Kolbenkompressor mit einem dynamischen Massenausgleich im Bereich der Kurbeltriebe, insbesondere für Schienenfahrzeuge (Ausgleichspleuel)
Die Erfindung betrifft einen Kolbenkompressor mit einem dynamischen Massenausgleich im Bereich der Kurbeltriebe, insbesondere für Schienenfahrzeuge, der im wesentlichen aus einer eine Drehbewegung erzeugenden Antriebseinheit und einer nachgeschalteten Verdichtereinheit besteht, welche im wesentlichen aus mehreren von an einem Gehäuse für eine Kurbelwelle angeordneten topfartigen Zylindern mit jeweils zugeordneten Kolben besteht, wobei die über die Antriebseinheit angetriebene Kurbelwelle ihre Drehbewegung über je ein Pleuel in eine lineare Bewegung für den zugeordneten Kolben zum Komprimieren von Luft umwandelt.
Auf dem Gebiet des Schienenfahrzeugbaus kommt in zunehmendem Maße Leichtbau zur Anwendung. So werden Wagenkastenstrukturen aus Aluminium- Strangpressprofilen oder Trägerstrukturen aus Dünnblech eingesetzt, die jedoch häufig eine Anzahl von Eigenfrequenzen nahe der Drehzahl des Kolbenkompressors der Luftbeschaffungsanlage aufweisen, wobei über dabei auftretende Resonanzerscheinungen größere Schwingungsamplituden in einem störenden, mit menschlichen Sinnesorganen wahrnehmbaren Frequenzbereich entstehen. Häufig können mit herkömmlichen Kolbenkompressoren bestehende Spezifikationen über zulässige Körperschallpegel nicht eingehalten werden. In Folge dessen ist der Einsatz von Kolbenkompressoren oft kritisch, so daß bisher vermehrt andere, aufwendigere Verdichterarten - beispielsweise Rotationsverdichter - zum Einsatz gebracht werden mußten. Um einen ausgeglichenen, d.h. schwingungsarmen, Lauf des Kolbenkompressors zu erzielen, werden in der Praxis gewöhnlich Zusatzmassen verwendet, die auf der Kurbelwelle angeordnet sind, damit ein dynamischer Massenausgleich erfolgt.
Als Kolbenkompressor kommen in verschiedenen Industriebereichen vermehrt trockenlaufende Kolbenkompressoren zum Einsatz, die daher allgemein bekannt sind. Ein trockenlaufender Kolbenkompressor arbeitet in seiner Verdichtereinheit ohne ein im Gehäuse befindliches Schmieröl. Stattdessen wird die Schmierung an der Kolbenlaufbahn durch eine besonders reibungsarme dynamische Dichtungsanordnung
ersetzt. Alle drehenden Bauteile sind üblicherweise wälzgelagert. Die gekapselten Wälzlager werden dabei mit einer temperaturbeständigen langlebigen Fettfüllung versehen. Im Ventilbereich werden gleitgeführte Bauteile weitestgehend vermieden. Durch die Summe dieser Maßnahmen ist eine Ölschmierung in der Verdichtereinheit entbehrlich. Folglich kann beispielsweise auch die Gefahr einer Verölung der von der Verdichtereinheit erzeugten Druckluft ausgeschlossen werden, was insbesondere im Schienenfahrzeugbau vorteilhaft ist. Durch den Wegfall eines Ölkreislaufs und größerer zusätzlicher Ausgleichsmassen kann ein trockenlaufender Kolbenkompressor besonders leichtbauend ausgeführt werden.
Die vorliegende, eine dynamische Massenausgleichsanordnung für den Kurbeltrieb eines Kolbenkompressors beinhaltende Erfindung ist sowohl bei einem ölge- schmierten Kolbenkompressor oder insbesondere bei dem vergleichsweise leichteren, trocken laufenden Kolbenkompressor anwendbar, der mit mehreren Zylindern ausgestattet ist, wie dies beispielsweise bei einem allgemein bekannten Kolbenkompressor mit Niederdruck- und Hochdruckstufe der Fall ist. Hierbei ist eine symmetrische Anordnung der bewegten Massen nicht möglich, so daß der überzählige Kurbeltrieb durch weitere Zusatzmassen auszugleichen ist. Eine Anordnung dieser weiteren Zusatzmassen an der Kurbelwelle, d.h. in radialer Nähe zur Drehachse, ist aus dynamischen Gründen deshalb nachteilig, weil die Gesamtmasse des Kolbenkompressors dadurch unverhältnismäßig groß wird, was dem vorstehend erläuterten Leichtbautrend entgegensteht.
