Verwendung von Polypeptiden humanen Ursprungs zur Behandlung mikrobieller Infektionserkrankungen
Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von Polypeptiden humanen Ursprungs mit der in SEQ ID Nr.5 oder SEQ ID Nr.6 angegebenen Aminosäuresequenz oder von biologisch aktiven Fragmenten derselben zur Behandlung von mikrobiellen Infektionserkrankungen.
Weltweit leiden über 2 Billionen Menschen an den ernsthaften Folgen von Infektionskrankheiten. In vielen Ländern Asiens, Afrikas sowie Mittel- und Südamerikas bilden diese Erkrankungen die häufigste Todesursache. Nicht zuletzt durch den Einsatz von Antibiotika konnte die Mortalität in den Industrienationen auf etwa 2-4% gesenkt werden. Das verstärkte Auftreten von gegen Antibiotika resistenten Stämmen pathogener Bakterien droht jedoch, diese Erfolge in Frage zu stellen. So wurde beispielsweise in den Jahren von 1989 bis 1993 eine 20-fache Zunahme von Infektionen mit Vankomycin-resistenten Enterokokken beobachtet. Als Reaktion auf die dramatische Zunahme und Verbreitung von Resistenzen bei klinisch relevanten Mikroorganismen fordert die
Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit mehreren Jahren nachdrücklich die Entwicklung neuer antibiotisch wirksamer Leitstrukt ren.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist somit die Bereitstellung neuer Mittel mit antimikrobieller Wirksamkeit.
Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch die Verwendung von Polypeptiden humanen Ursprungs mit der in SEQ ID Nr.5 oder SEQ ID Nr.6 angegebenen Aminosäuresequenz oder von Fragmenten derselben mit gleicher antimikrobieller Wirksamkeit zur Herstellung von Pharmazeutika für die Behandlung von mikrobiellen Infektions- erkrankungen gelöst .
Die erfindungsgemäßen Polypeptide leiten sich von den im Stand der Technik bereits bekannten Epididymis-spezifischen, humanen Polypeptiden HE2αl und HE2c-2 gemäß SEQ ID Nr.l oder SEQ ID Nr.2 her. Deren Identifizierung erfolgte anhand von cDNA-Klonierung und -Analyse. Diese erstmals in der DE 4002981 beschriebenen Polypeptide wurden für die Verwendung bei der Diagnose und der Behandlung der männlichen Infertilität vorgeschlagen.
Es hat sich inzwischen gezeigt, dass die ursprünglich identifizierten HE2c-l- und HE2c-2-cDNA-Klone Mitglieder einer Familie Epididymis-spezifischer Varianten sind, die aus dem differen- tiellen Spleißen der entsprechenden mRNA hervorgehen (Hamil et al. (2000), Endocrinology, 141, 1245-1253; vgl. Figur 1). Die aus den verschiedenen Spleißvarianten hervorgehenden Polypeptide (nachfolgend als HE2-Polypeptide bezeichnet) sind schematisch in Figur 2 gezeigt.
Bei den HE2-Polypeptiden handelt es sich um kationische Polypeptide, die eine für Sekret-Polypeptide typische Signalsequenz von 25 Aminosäuren besitzen, welche beim Export aus der Zelle abgespalten wird.
Unterschiedliche Expressionsmuster verschiedener HE2-Varianten innerhalb des menschlichen Epididymis sowie die Bindung spezifischer HE2-Polypeptidvarianten an bestimmte Regionen menschlicher Spermatozoen (Osterhoff et al. (1994), Biol . Repro., 50, 516- 525; Hamil et al . (2000), Endocrinology, 141, 1245-1253) lassen spezielle Funktionen der einzelnen Polypeptide bei der post- testicularen Spermareifung im proximalen Epididymis sowie bei der Befruchtung vermuten. Experimentelle Daten verweisen darüber hinaus auf eine Androgen-abhängige Regulation auf post-trans- kriptionaler Ebene (Hamil et al. (2000), Endocrinology, 141, 1245-1253) .
Kürzlich wurde auch im Epididymis der Ratte ein Epididymis-spezifisches Polypeptid (Binlb) isoliert (Li et al . (2001), Science, 291, 1783-1785) . Die Analyse der Aminosäure-Sequenz zeigte das Vorhandensein eines für die Familie der ß-Defensine - einer Gruppe antimikrobiell wirksamer Polypeptide - typischen Strukturmotivs aus 6 Cystein-Resten, die 3 Disulfidbrücken mit charakteristischem Verbrückungsmuster bilden (vgl. Figur 3) auch bei Binlb. Die Autoren konnten in Untersuchungen mit E. coli zeigen, daß Binlb ebenfalls die den ß-Defensinen eigene antimikro- bielle Wirksamkeit entfaltet. Li et al. weisen darüberhinaus auf die strukturelle Verwandtschaft von Binlb mit der humanen Epididymis-spezifischen HE2-Variante HE2ßl hin, welche ebenfalls das für ß-Defensine typische Strukturmotiv umfaßt.
Beschreibung der Figuren;
Fig. 1: Revidierte Struktur des humanen HE2-Genlocus, der zwei zusätzliche Exons und zwei Promotoren aufweist (vgl . Jia et al. (2001), Gene, 263, 211-218). Offene Leserahmen sind gepunktet dargestellt, ß-Defensindomänen schwarz .
Fig. 2: Schematische Darstellung der neuen HE2-Polypeptid-Isoformen, die sich anhand von klonierten cDNAs vorhersa-
gen lassen, sowie Lokalisation von Polypeptidfragmen- ten für die Antipolypeptid-Antikörperherstellung. HE20.1 and HE2c-2 unterscheiden sich lediglich durch drei Aminosäuren; die drei gepunkteten Linien markieren die Aminosäureaustausche. Signalpeptide = Rechtecke mit weißem Hintergrund; Signalpeptidase- und Proproteinkonvertase-Schnittstellen (1); reife Polypeptide = hellgraue Rechtecke; Lokalisation der Poly- peptidfragmente für die Antikörperherstellung, P1-P5 = dunkelgraue Rechtecke, Zahlen verweisen auf entsprechende Aminosäurereste innerhalb der HE2-Polypeptide; ß-Defensin-ähnliche Module = Rechtecke mit schwarzem Hintergrund.
Fig. 3: Aminosäuresequenzen von HE2ßl und HE2C in einem Aminosäuresequenz-Alignment mit humanen ß-Defensinen (hBDl- 4) sowie ß-Defensinkonsensus-Sequ.enz . Bindestriche wurden eingefügt, um das Alignment zu verbessern.
