Neue, schwer brennbare Schaumstoffe unter Verwendung von Ammoniumsulfat und anderen Flammschutzmitteln
Anwendungsgebiet der Erfindung
Zusammensetzungen von Schaumstoffen mit verminderter Entflammbarkeit
Stand der Technik
Die vorliegende Erfindung betrifft Zusammensetzungen von Schäumen mit verbessertem Flammverhalten auf der Basis von Polyetherimid (PEI), von Styrol-Acrylnitril Copolymeren (SAN), von Polyvinylchlorid (PVC), von Blends aus PVC und Polyurethanen (PU) oder von Phenolharzen. Aus den genannten Materialien können durch verschiedene Methoden Schäume hergestellt werden, zum Beispiel durch Einarbeitung eines Treibmittels in das Polymermaterial, durch Schlagen einer Polymerschmelze, durch die Einarbeitung von Hohlkugeln (sog. syntaktische Schäume) oder durch eine Kombination dieser Prozesse. Das Flammverhalten dieser Schäume wird durch die Einarbeitung von möglichst fein vermahlenem Ammoniumsulfat (AMSU) entscheidend verbessert.
Schaumstoffe sind seit langer Zeit bekannt und finden wegen ihrer geringen Dichte bzw. der damit verbundenen Materialersparnis, ihren hervorragenden thermischen und akustischen Isolationseigenschaften, ihrer mechanischen Dämpfung sowie ihren besonderen elektrischen Eigenschaften eine breite Anwendung. So findet man Schaumstoffe in Verpackungen, in Möbeln und Matratzen, allgemein bei der Schall- und Wärmeisolation, als Auftriebskörper in Wasserfahrzeugen, als Filter- und Trägermaterial in verschiedenen Industriebereichen und als Strukturelemente bei der Herstellung von Schichtwerkstoffen, Laminaten, Composits oder Schaumstoffverbundkörpern. Für viele Anwendungen gerade im Bau von Luft- und Wasserfahrzeugen ist ein ausreichender Brandschutz der Schaumstoffe notwendig, wie er in gesetzlichen
Vorschriften und einer Reihe anderer Regelwerke gefordert wird. Der Nachweis, dass die Schaumstoffe den brandschutztechnischen Anforderungen genügen, wird mit Hilfe einer Vielzahl unterschiedlicher Brandschutzprüfungen geführt, welche üblicherweise auf die Anwendung des Schaumstoffes bzw. des diesen enthaltenden Verbundkörpers ausgerichtet sind. Im allgemeinen müssen Schaumstoffe mit so genannten Flammschutzmitteln ausgerüstet werden, damit diese Brandschutzprüfungen bestanden werden. Weithin ist die Verwendung von chlor- oder bromhaltigen Verbindungen als Flammschutzmittel bekannt, die häufig in Kombination mit Antimonoxiden eingesetzt werden. Nachteilig ist hierbei jedoch, dass Kunststoffe und Schaumstoffe, deren Entflammbarkeit hierdurch vermindert ist, äußerst schlecht recyclebar sind, da diese Halogenkohlenwasserstoffe kaum aus dem Polymer abgetrennt werden können und in Müllverbrennungsanlagen aus diesen Verbindungen Dioxine entstehen können. Darüber hinaus werden im Brandfall giftige und korrosive Gase, wie beispielsweise HCI und HBr, gebildet. In der europäischen Patentanmeldung EP 347497 wird darüber hinaus festgestellt, dass halogen- und phosphorhaltige niedermolekulare Flammschutzmittel in isocyanatbasierten Schäumen nur in Brandtests im Labormaßstab und nicht unter Bedingungen, die einem Brandfall entsprechen, getestet wurden. Aufgrund oben genannter Nachteile ist es allgemeines Ziel, chlorierte und bromierte Substanzen als Additive in Kunststoffen möglichst zu vermeiden.
Phosphorverbindungen sind eine weitere Substanzklasse von Flammschutzmitteln, mit denen Schaumstoffe ausgerüstet werden. Nachteilig ist hierbei insbesondere, dass im Brandfall wie auch bei halogenhaltigen Flammschutzmitteln eine sehr hohe Rauchgasdichte entsteht. Wegen der Giftigkeit der Rauchgase und der Sichtbehinderung durch den Rauch werden Personen in der Umgebung des Brandes, insbesondere in geschlossenen Räumen, gefährdet und Rettungsarbeiten erschwert. Des weiteren wirken niedermolekulare Verbindungen, zu denen viele halogen-
und phosphorhaltige Flammschutzmittel zählen, in vielen Kunststoffen als Weichmacher. Diese unerwünschte Wirkung verschlechtert die mechanischen Eigenschaften und begrenzt so den möglichen Anteil des Flammschutzmittels am Material. Mit der Menge sind auch der auf diesem Wege erzielbaren Flammschutzwirkung Grenzen gesetzt. Darüber hinaus besteht bei niedermolekularen Verbindungen die Gefahr, dass diese mit der Zeit aus dem Material herausdiffundieren. Hierdurch verschlechtert sich einerseits das Flammverhalten des Materials, andererseits kommt es zu einem eventuell unerwünschten Eintrag des Flammschutzmittels in die Umgebung.