Es ist bereits versucht worden, einen Massenausgleich durch Generierung weiterer Kolbenvarianten zu schaffen, wodurch jedoch der Konstruktions- und Herstellungsaufwand für den Kolbenkompressor in nachteiliger Weise ansteigt.
Es ist die daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine dynamische Massenausgleichsanordnung für einen gattungsgemäßen Kolbenkompressor zur Minimierung der im Betrieb erzeugten Schwingungen zu schaffen, die auf einfache Weise einen wirksamen dynamischen Massenausgleich bei möglichst leichtbauender Ausführung gestattet.
Die Aufgabe wird ausgehend von einem Kolbenverdichter gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 in Verbindung mit dessen kennzeichnenden Merkmalen gelöst. Die nachfolgenden abhängigen Ansprüche geben vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung wieder.
Die Erfindung schließt die technische Lehre ein, daß zum dynamischen Massenausgleich mindestens ein Ausgleichspleuei mit einer Zusatzmasse vorgesehen ist, dessen auf der Pleuelachse gelegener Schwerpunkt gegenüber den übrigen, eine gerade Anzahl ergebenden und leichteren Pleuel in Richtung des kolbenseitigen Endes hin verschoben ist.
Die erfindungsgemäße Lösung hat den Vorteil, daß zum Massenausgleich bei einer aus mehreren, vorzugsweise ungeradzahligen Anzahl von Zylindern bestehenden Verdichtereinheit eine nur relativ geringe Zusatzmasse am überzähligen, d.h. an dem die Unsymmetrie verursachenden, Kurbeltrieb erforderlich ist, die in dynamisch vorteilhafter Weise am kolbenseitigen Ende des Ausgleichspleuels angeordnet ist, so daß durch diese örtlich kurbelwellenferne Konzentration der Masse der oszillierende Massenanteil des Pleuels stark erhöht wird.
Vorzugsweise liegt auf der Pleuelachse vom kolbenseitigen Ende her gesehen der Schwerpunkt des Ausgleichspleuels im Abschnitt von bis zu 55% der Pleuellänge. In diesem Abschnitt kann ein gut wirksamer Massenausgleich beobachtet werden. Der Wirkungsgrad des Massenausgleichs nimmt jedoch mit einer Konzentration der Zusatzmasse zum kolbenseitigen Ende hin zu. Herkömmliche Pleuel weisen dagegen eine Massekonzentration von ca. 1/3 zum kurbelwellenseitigen Ende hin auf, da das Material eines herkömmlichen Pleuels an dieser Stelle eine im Durchmesser große Ausnehmung zur Aufnahme des kurbelwellenseitigen Wälzlagers umgibt. Dies führt zu einer kurbelseitigen Massekonzentration.
In besonders vorteilhafter Weise ist die Zusatzmasse am Ausgleichspleuel durch die geometrische Gestalt bestimmende Materialanformungen ausgebildet. Insoweit ist eine einfache einstückige Herstellung des Ausgleichspleuels im Gußverfahren möglich.
Alternativ dazu kann im Rahmen der vorliegenden Erfindung die Zusatzmasse am Ausgleichspleuel auch durch ein oder mehrere Zusatzmassenelemente gebildet werden, die lösbar oder unlösbar mit dem Ausgleichspleuel verbunden sind. Die Verbindung muß dabei den im Betrieb auftretenden hohen Wechselkräften standhalten und ist gegebenenfalls gegen ein selbsttätiges Lösen zu sichern. Im Falle einer lösbaren Verbindung kann diese kraftschlüssig mittels einer Verschraubung oder formschlüssig mittels einer Befestigung nach Art einer Verkeilung hergestellt werden. Im Fall einer unlösbaren Verbindung eines Zusatzmassenelementes am Ausgleichspleuel eignet sich insbesondere eine Verschweißung oder gegebenenfalls auch eine Verklebung oder dergleichen. Es ist auch denkbar, das Ausgleichspleuel aus einem Leichtmetall - wie Aluminium - herzustellen, wobei hieran schwerere Massesstücken - beispielsweise Stahl - angeschraubt oder eingegossen oder in andere Weise befestigt werden.
