Elektrochemischer Sensor
Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf einen Sensor zur Erfassung elektrochemischer Potentiale einer Probe, beispielsweise einer Flüssigkeit. Derartige elektrochemische Sensoren werden insbesondere als pH- Elektroden eingesetzt.
In M.J. Madou et al . "Chemical Sensing With Solid State Devices", Academic Press, Boston 1989 (S. 518 ff.) sind chemische Sensoren auf Siliciumbasis dargestellt. Nachteilig an derartigen herkömmlichen Sili- ciumsensoren ist jedoch, daß sie eine hohe chemische Reaktivität aufweisen und beispielsweise chemisch an- gegriffen werden. Dies schränkt ihren Einsatz in vielen Gebieten wie z.B. der Biotechnologie oder der medizinischen Diagnostik ein.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, einen elektrochemischen Sensor für elektrochemische Poten-
tiale einer Probe, beispielsweise von Flüssigkeiten, zur Verfügung zu stellen, mit dem elektrochemische Potentiale einfach und sicher sowie stabil gemessen werden können.
Diese Aufgabe wird durch den elektrochemischen Sensor gemäß Patentanspruch 1 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen des erfindungsgemäßen elektrochemischen Sensors werden in den abhängigen Ansprüchen gegeben.
Der erfindungsgemäße elektrochemische Sensor besteht aus einem isolierenden Substrat, auf dem ein leitfähiger Halbleiterkanal angeordnet ist. Dieser Halbleiterkanal muß aus einem elektrisch leitend dotierten Halbleiter bestehen, der einen hohen Bandabstand und ein ungepinntes Oberflachenpotential aufweist. Eine Halbleiteroberflche mit ungepinntem Oberflachenpotential ist dadurch gekennzeichnet, daß die Dchte der Oberflächenzustände so gering ist, daß gewährleistet ist, daß die Barrierenhöhe des Schottky-Kontaktes von der Metall-Austrittsarbeit abhängt. Hierzu wird auch auf S.M. Sze, "Physics of Semiconductor Devices", J Wiley, NY 1981, p. 868 verwiesen.
Der Kanal wird durch zwei Kontakte elektrisch kontaktiert, um die Leitfähigkeit des Kanals als Meßwert zu erfassen. Als Halbleitermaterialien kommen dabei Diamant, Galliumnitrid oder Aluminiumnitrid in Frage. Galliumnitrid und Aluminiumnitrid weisen an der Ober- fläche ein ungepinntes Oberflachenpotential auf und sind insbesondere chemisch weitgehend inert. Daher können diese Materialien unmittelbar mit der zu vermessenden Probe in Kontakt gebracht werden. Als weiteres Material steht dotierter Diamant zur Verfügung, wobei in dem Diamant Leitfähigkeit durch Dotierung, beispielsweise mit Bor, erzeugt wird. Eine derartige
Dotierung ist stabil und hängt nicht von Außeneinflüssen ab. Der Diamant wird dann an seiner der Meßlösung zugewandten Oberfläche mit Wasserstoff terminiert, um ein ungepinntes Oberflachenpotential stabil zu erhalten.
Die Leitfähigkeit kann mit Bor, Lithium-, Silicium- oder Magnesium-Dotierung erzeugt werden. Wichtig bei dem vorliegenden elektrochemischen Sensor ist dabei, daß diese Leitfähigkeit in stabiler Weise erzeugt wird.
Wie beschrieben, eignen sich Halbleiter mit einer breiten Bandlücke für chemische Sensoren, da diese chemisch nicht angegriffen werden. Unter diesen Halbleitermaterialien ist insbesondere Diamant geeignet.
Die große Bandlücke ermöglicht ein großes Potentialfenster hinsichtlich der Stabilität gegenüber Wasser, die nahe an die 5.5 eV-Bandlücke für qualitativ hochwertige CVD-Diamantfilme heranreicht. Diese hohe chemische Stabilität der Diamant-Oberfläche ermöglicht die erfolgreiche Realisierung elektrochemischer Elektroden aus Diamant
Da die elektro-chemischen Eigenschaften von Diamant stark von dessen Oberflächenbeschaffenheit abhängt erfolgt hier eine Oberflächentermination mit Wasserstoff. Eine Oberflächentermination mit Sauerstoff führt zum vollständigen Verlust der Empfindlichkeit der Oberfläche.
Die Tatsache, daß die Leitfähigkeit bei einer Ober- flächentermination mit Wasserstoff leicht verändert werden kann, entweder durch Gasadsorption oder durch Veränderung der Austrittsarbeit der Schottky-Kontakt-
punkte, führte hier zur Entwicklung eines ISFET auf Diamant-Basis. Wesentlich bei der Verwendung von Diamant als Material für den Kanal ist dabei, daß der Kanal selbst durch eine Dotierung leitend gemacht ist. Diese Dotierung sollte nicht Wasserstoff sein, da eine wasserstoffinduzierte Leitfähigkeit aufgrund der Wasserstoffdiffusion in dem Halbleitermaterial zu Instabilitäten führt. Daher wird der Kanal durch Dotierung mit Bor und dergleichen leitfähig gemacht. Nur so läßt sich die erforderliche Stabilität der Leitfähigkeit des Kanals erzeugen.
