Verfahren zur Herstellung von aktivierten Polyolefinoberflächen und/oder - grenzflächen und Formteile mit aktivierten Polyolefinoberflächen und/oder - grenzflächen
Anwendungsgebiet der Erfindung
Die Erfindung bezieht sich auf die Gebiete der Polymerchemie und des Maschinenbaus und betrifft ein Verfahren zur Herstellung von aktivierten Polyolefinoberflächen und/oder -grenzflächen und Formteile mit aktivierten Polyolefinoberflächen und/oder -grenzflächen, wie sie beispielsweise für Formteile an Kraftfahrzeugen zur Anwendung kommen können.
Stand der Technik
Polyolefine sind sehr unpolare Substanzen und gehen deshalb nur geringe Wechselwirkungen mit anderen Verbindungen ein. Aus diesem Grund ist ihre Haftfestigkeit in Bereichen, in denen Adhäsion zu anderen Substanzen notwendig ist, sehr gering. Die stark hydrophobe Oberfläche von Polyolefinformteilen entsteht bekanntermaßen dadurch, dass sich die in der Polymergrundkette befindlichen CH3- Gruppen aufgrund ihrer niedrigen Oberflächenenergie an der Grenzfläche Polymer- Luft anreichern (Takahara, A.a: Approaches Wettability, Plenum, New York (1992), S. 179-212). Es hat deshalb in den letzten Jahren nicht an Bemühungen gefehlt, Polyolefinoberflächen ohne einen nachträglichen Behandlungsschritt mit polaren und damit haftungsbegünstigenden Gruppen zu versehen. Der Grundgedanke war dabei, dass die Oberflächen von Polyolefinen, denen polare Komponenten in Form von niedermolekularen Additiven, mit polaren Gruppen versehene Polyolefinstrukturen oder polare Polymere und Copolymere zugesetzt werden, nach der Formgebung aus der Schmelze oder nach Temperung von den polaren Spezies gebildet werden und somit eine zusätzliche Aktivierung überflüssig wird.
Die Bemühungen zielten vor allem darauf, durch spezielle Nachbehandlungen die Oberfläche von Polyolefinartikeln polar einzustellen. Die Publikationen von F.
Garbassi, M. Morra, E. Ochiello, Polymer Surfaces: From Physics to Technology, John Wiley & Sons, New York, 1994, Chapter 9, 301 und C.-M. Chan, „Polymer Surface Modification and Characterization", C. Hanser Verlag , München 1994, vermitteln einen Überblick über die gebräuchlichsten Methoden zur Erhöhung der Oberflächenenergie von Polyolefinen, nämlich
- Corona-Entladung,
- Plasmabehandlung,
- Beflammung,
- chemisches Ätzen,
- Fluorierung,
- Ozonisierung und photooxidative Behandlung.
Wesentlichster Nachteil all dieser Methoden ist die Tatsache, dass es sich dabei immer um einen zusätzlichen Behandlungsschritt am fertigen Polyolefinformteil handelt, der vom Verarbeiter des Materials durchzuführen ist. Weitere Nachteile sind eine ungenügende Permanenz der Aktivierung, die sich in einer mehr (z.B. Plasmabehandlung, Beflammung) oder weniger (z.B. chemisches Ätzen, photooxidative Behandlung) raschen Alterung der Oberflächen ausdrückt, sowie eine ungleichmäßige Aktivierung von Formteilen mit komplizierter Geometrie an schwer zugänglichen Stellen (z. B. bei Plasmabehandlung, Beflammung), wobei bereits kleinste Fehler zu starken Haftungsstörungen führen können. Chemisches Ätzen mit z. B. Chromschwefelsäuretauchbädern birgt zudem erhebliche ökologische Probleme in sich, vor allem bei der Entsorgung bzw. Aufbereitung der Bäder.
Eine erhöhte Haftfestigkeit auf polyolefinbasierten Materialien konnte dadurch erreicht werden, dass zusammen mit unpolaren Polyolefinen Copolymere hohen Molekulargewichts mit haftvermittelnden polaren Gruppen in der Polymerstruktur (z.B. Methacrylsäure, Methacrylat, Mercaptane) verarbeitet werden und/oder dass dem unpolaren Polyolefin durch Aufpfropfen polarer Elemente die gewünschte Polarität verliehen wird (DE 34 90 656, EP 0467178, EP 0 685 522, JP 222 181).
Beschrieben werden vor allem mit polaren, funktioneilen Gruppen, wie Maleinsäureanhydrid (MSA) oder Acrylsäure (AS), gepfropfte Polyolefine, die eine deutlich verbesserte Haftung auf ihren Oberflächen zeigen (US 5,001 ,197; US 5,698,637; EP 0 311 723).
