Schüttelmaschine und Fermentieranlage
Die Erfindung betrifft eine Schüttelmaschine zur biologischen Fermentation mit einem Antrieb zur Erzeugung einer Schüttelbewegung eines horizontalen Schütteltablars mit mindestens einer darauf angeordneten Flüssigkeitsträgerplatte. Des weiteren betrifft die Erfindung eine Anordnung von mehreren Schüttelmaschinen zu einer Fermentieranlage.
Der Begriff Fermentation bezeichnet Prozesse, die sich mit der Gewinnung von Biomasse aus Mikroorganismen und Zellen sowie der Gewinnung hoch- und niedermolekularer Zellprodukte befassen. Zur Durchführung dieser Prozesse kommen Fermenter zum Einsatz. Für die besonders wichtigen Submersverfahren, bei denen die Mikroorganismen in der Nährlösung suspendiert sind, werden meist geschlossene Behälter aus Edelstahl verwendet, die u.a. mit Vorrichtungen zur Durchmischung und Kühlung sowie für die Zuführung von steriler Luft, Nähr- und Impflösungen ausgestattet sind. Um die idealen Kulturbedingungen der Mikroorganismen für eine biologische Fermenta- tion zu bestimmen, werden zunächst unterschiedliche Testansätze mit Hilfe von Schüttelmaschinen mit sehr großen Schütteltablars untersucht, auf denen mehrere Flüssigkeitsträgerplatten oder Erlenmeyerkolben angeordnet sind. Zur Steuerung der Fermentation in den unterschiedlichen Flüssigkeitsträgerplatten, insbesondere zu deren individueller Entnahme, zur nachträglichen Zugabe von Nährstoffen und/oder Induktoren sowie zur Probenentnahme muss der Schüttelprozess unterbrochen werden, was sich aufgrund der unterbrochenen Durchmischung und Sauerstoffzufuhr nachteilig auf die übrigen Testansätze auswirken kann. Eine Überwachung der Kulturen der verschiedenen Testansätze während des Schüttelvorgangs ist nicht möglich. Die Sauerstoffzufuhr wird durch die Schüttelfrequenz und Temperatur bestimmt, die für sämtliche Flüssigkeitsträgerplatten auf einem Schütteltablar
gleich sind. Unterschiedliche Kulturen haben jedoch einen unterschiedlichen Sauerstoffbedarf .
Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Schüttelmaschine vorzuschlagen, die besonders geeignet ist, um automatisiert die Kulturbedingungen von unterschiedlichen Kulturen für einen Produktionsprozess zu ermitteln.
Die Lösung dieser Aufgabe basiert auf dem Gedanken, nicht nur eine freie Zugänglichkeit zu der Oberseite des horizontalen Schütteltablars zu gewährleisten, sondern darüber hinaus eine freie Zugänglichkeit zu dessen Unterseite, die beispielsweise eine Überwachung der Fermentation ermöglicht, ohne dass eine Unterbrechung der Schüttelbewegung notwendig ist.
Im einzelnen wird diese Aufgabe bei einer Schüttelmaschine der eingangs erwähnten Art dadurch gelöst, dass sich zumindest eine Teilfläche des Schütteltablars in horizontaler Richtung über den Antrieb hinaus erstreckt und jede Flüssigkeitsträgerplatte auf dieser Teilfläche angeordnet ist. Eine alternative Lösung besteht darin, dass sich die gesamte Fläche des Schütteltablars neben dem Antrieb befindet.
Durch die vorgeschlagenen Maßnahmen wird erfindungsgemäß erreicht, dass zu keiner Zeit die freie Sicht von der Unterseite des Schütteltablars auf die Flüssigkeitsträgerplatten durch den Antrieb verdeckt wird, wenn die Flüssigkeitsträgerplatte und das Schütteltablar in an sich bekannter Weise zu- mindest teilweise aus transparentem Material bestehen.
Alternativ kann das Schütteltablar mindestens eine von einem Auflagerand für die Flüssigkeitsträgerplatte gesäumte Öffnung aufweisen, durch die die freie Sicht von der Unterseite auf die Flüssigkeitsträgerplatte gewährleistet wird.