Grundsätzlich läßt sich also feststellen, daß bei den erfindungsgemäßen elektrochemischen Sensoren beim Kontakt mit einer Chemikalie, beispielsweise in einer Lösung, das entsprechende elektrochemische Potential nun an der Grenzfläche Kanal-Chemikalie auftritt. Dies verändert das Oberflachenpotential des Kanals und damit die Verarmung des Kanals bzw. der Kanal- leitfähigkeit . So kann also das elektrochemische Potential auf einfache und sichere Weise erfaßt werden.
Die Sensoren werden entsprechend der Erfindung aus dünnen Schichten von Halbleitern mit hohem Bandab- stand hergestellt. Diese Schichten werden auf verschiedene Substrate hetero- oder homoepitaxiell gewachsen. Die Dotierung des leitfähigen Kanals kann in-situ durch Zugabe der Dotierstoffe in die Reaktionskammer geschehen. Die alternative Methode zur Do- tierung des Kanals ist die Ionenimplantation. Zum
Beispiel kann Diamant mit Bor p-dotiert, GaN mit Si n-dotiert, GaN mit Mg p-dotiert werden.
Der Zustand der freien Oberfläche mit entpinntem Fer- mi-Niveau kann gegebenenfalls durch bestimmte Behandlungen der Oberfläche erreicht werden, wie zum Bei-
spiel durch Plasma-Behandlung. So wird bei Diamant eine freie Oberfläche mit entpinntem Fermi-Niveau nach einer Behandlung im Wasserstoffplasma und Abkühlen in einer Wasserstoffatmosphäre beobachtet. In einigen Fällen, wie bei mittels MBE (Molecular Bea Epitaxy) oder MOCVD (Metal Organic Chemical Vapour Deposition) gewachsenem GaN, kann der Zustand der Oberfläche mit entpinntem Fermi-Niveau direkt nach dem Kristallwachstum beobachtet werden.
Im folgenden werden einige Beispiele für erfindungsgemäße elektrochemische Sensoren beschrieben.
Es zeigen
Fig. 1 einen schematischen Querschnitt einer FET- Struktur ohne Steuerelektrode;
Fig. 2 die I-V-Charakteristik einer EFT-Struktur ohne Steuerelektrode mit einem Bordotierten Oberflächenkanal in H20-Lösungen mit verschiedenen pH-Werten;
Fig. 3 die pH-Abhängigkeit des Oberflächenwider- Standes der FET-Struktur aus Fig. 2;
Fig. 4 die pH-Antwort eines Bor-dotierten Oberflächenkanals ( a) ohne Steuerelektrode, b) mit Gold-Steuerelektrode im Kurzschluß zu einem der Kontakte) ;
Fig. 5 die pH-Antwort eines Bor-dotierten Diamantkanals ( a) unbehandelt, b) nach Wasser- stoff-Plasmabehandlung) ;
Fig. 6 eine schematische Darstellung der pH- Erfassung mit einer Diamantoberfläche;
Fig. 7 pH-Antwort eines Bor-dotierten Kanals nach Sauerstoff-Plasmabehandlung;
Fig. 8 pH-Abhängigkeit eines n-dotierten GaN- Kanals (I0 = Strom gegen Luft) bei zwei verschiedenen Kanaldicken t.
Fig. 1 zeigt einen schematisierten Querschnitt der FET-Struktur ohne Steuerelektrode. Bezugszeichen 1 bezeichnet dabei ein Typ lb Diamantsubstrat, Bezugs- zeichen 2 einen Bor-dotierten Oberflächenkanal mit einer Ladungsträgerdichte NA von 1020 cm"3 und einer
Dicke t von 2-4 nm; Bezugszeichen 3 Ohm' sehe Kontakte aus Metall, Bezugszeichen 4 chemische widerstandsfähige Epoxybeschichtung der Ohm' sehen Kontakte 3 und des Substrates 1, um den Kontakt mit einer zu essen- den beispielsweise sauren oder basischen Lösung 6 zu vermeiden, Bezugszeichen 5 elektrische Leitung, mit denen die Ohm' sehen Kontakte 3 kontaktiert werden. Der p-leitende Oberflächenkanal 2 wurden auf polierten Oberflächen (3x3 mm2) eines synthetischen Stick- stoff-dotierten Diamant-Substrats 1 hergestellt. Die Gitterstruktur entsprach einer [100] -Ausrichtung. Der Widerstand des Diamant-Substrats 1 bei Raumtemperatur lag im g-Ω-cm-Bereich. Nach Herstellung des Oberflächenkanals 2 wurden die Ohm' sehen Kontakte 3 durch vollständige Metallisierung der gesamten Oberfläche mit Gold erzeugt. Die Diamant-Kristalle wurden, zusammen mit zwei metallischen Auflagen (Pads) zur externen Kontaktierung auf einen dielektrischen Träger aufgebracht. Der Oberflächenkanal 2 wurde mit den Pads über dünne Drähte 5, die mit einer Silberpaste befestigt wurden, verbunden. Die gesamte Struktur,
abgesehen vom offenen Bereich des Oberflächenkanals 2 zwischen den Kontakten, wurde in ein chemisch beständiges Epoxidharz 4 eingebettet, um die chemische Stabilität der Kontakte 3 zu sichern und Leckströme in die Flüssigkeit zu verhindern. Die Breite des offenen Bereichs betrug etwa 500 um, während die Länge der des Substrats entsprach (3 mm) .
