zum Körper
der Mutter einnimmt. Dadurch können
aus den gemessenen Kräften
und Momenten die resultierenden virtuellen Bewegungen des Kindmodells 2 berechnet
werden.
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Bei
der Ausführungsform
der Erfindung nach 1 werden
weiterhin aus den in der Geburtensimulation aufbereiteten Bewegungsinformationen
in einer Bewegungsanimations rechnung die Bewegungen und Verformungen
der anatomischen Komponenten, wie z. B. Becken, Gebärmutter,
Bänder,
Sehnen, Haut, Muskulatur der Mutter und des Kindes, ermittelt und
in Echtzeit auf einem Monitor 7 visualisiert. Es können unterschiedliche
Darstellungsarten gewählt
werden, wie z. B. die gezeigte röntgenbildähnliche,
kernspintomographische oder ultraschallbildartige Darstellung, wobei
z. B. besonders gefährdete
Abschnitte oder Verletzungen farbig hervorgehoben werden können. Gleichfalls
ist es möglich,
zwischen verschiedenen Darstellungsarten umzuschalten. Da die visuellen
Informationen zeitgleich mit den haptischen Informationen der agierenden Person 5 übermittelt
werden, entsteht für
diese ein sehr realistischer Gesamteindruck. Auf dem Monitor können auch
physiologische Größen und
Zeitverlauf-Diagramme, Hinweise zur Durchführung der Geburtshilfe sowie
Warnungen angezeigt werden. So kann beispielsweise die Kraftgröße und -richtung
in Form eines 3D Pfeils dargestellt werden, die nötig sind,
um ein Kind per Geburtenzange oder Saugglocke zur Welt zu bringen
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Bei
der Ausführungsform
der Erfindung nach 1 werden
zusätzlich
aus den biomechanischen Gelenkberechnungen auch noch Schmerzgrenzwerte
ermittelt, die bei Überschreitung
einen Befehl zum Abspielen eines Soundsamples auslösen. Diese Soundsamples
sind in einem Speicher abgelegt und werden nach Anforderung aufgerufen
und über
ein Stereolautsprechersystem 8 wiedergegeben. Es ist für die agierende
Person 5 von nachhaltiger lernpsychologischer Wirkung,
wenn z. B. bei einem falschen Handgriff ein Schmerzenslaut ertönt, die
Herztöne des
Kindes oder der Mutter hörbar
sind, oder wenn das Kindmodell nach erfolgreicher Geburt wie ein
natürliches
Kind schreit.
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Durch
die graphische Darstellung der resultierenden Kindsbewegung hat
die agierende Person 5 den subjektiven Eindruck einer realen
Reaktion. Durch entsprechende Parameterwahl in der Geburtssimulationsberechnung
lassen sich nicht nur normale Geburtsvorgänge oder Kindsbewegungen simulieren,
sondern auch seltene Situationen und Problemfälle darstellen und anschaulich
vermitteln.
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Die 2 zeigt ein Kindmodell 2,
dessen Kopf über
einen Kraft- und Drehmomentensensor 9 mit dem Rumpf verbunden
ist. Bei der Geburtensimulation ist es besonders wichtig, Handgriffe
am Kopf des Kindmodells 2 zu üben. Dabei wird der Hals des Kindes
besonders beansprucht. Die Schädeldecke des
Kindes ist mit weiteren Kraftmesssensoren 10 ausgestattet,
um auch im Bereich der Schädeldecke räumlich selektive
Krafteinleitungen, z.B. während des
Palpierens, eindeutig detektieren zu können. Es ist daher bei der Überwachung
einer simulierten Geburt von besonderer Bedeutung, die Kopfgriffe
zu kontrollieren, was mit dieser Ausführungsform eines Kindmodells
möglich
ist. Für
die Übertragung
der elektrischen Meßsignale
stehen dem Fachmann drahtgebundene sowie drahtlose Übertragungsverfahren
zur Verfügung.
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Nachfolgend
werden weitergehende Hinweise zur Realisierung des biomechanische
Modells gegeben.
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Zur
Umsetzung der Erfindung muß das
zu Grunde liegende biomechanische Modell entwickelt werden. Im biomechanischen
Modell wird der Zusammenhang zwischen den von außen (Bediener) auf das Kind
eingeprägten
Lasten, d.h. Kräfte
und Momente (Ursache) und der zugrundeliegenden Bewegung oder Position
(Wirkung) dargestellt.