Fig. 4: Proteolytische Spaltung von rekombinant exprimierten HE2-Polypeptiden in-vitro. Furin-Peptidase-Spaltung von in E. coli exprimierten MBP-proHE2o.l Protein und nachfolgende Western-Blot Analyse mit P3-Antiserum (1:500). Bahn 1: Faktor Xa/Furin-Doppelverdau von 50 μg MBP-proHE2αl; Bahn 2: Furinverdau von 50 μg MBP- HE2σ.l . Die Furinspaltung von HE2c-l war im Rahmen des Doppelverdaus effizienter.
Fig. 5: Antibakterielle Aktivität synthetischer C-terminaler HE2α;-Polypeptidfragmente. a) Kontinuierliche Essigsäu- re-Harnstoff-Polyacrylamid-Gelelektrophorese und Coo- massiefärbung der Polypeptidfragmente mit und ohne intramolekularer Disulfidbrücke. M = Markerproteine; Bahn 1 = etwa 50 μg des partiell cyklisierten HE2α2- Fragments; Bahn 2 = 10 μg lineares HE2α2-Fragment; Bahn 3 = Positivkontrolle (Kristallviolett) . b) Gel- Overlay eines parallelen Essigsäure-Harnstoff-Gels.
Die antimikrobielle Aktivität wird durch klare Zonen ohne bakterielles Wachstum sichtbar.
Fig. 6: Quantifizierung der antibakteriellen Aktivität durch CFU-Assay des linearen HE2c-2-Fragments (±) und des partiell cyklischen HE2c-2-Fragments (■) gegen E. coli DH5ot.
Fig. 7: Schematische Darstellung epididymaler HE2-Polypeptid- Isoformen. Prozessierung, Aminosäuresequenz und Struktur reifer in vivo HE2c--Isoformen im Vergleich mit den synthetischen HE2c--Polypeptidfragmenten, die im Rahmen der antibakteriellen Assays verwendet wurden. Signal- peptid = Rechteck mit weißem Hintergrund; gespaltene Pro-Domäne = Hellgraues Rechteck; prozessierte Polypeptide = Rechtecke mit schwarzem Hintergrund. Die Ziffern beziehen sich auf die Numerierung der Aminosäuren beginnend mit Methionin 1 (1-25: Signalpeptid; 26-60: verlängertes Pro-Polypeptid; 61-103: reifes HE2oi; 74-103: synthetisches Polypeptid).
Fig. 8: Gel-Retardations-Assay des linearen HE2C.2-Polypeptid- fragments . In den Bahnen 1-9 wurden jeweils 300 ng eines 500 bp-PCR-Amplifikats verwendet, welches nicht mit den erfindungsgemäßen Polypeptiden verwandt ist. Bahn O enthält 800 ng des Amplifikats. Bahn M enthält einen lkb-DNA-Längenstandard. Die Bahnen 1-9 enthalten ferner steigende Polypeptid-Konzentrationen (Bahn 1: 0 μg; Bahn 2: 0,6 μg; Bahn 3: 1,2 μg; Bahn 4: 1,8 μg; Bahn 5: 2,4 μg; Bahn 6: 3,0 μg; Bahn 7: 6,0 μg; Bahn 8: 18,0 μg; Bahn 9: 30,0 μg) . Während bei der Negativkontrolle (linkes Gel) ein synthetisches Polypeptid mit einer aus HE2-Propeptid-Domäne abgeleiteten Aminosäuresequenz verwendet wurde (vgl. SEQ ID Nr.9), enthielten die als "HE2o." gekennzeichneten Proben (rechtes Gel) das erfindungsgemäße HE2c-2-Polypeptidfrag-
ment. Die schwarzen Dreiecke markieren die PCR-Ampli- fikatbande.
Fig. 9: a) Gelelektrophoretische Trennung von Superose 12- FPLC-Fraktionen des gespaltenen MBP-proHE2o.l-Fusions- proteins nach Faktor Xa-Verdau. Fraktion 16 enthält das proHE2o.l-Polypeptid, welches vom Maltose-Binde- Protein (MBP) abgespalten wurde, b) Untersuchung pro- HE2o.l-Polypeptid haltiger Fraktionen aus der Gelfiltration auf antimikrobiellen Aktivität gegen E. coli DH5α im Radial-Diffusions-Assay. In die linke Agarver- tiefung (-) wurden etwa 20 μg proHE2c-l-Polypeptid pipettiert. In die rechte Vertiefung (+) wurden zum Vergleich ebenfalls etwa 20 μg des synthetischen, linearen HE20.1-Fragments (SEQ ID Nr.7) gegeben.
Die HE2-Varianten HE2c-l- und HE2o-2 mit den SEQ ID Nrn.l und 2 umfassen das ß-Defensin-typische Strukturmotiv nicht. Umso überraschender war daher die der vorliegenden Erfindung zugrunde liegende Erkenntnis, daß die erfindungsgemäß vorgeschlagenen, die Aminosäuren 61 bis 103 der SEQ Nrn. 1 oder 2 umfassenden Polypeptide gemäß SEQ. ID Nrn. 5 oder 6 oder Fragmente derselben ausgeprägte antimikrobielle Wirksamkeit entfalten. Erfindungs- gemäß wird somit eine neue Klasse antimikrobiell wirksamer Polypeptide zur Verfügung gestellt, deren Ursprung im männlichen Genitaltrakt liegt und die keiner bekannten Klasse antimikrobiell wirksamer Polypeptide zuzuordnen sind.
Wie ein Vergleich der in SEQ ID Nrn.l und 2 bzw. 5 und 6 angegebenen Sequenzen zeigt, unterscheiden sich die Varianten HE2αl und HE2o.2 lediglich hinsichtlich dreier Aminosäuren in den Positionen 77, 85 und 89 (bezogen auf SEQ ID Nrn.l und 2), d.h. es handelt sich bei dem Polypeptid HE2o;2 um eine allelische Variante des ersten von Kirchhoff et al. beschriebenen humanen Epididymis-spezifischen Polypeptids HE2c-l (vgl. DE 4002981) .
Die Epididymis-spezifischen Polypeptide HE2σ.l und HE2c-2 werden im humanen Nebenhoden als Prä-Pro-Polypeptide synthetisiert. Sie enthalten eine typische N-terminale Signalsequenz (Aminosäuren 1 bis 25, vgl. Figur 2), die beim Transport aus der Zelle abgetrennt wird. Erfindungsgemäß hat es sich gezeigt, daß es sich bei dem nach Abspaltung der Signalsequenz erhaltenen Polypeptid gemäß den SEQ. ID. Nrn. 3 und 4 um ein antimikrobiell nicht aktives Pro-Polypeptid handelt (vgl. Figur 2, Figur 9), aus dem erst nach erneuter Spaltung an einer konservierten Schnittstelle zwischen den Aminosäuren 60 und 61 (bezogen auf SEQ ID Nrn.l und 2) das reife, antimikrobiell aktive Polypeptid hervorgeht (vgl. SEQ. ID. Nrn. 5 und 6) .