Die freie Zugänglichkeit von der Unterseite kann auch dazu genutzt werden, um die Fermentation, insbesondere die Sauerstoffzufuhr der Kulturen in den
Flüssigkeitsträgerplatten gezielt steuern zu können. Zu diesem Zweck ist nicht nur die Schüttelfrequenz und die
Amplitude bzw. der Orbit der Schüttelbewegung veränderlich, sondern darüber hinaus die Temperatur der Kulturflüssigkeiten in den Flüssigkeitsträgerplatten. In vorteilhafter Ausgestaltung der Erfindung ist zur Veränderung der Temperatur an der Unterseite des Schütteltablars jeder Schüttelmaschine eine Heiz- und/oder Kühleinrichtung angeordnet.
Wenn die Heiz- und/oder Kühleinrichtung in Leichtbauweise ausgeführt ist, kann sie vorteilhaft fest mit dem Schütteltablar verbunden sein. Bei schwereren Heiz- und/oder Kühleinrichtungen mit höherer Leistung ist es jedoch problematisch, wenn diese die Schüttelbewegung mitvollziehen. In diesen Fällen empfiehlt es sich, dass die ortsfeste Heiz- und/oder Kühleinrichtung eine horizontale Oberfläche aufweist und die Unterseite des Schütteltablar als Gleitfläche ausgebildet ist, die auf der horizontalen Oberfläche während der Schüttelbewegung gleitet.
Die Wärmeübertragung von der Heiz- und/oder Kühleinrichtung zu den Flüssigkeitsträgerplatten kann beispielsweise über einen Gasstrom oder aber Wärmeleitung erfolgen. Erfolgt die Wärmeübertragung mittels eines Gasstroms, weisen die Unterseite des Schütteltablars und die horizontale Oberfläche der Heiz- und/oder Kühleinrichtung zweckmäßigerweise Verbindungsöffnungen auf, deren Form und Anordnung so gewählt wird, dass die Verbindungsöffnungen auch während der Schüttelbewegung ständig zumindest teilweise überlappen.
Alternativ kann die Wärmeenergie jedoch auch durch einen Wärmeleiter, insbesondere durch Ausbildung der Gleitfläche als
thermisch gut leitende Materialschicht, beispielsweise aus Metall ausgebildet sein.
Sofern die Temperaturführung der Kultur sowohl den Eintrag einer Heiz- als auch einer Kühlleistung erfordert, kommt als Heiz-/Kühlelement vorzugsweise ein Peltier-Element zum Einsatz, über das sowohl eine Erwärmung als auch Abkühlung eines Gasstromes mit elektrischer Leitung bewirkt werden kann.
Alternativ kann das Heizelement als Widerstandsheizung ausgeführt sein. Die Kühlung kann in diesem Fall durch eine Zufuhr von unterkühltem Flüssiggas, beispielsweise Stickstoff erfolgen.
Um den Temperaturverlauf während der Fermentation individuell anpassen zu können, ist in vorteilhafter Ausgestaltung der Erfindung die Heiz-/Kühleinrichtung mit einer programmierbaren Steuerung verbunden.
Ein unkontrollierter Zu- und/oder Abfluss von Wärmeenergie lässt sich vermeiden, indem entweder die gesamte Schüttelmaschine in einer Klimakammer oder zumindest auf dem Schütteltablar eine wärmeisolierende Abdeckung für die Flüssigkeitsträgerplatten angeordnet ist.
Um die idealen Wachstumsbedingungen von Kulturen für einen großtechnischen Produktionsprozess in möglichst kurzer Zeit festzustellen, sind in vorteilhafter Ausgestaltung der Erfindung mehrere der Schüttelmaschinen in einer Fermentieranlage angeordnet. Vorteilhaft weist die Fermentieranlage mindestens eine Klimakammer auf, in der mehrere Schüttelmaschinen, insbesondere paarweise zu einer Batterie zusammengefasst sind. In jeder Klimakammer können unterschiedliche Temperaturprofile, insbesondere mittels einer programmierbaren Steuerung eingestellt werden.
Die Automatisierung der Fermentation unterschiedlicher Kulturen in einer derartigen Fermentieranlage wird durch die beid- seitige Zugänglichkeit des Schütteltablars begünstigt.
