Vorrichtung und Elektrodenanordnunq für elektrophysiologische Untersuchungen
Die vorliegende Erfindung betrifft eine Vorrichtung für elektrophysiologische Untersuchungen an biologischem Material, mit einem Träger, auf dem ein Array von Meßelektroden angeordnet ist, einem Gefäß mit einem Aufnahmeraum für das biologische Material und entsprechendes Kulturmedium, wobei das Gefäß auf dem Träger derart um die Meßelektroden herum angeordnet ist, daß diese elektrisch mit dem Aufnahmeraum in Verbindung stehen, und einer Gegenelektrode, um zwischen den Meßelektroden und der Gegenelektrode elektrische Signale zu messen oder das biologische Material elektrisch zu stimulieren.
Die Erfindung betrifft ferner eine Elektrodenanordnung für elektrophysiologische Messungen an biologischem Material. Eine derartige Elektrodenanordnung wird vorzugsweise in der oben erwähnten Vorrichtung eingesetzt.
Die oben erwähnte Vorrichtung sowie die oben erwähnte Elektrodenanordnung sind z.B. beschrieben in Egert et al.: A novel or- ganotypic long-term culture of the rat hippocampus on substra- te-integrated multielectrode arrays, Brain Research Protocols 2 (1998), 229-242.
Mit der bekannten Vorrichtung sowie der bekannten Elektrodenanordnung ist es z.B. möglich, eine Langzeitkultur von Hirnschnitten oder Herzmuskelgewebe zu untersuchen. Die Elektrodenanordnung ist dabei ein sogenanntes Mikroelektrodenarray (MEA) mit 60 Mikroelektroden, die in ein planares Substrat integriert sind. Auf dem Substrat sitzt ein zylindrisches Gefäß, das nach unten durch das Substrat abgeschlossen ist und mit diesem einen Aufnahmeraum bildet, in dem das Array von Mikroelektroden angeordnet ist.
In diesen Aufnahmeraum kann biologisches Material, z.B. Gewebe mit Nervenzellen sowie entsprechendes Kulturmedium eingebracht werden, um die Zellen über lange Zeit zu inkubieren. Zu diesem Zweck wird das zylindrische Gefäß oben mit einem Deckel verschlossen.
Mit dieser Vorrichtung können jetzt elektrische Potentiale gemessen werden, die von den Nervenzellen erzeugt werden, wenn sie aktiv sind. Diese Potentiale ergeben sich z.B. aus Änderungen in der Ionenkonzentration innerhalb und außerhalb der Zeil-
membran, wobei diese Potentialänderungen in der Nähe der Nervenzellen durch Elektroden gemessen werden können. Selbstverständlich sind auch elektrophysiologische Untersuchungen an beliebigen anderen Gewebe- oder Zelltypen möglich, z.B. an En- dothelzellen.
Das von Egert et al. beschriebene Mikroelektrodenarray besteht prinzipiell aus kleinen Titannitrid(TiN) -Mikroelektroden mit einem Durchmesser von 10 oder 30 μm und einem Mittenabstand von 100 oder 200 μm. Die Mikroelektroden sind als Array in einer Kulturfläche von 1 cm2 auf einem Glassubstrat angeordnet und über Goldleiterbahnen mit Anschlußflächen außerhalb des Arrays verbunden, wo eine Kontaktierung zu einem Mehrkanalverstärker erfolgt. Über den Mehrkanalverstärker können die Mikroelektroden wahlweise ausgelesen und die gemessenen Signale weiter verarbeitet werden. Der prinzipielle Herstellungsprozess derartiger Mikroelektrodenarrays ist bei Egert et al. beschrieben, so daß wegen weiterer Informationen auf diese Veröffentlichung verwiesen wird.
Prinzipiell können die Mikroelektroden aus verschiedenem Material hergestellt werden, die US 5,810,725 beschreibt z.B. ein Mikroelektrodenarray, bei dem die mit dem Kulturmedium in Kontakt gelangenden Elektrodenflächen mit Platin beschichtet sind. Auch als Gegenelektrode wird bei diesem Dokument Platin in Form eines dünnen Drahtes verwendet.