Erfindungsgemäß hat es sich überraschenderweise gezeigt, daß das reife Polypeptid gemäß den SEQ. ID. Nrn. 5 und 6 sowie Fragmente desselben ausgeprägte antimikrobielle Wirksamkeit aufweisen.
Eine besonders bevorzugte Ausführungsform der Erfindung betrifft die Verwendung der die 30 C-terminalen Aminosäuren 74 bis 103 (bezogen auf die SEQ. ID. Nrn. 1 oder 2) umfassenden Fragmente gemäß den SEQ. ID. Nrn. 7 und 8 als antimikrobielle Mittel.
Erfindungsgemäß einbezogen sind ferner antimikrobiell wirksame Varianten der erfindungsgemäßen Polypeptide, die sich von den in den SEQ. ID. Nrn. 5, 6, 7 und 8, angegebenen Sequenzen durch Austausch, Insertion oder Deletion einzelner oder mehrerer Aminosäuren unterscheiden, wobei Polypeptide, welche das ß-Defen- sin-Motiv aufweisen, nicht als Varianten im erfindungsgemäßen Sinne gelten.
Ferner können die erfindungsgemäßen Polypeptide am N-terminalen Ende eine oder mehrere zusätzliche Aminosäuren aufweisen, soweit die antimikrobielle Wirksamkeit erhalten bleibt . So können die in den SEQ. ID. Nrn. 7 und 8 angegebenen Polypeptide zusätzliche Aminosäuren an ihrem N-Terminus, vorzugsweise 1 bis 13, aufweisen, ohne daß ihre antimikrobielle Aktivität negativ beeinflußt wird.
Die erfindungsgemäßen Polypeptide HE2C.1 und HE2c-2 werden im humanen Nebenhoden als Prä-Pro-Polypeptide exprimiert, die gegenüber den in SEQ. ID. Nrn. 5 und 6 angegebenen Sequenzen zusätzliche Aminosäuren am N-terminalen Ende sowie eine interne proteolytische Spaltstelle zwischen den Aminosäuren 60 und 61 (bezogen auf die SEQ. ID. Nrn. 1 und 2) aufweisen.
Erfindungsgemäß hat es sich gezeigt, daß die reifen HE2otl und HE2C-2-Polypeptide gemäß den SEQ. ID. Nrn. 5 und 6 durch die 35 Aminosäure lange am N-terminalen Ende vorgeschaltete Sequenz (Aminosäuren 1-35 bezogen auf die SEQ. ID. Nrn. 3 und 4) in einem antimikrobiell inaktiven Zustand gehalten werden (vgl. Beispiel 4 und Beispiel 5) . Erst nach proteolytischer Abspaltung dieser N-terminalen Domäne an der internen proteolytischen Spaltstelle zwischen den Aminosäuren 60 und 61 (bezogen auf die SEQ. ID. Nrn. 1 und 2) wird die antimikrobielle Wirksamkeit erhalten.
Dementsprechend betrifft die Erfindung auch Polypeptide, bei denen die zuvor definierten antimikrobiell wirksamen Polypeptide am N-terminalen Ende eine zusätzliche Aminosäuresequenz aufweisen, welche die Polypeptide bezüglich ihrer antimikrobiellen Wirksamkeit inaktiviert, und bei denen die inaktivierende Aminosäuresequenz über eine proteolytische Spaltstelle mit den antimikrobiell wirksamen Polypeptiden verknüpft ist. Erfindungsgemäß handelt es sich um eine Spaltstelle, die von einem Enzym erkannt wird, welches für den oder die Erreger der jeweils zu behandelnden Infektionskrankheit spezifisch ist. Eine solche interne proteolytische Spaltstelle eröffnet die Möglichkeit, einen lokal aktivierbaren antimikrobiellen Wirkstoff auf der Basis der erfindungsgemäßen HE2α.-Polypeptide herzustellen, der seine Aktivität erst entfaltet, wenn er mit bestimmten bakteriellen Pathogenitätsfaktoren (wie beispielsweise Proteasen) in Kontakt kommt. Eine solche antibiotische Substanz liegt auch bei systemischer Verabreichung nur am Ort der Infektion in aktiver Form vor. Die natürliche Körperflora des Patienten sowie gesunde Körperzellen und Gewebe werden auf diese Weise weit-
gehend geschont. Die lokale Aktivierung des jeweiligen Antibiotikums mittels der erfindungsgemäßen Spaltstelle trägt ferner dazu bei, den bakteriellen Selektionsprozess von Resistenzen gegen den betreffenden antimikrobiellen Wirkstoff zu minimieren.
Als N-terminale Sequenz, welche die erfindungsgemäßen HE2αl- und HE20.2-Polypeptide in inaktiven Zustand hält, kommen grundsätzlich beliebige Aminosäuresequenzen in Betracht, die eine geeignete Spaltstelle umfassen. Die Aminosäuresequenzen können hinsichtlich ihrer Länge variieren, wobei die Aminosäuresequenz 1 bis 35 (bezogen auf die SEQ. ID. Nrn. 3 und 4) besonders bevorzugt sind.
Bei der Spaltstelle, die eine Abspaltung der inaktivierenden Sequenz von dem antimikrobiell aktiven HE2α-Polypeptidanteil ermöglicht, kann es sich um jede Aminosäuresequenz handeln, die von einem Enzym des Erregers mit hinreichender Spezifität erkannt und zur Spaltung genutzt wird. Besonders vorteilhaft ist es, wenn es sich um ein für den Erreger spezifisches Enzym handelt, das weder von humanen oder tierischen Gewebezellen noch von Bakterien der natürlichen Körperflora synthetisiert wird.
Ein solches Enzym mit hoher Sequenzspezifität ist die im Stand der Technik beschriebene IgAl-Protease Typ2, die u.a. bei Pro- teus mirabilis, Haemophilus influenzae, Neisseria gonorrhoeae und Neisseria eningi tidis) nachgewiesen wurde (Wood and Burton (1991), Infection and Immunity, 59(5), 1818-1822; Pohlner et al., (1992), Biotechnology 10, 799-804. Ihre Synthese und Sekretion ist beispielsweise bei der Gattung Neisseria streng an die Virulenz der betreffenden Spezies gekoppelt.
Die IgAl-Protease Typ2 erkennt beispielsweise die kurze Aminosauresequenz :
T P A P R P P 1 T P
und spaltet proteolytisch an der mit Hilfe des Pfeils oben dargestellten Position. Die IgAl-Protease Typ2 eignet sich demgemäß besonders zur proteolytischen Aktivierung von rekombinanten Fusionspolypeptiden. Die Erkennungssequenz kann durch Austausch, Insertion oder Deletion einzelner Aminosäuren variieren.
