Verfahren zur Herstellung und Verarbeitung einer
Celluloselösung
Die Erfindung betrifft ein vereinfachtes Verfahren zur Herstellung und Verarbeitung einer Celluloselösung, welche durch Lösen der Cellulose in einem tertiär Aminoxid-Piperidonat , vorzugsweise NMMO-Piperidonat , entsteht.
[Stand der Technik]
Die Vorteile der Nutzung nachwachsender Rohstoffe zur Produk- tion von Kunststoffen, Fasern und Folien sind hinreichend bekannt .
Seit über 100 Jahren dient Cellulose, welche aus Pflanzen gewonnen wird, der Erzeugung von textilen Formkörpern, z. B. Fasern, Filamente oder Folien. Viele Jahrzehnte dominierten dabei Verfahren, bei denen die Cellulose chemisch verändert werden musste, bevor sie in Lösung ging, durch entsprechende Formwerkzeuge extrudiert und wiederum chemisch umgewandelt zu werden. Das dabei am meisten benutzte Verfahren war das Viskoseverfahren, bei dem eine Vielzahl von umweltbelastenden Chemikalien, Neben- und Abprodukten sowie resourcenintensive Prozessgestaltung eine Rolle spielen. Lange war man auf der Suche nach geeigneten Direktlösungsmitteln der Cellulose. Ein solches System, das auch industriell nutzbar gemacht wurde, ist eine wässrige Lösung eines tertiären Aminoxides, z. B. N- Methylmorpholin-N-oxid, im weiteren NMMO, (z. B. US 4324593, US 4290815, DD 218104). Die nach solchen Verfahren ersponne- nen Fasern bekamen den Gattungsbegriff LYOCELL . Ein entscheidender Nachteil dieses Systems ist die relativ hohe Viskosität der Spinnmassen, die einen Transport innerhalb eines Prozesses nur unter definierten, technisch nicht einfachen Bedingungen gestattet . Außerdem verlangt hier der Löseprozess eine exakte aufwendig zu realisierende Temperaturführung, um
den für die Löseprozeß bestimmenden Restwassergehalt einstellen zu können (EP 0668941, EP 0662204) .
In DE 2848471 wurde für das System N-Oxid/Cellulose zur Senkung der Viskosität vorgeschlagen, eine aprotische orga- nische Flüssigkeit mit einem Dipolmoment von mehr als 3,5 Debye zuzusetzen. Nachteilig daran ist, dass diese aproti- schen Verbindungen eine für den technisch realisierbaren Löseprozess zu hohe Flüchtigkeiten besitzen.
Auch in US 5362867 sowie in US 5929228 wurden veränderte Lösesysteme vorgestellt. Im ersten benutzt man dabei neben dem bekannten N-Methylmorpholin-N-oxid (NMMO) eine Mischung aus rückgewonnenem Caprolaktam der Polyamidherstellung. Die Abhängigkeit zu vorgelagerter Produktion und damit verbundener möglicher Inhomogenitäten durch mögliche Verunreinigungen wirken sich nachteilig auf die weiteren Verfahrensschritte aus .
In US 5929228 wird der Weg gegangen, neben dem NMMO bestimmte Anteile eines Gemisches aus N-Methylol -Caprolaktam und Tetra- Methylammoniumchlorid zum Lösemittelsystem zu geben. Die technische, arbeitsschutzmäßige sowie ökologische Beherrschung eines solchen Systems ist aufgrund der komplizierten Eigenschaften, vor allem des Tetra-Methylammoniumchlorides, sehr aufwendig.
Die Verwendung von am Stickstoff unsubstituierten bzw. mit Alkylgruppen monosubstituierten Carbonsäureamiden als Co-
Lösungsmittel wird in der WO 99/60026 beschrieben, wobei die Alkylgruppen nicht mehr als 4 C-Atome aufweisen dürfen. Diese Substanzen neigen in Verbindung mit NMMNO zur Bildung von gut kristallisierenden Komplexen, die beim Abkühlen der damit hergestellten Celluloselösungen zu einem nachteiligen Einfrieren der Lösung, verbunden mit einer partiellen Gellie- rung, führen. Besonders nachteilig ist, daß beim Auftauen der eingefrorenen Celluloselösung diese beim Einfrieren gebilde-
ten Gelstrukturen erst durch Einwirkung von Scherkräften und Wärme in einem für die Weiterverarbeitung geeigneten Lösungs- zustand zurückversetzt werden müssen.
Es ist Ziel der Erfindung, diese Nachteile von Celluloselö- sungen zu beseitigen.