Hinsichtlich der konstruktiven Gestaltung weist das Ausgleichspleuel vorzugsweise einen im wesentlichen V-förmig ausgebildeten und sich kolbenseitig erweiternden sowie symmetrischen Schaftabschnitt auf. Um eine noch bessere dynamische Masseverteilung zu erzielen, kann gemäß einer weiteren die Erfindung verbessernden Maßnahme der Schaftabschnitt mit einer kurbelwellennahen koaxialen Ausnehmung versehen werden. Vorzugsweise ist der zwischen der Pleuelachse und einer Pleuelschaftseite des V-förmigen Ausgleichspleuels gebildete Winkel mit > 10° bemessen. In diesem Winkelbereich ergibt sich ein vorteilhafter Kompromiß zwischen dem Platzbedarf, der gegenüber benachbarter Bauteile für die Bewegung des Ausgleichspleuels erforderlich ist und einer weitestgehend hohen Masse am kolbenseitigen Ende des Ausgleichspleuels. Das Ausgleichspleuel sollte mindestens in etwa doppelt so schwer sein, wie das mittlere Gewicht der an den übrigen Pleuel befestigten Kolben. Bei einem zweistufigen Kolbenkompressor ist die Masse des Ausgleichspleuels vorzugsweise gleich der doppelten Masse der übrigen Pleuel plus der Masse des Kolbens der Hochdruckstufe.
In eine Durchgangsbohrung am kolbenseitigen Ende des Ausgleichspleuels ist insbesondere für den Einsatz in einem trocken laufenden Kolbenkompressor ein le- bensdauergeschmiert.es Nadellager eingesetzt, welches eine Wälzlagerstelle zu einem Kolbenbolzen für die Kolbenbefestigung bildet. Es ist auch denkbar, an dieser
Stelle im Falle eines ölgeschmierten Kolbenverdichters eine einfache Gleitlagerung zu verwenden. Das Ausgleichspleuel kann in vorteilhafter Weise über ein Wälzlager an der Kurbelwelle befestigt sein und zu diesem Zwecke über geteilte, miteinander verbindbare Halbschalenanordnung verfügen, die in ihrer Ausbildung eine besonders einfache Montage des erfindungsgemäßen Ausgleichspleuels durch die Zylinderöffnung im Gehäuse hindurch ermöglicht.
Weitere die Erfindung verbessernde Maßnahmen werden gemeinsam mit der Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels der Erfindung anhand der Figuren näher erläutert. Es zeigt:
Fig.1 eine Draufsicht in teilweiser Schnittdarstellung eines Kolbenkompressors mit drei Zylindern in 180° V-Bauweise, die eine Niederdruckstufe mit einer darauffolgenden Hochdruckstufe bilden und
Fig.2 eine perspektivische Ansicht eines erfindungsgemäß ausgebildeten Pleuels und
Fig.3 eine Seitenansicht des Pleuels nach Fig.2 mit auf der Pleuelachse verdeutlichtem Masseschwerpunkt.
Gemäß Figur 1 besteht ein trockenlaufender Kolbenkompressor für Schienenfahrzeuge im wesentlichen aus einer 2-stufigen Verdichtereinheit 1 mit angeflanschter Antriebseinheit 2. Die Antriebseinheit 2 ist als Elektromotor ausgeführt und ist am Gehäuse 3 der Verdichtereinheit 1 über eine Schraubverbindung lösbar befestigt. Die Antriebseinheit 2 versetzt eine im Gehäuse 3 angeordnete Kurbelwelle 4 in eine Drehbewegung, welche in eine Hub- und Senkbewegung für drei Kolben 5a bis 5c umgesetzt wird, die innerhalb der am Gehäuse 3 befestigten topfartigen Zylinder 6a bis 6c zur Drucklufterzeugung untergebracht sind. Durch die Kolbenbewegung wird aus der Atmosphäre Luft über eine eingangsseitige hier nicht dargestellte Filteranordnung angesaugt und verdichtet. Die Druckluft steht danach dem Druckluftsystem eines Schienenfahrzeuges - insbesondere für den Betrieb der Bremsanlage - zur Verfügung.