Eine weitere geeignete spezifische Protease ist die Metallopro- tease ZapA (Fernandez et al., (2000), Braz J Med Biol Res, 33(7), 765-770), welche beispielsweise die Aminosäuresequenz
A F R 1 S A A Q
erkennt und an der mit Hilfe des Pfeils dargestellten Position spaltet . Die Protease wird von dem humanpathogenen Bakterium Proteus mirabilis als Virulenzfaktor synthetisiert und in das umgebende Medium sekretiert. Auch diese Spaltstelle kann im Rahmen der vorliegenden Erfindung genutzt werden, wobei einzelne Aminosäurerste der ErkennnungsSequenz ausgetauscht werden können, sofern dies die Erkennung durch ZapA nicht behindert.
Je nach Erregerart sind weitere Enzyme als aktivierende Faktoren denkbar. So kommen beispielsweise bei Protozoneninfektionen wie z.B. der durch .Entai7.oe.foa histolytica verursachten Amöbiasis spezifische Cysteinproteasen als aktivierende Enzyme in Betracht. Auch Protozoen wie Trypanosoma cruzi , Plasmodium fal - ciparum, Cryptosporidium parvum und Toxoplasma gondii synthetisieren extrazelluäre Cysteinproteasen, die in die Pathogen- itätsmechanismen des jeweiligen Organismus involviert sind. Als Virulenzfaktoren fungierende Cysteinproteasen konnten auch bei einigen Helminthen und Bakterien nachgewiesen werden.
Die Herstellung der erfindungsgemäßen Polypeptide kann sowohl mittels rekombinanter Verfahren als auch auf chemosynthetischem Wege erfolgen. Rekombinante ExpressionsSysteme, bei denen die für Polypeptide oder Peptide kodierende DNA in einen Vektor oder ein Phagemid kloniert wird, und die nach Einbringen in eine ge-
eignete Wirtszelle die heterologe Expression der kodierenden DNA konstitutiv oder nach Zugabe eines Induktors erlauben, sind im Stand der Technik vielfach beschrieben und umfassen u.a. das Baculovirus-Expressionssytem, das 6His-Expressionssystem und das MBP-Fusionsprotein-Expressionssystem.
Die Erfindung betrifft somit auch ein Verfahren zur Herstellung eines Polypeptids oder Polypeptidfragmentes nach einem der voranstehenden Ansprüche, bei dem man
(a) eine DNA, die für ein Polypeptid mit einer der in SEQ ID Nr.5 bis SQ ID Nr.8 angegebenen AminosäureSequenzen kodiert oder Fragmente oder Varianten derselben, in einen Vektor oder ein Phagemid kloniert;
(b) den Vektor oder das Phagemid der Stufe (a) in eine Zelle einbringt ; und
(c) die Zelle unter Bedingungen kultiviert, die eine Expression der DNA ermöglichen.
Die Klonierung kann beispielsweise ausgehend von epididymaler mRNA durch reverse Transkription und nachfolgender PCR-Amplifi- kation der entstandenen cDNA mit Hilfe der bei Fröhlich et al . (2000), Androl., 21, 421-30, beschriebenen Oligonukleotidpri- mer erfolgen. Alternativ kann, wie in DE 4002981 beschrieben, eine epididymale cDNA-Bibliothek als Ausgangspunkt für eine PCR dienen. Das gewünschte Fragment läßt sich mittels PCR ohne weiteres generieren (vgl. Beispiel 2).
Als Wirtszellen zur Anwendung in diesen Verfahren kommen euka- ryotische Zellen, wie beispielsweise Zellen von Trichoplusia ni ("high five"-Zellen; Parrington et al. (1997), Virus Genes, 14, 63-72) oder CHO-Zellen, sowie prokaryotische Zellen in Betracht, wobei E. coli besonders bevorzugt ist.
Die cDNA kann darüber hinaus anhand der bekannten Sequenzen auch synthetisch hergestellt werden.
Die chemische Synthese der erfindungsgemäßen Polypeptide kann nach im Stand der Technik beschriebenen Verfahren, beispielsweise mit Hife automatisierter Peptid-Synthesizer erfolgen (Bar- any und Merrifield, "Solid Phase Peptide Synthesis", in "The Peptides: Analysis, Synthesis, Biology" , Vol. 2, Ch.l, 3-284; Steward und Young (1984) , "Solid-Phase Peptides Synthesis, 2nd Ed.", Pierce Chemical Company, Rockford, III; Atherton und Shep- pard (1989), "Solid-Phase Synthesis - A Practical Approach" , Oxford University Press, Oxford) .
Die Polypeptide können nach der Synthese gemäß bekannten Verfahren modifiziert werden, beispielsweise durch die Einführung einer intramolekularen Disulfid-Brücke. Die Bildung einer intramolekularen Disulfid-Brücke zwischen zwei Cystein-Resten kann dabei durch Entfernung der Cystein-Schutzgruppe und nachfolgende Oxidation durch Luftsauerstoff erfolgen.
Dabei sollte darauf geachtet werden, daß der basische Charakter der jeweiligen Polypeptide erhalten bleibt.
Gegebenenfalls aus der Synthese resultierende, unerwünschte Eigenschaften der Polypeptide, wie beispielsweise eine geringe Löslichkeit, können mit Standardmethoden, die dem auf dem Gebiet der Proteinchemie tätigen Fachmann geläufig sind, begegnet werden. Zur Erhöhung der Löslichkeit der Polypeptide können z.B. löslichkeitsvermittelnde Substanzen wie beispielsweise DMSO oder Harnstoff zugesetzt werden.
Die erfindungsgemäßen Polypeptide können in linearer oder in cyklischer Form eingesetzt werden. Cyklische Polypeptide im Sinne der Erfindung können entweder partielle oder vollständig cyklische Struktur aufweisen.
Bei Polypeptiden mit partiell cyklischer Struktur liegt eine Verknüpfung freier reaktiver Seitengruppen von Aminosäuren innerhalb der Aminosäurekette mit der Folge einer intramolekularen Ringbildung vor, bei der jedoch mindestens einer der A ino- oder
Carboxy-Termini der Aminosäurekette nicht in die Ringbildung einbezogen sind. Beispielsweise führt die Bildung einer Disul- fidbrücke durch Reaktion zweier Cystein-Reste innerhalb der PrimärStruktur zu einem Polypeptid mit partiell cyklischer Struktur.