Weiterhin werden solche vorrangig mit MSA gepfropften Polyolefine oder deren Mischungen mit unpolaren Polyolefinen beschrieben, denen in unterschiedlichen reaktiven Verfahren (Compoundierung, Extrusion, Kneten, Spritzgießen u.a.) zusätzlich Polyetheramine beigefügt werden (EP 0 634 424, US 5,783,630, US 5,424,367). In der Patentschrift EP 0 662 496 werden amphiphile Additive beschrieben, bestehend aus Polyolefineinheiten und polaren Einheiten (z.B. PP-g- MSA Wachs umgesetzt mit Polyethylenglykol oder Polyetheramin), welches aufgrund verringerter Löslichkeit im Polymer segregiert und auf der Oberfläche eine dünne Schicht bildet. Voraussetzung dafür ist, dass der unpolare Teil mischbar mit dem Basispolymer ist oder mit ihm cokristallisiert. Eine erhöhte Oberflächenpolarität wird durch verringerte Kontaktwinkel gegen Wasser nachgewiesen; konkrete Werte werden nicht genannt.
Kontaktwinkel gegen Wasser von 75° und kleiner werden auf Oberflächen von Polypropylenmischungen erzielt, die aus Polypropylen und einer polaren Komponente auf der Basis von Polyolefin mit MSA, Acrylsäure, Ethylenacrylat u.a. oder einem Na-Salz davon sowie Polyethylenglykol (PEG) oder Polyvinylalkohol (PVOH) und monomeren oder dimeren Fettsäuren und gegebenenfalls einem Surfactant bestehen (US 6,153,701).
In WO 01/05858 A1 wird ein Verfahren zur Herstellung von Polyolefinzusammensetzungen mit verbesserter Haftfestigkeit, ebenfalls auf der Basis von Polyolefinharz mit Pfropf monomeren, vorrangig mit Maleinsäureanhydrid (MSA), beschrieben. In diesem Verfahren wird in einem ersten Schritt ein Polyolefin mit einer hohen Schmelzeviskosität mit Pfropfmonomeren und einem Initiator in einem Extruder umgesetzt. In einem zweiten Schritt wird diese Mischung einem Polyolefin mit niedriger Schmelzeviskosität zugesetzt. In einem dritten Schritt wird die gesamte Mischung letztlich mit einem oder mehreren Polyetheraminen in einem Extruder umgesetzt. Die resultierenden Polymeroberflächen zeigen verbesserte Oberflächeneigenschaften hinsichtlich der Lackierbarkeit, der Anfärbbarkeit und der Bedruckbarkeit. Die Verbesserung der Eigenschaften wird dabei auf die Anreicherung von polaren Molekülen an der Oberfläche zurückgeführt.
Eine weitere Möglichkeit zur Lösung des Problems der Verbesserung der Haftung auf Polyolefinoberflächen bestand in der Pfropfung von Polyolefinen mit polaren, funktionellen Gruppen, wie Maleinsäureanhydrid (MSA) (US 5,001 ,197), der
Verwendung von Mischungen aus MSA-gepfropftem Polypropylen und Polyetheramin in Schmelzemischaggregaten in einem zwei-Schritt-Verfahren (EP 0 634 424 A1), oder in der schrittweisen Umsetzung von Polyolefinpolymeren, Maleinsäureanhydrid und primärem Amin in einem Extruder mit mehreren Reaktionszonen über maleiniertes Polyolefin zu Imid-gepfropften Polymeren (US 5,424,367).
Alle diese Methoden führten jedoch nicht zu einer Erhöhung der Oberflächenpolarität der Polyolefinoberflächen.
Die Zugabe von niedermolekularen polaren Additiven, wie beispielsweise Polyoxyethylenmonostearat zu Polypropylen (JP 51/102071), führte nur zu kurzfristigen Verbesserungen unter geringen Beanspruchungen. Dies insbesondere deshalb, weil die Additive bei der Beanspruchung migrieren und einen Film auf der Polyolefinformteiloberfläche im Grenzbereich zur darauf haftenden Schicht bilden, der zur Enthaftung und damit zum Versagen des Formteiles führt (DE 27 29 886 A1 , EP 0 402 100 A1). Eine ausreichende Haftung wird nur dadurch erzielt, dass die Zusammensetzung der Mischung so gewählt wird, dass die migrierenden niedermolekularen Additive an der Oberfläche verfestigt werden und so haftfeste Verklebungen ermöglichen (DE 195 36 961 A1).