In diesem Ausführungsbeispiel ist die Verdichtereinheit 1 als mehrstufiger Kolbenverdichter mit Niederdruckstufe und Hochdruckstufe ausgeführt. Der Niederdruckstufe sind die beiden Zylinder 6a und 6c zugeordnet; zur Hochdruckstufe gehört der Zylinder 6b. Die drei Zylinder 6a bis 6c sind am Gehäuse 3 der Verdichtereinheit 1 gegenüberliegend in der sogenannten 180° V-Bauweise angeordnet. Der lineare Antrieb der Kolbens 5a bis 5c erfolgt über eine Kurbeltriebanordnung mittels zugeordneter Pleuel 7a bis 7c, die je auf der dem Kolben 5a bis 5c gegenüberliegenden Seite mit der Kurbelwelle 4 verbunden sind. Die kolbenseitige Befestigung der Pleuel 7a bis 7c erfolgt über je einen Kolbenbolzen 8a bis 8c, der die Verbindung mit dem zugeordneten Kolben 5a bis 5c herstellt. Auf dem Kolbenbolzen 8a bis 8c ist das o- bere Ende des Pleuels 7a bis 7c je über ein lebensdauergeschmiertes Nadellager 9a bis 9c gelagert. Die kurbelwellenseitige Lagerung jedes Pleuels 7a bis 7c ist durch Wälzlager 10a bis 10c realisiert.
Für den Kolben 5a, dem zum Massenausgleich kein weiterer Kolben gegenüberliegt - wie das bei den übrigen Kolben 5b und 5c der Fall ist - ist das zugeordnete Pleuel als erfindungsgemäßes Ausgleichspleuel 7a ausgeführt. Das Ausgleichspleuel 7a ist mit einer Zusatzmasse ausgestattet, die den auf der Pleuelachse gelegenen Schwerpunkt gegenüber den übrigen beiden leichteren Pleuel (7b, 7c) in Richtung des Kolbens (5a) hin verschiebt, um einen dynamischen Massenausgleich herbeizuführen.
Das Ausgleichspleuel 7a weist gemäß Figur 2 einen im wesentlichen V-förmig ausgebildeten und sich in Richtung einer Durchgangsbohrung 11 erweiternden symmetrischen Schaftabschnitt 12 auf. In die Durchgangsbohrung 11 am kolbenseitigen Ende des Ausgleichspleuels 7a ist das lebensdauergeschmierte Nadellager 9a eingesetzt, welches eine Wälzlagerstelle zum - hier nicht weiter dargestellten - Kolbenbolzen bildet. Kurbelwellenseitig verfügt das Ausgleichspleuel 7a über eine mittels Schrauben 13a und 13b verbundene Halbschalenanordnung 14a, 14b zur Aufnahme des hier ebenfalls nicht weiter dargestellten Wälzlagers auf der Kurbelwelle. Der Schaftabschnitt 12 des Ausgleichspleuels 7a ist mit einer kurbelwellennahen koaxialen Ausnehmung 15 versehen, so daß sich in Summe der vorstehend beschriebenen Gestaitungsmerkmale die Masse des Ausgleichspleuels 7a im Bereich der Durchgangsbohrung 11 am kolbenseitigen Ende des Ausgleichspleuels 7a konzentriert.
Gemäß Figur 3 gelangt hierdurch der auf der Pleuelachse 16 gelegene Schwerpunkt S in Richtung des kolbenseitigen Endes des Ausgleichspleuels 7a. Der zwischen der Pleuelachse 16 und einer Pleuelschaftseite 17 des V-förmigen Ausgleichspleuels 7a gebildete Winkel α beträgt in etwa 10°. Dieser Winkel ermöglicht eine ausreichende Bewegbarkeit des Ausgleichspleuels 7a gegenüber benachbarter Bauteile und ergibt eine genügend hohe Masse am kolbenseitigen Ende des Ausgleichspleuels 7a. Das Ausgleichspleuel 7a besteht aus Stahlguß und ist in etwa doppelt so schwer, wie das mittlere Gewicht der beiden übrigen Pleuel 7b und 7c.
Die erfindungsgemäße Massenausgleichsanordnung schafft auf einfache Weise einen wirksamen dynamischen Massenausgleich bei möglichst leichtbauender Ausführung zur Minimierung der im Betrieb des gattungsgemäßen Kolbenkompressors erzeugten Schwingungen.
Bezugszeichenliste
1 Verdichtereinheit
2 Antriebseinheit
3 Gehäuse
4 Kurbelwelle
5 Kolben
6 Zylinder
7 Pleuel
8 Kolbenbolzen
9 Nadellager
10 Wälzlager
11 Ausnehmung
12 Schaftabschnitt
13 Schrauben
14 Halbschalenanordnung
15 Ausnehmung
16 Pleuelachse
17 Pleuelschaftseite