Planares Platin hat jedoch den Nachteil, daß bei den sehr kleinen Meßsignalen ein sehr schlechtes Signalrauschverhältnis resultiert. Deshalb wird in der Veröffentlichung von Egert et al. ein Verfahren beschrieben, mit dem ein kolumnares Titannitrid
als Material für die Mikroelektroden hergestellt werden kann, was zu einem deutlich besseren Signalrauschverhältnis führt. Dies liegt an der Morphologie der TiN-Elektroden, die jeweils aus tausenden von Mikrosäulen mit ungefähr gleichem Durchmesser von ungefähr 0,1 μm und homogener Höhe gebildet sind. Diese Mi- krostruktur erhöht die effektive Oberfläche der Elektrode drastisch und reduziert folglich die Impedanz um ungefähr eine Größenordnung verglichen mit der Impedanz von flachen Goldelektroden. Ein weiterer Vorteil von TiN-Elektroden ist die mechanische Stabilität, die viel größer ist als bei elektroplattier- ten Materialien, wie z.B. Platin. Ein weiterer Vorteil liegt darin, daß TiN in Dünnschichtprozessen hergestellt werden kann und daher kostengünstiger als elektroplattierte Materialien ist.
Als Gegenelektrode wird bei Egert et al. ein Silberdraht verwendet, an dessen unterem freien Ende sich ein kleiner Preßzylinder aus chloriertem Silber befindet. Diese Ag-AgCl- Gegenelektrode ermöglicht ein deutlich besseres Signalrauschverhältnis als bei der Verwendung einer Platin- Gegenelektrode. Allerdings ist mit der Ag-AgCl-Gegenelektrode der Nachteil verbunden, daß die in das Kulturmedium abgegebenen Silberionen für Proteine toxisch sind, so daß die Ag-AgCl- Gegenelektrode nur vorübergehend zur Durchführung von Messungen in das Kulturmedium eingetaucht werden kann.
Die insoweit beschriebene Vorrichtung aus Mikroelektrodenarray, Gefäß und Deckel mit darin enthaltenem biologischem Material und Kulturmedium kann auf übliche Weise z.B. in einem Brutschrank inkubiert werden. Zum Messen wird diese Vorrichtung in einen Mehrkanalverstärker eingesetzt, der entsprechende An-
Schlußmöglichkeiten hat, um die Anschlußflächen auf dem Träger zu kontaktieren, so daß die Meßverstärker mit den einzelnen Meßelektroden im Aufnahmeraum verbunden sind. Jetzt wird der Deckel von dem Gefäß entfernt und die Ag-AgCl-Gegenelektrode in das Kulturmedium eingetaucht und anderen Endes ebenfalls mit dem Meßverstärker verbunden.
Auf den einzelnen Kanälen können jetzt die Potentialunterschiede zwischen der Gegenelektrode sowie der jeweiligen Meßelektrode gemessen werden, wobei auch eine Stimulation des biologischen Materiales über ausgesuchte Meßkanäle möglich ist. Nach der Messung wird die Gegenelektrode entfernt und der Deckel wieder aufgesetzt, um die Kultivierung fortzusetzen. Auf diese Weise kann eine Langzeitkultur von bis zu vier Wochen erhalten und in regelmäßigen Abständen elektrophysiologisch vermessen werden .
Dabei ist eine Zuordnung der gemessenen Aktivitäten zu bestimmten Bereichen der Gewebeprobe dadurch möglich, daß diese auch optisch erfaßt wird. Ein Vergleich der elektrophysiologischen und der optischen Meßwerte erlaubt dann Rückschlüsse auf die Aktivitäten ausgewählter Gewebstrukturen und somit die Untersuchung z.B. der Langzeitwirkung von Pharmaka oder bestimmter pa- thophysiologischer Bedingungen, wie z.B. Epilepsie oder Ischämie. Auch andere elektrophysiologische Messungen an biologischem Material sind durchführbar. Die insoweit beschriebene Vorrichtung sowie die dabei eingesetzte Elektrodenanordnung sind für die verschiedensten Aufgabenstellungen verwendbar.