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Im
folgenden wird ein Modellierungsbeispiel skizziert: Das Kind besitzt
eine bestimmte anatomisch bedingte Form/Geometrie, die im einfachsten Fall
als starr und steif betrachtet werden kann. Sinnvoll ist aber die
Annahme, dass sich die Form des Kindes bei Kräften, die vom Bediener oder
durch den Kontakt mit Abschnitten des Mutterleibs auf das Kind ausgeübt werden,
passiv viskoelastisch verformt. Ebenso besitzt der Mutterleib, bestehend
aus Gebärmutter,
Bauch, Geburtskanal, Becken usw. bestimmte geometrische und viskoelastische
Eigenschaften. Wird nun vom Bediener eine Kraft und/oder ein Moment
auf das Kind ausgeübt,
so übertragen
sich diese Lasten über
das Kind an die Kontaktstellen Kind-Mutter (z.B. in der Gebärmutter
oder im Geburtskanal). An diesen Stellen kommt es zu verformungs-
und reibungsbedingten Relativbewegungen. Je nachdem wie nun die
geometrischen und viskoelastischen Eigenschaften der simulierten
kindlichen und mütterlichen
Körperabschnitte
gestaltet sind, kommt es zu mehr oder weniger deutlichen Bewegungen
(deutlich heißt
hier: schnell oder in merklichem Ausmaß). Die Position des Kindes
kann also durch das Aufbringen von Lasten von außen (über Vagina oder Bauchdecke)
beeinflusst werden. Dabei ist anzumerken, dass sich das Kind auch
ohne Zutun von außen – allein
durch die Kontraktion der Gebärmutter
in der Realität – aus dem
Mutterleib bewegen kann, sofern keine größeren mechanischen oder muskulären Widerstände auftreten.
Wenn jedoch eine simulierte Verengung des Geburtskanals vorliegt,
oder der Schädel
des Kindes durch eine ungünstige
Schräglage
im Geburtskanal „verkantet", so muss der Bediener
die Kräfte
und Momente so einleiten, dass er entweder die „austreibenden Kräfte" erhöht (z.B.
durch Abwärtsdrücken auf
der Bauchdecke der Mutter) oder die Verkantung durch Einleitung einer
Drehkraft am Kindskopf beseitigt (indem er von außen in den
Geburtskanal greift).
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Das
biomechanische Modell muss nicht notwendigerweise alle anatomischen
Komponenten und Formen explizit beinhalten. Es reicht eine gewisse „abstrahierte" Darstellung der
mathematischen Zusammenhänge
zwischen eingeprägten
Kräften
und resultierenden Bewegungen. D.h. eine mathematische Funktion
beschreibt welche Position, Orientierung und Geschwindigkeit sich
ergibt, wenn eine Kraft und ein Moment an einer bestimmten Stelle
am Kind in eine bestimmte Richtung wirkt. Dabei ist die Multidimensionalität des Problems
zu beachten. D.h. die eingeleiteten Kräfte und Momente wirken in 3D Richtungen
und können
an beliebiger Stelle der Oberfläche
des Kindes angreifen. Die resultierenden Positionen, Orientierungen
und Geschwindigkeiten sind ebenso in 3D anzugeben. Die Beziehung
zwischen Kraft/Moment und Lage/Bewegung hängt zudem noch von der momentanen
Position des Kindes in der Gebärmutter
bzw. im Geburtskanal ab. Diese mathematischen Beziehungen können auf
der Basis linearer oder nicht-linearer algebraischer Gleichungen
leicht hingeschrieben werden. Schwierig ist jedoch die korrekte
Parametrisierung. Die Wahl der Parameter bestimmt wie realitätsnah der
normale oder pathologische Geburtsvorgang simuliert werden kann.
Die Parameter können
auf der Basis theoretischer Überlegungen
abgeschätzt
oder experimentell/messtechnisch gewonnen werden.