Überraschenderweise konnte gefunden werden, dass sich Cellulose in tertiär Aminoxid-Piperidonaten, vorzugsweise NMMO- Piperidonaten, löst und sich aus diesen vorteilhaften Lösungen durch Verformung, Koagulation und anschließende Entfernung des Lösungsmittels Formkörper herstellen lassen. Offenbar ist dieser Vorteil dadurch begründet, dass die Piperido- nate eine günstigere innere Struktur der Celluloselösung bewirkt .
Gegenüber den bekannten Lösungen auf Basis NMMO neigen die Lösungen auch bei starker Abkühlung nicht zur Kristallisation und zeichnen sich darüber hinaus, in Folge des im Vergleich größeren Molekülvolumens der Piperidonate und des damit verbundenen größeren Abstandes zwischen den solvatisierten
Cellulosemolekülen, durch eine geringere Strukturviskosität aus .
Piperidon ist ein amphiprotisches cyclisches Lösungsmittel mit 5 in einem Ring angeordneten CH2-Gruppen. Piperidon bildet über Wasserstoffbrückenbindungen mit tertiären Aminoxiden Komplexe mit unterschiedlicher Zusammensetzung, die, unabhängig ob das Piperidon im Komplex als Lactam oder in seiner tautomeren Form als Lactim vorliegt, als Piperidonate bezeichnet werden. Zu ihrer Herstellung wird wasserhaltiges NMMO mit Piperidon vermischt und unter Zuführung von Wärme aus der Lösung im Vakuum über eine zwischengeschaltete Kolonne das Wasser abgezogen. Beim Abkühlen entsteht eine sirupartige Schmelze
aus der mit großer Verzögerung bei tieferen Temperaturen je nach Zusammensetzung NMMO-Piperidonat bzw. NMMO-Piperidonat- Gemische auskristallisieren.
Als Lösungsmittel für Cellulose sind solche Piperidonate bzw. Piperidonat-Gemische geeignet, deren Gehalt an Piperidon 60 Gew. % nicht überschreitet.
Die Lösung der Cellulose kann erfolgen durch a) Piperidonate mit einer definierten Zusammensetzung, her- gestellt aus wässrigem NMMO und Piperidon durch Abdestil- lation des Wassers und anschließende Reinigung durch Um- kristallisation, b) Piperidonat-Gemische, hergestellt aus wässrigem NMMO und Piperidon durch Abdestillation des Wassers bis zur Errei- chung einer für Cellulose ausreichenden Lösequalität.
Die Piperidonate bzw. die Piperidonat-Gemische können Verdünnungsmittel enthalten.
Die in den Lösungen gegebenenfalls noch enthaltenen Verdünnungsmittel können aprotische organische Lösungsmittel, wie z. B. Dimethylsulfoxid, Dimethylformamid, N-Methylpyrrolidon und Dimethylacetamid, oder amphiprotische Lösungsmittel, wie z. B. das Piperidon und/oder Wasser und/oder niedere Alkohole, oder das tertiäre Aminoxid selbst sein.
Durch den um mehr als 150 °C höheren Siedepunkt des Piperi- dons gegenüber Wasser kann die Zusammensetzung des Piperido- nates technisch sicher realisiert werden.
Cellulosematerialien, die im Prozess verwendet werden, sind bevorzugt Chemiefaserzellstoff, Baumwoll-Linters , Nadelholzsulfit-, Nadelholzsulfat und oder Laubholzzellstoffe aus dem Sulfit- oder Sulfataufschlussverfahren unterschiedlicher Polymerisationsgrade. Dabei kann der Zellstoff eines oder in Form von Mischungen verschiedener Polymerisationsgrade einge-
setzt werden. Ebenso sind Zellstoffe behandelt mit Druckexplosionstechnik, Elektronenstrahlen oder Enzymen einsetzbar.
Zur besseren Veranschaulichung der Erfindung soll im Weiteren in einer besonders vorteilhaften Ausführungsform gemäß (b) beschrieben werden, wie eine Celluloselösung hergestellt, zu Fasern verformt, die Cellulose durch Einwirkung eines Koagulationsmediums regeneriert sowie das Lösungsmittel ausgewaschen und zurückgewonnen wird. Als tertiäres Aminoxid wird NMMO verwendet.
Ausgangspunkt bilden Zellstoffe, wie sie im vorher beschriebenen Teil genannt wurden. Der Zellstoff wird einer Vorbehandlung unterzogen, um eine bessere Zugänglichkeit zum Lösungsmittel bzw. dessen Vorstufe zu sichern. Dabei kann der Zellstoff mechanisch mit Hilfe von Shreddern oder Mühlen zerkleinert werden und in dieser Form zugesetzt werden. Eine andere Variante der Vorbehandlung des Zellstoffes ist, dass dieser in einer wässrigen Lösung durch intensive Scherung zerkleinert wird und die so entstandene Zellstoffpulpe an- schließend durch Entwässerung auf einen definierten Feuchtegehalt eingestellt wird, bevor er mit dem Lösemittelsystem in Berührung kommt. Dabei kann der Zellstoff in der Phase der wässrigen Behandlung mit den Aufschluss und die Zugänglichkeit der Zellulose begünstigenden Chemikalien ( Laugen, Säuren, Tensiden) bzw. Enzymen behandelt werden.