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die bekannten Verfahren, Polyolefine mit polaren Bestandteilen entweder durch Mischung, Pfropfung oder Copolymerisation auszustatten, allein nicht zu einer ausreichenden Polarität der Formteiloberflächen führen, um die für die Anwendungen geforderten Haftfestigkeiten zu erzielen. Das Problem der schlechten Haftung ist deshalb nach wie vor noch nicht in ausreichendem Maße gelöst.
Bekannt sind auch Verfahren zur Verbesserung der Oberflächeneigenschaften von
Kunststoffen durch Gasphasenfluorierung (Gas aktuell 54, S. 27-30 (Jan. 1998), JP
01066246, JP 63036804, JP 57025409). Dabei werden die Kunststoffoberflächen zum Teil unter erhöhten Temperaturen einem Fluor enthaltenden Gasgemisch ausgesetzt.
Es entstehen Kunststoffoberflächen mit verbesserten hydrophilen Eigenschaften, die jedoch den Nachteil aufweisen, dass diese Eigenschaften nicht permanent sind.
Darstellung des Wesens der Erfindung
Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, ein Verfahren zur Herstellung von aktivierten Polyolefinoberflächen und/oder -grenzflächen und Formteile mit aktivierten Polyolefinoberflächen und/oder -grenzflächen anzugeben, die eine verbesserte Polarität aufweisen und ohne ein aufwändiges und teures Verfahren herstellbar sind.
Gelöst wird die Aufgabe durch die in den Ansprüchen angegebene Erfindung. Weiterbildungen sind Gegenstand der Unteransprüche.
Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Herstellung von aktivierten Polyolefinoberflächen und/oder -grenzflächen werden entweder die
Polyolefinausgangsmaterialien nacheinander mit hydrophilen Pfropfästen und mit polyfluorierten Gruppen versehen, oder die hydrophilen Pfropfäste mit polyfluorierten Gruppen versehen und dann gemeinsam an die Polyolefinausgangsmaterialien gebunden, wobei die Verbindung von hydrophilen Pfropfästen und polyfluorierten Gruppen durch reaktive Umsetzung mit polyfluorierten Verbindungen oder durch Behandlung mit Fluor enthaltenden Gasgemischen realisiert wird und die Produkte durch gleichzeitige oder anschließende Formgebung in der Schmelze oder aus der Lösung zu Formteilen verarbeitet werden.
Vorteilhafterweise werden als Polyolefinausgangsmaterialien Polyethylen, Polypropylen und/oder deren Copolymere mit anderen Comonomeren oder gepfropfte Polyolefine mit mindestens einer reaktiven Gruppe eingesetzt. Besonders vorteilhaft ist es, wenn als reaktive Gruppen von gepfropften Polyolefinen COOH-, -CO-O-CO- oder NH2-Gruppen eingesetzt werden.
Es ist auch besonders vorteilhaft, wenn die reaktiven Gruppen im Polyolefin mit einem Anteil von 0,1 bis 70 Gew.-%, bezogen auf den Anteil an reaktiven Gruppen, eingesetzt werden.
Ebenfalls vorteilhafterweise werden die Polyolefinausgangsmaterialien in Form von Pulver oder Granulat eingesetzt.
Ebenfalls ist es vorteilhaft, wenn als hydrophile Pfropfäste Polyalkylenoxide mit weiteren reaktiven Gruppen, die sich an einem oder an beiden Kettenenden befinden, eingesetzt werden. Von Vorteil ist, wenn bei Polyalkylenoxiden solche reaktiven Gruppen eingesetzt werden, die in der Lage sind, mit anderen reaktiven Gruppen Reaktionen einzugehen. Besonders vorteilhaft werden als reaktive Gruppen solche Gruppen eingesetzt, die in der Lage sind, mit der reaktiven Gruppe am Polyolefin eine Reaktion einzugehen.
Dazu können vorteilhafterweise -NH2- oder OH-Gruppen eingesetzt werden. Ebenfalls besonders vorteilhaft werden als hydrophile Pfropfäste Polyethylenoxideinheiten, Polypropylenoxideinheiten, Polytetramethylenoxideinheiten oder Copolymere oder Blockcopolymere aus diesen Verbindungen eingesetzt.
Weiterhin ist es vorteilhaft, dass 5 bis 45 Gew.-% an hydrophilen Pfropfästen, weiter bevorzugt 5 bis 20 Gew.-% und noch weiter bevorzugt 5 bis 15 Gew.-% zugegeben werden.