Bei Polypeptiden mit vollständig cyklischer Struktur sind die terminalen Aminosäuren an beiden Enden des Polypeptids in die Ringbildung einbezogen. Eine solche vollständige Cyklisierung eines Polypeptids kann beispielsweise durch eine Expression desselben mittels des IMPACT TM-TWIN-Systems (New England Biolabs, Schwalbach, Deutschland) künstlich erreicht werden (Evans et al. (1999) , Biopolymers, 51, 333-342) .
Schließlich können die erfindungsgemäßen Polypeptide als Oligo- mere, insbesondere als Dimere vorliegen.
Eine besonders bevorzugte Ausführungsform der Erfindung betrifft die Verwendung der die 30 C-terminalen Aminosäuren 74 bis 103 (bezogen auf die SEQ. ID. Nrn. 1 oder 2) umfassenden Fragmente gemäß den SEQ. ID. Nrn. 7 oder 8 als antimikrobielle Mittel.
Die 30 C-terminalen Aminosäuren des HE2α2-Polypeptids wurden im Rahmen der vorliegenden Erfindung sowohl in Form eines linearen Polypeptids, als auch in Form eines durch Einführung einer intramolekularen Disulfidbrücke partiell cyklisierten Polypeptids chemosynthetisch hergestellt (vgl. Figur 7; Beispiel 6) und hinsichtlich ihrer antimikrobiellen Aktivität untersucht.
Beide synthetischen Polypeptide erwiesen sich sowohl im Gel- Overlay-Assay als auch im Colony-Forming-Unit Assay als bakterizid gegenüber E. coli (vgl. Figuren 5 und 6; Beispiel 7) . Bei den Polypeptiden gemäß SEQ ID Nrn.7 oder 8 handelt es sich demgemäß um antimikrobiell wirksame Fragmente der erfindungsgemäßen Polypeptide. Aufgrund ihrer anti-mikrobiellen Eigenschaften werden die oben definierten erfindungsgemäßen Polypeptide zur Behandlung mikrobieller Infektionserkrankungen vorgeschlagen.
Im Rahmen der Erfindung bezeichnet der Begriff "Infektionserkrankung" sämtliche durch Mikroorganismen hervorgerufenen patho- genen Änderungen gegenüber dem Normalzustand im Körper von Mensch und Tier. Die erfindungsgemäß vorgeschlagenen Polypeptide liefern somit eine Alternative zu den bekannten Antibiotika, und sie können sowohl hinsichtlich der in Betracht kommenden Indikationen als auch hinsichtlich der Applikationsformen und Formulierungen auf analoge Weise zum Einsatz kommen.
Erfindungsgemäß fallen unter den Begriff "Mikroorganismus" Bakterien, Protozoen, Hefen, Viren etc., soweit diese in der Lage sind pathogene Veränderungen in Mensch und Tier hervorzurufen. Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist der die Infektionskrankheit verursachende Mikroorganismus ein Bakte- rium.
Die im Rahmen der vorliegenden Erfindung mit Hilfe von Gel-Re- tardations-Assays nachgewiesene Bindung der synthetischen HE2c-2- Polypeptide an Nukleinsäuren wie DNA, weist auf eine Aktivität der erfindungsgemäßen Polypeptide gegen DNA- und RNA-Viren hin.
Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist die Infektionserkrankung eine Erkrankung des Urogenital- Traktes .
Die erfindungsgemäßen Polypeptide eignen sich insbesondere für die parenterale Applikation, und sie können dementsprechend formuliert sein. Als parenterale Applikation werden vorliegend alle Applikationen bezeichnet, bei denen der Wirkstoff, d.h die erfindungsgemäß definierten Polypeptide, unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes in den Körper des Patienten eingebracht werden. Die parenterale Verabreichung kann beispielsweise subkutan, intravenös oder als Zäpfchen erfolgen. Die Polypeptide können zu diesem Zweck mit geeigneten Adjuvantien, Hilfs- und/oder Trägerstoffen formuliert werden. Geeignete Agentien sind im Stand der Technik bekannt. Erfindungsgemäß können auch Adjuvanzien desjenigen Typs zum Einsatz kommen, welche die Immunantwort im Körper
erhöhen. Beispiele hierfür sind Hydroxide verschiedener Metalle, wie Aluminiumhydroxid, Bestandteile der bakteriellen Zellwand, Öle, Saponine oder Cytokine.
Ferner können die erfindungsgemäßen Polypeptide auch für die lokale Applikation formuliert sein.
Die lokale Applikation umfasst im Rahmen der vorliegenden Erfindung u.a. das Aufbringen auf betroffene Körperoberflächen oder die Verabreichung mittels eines Inhalators . Formulierungen, die sich zur Inhalation eignen, können als Aerosol in Verbindung mit einem Treibgas wie Kohlendioxid in einem geeigneten Druckbehälter vorliegen. Bei Formulierungen von Polypeptiden zur topischen Applikation können diese beispielsweise in Gele, Emulsionen, Salben oder in transdermale Systeme eingebracht werden oder als Lösungen vorliegen, die z.B. bei entzündlichen Prozessen im Rachenbereich Anwendung finden können.
Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Beispielen erläutert:
Beispiel 1
Herstellung chemosynthetischer Polypeptide und Gewinnung von Anti-Polypeptid-Antiseren
Immunogene Fragmente der aus HE2 abgeleiteten Polypeptide wurden durch f-moc-Festphasenverfahren synthetisiert. Polyklonale Ka- ninchen-Anti-Polypeptid-Antiseren wurden durch Kupplung der Polypeptide über Cysteinreste an die TrägerSubstanz Keyhole- Limpet-Hämocyanin (KLH, Sigma, Deisenhofen, Deutschland) hergestellt. Um eine derartige Kupplung zu ermöglichen, wurde den Polypeptiden Pl (SEQ ID Nr.9) und P2 (SEQ ID Nr.10) bei der Synthese ein artifizieller Cystein-Rest am C-Terminus zugefügt; das Polypeptid P3 entsprach hinsichtlich seiner Sequenz den 30 C- terminalen Aminosäuren des HE2c-2-Polypeptids (SEQ ID Nr.8) und enthielt einen für diesen Zweck geeigneten N-terminalen Isoleu-
cinrest. Die Polypeptide P4 (SEQ ID Nr.11) und P5 (SEQ ID Nr.12) enthielten einen C-terminalen, endogenen Cysteinrest. Die Immunseren wurden nach 60, 90 und 125 Tagen der Immunisierung erhalten (Pineda Antikörper-Service, Berlin) . Eine monospezifische Reinigung der polyklonalen Antikörper wurde durch Kopplung der Polypeptide an Epoxy-aktivierte Sepharose 6B (Amersham-Pharma- cia-Biotech, Freiburg, Deutschland) und anschließender Affinitätschromatographie durchgeführt .