Die Erfinder der vorliegenden Anmeldung haben jedoch erkannt, daß die bekannte Vorrichtung mit einer ganzen Reihe von Nach-
teilen verbunden ist, die zum einen damit zusammenhängen, daß zur Durchführung der elektrophysiologischen Messungen der Dek- kel von dem Gefäß entfernt werden muß, bevor dann der dünne Silberdraht mit der Ag-AgCl-Gegenelektrode eingesetzt werden kann.
Ein gravierender Nachteil ist dabei in der erforderlichen Handhabung zu sehen, bei der Entfernung des Deckels kann es zum Totalverlust der Probe kommen, wenn die mit der Messung beauftragte Person beim Abnehmen des Deckels und/oder Transport des Gefäßes unvorsichtig ist. Ein weiterer großer Nachteil besteht darin, daß die zwingend erforderliche Sterilität im Inneren des Aufnahmeraumes nicht in ausreichendem Maße gewährleistet werden kann, wenn zu den Messungen immer wieder der Deckel abgenommen werden muß. Verunreinigungen können dabei nicht nur über die immer wieder einzutauchende Gegenelektrode sondern auch durch die Luft oder über unvorsichtige Handhabung in das Kulturmedium hineingelangen .
Ein weiterer Nachteil ist mit dem dünnen Silberdraht verbunden, der zum einen nicht reproduzierbar in das Kulturmedium eingebracht werden kann, was sich nachteilig auf die Reproduzierbarkeit der Meßergebnisse zwischen verschiedenen Meßdurchgängen auswirkt, da der Feldverlauf zwischen der Gegenelektrode und den einzelnen Meßelektroden durch die Lage der Gegenelektrode im Kulturmedium mit beeinflußt wird.
Ein weiterer Nachteil ist darin zu sehen, daß die Ag-AgCl- Gegenelektrode nicht nur sehr teuer, sondern auch extrem bruchgefährdet ist, so daß innerhalb einer Meßreihe immer wieder die Gegenelektrode ausgetauscht werden muß. Auch dies wirkt sich
nachteilig auf die Reproduzierbarkeit innerhalb einer Vermessung einer Langzeitkultur aus.
Weiterhin besteht beim Einbringen der Gegenelektrode in das Kulturmedium die Gefahr, daß die Zellen des zu untersuchenden Gewebes beschädigt werden, weil die Gegenelektrode zu weit eingeführt wurde.
Schließlich können über den Silberdraht noch Störungen einge- koppeln, was sich besonders nachteilig auswirkt, wenn der Silberdraht während einer Messung bewegt wird, so daß sich der Grad der Einkopplung verändert und/oder die Lage der Gegenelektrode im Kulturmedium verschiebt. Solche Vorkommnisse können sich in nicht zuzuordnenden Spitzen in einzelnen oder allen Meßkanälen widerspiegeln.
Ein vergleichbares System wie Egert et al. ist in der US 5,563,067 beschrieben, wo 64 Elektroden mit einer Fläche von 50 x 50 μm und einem Mittenabstand von 150 μm auf einem Glassubstrat angeordnet sind. Gemessen wird hier das Potential zwischen der jeweiligen Mikroelektrode und dem Potential der Kulturlösung, wobei nicht beschrieben wird, wie dieses "Massepotential" abgenommen wird.
Vor diesem Hintergrund liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, die eingangs genannte Vorrichtung derart weiterzubilden, daß die oben erwähnten Nachteile vermieden werden, insbesondere eine sichere meßtechnische Erfassung möglich wird.
Bei dem eingangs erwähnten Verfahren wird diese Aufgabe erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß zumindest eine Gegenelektrode permanent in dem Aufnahmeraum angeordnet ist.
Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe wird auf diese Weise vollkommen gelöst.
Die Erfinder der vorliegenden Anmeldung haben nämlich erkannt, daß es nicht zwingend erforderlich ist, eine Gegenelektrode nur zu den einzelnen Meßzeitpunkten in das Kulturmedium einzutauchen, sondern daß diese sozusagen permanent in dem Kulturmedium verbleiben kann.