Aufgabe
In Anbetracht des hierin angegebenen und diskutierten Standes der Technik war es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, Zusammensetzungen zur Herstellung von Polymerschaumstoffen mit verminderter Entflammbarkeit, einer geringen Rauchentwicklung (z.B. FAR 25.853 (c) und AITM 2.0007), sowie einer geringen Wärmeentwicklung (z.B. FAR 25.853(c) ) anzugeben. Weiterhin sollen die Schaumstoffe keine giftigen und/oder geruchsbelästigenden Spaltprodukte enthalten, wie es beispielsweise bei der Verwendung einiger Phosphorverbindungen als Flammschutzmittel der Fall ist. Aus den oben genannten Gründen war es Aufgabe der Erfindung, Zusammensetzungen für Schaumstoffe anzugeben, deren Flammverhalten ohne den Einsatz halogenierter Flammschutzmittel verbessert wird. Des weiteren lag der Erfindung die Aufgabe zugrunde, einen möglichst kostengünstigen Flammschutz für die genannten Schaumstoffe anzugeben. Mithin war es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, dass das zur Ausrüstung verwendete Flammschutzmittel gesundheitlich möglichst unbedenklich sein sollte und keine negativen Auswirkungen auf die Verarbeitbarkeit des ausgerüsteten Schaums haben sollte.
Lösung
Die genannte Aufgabe kann durch Schaumstoffe gelöst werden, deren Flammschutzeigenschaften durch festes Ammoniumsulfat (AMSU) in möglichst feiner Verteilung verbessert werden.
Der Einsatz von AMSU als Flammschutzmittel in isocyanatbasierten Schäumen wurde zum Beispiel in der deutschen Patentanmeldung DE 2542048 beschrieben. Die dort beschriebenen Schaumstoffe wurden durch möglichst fein gemahlenes AMSU selbstverlöschend ausgerüstet. So brannte ein Schaum, der 19 Gew.% AMSU enthielt, nach dem Herausnehmen aus einer Bunsenbrennerflamme noch kurz nach und erlosch dann. Bereits bei 20,9 Gew.% AMSU erlosch der Schaum sofort nach dem Herausnehmen aus der Flamme. Auch in der europäischen Patentanmeldung EP 347497 flammgeschützte, polyurethanbasierte Schäume beschrieben. Aus den dort angeführten Beispielen ist der Vorteil der Verwendung von AMSU als Flammschutzmittel klar ersichtlich: Durch eine Steigerung des AMSU-Anteils von 15 auf 39 Gew.% des Gesamtmaterials konnte der LOI nach ASTM D-2863 von 24 auf 30 erhöht werden. Weitere Beispiele für AMSU-haltige Polyurethanschäume finden sich in US 3737400. Brennlänge und -zeit der dort diskutierten Hartschaumproben sanken durch Einarbeitung von 15,5 Gew.% AMSU und mehr auf null ab.
In der deutschen Patentanmeldung Nr. 10241855.1 wird AMSU als Flammschutzmittel für PMI-Schäume beschrieben. Ein PMI-Schaum aus 75 Gew.-Teilen AMSU als Flammschutzmittel auf ca. 110 Gew.-Teile sonstigem Material mit einem Raumgewicht von 82 kg/m3 zeigte eine Wärmefreisetzung von HR = 71 ,0 kWmin/m2 bzw. HRR = 64,2 kW/m2 gemäß FAR 25.853(c). Auch die Rauchgasdichteprüfung gemäß FAR 25.853(c) wurde bestanden. Demgegenüber setzte ein Schaum vergleichbaren Raumgewichts ohne AMSU Flammschutz mit HR = 102,0 kWmin/m2 bzw. HRR = 106,0 kW/m2 wesentlich mehr Wärme frei und zeigte auch eine schlechtere Rauchgasentwicklung.