Beispiel 2
Herstellung von rekombinante HE2αl-Polypeptid in E. coli
Ein HE2o.l-cDNA-Fragment (SEQ ID Nr.15; Osterhoff et al . (1994), Biol. Repro., 50, 516-525), dem die für das Signalpeptid kodierende Region fehlte, und das demnach für ein Polypeptid gemäß SEQ ID Nr.3 kodierte (im folgenden als proHE2c-l bezeichnet), wurde in den Vektor pMAL-c2x (New England Biolabs, Schwalbach, Deutschland) subkloniert, nachdem mit Hilfe einer PCR eine Hindlll-Restriktionsschnittstelle am 3 ' -Ende generiert worden war. Als Sense-Oligonukleotid wurde das in SEQ ID Nr.13 dargestellte Oligonukleotid verwendet. Als Anti-Sense-Oligonukleotid wurde das in SEQ ID Nr.14 dargestellte Oligonukleotid verwendet. Fragmente, die am 3 ' -Ende mit HindiII geschnitten worden waren und stumpfe 5 ' -Enden aufwiesen, wurden in einen Zmnl/Hiidlll- verdauten Vektor ligiert . Das reko binante Plasmid wurde in DH5α.-Zellen amplifiziert und durch Sequenzierung bestätigt. Für die heterologe Expression des Polypeptids wurde der hinsichtlich cytosolischer Proteasen defiziente Stamm E. coli ER2508 (New England Biolabs) ausgewählt und transformiert. Transformierte Zellen wurden bis zu einer Zelldichte von 2 x 108 Zellen pro ml kultiviert, und die Expression wurde durch Zugabe von 3 mM IPTG induziert. Nach 3-stündiger Inkubation wurden die Zellen durch Zentrifugation abgeerntet, und das Pellet wurde in Säulenpuffer (20 mM TRIS-HC1, pH 7,4; 200 mM NaCl) resuspendiert. Die Zellen wurden durch Einfrieren über Nacht bei -20°C und nachfolgendem
Auftauen bei Raumtemperatur aufgeschlossen. Anschließend wurde die Suspension 7 Minuten lang mit Ultraschall behandelt und 30 Minuten lang bei 27000 x g zentrifugiert . Der Überstand wurde 1:5 mit Säulenpuffer verdünnt und auf eine Amylose-Säule geladen. Die Säule wurde mit 5 Volumen Säulenpuffer gewaschen und kompetitiv mit Säulenpuffer, welcher 10 M Maltose enthielt, eluiert. Der Überstand, der rekombinantes MBP-proHE2o.l-Fusions- protein enthielt, wurde gegen autoklaviertes, deionisiertes Wasser dialysiert und lyophilisiert .
Beispiel 3
Proteolytische Spaltung des mittels Affinitätschromatographie gereinigten MBP-proHE2αl-Fusionsproteins
MBP-proHE2α;l-Fusionsprotein wurde unter Verwendung von 1,5 U rekombinantem trunkiertem humanem Furin (New England Biolabs) pro μg Fusionsprotein in einem Reaktionspuffer aus 100 mM HEPES, pH 7,5 bei 25°C, 0,5% Triton-X-100, 2 mM CaCl2, 1 mM ß-Mercapto- ethanol 3h lang bei 30°C enzymatisch verdaut. Für den anschließenden Verdau mit Faktor Xa (New England Biolabs) wurde die entsprechenden Ansätze gekühlt und über Nacht bei Raumtemperatur mit 1 μg Faktor Xa pro 50 μg MBP-HE2αl inkubiert. Die Ansätze wurden mittels einer StrataClean-Säule (Stratagene) extrahiert, um salzfreie Proben für eine SDS-PAGE mit anschließendem Western-Blot und Immundetektion zu erhalten (Ziegler et al . (1997), Anal. Biochem. , 250, 257-260).
Bei der Western-Blot-Analyse mit nachfolgender Immundetektion wurden proteinhaltige Proben zunächst entweder mittels eines 15%igen Laemmli-Gels oder eines 16,5%igen TRIS-TRICINE-Gels, welches 6M Harnstoff enthielt, getrennt (Schägger und von Jagow (1987), Anal. Biochem., 166, 368-379) und anschließend in einem kontinuierlichen Puffersystem unter Verwendung eines semi-dry Blotters (Phase, Lübeck, Deutschland) auf PVDF-Membranen (Milli- pore, Eschborn, Deutschland) transferiert. Um die Effizienz des
Transfers der kationischen HE2-Polypeptide zu erhöhen, wurde die Standardtransfermethode wie bei Szewcyk und Kozloff (1985) , Anal. Biochem., 150, 403-407, beschrieben modifiziert. Die Immundetektion von Polypeptiden wurde nach Standardmethoden unter Verwendung des CL-HRP Substratsystems (Pierce Chemical Company, Rockford, IL) in einer Verdünnung von 1:10 und einem Röntgenfilm (Kodak) durchgeführt. Die Spezifität der Antikörperbindung wurde durch Kompetition bestätigt (Derr et al . (2001), Reproduction, 121, 435-446) . Entsprechende Polypeptid-Banden wurden bei Bedarf aus Coomassie-gefärbten Gelen ausgeschnitten und durch eine N- terminale Sequenzierung (TopLab, München, Deutschland) weiter analysiert.
Figur 4 zeigt das Ergebnis der Detektion unter Verwendung des P3-Antiserums. Es zeigte sich, daß das als Affinitätstag benutzte Maltose-Binde-Protein (MBP) ein sowohl theoretisch als auch durch SDS-PAGE bestimmbares Molekulargewicht von 42 KDa aufwies. Das MBP-proHE2c-l-Fusionsprotein besaß ein theoretisches Molekulargewicht von 50 KDa. Die obere Bande in Bahn 2, Figur 4 entsprach dem MBP-proHE2c-l-Fusionsprotein, welches noch nicht durch Furin verdaut worden war. Das apparente Molekulargewicht dieses großen Fusionsproteins konnte auf dem in Figur 4 dargestellten TRICIN-Gel nicht korrekt ermittelt werden, da es außerhalb des Peptidmarkerbereichs bandierte. Die Analyse des ungespaltenen MBP-proHE2αl mittels herkömmlicher 10% SDS-PAGE-Gele ergab jedoch ebenfalls ein apparentes Molekulargewicht von etwa 50 KDa für das Fusionsprotein. Nach Spaltung durch Furin resultierte das vollständig prozessierte HE2αl, welches ein theoretisches Molekulargewicht von 4,7 KDa besaß. Obwohl das apparente Molekulargewicht sich etwas kleiner als theoretisch erwartet darstellte, entsprach die untere Bande in Bahn 1 und 2 dem Furin-prozes- sierten HE2cl. Das proHE2c-l besaß ein theoretisches Molekulargewicht von 8,6 KDa. Die obere, im Western-Blot reaktive Bande in Bahn 1 entsprach dem proHE2 l, welches durch Spaltung des MBP- proHE2cl mit Faktor Xa-Protease freigesetzt und noch nicht durch Furin weiterprozessiert wurde.