In einem ersten Ausführungsbeispiel ist die Gegenelektrode dabei innen an einem Deckel für das Gefäß angeordnet.
Die Gegenelektrode sitzt dabei z.B. auf einem kleinen Vorsprung an der Innenseite des Deckels, so daß dieser Vorsprung in das Kulturmedium eintaucht, wenn der Deckel auf das Gefäß aufgesetzt ist. Die Gegenelektrode ist z.B. durch einen dünnen Golddraht mit der Außenseite des Deckels verbunden, wo eine Anschlußmöglichkeit an den Meßverstärker besteht.
Die Gegenelektrode kann dabei aus herkömmlichen Materialien wie z.B. Platin bestehen, das in bekannter Weise auf den Vorsprung aufgebracht ist.
Auf diese Weise ist es jetzt nicht mehr erforderlich, den Dek- kel zur Durchführung der Messung zu öffnen, so daß nicht mehr mit einem Kulturverlust oder mit einem Verlust der Sterilität gerechnet werden muß.
In einem weiteren Ausführungsbeispiel ist es bevorzugt, wenn die Gegenelektrode innen an einer Umfangswand des Gefäßes angeordnet ist.
Auch hier ist sichergestellt, daß die Gegenelektrode permanent in Kontakt mit dem Kulturmedium ist, sie kann bspw. als innen umlaufender Ring auf die zylindrische Innenfläche des Gefäßes aufgebracht werden. Wie bei der innen am Deckel angebrachten Gegenelektrode kann auch die Gegenelektrode auf der Innenwand des Gefäßes mittels eines z.B. Golddrahtes nach außen kontaktiert werden und dort mit einer Anschlußmöglichkeit für den Meßverstärker versehen sein.
Gegenüber der innen an dem Deckel angebrachten Gegenelektrode ergibt sich hier der weitere Vorteil, daß die Kultur auch bei geöffnetem Deckel vermessen werden kann, wenn z.B. parallel eine optische Analyse erfolgt, die nicht durch ein in dem Deckel vorgesehenes Fenster vorgenommen werden kann.
In einem dritten Ausführungsbeispiel ist es bevorzugt, wenn die Gegenelektrode auf dem Träger angeordnet ist.
Diese Maßnahme ist sehr überraschend, denn obwohl die Gegenelektrode jetzt sozusagen in der Ebene der Meßelektroden liegt, ist dennoch eine gute Vermessung der Potentiale zwischen Gegenelektrode und Meßelektroden möglich. Bisher ist im Stand der Technik davon ausgegangen worden, daß die Gegenelektrode möglichst zentrisch von oben in das Kulturmedium eintauchen soll, wie es im obigen Ausführungsbeispiel 1 der Fall sein kann und z.B. bei Egert et al. und in der eingangs erwähnten US 5,810,725 beschrieben ist. Auch die innen an der Umfangswand
des Gefäßes angeordnete Gegenelektrode gemäß dem zweiten Aus- führungsbeispiel gewährleistet eine sehr symmetrische Feldverteilung zwischen der Gegenelektrode und den Meßelektroden. Für die auf dem Träger selbst angeordnete Gegenelektrode war jedoch nicht zu erwarten, daß der Feldverlauf derart ist, daß eine störungsfreie Messung der Potentiale mit entsprechender Auflösung möglich ist. Die Erfinder der vorliegenden Anmeldung haben jedoch erkannt, daß eben dies doch der Fall ist.
Die Gegenelektrode kann dabei z.B. seitlich durch die Wand des Gefäßes hindurch in den Aufnahmeraum hineingeschoben werden. Der dafür erforderliche Kanal kann einen derart geringen Durchmesser aufweisen, daß kein Verlust an Kulturmedium erfolgt, wobei der Kanal selbst nach dem Einschieben der Gegenelektrode auch versiegelt werden kann.