Gegenüber anderen Flammschutzmitteln hat die Verwendung von AMSU folgende Vorteile: Es ist billig und kann als unlöslicher Feststoff kostengünstig in Materialien eingearbeitet werden. Da es vollkommen ungiftig ist, werden Personen weder bei der Handhabung noch bei der Verarbeitung gefährdet. Aus demselben Grund ergeben sich keine zusätzlichen Gefahren bei der Verarbeitung von mit AMSU ausgerüsteten Schäumen z.B. durch Stäube. AMSU wird in großen Mengen als Düngemittel eingesetzt. Der Eintrag geringer Mengen AMSU in die Umwelt ist somit ökologisch unbedenklich. Auch bei der Altstoffentsorgung treten keine zusätzlichen Probleme durch die Verwendung von mit AMSU ausgerüsteten Schaumstoffen auf, d.h. die Beseitigung von Altstoffen ist über die gängigen Entsorgungswege möglich. AMSU ist als anorganischer Feststoff nicht in der Kunststoffmatrix löslich. Hieraus ergibt sich der zusätzliche große Vorteil gegenüber löslichen Flammschutzmitteln, dass es nicht als Weichmacher wirkt. Beim Einsatz von AMSU in PVC ergibt sich im Brandfalle der zusätzliche Vorteil, daß das aus PVC gebildete giftige Chlorwasserstoffgas durch den aus AMSU freigesetzten Ammoniak gebunden wird. Auch im Brandfall zeichnet sich Ammoniumsulfat durch seine nicht toxischen Eigenschaften aus, insbesondere wird die Rauchgasdichte besonders gering.
Trotz der enormen Vorteile von AMSU als Flammschutzmittel wurden in der bisher bekannten Literatur noch keine Schäume auf der Basis von PVC, von Blends aus PVC und PU, von PEI und von SAN beschrieben, deren Brandverhalten durch die Verwendung von AMSU oder durch Kombinationen von AMSU mit anderen Flammschutzmitteln verbessert wurde. Für alle genannten Schäume bietet die Einarbeitung von AMSU die Möglichkeit, einen sehr guten Flammschutz zu erzielen. Die Wirkung von Ammoniumsulfat ist ähnlich der des Ammoniumpolyphosphats. Sie beruht auf dem Zerfall der kristallinen
Verbindung in Ammoniak und Schwefelsäure bei höherer Temperatur. Die freigesetzte Schwefelsäure wirkt pyrolysierend, während das freigesetzte Ammoniakgas die brennbaren Gase verdünnt und daher eine Löschwirkung hat. Nachzulesen ist dies beispielsweise in der Patentschrift JP 08325574, in der Kombinationen von Flammschutzmitteln beschrieben werden, die unter anderem auch Ammoniumsulfat enthalten. Die dort beschriebenen Zusammensetzungen sind für Gießharze geeignet. Kombinationen von anderen Flammschutzmitteln mit Ammoniumpolyphosphat sind beispielsweise auch im Patent CN 1197103 hinterlegt. Zu den sonstigen in der Literatur beschriebenen Anwendungen, die mit Ammoniumsulfat flammgeschützt sind, zählen Textilanwendungen (Khattab, M. A.; Gad, A. M.; El-Samanoudi, A. H. J. Appl. Polym. Sei.: Appl. Polym. Symp. (1994), 55, 87-96; Basch, Avraham; Lewin, Menachem, Text. Res. J. (1973), 43(11), 693-4), und auch Löschmittel für Waldbrände (WO 9858039; US 3409550). AMSU wird als Flammschutz für Papier (JP 11228968), für Holz (JP 11105011 ; DE 19748751 ; Hsieh, Tang- Chou, Tai-wan Lin Yeh Shi Yen So Pao Kao (1970), No. 188, 22 pp.; Zakl. Konserw. Drewna, Pr. Inst. Technol. Drewna (1969), 16(3), 115-28) und für polymere Werkstoffe wie beispielsweise Polystyrol (JP 05086254) und Polyethylen, Polypropylen oder deren Copolymeren (AU Vasil'ev, Yu. V.; Ryabinina, L. I.; Fil'bert, D. V., USSR, Sin. Volokna (1969), 69-71. Editor(s): Pakshver, A. V. Publisher: lzd.,"Khimiya", Moscow, USSR. , JP 48055942; JP 47034541) verwendet. Auch in Polyurethanschäumen hat Ammoniumsulfat als Flammschutzadditiv bereits Verwendung gefunden (US 5948148, US 3737400, Solodovnik, P. I.; Mel'nikov, V. M.; Putnins, E., USSR, Razrab. Metodov Tepl. Zashch. Inzh. Sooruzh. Krainem Sev. (1983), 133-41. Editor(s): Ivanov, N. S. Publisher: Yakutsk. Gos. Univ., Yakutsk, USSR.).