Beispiel 4
Aufreinigung von proHE2αl an Superose 12 und anschließender Untersuchung der FPLC-Fraktionen auf antimikrobielle Aktivität.
Zur Aufreinigung von proHE2o.l zu wurde ein Aliquot des aus Beispiel 2 gewonnen MBP-proHE2αl-Fusionsproteins unter den in Beispiel 3 beschrieben Reaktionsbedingungen mit Faktor Xa, nicht aber mit Furin verdaut. Nach Abspaltung von proHE2αl vom Maltose-Binde-Protein (MBP) durch Faktor Xa wurden die beiden Spaltprodukte MBP und proHE2o.l durch Gelfiltration an Superose 12 (Amersham-Pharmacia Biotech) voneinander getrennt. Die Superose 12-Säule wurde an einer FPLC- (Fast Protein Liquid Chromatography) -Anlage (LKB-Bromma) betrieben. Als Laufpuffer wurde dabei 120 mM Ammoniumbicarbonat, pH 8.0 benutzt. Die aufgefangenen Fraktionen wurden über Nacht lyophilisiert . Durch den Unterdruck beim Lyophilisieren sublimierte das Ammoniumbicarbonat ebenfalls aus den Fraktionen, so daß nur Proteinbestandteile zurückblieben. Figur 9a zeigt die chronologisch auf dem Tricin- gel aufgetragenen Superose 12-FPLC-Fraktionen eines einzigen Laufs. Dabei zeigte sich, daß Fraktion 16 proHE2ofl-Polypeptid enthielt. Die Fraktionen 1 bis 17 von 4 Läufen wurden jeweils vereinigt und in einem herkömmlichen Radial-Diffusions-Assay auf antimikrobielle Aktivität gegen E. coli DH5o; untersucht. Es zeigte sich, daß keine der Fraktionen - auch nicht Fraktion 16 - antibiotische Aktivität besaß (Figur 9b) . Das proHE2o.l-Polypeptid weist somit keine antimikrobielle Aktivität auf.
Beispiel 5
Expression von reifem HE2αl im Baculovirus-Expressionssystem
Reifes HE2c-l wurde im Baculovirus-Expressionssystem rekombinant hergestellt. Es wurde ausgehend von dem in Beispiel 2 verwendeten HE2cl-cDNA-Fragment (SEQ ID Nr.15; Osterhoff et al . (1994), Biol. Repro. , 50, 516-525) ein Insertkonstrukt hergestellt, das
für reifes HE2o.l mit N-terminalem 6-Histidintag und Faktor Xa- Spaltstelle kodiert. Als Sense-Oligonukleotid wurde das in SEQ ID Nr.16 dargestellte Oligonukleotid verwendet. Als Anti-Sense- Oligonukleotid wurde das in SEQ ID Nr.17 dargestellte Oligonukleotid verwendet. Das Konstrukt wurde über die BamHI- und Hindlll-Restriktionsschittstelle in den pMelBac-Vektor (INVITRO- GEN) kloniert. Nach Co-Transfektion mit Bac-N-Blue-DNA wurde der virionenhaltige Kuturüberstand der transfizierten Zellen im Plaque-Assay auf das Vorkommen rekombinanter Virionen untersucht . Diese wurden vermehrt und für die gezielte Infektion von High-Five-Insektenzellen verwendet. Das rekombinante Protein wurde von den infizierten Zellen in den Kulturüberstand abgegeben und aus diesem über IMAC (Immobilized Metal Ion Affinity Chromatography) an einer Nickel-NTA-Säule aufgereinigt . Da das Insekten-Kulturmedium niedermolekulare Komponenten (u.a. Histi- din) enthielt, die die Nickel-IMAC stören, wurden die Kulturüberstände vor der IMAC-Reinigung mit Aceton präzipitiert und in destilliertem Wasser resuspendiert. Das gereinigte 6-Histidin- HE2c-l-Fusionspolypeptid wurde durch Faktor Xa-Spaltung vom Hi- stidintag befreit. Danach lag das reife HE2αl-Polypeptid vor, das durch RP-HPLC (Reversed Phase-High Performance Liquid Chromatography) an einer C4-Säule schließlich zur Homogenität aufgereinigt wurde. Das reife HE2c-l-Polypeptid erwies sich wie erwartet in einem herkömmlichen Radial-Diffusions-Assay als antimikrobiell aktiv gegen E. coli DH5α.
Beispiel 6
Herstellung chemosynthetischer HE2α2-Polypeptidfragmente
Ein aus den 30 C-terminalen Aminosäuren der HE2o.2-Polypeptidva- riante bestehendes Fragment wurde chemisch nach f-moc Festphasenmethoden synthetisiert. Um neben dem linearen Polypeptidfrag- ment auch eine partiell cyklische Form desselben zu erhalten, wurde nach Standardmethoden eine Disulfidbrücke in das lineare HE2C-2-Polypeptidfragment eingeführt. Es ließ sich feststellen,
daß das lineare HE2o.2-Polypeptidfragment aufgrund seiner freien Cystein-Reste zur Aggregatbildung neigte (vgl. Figur 5a, Bahn 1) . Das partiell cyklisierte Fragment zeigte eine geringe Löslichkeit in Wasser und wurde daher in einer Mischung von 99,5% Dirnethylsulfoxid/0,5% Trifluoressigsäure gelöst. Beide HE2o.2- Polypeptidfragmente wurden im folgenden auf eine antimikrobielle Aktivität untersucht .