In einer Weiterbildung ist es jedoch bevorzugt, wenn zumindest eine Gegenelektrode in den Träger integriert ist und vorzugsweise in derselben Technologie wie die Meßelektroden hergestellt wird.
Diese Maßnahmen haben den Vorteil, daß die eine oder auch mehrere Gegenelektroden auf besonders preiswerte Weise gleichsam zusammen mit den Meßelektroden hergestellt werden können. Ein weiterer Vorteil besteht darin, daß Meßelektroden und Gegene- lektrode(n) so angeordnet sind, daß sie in einem Arbeitsschritt mit dem Meßverstärker verbunden werden können. Nachdem der Träger mit den integrierten Meßelektroden sowie der integrierten Gegenelektrode hergestellt wurde, muß nur noch das Gefäß auf dem Träger entsprechend angeordnet werden, weitere Handhabungsschritte sind nicht erforderlich. Die Gegenelektrode (n)
kann/können dabei aus Materialien gefertigt werden, die eine hohe effektive Oberfläche aufweisen, wie z.B. Iridium/Iridiumoxid.
Mit den insoweit beschriebenen Ausführungsbeispielen ist eine nicht invasive elektrophysiologische Messung an biologischem Material über längere Zeit möglich, wobei wegen der in dem Inneren des Aufnahmeraumes fest angeordneten zumindest einen Gegenelektrode das Handling sehr einfach ist und die Reproduzierbarkeit zwischen den einzelnen Meßdurchgängen verglichen mit dem Stand der Technik deutlich verbessert werden konnte. Darüber hinaus ist das Problem der Kulturverluste oder der Kontamination beseitigt.
Allgemein ist es dabei bevorzugt, wenn die Gegenelektrode aus fraktalem Material mit mikroporösen Strukturen wie z.B. Titannitrid (TiN), Iridium oder Iridiumoxid gefertigt ist.
Bei dieser Maßnahme ist von Vorteil, daß sich die effektive Fläche der Gegenelektrode verglichen mit der innen am Deckel, innen an der Gefäßwand bzw. auf dem Träger bedeckten Fläche ca. um zwei Größenordnungen erhöht, was mit einer Verringerung der Impedanz um zumindest ca. eine Größenordnung einhergeht. Aus diesem Grund ist das Signal-Rausch-Verhältnis bei einer TiN- Gegenelektrode mindestens um den Faktor 10 besser als bei einer die gleiche Fläche bedeckenden planaren Gegenelektrode aus Gold oder Platin.
Ein weiterer Vorteil bei einer Gegenelektrode aus TiN ist darin zu sehen, daß verglichen mit einer bekannten Elektrodenanordnung mit TiN-Meßelektroden nahezu keine zusätzlichen Kosten
entstehen, wenn eine TiN-Gegenelektrode mit in das Trägersubstrat integriert wird.
Vor diesem Hintergrund betrifft die vorliegende Erfindung ferner eine Elektrodenanordnung für elektrophysiologische Messungen an biologischem Material, mit einem Träger, in den ein Array von Meßelektroden sowie zumindest eine Gegenelektrode integriert sind.
Mit dieser Elektrodenanordnung sind die oben bereits erwähnten Vorteile verbunden, wobei als besonders überraschender Vorteil herauszustellen ist, daß Messungen mit sehr gutem Signalrauschverhältnis sowie sehr hoher Auflösung möglich sind, obwohl die Gegenelektrode (n) völlig unublicherweise in der Ebene der Meßelektroden liegt/liegen.
Dabei ist es bevorzugt, wenn die Gegenelektrode eine Grundfläche aufweist, die mindestens 103 mal größer ist als eine Meßelektrodenfläche, wobei die Grundfläche vorzugsweise zwischen etwa 0,1 mm2 und 1 cm2, vorzugsweise bei ca. 10-100 mm2 liegt.
Die Erfinder der vorliegenden Anmeldung haben erkannt, daß bereits Gegenelektroden-Grundflächen in diesem Größenverhältnis ausreichend sind, um störungsfreie und hochauflösende Potentialmessungen durchführen zu können. Ferner ergibt sich bei diesen Größenordnungen, daß Störsignale nur in vernachlässigbarem Rahmen eingekoppelt werden können, wobei ferner auf einfache Weise eine Abschirmung des Arrays und der Gegenelektrode möglich ist.