Ebenfalls ist es vorteilhaft, dass die hydrophilen Pfropfäste durch Imidisierungsreaktionen oder Esterbildungsreaktionen an die
Polyolefinausgangsmaterialien gebunden werden.
Vorteilhaft ist auch, dass als polyfluorierte Gruppen Fluorkohlenwasserstoffgruppen oder Silikongruppen oder Kombinationen von beiden eingesetzt werden.
Es ist weiterhin vorteilhaft, dass die polyfluorierten Gruppen durch Reaktion mit dem hydrophil modifiziertem Polyolefin gasförmig oder flüssig eingebracht werden.
Und auch vorteilhaft ist es, dass 0,05 bis 9,00 Gew.-% an polyfluorierten Gruppen, bevorzugt 0,2 bis 4,0 Gew.-% und noch bevorzugt 0,4 bis 2,0 Gew.-% zugegeben werden.
Es wird auch vorteilhafterweise die reaktive Umsetzung in Schmelze oder in Lösung durchgeführt
Auch vorteilhafterweise werden die hydrophilen Pfropfäste und/oder die polyfluorierten Gruppen durch reaktive Extrusion eingebracht.
Ebenfalls ist es vorteilhaft, dass die polyfluorierten Gruppen durch Reaktion mit Trifluoressigsäureanhydrid oder anderen Perfluoracyl- oder
Perfluorsulfonylverbindungen eingebracht werden.
Und auch vorteilhafterweise werden die polyfluorierten Gruppen durch Behandlung mit Fluor enthaltenden Gasgemischen eingebracht, wobei diese Gasgemische vorteilhafterweise eine Fluorkonzentration zwischen 0,5 und 20 Vol.-%, noch bevorzugter zwischen 2 und 9 Vol.-%, aufweisen.
Die erfindungsgemäßen Formteile mit aktivierten Polyolefinoberflächen und/oder - grenzflächen bestehen aus Polyolefinen mit hydrophilen Pfropfästen als Seitenketten, an denen sich an mindestens einer Stelle polyfluorierte Gruppen befinden, die strukturell überwiegend an der Oberfläche und/oder Grenzfläche und/oder im oberflächennahen und/oder grenzflächennahen Bereich des Formteiles angeordnet sind.
Vorteilhaft ist es, wenn die Formteile aus Blends (physikalischen Mischungen) von modifizierten und nichtmodifizierten Polyolefinen bestehen.
Auch vorteilhaft ist es, wenn die Formteile in Form eines kompakten Körpers, einer Folie oder von Fasern vorliegen.
Vorteilhafterweise bestehen die hydrophilen Pfropfäste aus Polyalkylenoxideinheiten, bevorzugt aus Polyethylenoxideinheiten, Polypropylenoxideinheiten,
Polytetramethylenoxideinheiten und/oder deren Copolymeren oder Blockcopolymeren.
Ebenfalls vorteilhafterweise bestehen die polyfluorierten Gruppen aus Fluorkohlenwasserstoffgruppen oder Silikongruppen oder aus Kombinationen von beiden.
Es ist auch vorteilhaft, dass die Formteile zu 80 bis 95 Gew.-% aus Polyolefinen, zu 19,95 bis 4,95 Gew.-% aus hydrophilen Pfropfästen und zu 0,05 bis 3,00 Gew.-% aus polyfluorierten Gruppen bestehen.
Mit der Erfindung wird ein neuartiges Konzept realisiert, welches die Vorteile der
Oberflächensegregation von polyfluorierten Gruppen nutzt, um die hydrophilen
Gruppen, die als Pfropfäste an die Polyolefinkette gebunden worden sind, an die
Oberfläche und/oder Grenzflächen und/oder in den oberflächennahen und/oder grenzflächennahen Raum des Polyolefinformteils zu ziehen. Der gleiche Vorteil ergibt sich, wenn zuerst die polyfluorierten Gruppen an die hydrophilen Pfropfäste gebunden und die so modifizierten Verbindungen anschließend an die
Polyolefinkette gebunden werden.
Dabei sind die hydrophilen Pfropfäste, solange sie noch nicht an die
Polyolefinmaterialien gebunden sind, hydrophile, mit Endgruppen versehene
Oligomere.
In beiden Fällen werden die polyfluorierten Gruppen an die hydrophilen Pfropfäste kovalent gebunden und die polyfluorierten Gruppen zwingen die hydrophilen
Pfropfäste aufgrund der niedrigen Oberflächenenergie der Fluorverbindungen, an die
Oberfläche und/oder Grenzfläche zu segregieren.