Von der Oberseite können beispielsweise die Flüssigkeitsträgerplatten problemlos mittels eine Roboters gehandhabt werden, während die frei zugängliche Unterseite eine automatisierte Beobachtung der einzelnen Kulturen zulässt, beispielsweise durch berührungslose optische oder thermische Meßmethoden. Die zu einer Batterie zusammengeschalteten
Schüttelmaschinen ermöglichen darüber hinaus eine freie Wahl des Zeitpunktes zur Füllung und Entleerung der jeweils auf einer Schüttelmaschine angeordneten Flüssigkeitsträgerplatten sowie des Beginns und Endes jeder Fermentation.
Nachfolgend wird die Erfindung anhand der Zeichnungen des näheren erläutert. Es zeigen
Figur 1 eine geschnittene Vorderansicht einer Schüttelma- schine,
Figur 2 eine geschnittene Seitenansicht der Schüttelmaschine nach Figur 1,
Figur 3 eine Einzelheit der Schüttelmaschine nach den Figuren 1 und 2 ,
Figur 4 eine geschnittene Vorderansicht eines weiteren Ausführungsbeispieles einer Schüttelmaschine,
Figur 5 eine geschnittene Seitenansicht der Schüttelmaschine nach Figur 4 ,
Figur 6 eine Einzelheit der Schüttelmaschine nach den Fi- guren 4 und 5,
Figur 7 die Anordnung einer erfindungsgemäßen Schüttelmaschine in einer Fermentieranlage in geschnittener Seitenansicht.
Die insgesamt mit 1 bezeichnete Schüttelmaschine besteht aus einem Antrieb 2 zur Erzeugung einer orbitalen Schüttelbewegung eines horizontal angeordneten Schütteltablars 3. Auf dem Schütteltablar 3 befindet sich ein Isolationseinsatz 4, der zwei Flüssigkeitsträgerplatten 5 aufnimmt. Der Isolationsein- satz 4 kann beispielsweise aus Hartschaum bestehen. Die
Flüssigkeitsträgerplatten 5 können in den Isolationseinsatz 4 entweder manuell oder insbesondere automatisch, beispielsweise mittels eines Roboters eingesetzt werden. Oberhalb der Flüssigkeitsträgerplatten 5 befindet sich eine wärmeisolie- rende Abdeckung 6, die auf dem umlaufenden Rand 7 des Isolationseinsatzes 4 aufliegt. Auch für die Abdeckung 6 bietet sich Hartschaum wegen seines geringen Gewichtes als Isolationsmaterial an.
An der Unterseite des Schütteltablars 3 befindet sich eine ortsfeste Heiz- und Kühleinrichtung 8, die eine ebene horizontale Oberfläche 9 aufweist, auf der die Unterseite des Schütteltablars 3 während der Schüttelbewegung gleitet.
Wie insbesondere aus Figur 3 ersichtlich, weist die Oberfläche 9 der Heiz- und Kühleinrichtung Verbindungsöffnungen 11 auf, die während der Schüttelbewegung ständig mit den deutlich größeren Verbindungsöffnungen 12 in der Gleitfläche des Schütteltablars 3 korrespondieren. Das Schütteltablar 3 bewegt sich aus der in Figur 3 dargestellten Position lediglich um den zweifachen Betrag der Stecke a bzw. b in x- und y-Richtung. Bei dem gezeigten Ausführungsbeispiel ist damit ständig eine vollständige Überlappung der Verbindungsöffnungen 11, 12 gewährleistet.
In der Heiz-/Kühleinrichtung 8 sind Heiz-/Kühlelemente 13, 14 angeordnet, deren Energie von einem mittels eines Gebläses 15 erzeugten Gasstrom 16 durch die Verbindungsöffnungen 11, 12 zu den Flüssigkeitsträgerplatten 5 und von dort zurück zur Heiz- und Kühleinrichtung 8 geleitet wird.
Der Isolationseinsatz 4 besitzt in der Figur nicht dargestellte Durchtrittsöffnungen, die eine ungehinderte Zirkulation des Gasstromes 16 zwischen den Flüssigkeitsträgerplatten 5 und der Heiz- und Kühleinrichtung 8 erlauben.