Dabei ist es bevorzugt, wenn die Gegenelektrode in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem Array liegt und vorzugsweise eine an den Verlauf von Leiterbahnen zur Kontaktierung der Mikroelektroden angepaßte Fläche, z.B. eine halbmondförmige oder keilförmige Fläche bedeckt.
Bei dieser Maßnahme ist von Vorteil, daß die Gegenelektrode die Anordnung der Meßelektroden und deren Zuleitungen selbst nicht nachteilig beeinträchtigt, aber dennoch so dicht an der durch das Array von Meßelektroden gebildeten Meßfläche liegt, daß das Meßvolumen sehr klein gehalten werden kann. Es ist nämlich lediglich erforderlich, daß das Meßvolumen die Meßfläche sowie darüber hinaus einen gewissen Bereich abdeckt, in den die Gegenelektrode hineinragt. Die Form der Gegenelektrode kann dabei an im Substrat integrierte Leiterbahnen angepaßt sein. Verglichen mit einer an der Innenwand des Gefäßes angebrachten Gegenelektrode ergibt sich damit der weitere Vorteil, daß das Meßvolumen z.B. durch einen bis auf den Boden reichenden Deckel mit entsprechender Aussparung für das Meßvolumen weiter eingeschränkt werden kann, ohne daß die Meßmöglichkeit beeinträchtigt wird. Bei einer derartigen Konstruktion wäre nämlich die Gegenelektrode an der Innenwand des Gefäßes nicht mehr in Kontakt mit dem Kulturmedium, so daß Messungen unmöglich werden.
Wenn die Gegenelektrode dabei eine keilförmige Fläche bedeckt, ist ein weiterer Vorteil darin zu sehen, daß die Leiterbahnen, also die Verbindungen der Meßelektroden mit den außerhalb des Aufnahmeraumes auf dem Träger liegenden Anschlußflächen nicht behindert werden. Die Fläche der Gegenelektrode verjüngt sich nämlich keilförmig auf die von den Meßelektroden gebildete Meß-
fläche zu, so daß nahezu der gesamte Umfang der Meßfläche für die Zuleitung zu den Meßelektroden zur Verfügung steht.
Sind mehrere Gegenelektroden so auf dem Träger angeordnet, läßt sich eine große Fläche für die Gegenelektrode mit den beschriebenen Vorteilen realisieren. Aber auch eine Gegenelektrode ist ausreichend, insbesondere wenn sie aus fraktalem Material besteht, das für eine große effektive Oberfläche sorgt.
Vorteilhafterweise ist auch die Gegenelektrode elektrisch mit einer Anschlußfläche auf dem Träger außerhalb des Aufnahmeraumes verbunden.
Vor diesem Hintergrund betrifft die Erfindung auch ein Verfahren zur elektrophysiologischen Untersuchung von biologischem Material, bei dem die neue Vorrichtung und/oder die neue Elektrodenanordnung eingesetzt werden.
Weitere Vorteile ergeben sich aus der Beschreibung und der beigefügten Zeichnung.
Es versteht sich, daß die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in den jeweils angegebenen Kombinationen, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in der Zeichnung dargestellt und werden in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 in einer schematischen, geschnittenen Seitendarstellung eine Vorrichtung für elektrophysiologische Untersuchungen an biologischem Material, bei der Gegenelektroden innen an einer Umfangswand eines Gefäßes sowie an einer Innenseite eines Deckels angeordnet sind;
Fig. 2 eine Darstellung wie Fig. 1, bei der eine Gegenelektrode innen im Gefäß auf dem Träger angeordnet ist; und
Fig. 3 eine Draufsicht auf die Elektrodenanordnung aus Fig. 2.
In Fig. 1 ist mit 10 eine Vorrichtung für elektrophysiologische Untersuchungen an biologischem Material gezeigt, das in der Figur mit 11 bezeichnet ist.