Im ersten Stadium wird durch kontinuierliches oder diskontinuierliches Mischen der Komponenten Wasser, NMMO, Piperidon und Cellulose eine Maische hergestellt. Die Cellulosekonzen- tration der Maische liegt üblicherweise zwischen 4 und 23 % (Masse) . Neben der Cellulose können weitere, lösliche oder unlösliche, organische oder anorganische Verbindungen, wie zum Beispiel Pigmente, Farbstoffe, Ionenaustauscher, Ruß, Stabilisatoren, keramische Pulver, zugesetzt werden.
Die so entstandene Maische wird in einem Verdampfer unter Anlegen eines Vakuums mit entsprechender Temperaturführung geschert. Dabei ist es unbedeutend, ob der Apparat nach dem Prinzip eines Dünnschichters oder sonstigen Wellenapparates gestaltet ist. Erfindungsgemäß kann bei Temperaturen zwischen 60 - 140 °C, vorzugsweise bei 80 - 130 °C, und Unterdrücken von 30 - 150 mbar gearbeitet werden.
Die Cellulosekonzentration in der Lösung liegt zwischen 5 und 25 %. Zur weiteren zusätzlichen thermischen Stabilisierung und Unterdrückung eines Kettenabbaus der Cellulose, vor allem bei höheren Temperaturen, kann man Stabilisatoren, wie z. B. Gallussäurepropylester, vorzugsweise bis zu einem Gehalt von 1% bezogen auf Cellulose, in die Spinnlösung einbringen. Die erhaltene Spinnlösung wird über eine temperierte Transport- leitung mit Hilfe einer Pumpe über ein Filterorgan gedrückt und anschließend über ein Formwerkzeug direkt oder durch einen Luftspalt in ein Fällbad geleitet. Die anschließende Wäsche vom anhaftenden Lösungsmittel NMMO / Piperidon ge- schieht mit Wasser, welches im Gegenstromprinzip die Konzentration des Spinnbades steuert. Eine übliche, für cellulosi- sche Fasern/Fila ente bekannte Nachbehandlungsprozedur schließt sich an [Avivieren, Trocknen, ggf. (dazwischen) Bleichen und Schneiden] .
Das Fällbad, bestehend aus NMMO, Piperidon und als direktes Koagulationsmedium Wasser und/oder niedermolekulare Alkohole, wird zur Wiederaufarbeitung gegeben. Die Wiederaufarbeitung schließt die Prozesse der Entfernung von ungelösten Fremd- Stoffen über Filter sowie von gelösten Fremdstoffen über Anionen- und Kationentauscherharzen sowie die Aufkonzentrierung durch Verdampferanlagen ein. Das so erhaltene regenerierte Gemisch kann wiederum der Stufe der Maischeherstellung
in der benötigten Konzentration zur Verfügung gestellt werden. Das anfallende Konzentrat aus der Stufe der Koagulationsmittelverdampfung wird ebenfalls im Kreislauf der Waschstufe nach dem Koagulationsbad wiederzugeführt. Durch die beschriebene Kreislaufführung ist es möglich, die Rückgewinnungsquote für NMMO und Piperidon auf > 99,5 % einzuhalten.
Die einzelnen Prozeßstufen bei der vorgenannten Verfahrensausführung sind somit: - Aufbereitung bzw. Vorbehandlung des cellulosischen Ausgangsmaterials zur Verbesserung der Zugänglichkeit bzw. der Löseeigenschaften,
- Mischen und Homogenisieren der Cellulose in einer Lösungsmittelvorstufe, - Entfernen von Wasser durch Verdampfen bei Unterdruck und Scherung gegebenenfalls unter Zusatz eines oder mehrerer Stabilisatoren,
- Transport und Filtration der Lösung durch Rohrleitungen, Lagerbehälter, Filtrationseinrichtungen, - Extrusion der erhaltenen Celluloselösung durch ein Formwerkzeug direkt oder unter Zwischenschaltung eines Luftspaltes in ein wässriges oder alkoholhaltiges Fällbad mit anschließender Wäsche zur Entfernung des Lösungsmittels,
- Applikation des erhaltenen Celluloseformkörpers zur Prägung spezieller Eigenschaften,
- das erhaltene Fällbad durch Säuberung und Aufkonzentrierung wieder in die entsprechende Qualität der eingesetzten Lösungsmittelvorstufe gebracht wird.