Die kovalente Anbindung der polyfluorierten Gruppen erfolgt durch reaktive
Umsetzung mit polyfluorierten Verbindungen oder durch Behandlung mit Fluor enthaltenden Gasgemischen.
Die Produkte werden zu einem Formteil verarbeitet.
Polyfluorierte Gruppen zeigen besonders niedrige Oberflächenenergien und sind daher aufgrund ihres ausgeprägten Migrationsvermögens im wesentlichen zwischen 30 und 99 %, oft zu mehr als 90 %, an der Oberfläche und/oder Grenzfläche und/oder im oberflächennahen und/oder grenzflächennahen Raum eines Formteiles zu finden. Aufgrund dieser Eigenschaft lagern sich die in der vorliegenden Erfindung, durch reaktive Umsetzung mit polyfluorierten Verbindungen oder durch Behandlung mit Fluor enthaltenden Gasgemischen, enthaltenen polyfluorierten hydrophilen Pfropfäste während der Verarbeitung in der Schmelze oder bei der Darstellung dünner Filme aus der Lösung ebenfalls an der Oberfläche und/oder Grenzfläche und/oder im oberflächennahen und/oder grenzflächennahen Bereich des Formteiles
an und erreichen gleichzeitig eine Segregation der hydrophilen Pfropfäste ebenfalls an die Oberfläche und/oder Grenzfläche und/oder in den oberflächennahen und/oder grenzflächennahen Bereich.
Ein weiterer Vorteil der Erfindung besteht darin, dass die Anreicherung der hydrophilen Pfropfäste mit den polyfluorierten Gruppen nicht nur an der Oberfläche und/oder im oberflächennahen Bereich eines Formkörpers erreicht werden kann. Die gleiche Wirkung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird auch an Grenzflächen und/oder im grenzflächennahen Bereich zu anderen Materialien erreicht.
Ein besonderer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, dass die hydrophilen Pfropfäste und die polyfluorierten Gruppen bereits vor der Verarbeitung in das Polyolefinmaterial eingebracht werden können, so dass beim Verarbeiter des Materials kein zusätzlicher Behandlungsschritt erforderlich ist. Dabei können die hydrophilen Pfropfäste und die polyfluorierten Gruppen bereits miteinander verbunden sein.
Ein derartiges Polyolefinmaterial kann von einem Polyolefinhersteller entsprechend hergestellt werden. Beim Verarbeiter des erfindungsgemäß hergestellten Polyolefinmaterials erfolgt dann die Oberflächensegregation der polyfluorierten Gruppen und der hydrophilen Pfropfäste bei der Formgebung und es wird ohne einen weiteren Bearbeitungsschritt ein Polyolefinformteil mit einer aktivierten Oberfläche und/oder Grenzfläche erreicht, welches eine verbesserte Polarität und damit gute Hafteigenschaften aufweist.
Durch die erfindungsgemäße Lösung werden aktivierte Polyolefinoberflächen erzielt, die eine höhere Polarität aufweisen. Eine derartig erhöhte Polarität der Oberflächen und/oder Grenzfläche führt auch zu einer zum Teil deutlichen Verbesserung der Hafteigenschaften dieser Oberflächen und/oder Grenzflächen.
Die Erhöhung der Polarität kann anhand des gegen Wasser bestimmten Fortschreitkontaktwinkels angegeben werden. Dabei bewirkt eine Erhöhung der Oberflächenenergie und damit der Polarität eine Kontaktwinkelerniedrigung.
Beste Wege zur Ausführung der Erfindung
Im Weiteren wird die Erfindung an Ausführungsbeispielen näher erläutert.
Beispiel 1 :
Es werden 100 Gewichtsteile eines Maleinsäureanhydrid-gepfropften Polypropylens (Polybond 3200, Fa. Uniroyal Chemical Company, Ltd., Maleinsäureanhydridgehalt: 0,53 Gew.-% MSA/100 g) und 5,89 Gewichtsteile Poly(ethylenoxid-co-propylenoxid)- Diamin (Jeffamin ED-2003, Huntsman Corp., Polyethylenoxid/Polypropylenoxid = 38.7/6.0 mol/mol, Molekulargewicht: 2000 g/mol) in einem gleichläufigen Doppelschneckenextruder ZSK 30 der Fa. Werner und Pfleiderer (Schnecke 12, keine Vakuumentgasung, Drehzahl 100 min"1) reaktiv extrudiert. Die Extrusionstemperatur beträgt 160 °C. Die Ausgangsprodukte werden getrennt über den Haupttrichter dosiert. Der Durchsatz beträgt 8 kg/h.