Die Vorrichtung 10 umfaßt einen Träger 12, z.B. aus Glas, in den Meßelektroden 14, 15 integriert sind, die elektrisch mit Anschlußflächen 16, 17 verbunden sind, die ebenfalls auf dem Träger 12 ausgebildet sind.
Die Meßelektroden 14, 15 bilden ein als Mikroelektrodenarray bezeichnetes Array 18, wie es z.B. bei Egert et al. a.a.O. beschrieben ist. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diese Veröffentlichung verwiesen.
Auf dem Träger 12 ist ein zylindrisches Gefäß 21 angeordnet, das genauso wie der Träger 12 in Fig. 1 im Schnitt dargestellt ist. Das zylindrische Gefäß 21 weist eine Umfangswand 22 auf,
die unten bei 23 auf den Träger 12 flüssigkeitsdicht aufgeklebt ist.
Zusammen mit dem Träger 12 begrenzt das zylindrische Gefäß 21 einen Aufnahmeraum 24, in dem sich das biologische Material 11 sowie entsprechendes Kulturmedium 25 befinden. Wenn der Aufnah- meraum 24 eine größere Höhe aufweisen muß, kann ein durch 0- Ringe abgedichteter Adapterring verwendet werden, der oben auf das Gefäß 21 aufgesteckt wird.
Oberhalb des Gefäßes 21 ist in Fig. 1 noch ein Deckel 26 gezeigt, der zum sterilen Verschluß des Gefäßes 21 bzw. des Adapterringes dient.
Selbstverständlich wird der Aufnahmeraum 24 zunächst gereinigt und sterilisiert, bevor ggf. der Adapterring aufgesetzt und das biologische Material 11 und das Kulturmedium 25 in den Aufnah- meraum 24 hineingegeben werden. Diese Sterilisation kann z.B. durch Wasserdampf im Autoklaven erfolgen. Nach der Beschickung des Aufnahmeraumes 24 wird der Deckel 26 aufgesetzt, so daß das biologische Material jetzt in dem Kulturmedium 25 über lange Zeit inkubiert werden kann.
Über die elektrisch mit dem Aufnahmeraum 24 verbundenen und in diesem angeordneten Meßelektroden 14, 15 kann jetzt an den Anschlußflächen 16, 17 das elektrische Potential des biologischen Materials 11 gemessen werden. Dazu ist es jedoch erforderlich, daß eine Gegenelektrode vorgesehen wird, um das Bezugspotential über das Kulturmediums 25 zu erfassen.
Eine solche Gegenelektrode 27 ist an einem Vorsprung 28 angeordnet, der an einer Innenseite 29 des Deckels 26 ausgebildet ist. Über eine Leitung 31 ist die Gegenelektrode 27 mit einem Stecker 32 verbunden, der zum Anschluß an einen Mehrkanalverstärker 33 dient, mit dem auch die Anschlußflächen 16, 17 verbindbar sind.
Wenn der Deckel 26 auf das Gefäß 21 aufgesetzt wird, taucht die Gegenelektrode 26 in das Kulturmedium 25 ein, so daß zwischen dem Stecker 32 und den Anschlußflächen 16, 17 Potentialunterschiede gemessen werden können.
Eine weitere oder alternative Gegenelektrode 34 ist innen an der Umfangswand 22 als Ringelektrode angeordnet. Auch die Gegenelektrode 34 ist über eine Leitung 35 mit einem Stecker 36 zum Anschluß an den Mehrkanalverstärker 33 verbunden. In Fig. 1 ist beispielhaft ein Kanal 37 des Mehrkanalverstärkers 33 gezeigt, mit dem ein Signal S der Meßelektrode 15 gemessen wird, das die elektrische Aktivität des biologischen Materials 11 im Bereich dieser Meßelektrode 15 angibt.