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Nachfolgend
werden weitergehende Hinweise zur Realisierung des grafischen Displays
gegeben:
Mit einem Monitor werden interne anatomische Komponenten,
wie Beckenknochen, Gebärmutter,
Plazenta, Muttermund, Blutgefäße sowie
das Kind visualisiert. Optional kann der Monitor zusammen mit einer
Schutterbrille auch im Stereomodus betrieben werden oder ein Stereodatenhelm
verwendet werden. Die Bewegungsanimation erfolgt synchron mit der
Einleitung der Kräfte
im Kunststoffphantom. Die Visualisierung erfolgt auf der Basis segmentierter und
3D-rekonstruierter CT-, MRT- und Ultraschall-Aufnahmen. Die rekonstruierte
anatomische Darstellung stellt eine Zusatzinformation dar, die bei der
medizinischen Ausbildung einen didaktisch hohen Stellenwert besitzt,
bei einer realen Geburt jedoch nicht ersichtlich gemacht werden
kann. In der klinischen Routine werden allerhöchstens Ultraschalltechniken
zur Beobachtung und Beurteilung der Geburt verwendet. Solche Ultraschallaufnahmen können in
der Bewegungsanimation simuliert werden (auf der Basis von zusammengesetzten
Einzelbildern, die synchron mit der Geburt ablaufen)
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In
der grafischen Animation werden bewegungssynchrone Lageänderungen
der Körpersegmente,
Verlaufsänderungen
von Blutgefäßen oder der
Nabelschnur, sowie Verformungen von Muskeln, Gebärmutter, Plazenta usw. berücksichtigt.
Eine Visualisierung solcher Bewegungsvorgänge ist durch so genannte „kinematische
CT und MRT Aufnahmen" möglich. Hierbei
handelt es sich aber nur um eine cinematographische Technik, die
keine interaktive Bedienung in mehr als einem Freiheitsgrad zulässt und
daher für
eine Anwendung im VR-Bereich nur begrenzt geeignet ist. Eine Alternative
stellt eine modellbasierte Animation dar. Darin werden alle Komponenten
in ihren relevanten geometrischen und viskoelastischen Eigenschaften
und ihrem mechanischen Zusammenspiel modelliert. Für eine realitätsnahe Simulation
sind aber FE-Rechnungen und komplexe Mehrkörper-Kontaktmodelle notwendig, die den simulationstechnischen
Aufwand aufblähen
und so die Echtzeitfähigkeit
gefährden
können.
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Empfohlen
wird daher ein kombiniertes Verfahren, bei dem Bilddaten ebenso
wie anatomische Modellbetrachtungen zum Einsatz kommen. Der Ansatz
besteht darin Geometriedaten, die aus zahlreichen diskreten Geburtsmomenten
rekonstruiert werden, so zu inter- und extrapolieren, dass jede beliebige
Kindsposition in jedem wichtigen Freiheitsgrad dargestellt werden
kann. Die Inter- und Extrapolationen können dabei modellunterstützt erfolgen,
indem beispielsweise die Volumenerhaltung oder Längenkonstanz bestimmter Körperabschnitte
berücksichtigt werden.
Da dies mit verhältnismäßig geringem
Rechenaufwand funktioniert, können
echtzeitfähige
und glatte Bewegungsabläufe
in jeder beliebigen Richtung erzielt werden.
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Verstärkt wird
der Lernerfolg auch dadurch, dass die in der Simulation berechneten
physiologischen Parameter von Mutter und Kind (z.B. Wehentätigkeit
und Blutdruck der Mutter, Puls des Kindes beispielsweise in Form
simulierter Ausgaben von Cardio-Tokographenkurven)
als Zeitverläufe
angezeigt werden.
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Nachfolgend
werden weitergehende Hinweise zur Realisierung des akustischen Displays
gegeben:
Bei der Geburt treten eine Reihe verschiedener akustischer
Signale auf, die von Lautsprechern erzeugt werden. Dazu zählen Schmerzschreie
der Mutter, Geräusche
beim Austritt des Kindes, akustische dargestellte Signale, wie z.B.
Wehentätigkeit
der Mutter und EKG des Kindes. Die Lautsprecher können in
der Nähe
der künstlichen
Körperabschnitte
platziert oder in die Körperabschnitte
so eingebaut werden, dass sie von außen nicht sichtbar sind.
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Die
Geburtsgeräusche
können
an mehreren Probandinnen während
der Geburt aufgenommen werden. Zur Darstellung der Geräusche müssen Modelle
gefunden werden, die die Art des Geräusches mit der zugrundeliegenden
Situation und der ausgeführten
Bewegungsaktionen des Bedieners in Zusammenhang bringen. Auf der
Basis der Erfahrung zahlreicher Gynäkologen können diese Zusammenhänge zunächst mit
Hilfe von linguistischen Variablen qualitativ beschrieben werden.
Mit der Methode der Fuzzy-Logik können dann aus den linguistischen
Angaben quantitative Zusammenhänge
hergeleitet werden.