Die sich in horizontaler Richtung ständig über den hier in einem Gehäuse angeordneten Antrieb 2 hinaus erstreckende Teilfläche c des Schütteltablars 3 ermöglicht es erstmals, an dessen Unterseite eine Heiz- und Kühlreinrichtungen 8 anzuordnen.
Figur 4 zeigt eine übereinstimmend aufgebaute Schüttelmaschine wie Figur 1, jedoch mit einer Heiz- und Kühleinrich- tung 17, die fest mit dem Schütteltablar 3 verbunden ist.
Demzufolge vollzieht die Heiz- und Kühleinrichtung 17 die orbitale Schüttelbewegung des Schütteltablars 3 mit. Es ist daher erforderlich, dass die Heiz- und Kühleinrichtung 17 ein geringes Gewicht aufweist. Hierzu tragen die in Figur 5 ange- deuteten Peltier-Elemente 18 bei, an denen mittels zweier
Miniventilatoren 19 ein Gasstrom 21 vorbeigeführt wird, der ebenfalls über Verbindungsöffnungen 11, 12 zu den Flüssigkeitsträgerplatten 5 geführt wird. Die Stromversorgungen der Peltier-Elemente 18 sowie der beiden Miniventilatoren 19 er- folgt über eine flexible Zuleitung 22.
Figur 7 zeigt in der Schnittdarstellung zwei unmittelbar nebeneinander angeordnete erfindungsgemäße Schüttelmaschinen 1, die auf einem Tragrahmen 23 angeordnet sind. In der Bildebene hinter den dargestellten Schüttelmaschinen 1 befinden sich in gleicher Anordnung beispielsweise 20 weitere Paare von
Schüttelmaschinen 1, deren Schütteltablare 3 beispielsweise jeweils mit zwei Flüssigkeitsträgerplatten 5, insbesondere Mikrotitrationsplatten versehen sind. Sämtliche Schüttelmaschinen 1 sind in einer Klimakammer 24 angeordnet, in der oberhalb der beiden Schüttelmaschinen 1 ein Greifer 25 quer und in Längsrichtung der Klimakammer verfahrbar angeordnet ist. Zu diesem Zweck ist der Greifer 25 an einem Teleskoparm 26 an einer Traverse 27 verfahrbar geführt. Die Traverse 27 wiederum ist an einer senkrecht zu ihr verlaufenden Führungs- schiene 29 verschieblich angeordnet, um die in der Klimakammer 24 weiter vorn bzw. hinten angeordneten Schüttelmaschinen 1 mit dem Greifer erreichen zu können.
Seitlich von dem Tragrahmen 23 erstrecken sich nach oben ab- gewinkelte Halteelemente 31 mit einem Tragelement 32 mit jeweils 4 Messköpfen 33, die sich in einer horizontalen Ebene unterhalb des Schütteltablars 3 jeder Schüttelmaschine 1 befinden.
Die Messköpfe 33 erlauben eine ständige Überwachung der Kulturen, insbesondere ohne Unterbrechung der Schüttelbewegung durch den Antrieb 2.
In dem dargestellten Ausführungsbeispiel erfolgt die Wärmezu- fuhr zu den Kulturen nicht über eine an der Unterseite des
Schütteltablars 3 angeordnete Heiz- und Kühleinrichtung, sondern über zwei deckennah in der Klimakammer 24 angeordnete Gebläse 34 sowie einem bodenseitig in der Klimakammer 24 angeordneten zentralen Luftabzug 35.
Die Anordnung zahlreicher Schüttelmaschinen 1 in einer gemeinsamen Klimakammer 24 mit automatisierter Handhabungsvorrichtung ermöglicht es, einzelne Flüssigkeitsträgerplatten 5 von einem Schütteltablar 3 zu entfernen, ohne die Schüttelbe- wegung anderer Flüssigkeitsträgerplatten 5 zu unterbrechen. Dies erlaubt unterschiedliche Füllungs- und Entleerungszeit-
punkte der jeweils auf einem Schütteltablar befindlichen Flüssigkeitsträgerplatten und unterschiedliche Start- und Endzeiten der parallel ablaufenden Fermentationen.
Bezugszeichenliste