Während mit der Gegenelektrode 27 nur gemessen werden kann, wenn der Deckel 26 aufgesetzt ist, erlaubt die Gegenelektrode 34 auch Messungen bei geöffnetem Deckel 26. Beide Gegenelektroden 27, 34 sorgen für eine sehr symmetrische Feldverteilung zu den jeweiligen Meßelektroden 14, 15. Es sei der Vollständigkeit halber noch erwähnt, daß in dem Mikroelektrodenarray 18 beispielhaft 60 Meßelektroden angeordnet sind, die einen Durchmesser zwischen 10 und 30 μm aufweisen und aus Titannitrid gefertigt sind, wie dies bei Egert et al. a.a.O. beschrieben ist.
In Fig. 2 ist ein zweites Ausführungsbeispiel der neuen Vorrichtung für elektrophysiologische Untersuchungen gezeigt, bei dem eine Gegenelektrode 38 auf dem Träger 12 angeordnet ist. Wie die Meßelektroden 14, 15 ist auch die Gegenelektrode 38 aus Titannitrid gefertigt, wobei dasselbe Herstellungsverfahren wie für die Meßelektroden 14, 15 verwendet wurde. Die Gegenelektrode ist über eine Leiterbahn 39 mit einer Anschlußfläche 41 außerhalb des Aufnahmeraumes 24 verbunden.
Obwohl die Gegenelektrode 38 in der Ebene der Meßelektroden 14, 15 angeordnet ist, ermöglicht die in Fig. 2 gezeigte Anordnung dennoch eine zuverlässige Messung mit stabilen und hochauflösenden Meßwerten von biologischem Material.
Oberhalb des Trägers 12 ist in Fig. 2 ein Deckel 42 gezeigt, der einen Flansch 43 aufweist, der bis nach unten auf den Träger 12 reicht. In dem Deckel 42 ist eine Aussparung 44 vorgesehen, die bei aufgesetztem Deckel 42 die Meßelektroden 14, 15, das biologische Material 11 sowie einen Teil der Gegenelektrode 38 aufnimmt. Beim Einsetzen des Deckels 42 versammelt sich das Kulturmedium 25 dabei in der Aussparung 44, so daß insgesamt mit einem sehr geringen Meßvolumen gearbeitet werden kann. Es ist auch möglich, das Kulturmedium 25 erst nach dem Aufsetzen des Deckels 42 über einen gestrichelt angedeuteten und verschließbaren Kanal 45 in die Aussparung 44 einzugeben. Ferner kann ein Kanal 45' zur Entlüftung der Aussparung 44 vorgesehen sein.
Bei einer derartigen Anordnung wäre eine Gegenelektrode 34, wie sie in Fig. 1 beschrieben wurde, funktionslos, denn das Kultur-
medium 25 könnte mit dieser Gegenelektrode 34 nicht in Anlage gelangen.
In Fig. 3 ist in einer Draufsicht noch eine Elektrodenanordnung 46 gezeigt, wie sie für die Vorrichtung 10 aus Fig. 2 verwendet wird. Mittig auf dem Träger 12 ist eine Meßfläche 47 angedeutet, in der die diversen Meßelektroden 14, 15 als Array 18 angeordnet sind. Über schematisch angedeutete Leiterbahn 48 sind in Fig. 3 nicht zu erkennende Meßelektroden mit Anschlußflächen 16, 17 auf dem Träger 12 verbunden. Auf diese Weise sind sämtliche vier Seiten des Trägers 12 mit Anschlußflächen versehen, die zu bestimmten Meßelektroden 14, 15 innerhalb der Meßfläche 47 führen. Seitlich neben der Meßfläche 47 ist die Gegenelektrode 38 gezeigt, die eine keilförmige Fläche bedeckt, die sich auf die Meßfläche 47 zu verjüngt. Auf diese Weise steht nahezu der gesamte Umfang der Meßfläche 47 für die Kontaktierung von Meßelektroden zur Verfügung, wobei wegen der keilförmigen Struktur der Gegenelektrode 38 diese dennoch eine Größe von ca. 20 mm2 aufweisen kann und somit um mehr als den Faktor 104 größer ist als die Fläche einer einzelnen Meßelektrode, die hier einen Durchmesser von 10 μm aufweist.