Der Nachweis der chemischen Umsetzung der Maleinsäureanhydridgruppen mit dem Amin erfolgte anhand von FTIR-spektroskopischen und anhand von 1 H-NMR spektroskopischen Untersuchungen. Zur Entfernung niedermolekularer Anteile wird das Reaktionsprodukt umgefällt, indem 50 g Produkt in 500 ml heißem Toluen gelöst werden, und die heiße Lösung in 5 I Ethanol gefällt wird. Der entstandene Niederschlag wird abgesaugt und im Vakuumtrockenschrank bei 60 °C 5 Stunden getrocknet.
Im Anschluß werden 20 g des Pfropfproduktes zusammen mit 400 ml Toluen in einen 1 I- Kolben mit Rührer, Rückflusskühler und Stickstoffeinlass gegeben und unter Stickstoffspülung, Rühren und Erwärmen gelöst. Nachdem das Produkt in Lösung gegangen ist, wird die Lösung auf Raumtemperatur gebracht und nachfolgend mit Hilfe eines Eisbades auf 0 °C abgekühlt. Nach Erreichen dieser Temperatur werden langsam unter Rühren 2,5 g Trifluoressigsäureanhydrid zugetropft. Nach Zugabe des Trifluoressigsäureanhydrides wird die Mischung auf 90 °C erwärmt und noch weitere 5 Stunden unter Rühren und Stickstofffluss bei dieser Temperatur reagieren gelassen. Nach 5 Stunden wird die Reaktionslösung auf Raumtemperatur abgekühlt und in 2 I Ethanol/Eiswasser-Gemisch (Ethanol/Wasser = 1/1 Vol/Vol) gefällt. Nach dem Absaugen wird der entstandene Feststoff bei 60 °C im Vakuumtrockenschrank getrocknet und mit einem Micorinjector (DACA Instruments) bei einer Temperatur
von 180 °C, mit einer Aufschmelzzeit von 3 min und einem Druck von 0,4 MPa zu Spritzgusskörpern verarbeitet. An diesen Spritzgusskörpern wurden Kontaktwinkel mit Wasser als Messflüssigkeit bestimmt.
Kontaktwinkel (°) Polypropylen 105,0
Polybond 3200 nach Reinigung durch
Umfallen 99,3
Polybond nach Umsetzung mit PEG-Diamin 97,8
Polybond nach Umsetzung mit PEG-Diamin, umgefällt 93,3
Polybond nach Umsetzung mit PEG-Diamin, Reinigung durch Umfallen und Umsetzung mit Trifluoressigsäureanhydrid 89,0
Spritzgusskörper des mit Trifluoressigsäureanhydrid umgesetzten Produktes zeigen einen niedrigeren Kontaktwinkel als das nur mit PEG hydrophil modifizierte Produkt.
XPS-Ergebnisse (Take-off Winkel 45°)
F/C O/C
Polybond nach Umsetzung mit PEG-Diamin, umgefällt 0 0,0125
Polybond nach Umsetzung mit PEG-Diamin,
Reinigung durch Umfallen und
Umsetzung mit Trifluoressigsäureanhydrid 0,0013 0,0359
Beispiel 2
Es werden 100 Gewichtsteile Polybond 3200 (Fa. Uniroyal Chemical Company, Ltd., Maleinsäureanhydridgehalt: 0,53 Gew.-% MSA/100 g) und 5,52 Gewichtsteile Poly(ethylenoxid-co-propylenoxid)-Monoamin (Jeffamin XTJ-506, Huntsman Corp., Polyethylenoxid/Polypropylenoxid = 19/3 mol/mol, Molekulargewicht: 1000 g/mol) in einem gleichläufigen Doppelschneckenextruder ZSK 30 der Fa. Werner und Pfleiderer (Schnecke 12, keine Vakuumentgasung, Drehzahl 100 min"1) reaktiv
n
extrudiert. Die Extrusionstemperatur beträgt 180 °C. Die Ausgangsprodukte werden getrennt über den Haupttrichter dosiert. Der Durchsatz beträgt 8 kg/h.