Beispiel 7
a) Nachweis der antibakteriellen Aktivität des HE2o.2-Polypep- tidfragment
Der Nachweis der antimikrobiellen Aktivität erfolgte mittels eines Gel-Overlay-Assays wie bei Lehrer et al. (1991), J Immunol Methods, 137, 167-173, beschrieben. E. coli DH5σ.-Bakterien wurden über Nacht 18 h lang bei 37°C zur Vorkultur in 3 ml Luria- Bertani (LB) -Medium (10 g/1 Bacto-Trypton, 5 g/1 Hefeextrakt, 5 g/1 NaCl, pH 7,2) angezogen. Um eine logarithmisch wachsende Kultur zu erhalten, wurden 50 μl dieser Bakteriensuspension in 50 ml frisches LB-Medium überimpft, und weitere 2,5 h lang bei 37°C inkubiert. Anschließend wurden die Bakterien abzentrifu- giert und in 10 ml mM Na3P04, pH 7,2, resuspendiert. Anschließend wurde die optische Dichte der Suspension bei 620 nm gemessen. Auf Basis der Beziehung OD620 0,2 = 5 x 10 CFU/ml wurde ein Volumen mit 4 x 106 CFU zu 10 ml 40°C warmen LB-Medium in 10 mM Na3P04, pH 7,2 mit 1 % Agarose (MetaPhor, Biozym, kleine Elek- troendomose (EEO) , niedriger S04 2"-Gehalt) gegeben und gut gemischt. Mit dem E. coli-haltigen Agar wurden Platten gegossen. Der bakterienhaltige Agar sollte eine Dicke von 2-3 mm haben. Die das Polypeptidfragment enthaltenden Proben wurden mittels einer kontinuierlichen Essigsäure-Harnstoff-Polyacrylamid-Gel- elektrophorese (CAU-PAGE) aufgetrennt. Danach wurde das Gel in 10 mM Na3P04, pH 7,2, 20 min lang gewaschen bis der pH des Gels 7,2 erreicht hatte. Anschließend wurde das Gel auf die vorbereitete Agarplatte gelegt und 3 h lang bei 37°C inkubiert. Nach
Abschluß der Inkubation wurde das Gel entfernt und der Agar mit 2 % Agarose (MetaPhor, Biozym) in LB-Medium überschichtet und über Nacht 16 h lang inkubiert. Die Banden antimikrobiell aktiver Proteine und Peptide waren als Hemmhöfe im Agar deutlich zu erkennen. Der Farbstoff Kristallviolett diente dabei als Posi- tivkontrolle .
Die Ergebnisse des Gel Overlay Assays sind in Figur 5b dargestellt. Es zeigte sich, daß sowohl die lineare Form als auch die partiell cyklisierte Form des die 30 C-terminalen Aminosäuren von HE2c-2 umfassenden Fragments eine antimikrobielle Wirkung gegen E. coli aufweisen. Im Essigsäure-Harnstoff-Polyacrylamid- Gel ließ sich erkennen, daß die lineare Form des Fragments trotz homogener Masse in ESI-MS-Untersuchungen mehrere Banden im Gel zeigte, was auf eine Oligomerbildung schließen ließ. Ein großer Teil der partiell cyklischen Moleküle wurde im oberen Teil des Gels unscharf getrennt, während im unteren Bereich des Gels mehrere einzelne Banden zu erkennen waren, was wiederum auf Oligomerbildung hinweist. Im Overlay-Assay entsprachen die Bereiche, in denen eine Lyse der Zellen zu verzeichnen war, den unteren Bereichen des Gels. Die Aggregate im oberen Bereich des Gels zeigten kein Abtötungsvermögen (vgl. Figur 5b) .
b) Quantifizierung der antibakteriellen Aktivität
Der Colony-Forming Unit Assay erfolgte unter Verwendung des Testorganismus E. coli DH5o. (Life Technologies Inc., Rockville, USA) . E. coli DH5c--Bakterien wurden über Nacht 18 h lang bei 37°C zur Vorkultur in 3 ml Luria-Bertani-Medium (LB) angezogen. Um eine logarithmisch wachsende Kultur zu erhalten, wurden 50 μl dieser Bakteriensuspension in 50 ml frisches LB-Medium überimpft, und bei 37°C inkubiert bis eine OD620 von 0,2 erreicht wurde. Die Bakterien wurden dann 1:104 mit 10 % LB-Medium in 10 mM Na3P04, pH 7,2 verdünnt. Je 100 μl dieser Bakteriensuspension wurden mit je 11 μl einer Lösung des HE2c-2-Polypeptidfrag- ments definierter Konzentration 3 h lang bei 37°C inkubiert.
Nach 1:10-Verdünnung mit 10 mM Na3P04, pH 7,2 wurden je 100 μl jeder Probe auf LB-Agar ausplattiert und über Nacht bei 37°C inkubiert. Die Kolonien pro Platte wurden gezählt, um eine anti- biotische Aktivitätskurve zu erstellen. Die Grenze der Detek- tierbarkeit in diesem Assay entsprach 10 CFU/ml.
Das Ergebnis der Quantifizierung der Aktivität ist in Figur 6 gezeigt. Wie der Figur zu entnehmen ist, war eine Konzentration von weniger als 70 μg/ml sowohl des linearen als auch des partiell cyklischen, synthetischen HE2c-2-Polypeptidfragments bei einer Natriumkonzentration von 20 mM ausreichend, um 90% einer Kultur von E. coli DH5c- abzutöten.
Beispiel 8
Gel Retardations-Assays
Um zu überprüfen, ob die erfindungsgemäßen Peptide direkt mit freien Nukleinsäuren in Wechselwirkung treten, wurden Gel-Re- tardations-Assays wie bei Park et al . (1998), Biochemical and Biophysical Research Communications, 244, 253-257, beschrieben, durchgeführt. Jeweils 300 ng eines 500 bp-PCR-Amplifikates, das nicht mit den erfindungsgemäßen Polypeptiden oder deren kodierenden Nukleinsäuren verwandt ist, wurde mit steigenden Konzentration des linearen HE2o.2-Polypeptidfragments oder einem als Negativkontrolle dienendem Peptid (Pl, vgl. SEQ ID Nr.9) in 20 μl Bindungs-Puffer (5% Glycerol, 10 mM Tris-HCl (pH 8,0), 1 mM EDTA, 1 mM DTT, 20 mM KC1 und 50 μg/ml BSA) für 1 h bei Raumtemperatur inkubiert. Anschließend wurden 4 μl nativer Ladepuffer (10% Ficoll 400, 10 mM Tris-HCl (pH 7,5), 50 mM EDTA, 0,25% Bromphenol-Blau und 0,25% Xylen-Cyanol) zugesetzt. 12 μl der Probe wurden auf einem l%igen Agarose-Gel unter Verwendung eines 0,5xTris-Borat-Laufpuffers getrennt.
Wie in Figur 8 gezeigt, konnte bei Inkubation des DNA-PCR-Am- plifikats mit dem als Negativkontrolle verwendeten synthetischen
Peptid Pl auch bei Verwendung der höchsten Peptid-Konzentration keine Interaktion zwischen DNA und Peptid beobachtet werden, die sich in einer Abnahme der Bandenintensität des besagten Amplifi- kats äußert. Hingegen waren bereits 1,2 μg des HE2σ.2-Polypeptid- fragments ausreichend, um eine vollständige Verschiebung der Amplifikat-Bande im Agarose-Gel zu bewirken ( "Gel-Shift") .