[Beispiele]
Beispiel 1
350 g NMMNO, 55 g Wasser und 310 g Piperidon werden in einem Rotationsverdampfer auf 120 °C erwärmt und das Wasser unter langsamen Anlegen von Vakuum abdestilliert. Der Destillationsrückstand (NMMO-Piperidonat) wird auf 70 °C abgekühlt. In die erhaltene sirupartige Schmelze werden 90 g eines fein gemahlenen Zellstoffs DP 480 eingebracht und anschließend mit einem Propellerruhrer intensiv vermischt. 250 g der homogene- ne ZellstoffSuspension werden in einem Duplexlaborkneter der Firma IKA eingetragen und bei 110 °C Innenteperatur und einer Wellendrehzahl von 20 U/min 20 min geschert. Es entsteht eine klare viskose Celluloselösung, die bei Abkühlen auf Raumtem- peratur nicht kristallisiert und einfriert.
Beispiel 2
Es werden 370 g Zellstoff mit einem Cuoxam DP von 520 in einem Gemisch aus 1830 g NMMO, 774 g Piperidon und 720 g Wasser homogenisiert. Die Temperatur des Gemiscches beträgt 50 °C. Die entstandene homogene Maische wird unter Scherung, Wärmezufuhr und unter Anlegen eines Vakuums solange behandelt, bis eine homogene Lösung der Cellulose beobachtet wird. Der Prozess lief bei einem Endvakuum von 30 mbar und einer Temperatur der Reaktionsmasse von max. 95 °C ab.
Die erhaltene Celluloselösung wurde analysiert und mit folgenden Parametern charakterisiert:
Cellulosegehalt : 11,8 % Wassergehalt: 4,5 %
NMMO- Piperidonategehalt : 83,7 %
Mikrobild: keine sichtbaren Teilchen bei 50-facher Vergrößerung im Mikroskop
Viskosität: 4200 Pa s
Schmelzpunkt: kleiner 30 °C
Die erhaltene Lösung wurde bei einer Temperatur von 80 °C durch eine Spinndüse gepresst und durch einen Luftspalt in ein Fällbad aus Wasser eingesponnen. Der Lochdurchmesser der Düsenbohrungen betrug 75 μm, die Spinngeschwindigkeit 36 m/min. Das entstandene Faserkabel wurde ausgewaschen, geschnitten und präpariert.
Die textilphysikalischen Werte wurden wie folgt gemessen:
Titer: 0,13 tex
Festigkeit trocken/nass : 45 / 36 cN/tex Dehnung trocken/nass : 12 / 13 %
Schlingenreißkraft : 14,5 cN/tex
Nassmodul: 250 cN/tex
Vergleichsbeispiel 2 : Es wurde eine Celluloselösung analog Beispiel 2, jedoch ohne die Piperidonkomponente, hergestellt.
Im Einzelnen wurden zu einer Maische homogenisiert: 370 g Cellulose, 2389 g NMMO und 776 g Wasser.
Die Abdampfbedingungen entsprachen denen des Beispieles 1; es wurden 400 g Wasser abgedampft.
Die erhaltene Lösung wurde wie folgt charakterisiert:
Cellulosegehalt : 11,8 %
Wassergehalt: 12,0 %
NMMO-Gehalt: 76,2 %
Mikrobild: keine sichtbaren Teilchen bei 50-facher
Vergrößerung im Mikroskop
Viskosität: 6500 Pa s
Schmelzpunkt: 72 °C
Die analog ermittelten Faserwerte nach den selben Bedingungen der Erspinnung stellten sich wie folgt dar:
Titer: 0,13 tex Festigkeit trocken/nass : 41 / 35 cN/tex
Dehnung trocken/nass : 12 / 13,5 %
Schlingenreißkraft : 12,4 cN/tex
Nassmodul: 235 cN/tex
Beispiel 3 :
Analog wie Beispiel 2 wurden folgende Komponenten homogenisiert :
350 g Zellstoff, Cuoxam DP 500, 1417 g NMMO, 500 g Wasser, 1199 g Piperidon, 2 g Gallussäurepropylester . Die anschließende Behandlung der homogenisierten Maische unter den Bedingungen des Beispiel 1 wurde solange durchgeführt, bis 500 g Wasser abdestilliert waren.
Die erhaltene Lösung wurde wie folgt charakterisiert:
Cellulosegehalt : ca. 12 % NMMO-Piperidonatgehalt : ca. 88 %
Mikrobild: keine sichtbaren Teilchen bei 50-facher Vergrößerung im Mikroskop
Viskosität: 4520 Pa s
Schmelzpunkt: kleiner 25 °C °C