Der Nachweis der chemischen Umsetzung der Maleinsäureanhydridgruppen mit dem
Amin erfolgte anhand von FTIR-spektroskopischen und anhand von 1 H-NMR spektroskopischen Untersuchungen. Zur Entfernung niedermolekularer Anteile aus dem Polybond wird das Reaktionsprodukt umgefällt, indem 50 g Produkt in 500 ml heißem Toluen gelöst werden, und die heiße Lösung in 5 I Ethanol gefällt wird. Der entstandene Niederschlag wird abgesaugt und im Vakuumtrockenschrank bei 60 °C
6 Stunden getrocknet.
2,2 g des so entstandenen Polymers, Korngröße der Siebfraktion < 0,7 mm, wurde auf einem Edelstahlträger mit einer gleichmäßigen Schütthöhe < 1 mm verteilt und in den VA-Fluorierungsreaktor eingeführt. Auf einem zweiten Probenträger wurden 5 g trockenes NaF eingebracht. Der Reaktor wurde evakuiert, mit einem 3 Vol.-%
Gasgemisch F2/N2 (V = 1 L) bis zu einem Überdruck von 0,1 MPa befüllt. Das Fluor enthaltende Gas wurde 3 Stunden lang unter Umwälzung bei Raumtemperatur einwirken gelassen. Das Restgas wurde abgepumpt, bevor mit N2 auf Normaldruck aufgefüllt wurde. Die fluorierte Polymerprobe wurde ausgeschleust und dreimal mit
20 Vol.-% Ethano/H2O unter Rühren je 5 min gewaschen. Nach Filtration wurde das
Polymer im Hochvakuum 4,5 Stunden bei 50 °C getrocknet.
Danach erfolgte eine zweite Fluorierung unter gleichen Bedingungen.
Die erste Fluorierung ergab ein Produkt mit einem analytischen Fluorgehalt von 1,0
Gew.-%. Nach der zweiten Fluorierung hatte sich der Fluorgehalt auf 2,0 Gew.-% erhöht.
Die Produkte wurden jeweils mit einem Microinjector (DACA Instruments) bei einer
Temperatur von 200 °C zu Spritzgusskörpern verarbeitet. An diesen
Spritzgusskörpern wurden Kontaktwinkel mit Wasser als Messflüssigkeit bestimmt.
Die Kontaktwinkeländerung ist in der untenstehenden Tabelle angegeben.
Kontaktwinkel (°) Polypropylen 105,0
Polybond 3200 nach Reinigung durch Umfallen 99,3
Polybond nach Umsetzung mit PEG-Monoamin, und Reinigung durch Umfallen 94,6
Polybond nach Umsetzung mit PEG-Monoamin,
Reinigung durch Umfallen und Behandlung mit Fluor enthaltenden Gasgemischen 93,0
XPS-Ergebnisse (Take-off Winkel 45°)
F/C O/C
Polybond 3200 nach Reinigung durch
Umfallen 0 0,037
Polybond nach Umsetzung mit PEG-Monoamin, und Reinigung durch Umfallen 0 0,052
Polybond nach Umsetzung mit PEG-Monoamin,
Reinigung durch Umfallen und Behandlung mit Fluor enthaltenden Gasgemischen 0,016 0,037
Beispiel 3
Es werden 100 Gewichtsteile Polybond 3200 (Fa. Uniroyal Chemical Company, Ltd., Maleinsäureanhydridgehalt: 0,53 Gew.-% MSA/100 g) und 11 ,4 Gewichtsteile Poly(ethylenoxid-co-propylenoxid)-Monoamin (Jeffamin XTJ-508, Huntsman Corp., Polyethylenoxid/Polypropylenoxid = 32/10 mol/mol, Molekulargewicht: 2000 g/mol) in einem Kneter (Messkneter Plastograph 50 EHT der Fa. Brabender OHG, Kammervolumen: 50 ml, keine Entgasung, Drehzahl: 35 min"1, Temperatur 220 °C, Knetzeit 15 min) umgesetzt. Der Nachweis der chemischen Umsetzung der Maleinsäureanhydridgruppen mit dem Amin erfolgte anhand von FTIR- spektroskopischen und anhand von 1 H-NMR spektroskopischen Untersuchungen. Zur Entfernung niedermolekularer Anteile aus dem Polybond und von unumgesetztem Jeffamin wird das Reaktionsprodukt umgefällt, indem 25 g Produkt in 250 ml heißem Toluen gelöst werden, und die heiße Lösung in 2 I Ethanol gefällt wird. Der entstandene Niederschlag wird abgesaugt und in einer Soxhiett-Apparatur 30 Stunden extrahiert und danach im Vakuumtrockenschrank bei 60 °C 4 Stunden getrocknet. Das Produkt wird nach dem Trocknen in einer Kryomühle (Kryomühle
SPEX Freezer/Mill 6850 der Fa. C3 Analysentechnik) in 3 Zyklen von jeweils 2 min bei -196 °C zu einem feinen Pulver vermählen.
2,2 g des so entstandenen Polymers wurde unter den gleichen Bedingungen, wie in
Beispiel 2 beschrieben, der Behandlung mit einem Fluor enthaltenden Gasgemisch unterworfen. Die fluorierte Polymerprobe wurde ausgeschleust und dreimal mit 20
Vol.-% Ethano/H2O unter Rühren je 5 min gewaschen. Nach Filtration wurde das
Polymer im Hochvakuum 4,5 Stunden bei 50 °C getrocknet.
Danach erfolgte eine zweite Fluorierung unter gleichen Bedingungen. Nach der zweiten Fluorierung wurde das Produkt im Polyethylen-Becherglas mit 10 ml Ethanol versetzt und 1 min gerührt, bevor 40 ml deionisiertes Wasser addiert wurden. Es wurde nun 5 min gerührt, über einer Glasfritte D3 filtriert und trocken gesaugt. Nach dem gleichen Verfahren wurde noch weitere zwei mal gewaschen.
Die erste Fluorierung ergab ein Produkt mit einem analytischen Fluorgehalt von 1 ,0
Gew.-%. Nach der zweiten Fluorierung hatte sich der Fluorgehalt auf 2,4 Gew.-% erhöht.
Die Produkte wurden mit einem Microinjector (DSM) bei einer Temperatur von 200
°C zu Spritzgusskörpern verarbeitet. An diesen Spritzgusskörpern wurden
Kontaktwinkel mit Wasser als Messflüssigkeit bestimmt.
Die Kontaktwinkeländerung ist in der untenstehenden Tabelle angegeben.
Kontaktwinkel (°) Polypropylen 105,0
Polybond 3200 nach Reinigung durch
Umfallen 99,3
Polybond nach Umsetzung mit PEG-Monoamin, und Reinigung durch Umfallen 94,1
Polybond nach Umsetzung mit PEG-Monoamin, Reinigung durch Umfallen und Behandlung mit Fluor enthaltenden Gasgemischen 90,7
XPS-Ergebnisse (Take-off Winkel 45°)
F/C O/C
Polybond 3200 nach Reinigung durch
Umfallen 0 0,037
Polybond nach Umsetzung mit PEG-Monoamin, und Reinigung durch Umfallen 0 0,032
Polybond nach Umsetzung mit PEG-Monoamin,
Reinigung durch Umfallen und Behandlung mit Fluor enthaltenden Gasgemischen 0,019 0,034
Beispiel 4
Es werden 100 Gewichtsteile Maleinsäureanhydrid-gepfropftes Polypropylen (Epolen E43, Fa. Eastman Chemical Company, MSA-Gehalt: 2,9 Gew.% MSA/100 g) mit 25 Gewichtsteilen Polyethylenglykol 2000 (PEG-OH, Fa, Merck KgaA, Darmstadt) unter Stickstoff bei 180 °C in einem 1 I-Kolben mit Rührer, Rückflusskühler und Stickstoffeinleitung 1 Stunde gerührt. Zur Entfernung von überschüssigem Polyethylenglykol wurde das Produkt dreimal mit je 100 ml Ethanol gewaschen, im Vakuumtrockenschrank bei 60 °C je 4 Stunden getrocknet und in der Kryomühle (siehe Beispiel 3) zu einem feinen Pulver gemahlen.
2,2 g des so entstandenen Polymers wurde unter den gleichen Bedingungen, wie in Beispiel 2 beschrieben, einer Behandlung mit Fluor enthaltenden Gasgemischen unterworfen. Die fluorierte Polymerprobe wurde ausgeschleust und dreimal mit 20 Vol.-% Ethano/H2O unter Rühren je 5 min gewaschen. Nach Filtration wurde das Polymer im Hochvakuum 4,5 Stunden bei 50 °C getrocknet.
Die Produkte wurden mit einem Microinjector (DSM) bei einer Temperatur von 200 °C zu Spritzgusskörpern verarbeitet. An diesen Spriztgusskörpem wurden Kontaktwinkel mit Wasser als Messflüssigkeit bestimmt. Die Kontaktwinkeländerung ist in der untenstehenden Tabelle angegeben.
Kontaktwinkel (°)
Polypropylen 105,0
Epolen E 43 106,0
Epolen E 43 + PEG-OH, gewaschen 95,0 Epolen E 43 + PEG-OH, gewaschen und Behandlung mit Fluor enthaltenden
Gasgemischen 70,3
XPS-Ergebnisse (Take-off Winkel 45°)
F/C O/C
Epolen E 43 + PEG-OH, gewaschen 0 0,029
Epolen E 43 + PEG-OH, gewaschen und Behandlung mit Fluor enthaltenden Gasgemischen 0,021 0,131