Die Epitaxie des Bor-dotierten p-leitenden Kanals 2 erfolgte in einem MWCVD-Reaktor . Die Dotierung erfolgte mit einer festen Bor-Dotierungs-Quelle, nach einem Verfahren, das auch für die Herstellung von Kanälen einer FET-Struktur aus δ-Bor-dotiertem Diamant verwendet wird. Mit dieser Technik können Bor-Dotie- rungsprofile mit einer Schichtdicke von 2 bis 4 nm realisiert werden, wobei die Schichtdicke mit Elek- tronenrückstoßdetektoren (engl. Electron recoil de- tection, ERD) bestimmt werden kann. Nach der Auftragung wurde die Probe im Vakuum abgekühlt, um eine vollständige Sättigung der Oberflächen mit Wasserstoffatomen zu vermeiden. Die so hergestellten Kanäle der pH-Sensoren zeigten eine Aktivierungsenergie der Leitfähigkeit von etwa 5 eV. Diese geringe Aktivierungsenergie entspricht einem Dotierungsgrad von un- gefähr 1020 cm"3. Die Flächenträger-Dichte im Oberflächenkanal betrug zwischen 1 und 3-1013 cm"2. Der Widerstand bei Raumtemperatur des hergestellten Kanals lag im KΩD_1-Bereich.
Der Bor-dotierte Kanal mit einer Oberflächentermination 7 mit Wasserstoff wurde durch Behandlung mit einem Wasserstoff-Plasma in einem CVD-Reaktor durchgeführt (Dauer 60 min) . Vermutlich führt eine solche Behandlung zu einer vollständigen Sättigung der an der Oberfläche befindlichen Kohlenstoff-Bindungen mit Wasserstoffatomen. Die Temperatur des Probenhalters
betrug 400°C. Zusätzlich wurde eine negative Vorspannung (engl. Bias) von -50 V am Probenhalter angelegt. Nach der Behandlung konnten keine nennenswerten Schwankungen des Kanalwiderstands beobachtet werden.
Durch Verwendung eines Argon/Sauerstoff-Plasmas wurde alternativ ein Bor-dotierter Diamant-Kanal 2 mit einer Oberflächentermination 7 mit Sauerstoff hergestellt (Dauer 2 min bei Raumtemperatur (RT) ) . Nach der Oberflächentermination mit Sauerstoff weist die Oberfläche des Diamanten eine Vielzahl verschiedener Zustände auf, woraus ein Fermi-Niveau der Oberfläche von etwa 1.7 eV oberhalb des Valenzbandes resultierte. Der Einfluß der Oberflächentermination mit Sauer- stoff konnte anhand des Anstiegs des Widerstands des Bor-dotierten Kanals von 5 auf etwa 180 K-Ω-D"1 beobachtet werden.
Die pH-Messungen wurden bei Raumtemperatur (RT) mit gepufferten sauren und basischen wäßrigen Lösungen (pH zwischen 1 und 13) durchgeführt.
Fig. 2 zeigt die I-V-Charakteristik einer FET-Struk- tur ohne Steuerelektrode mit einem Bor-dotierten Dia- mant-Oberflächenkanal . Fig. 3 zeigt die pH-Abhängigkeit des Oberflächenwiderstands. Die gepunktete Kurve zeigt die erwartete pH-Abhängigkeit bezüglich des thermodyna ischen Gleichgewichts zwischen dem p-Typ- Diamant und Flüssigkeitslösungen. Die in der Figur eingezeichneten zwei Pfeile bezeichnen die Reproduzierbarkeit der gemessenen pH-Abhängigkeit, wenn diese von niedrigem zu hohem pH oder umgekehrt bestimmt wird. Der Sensor arbeitet ähnlich wie ein FET beim Betrieb in der Verarmungsphase . Hieraus ist zu erken- nen, daß der Oberflächenkanal des pH-Sensors aus Diamant durch das pH-abhängige Schwellenpotential an der
Grenzflache zwischen Flüssigkeit und Diamant im Vergleich zu einer der Luft ausgesetzten Oberflache zusätzlich verarmt. Es ist zu berücksichtigen, daß für die pH-Abhängigkeit in den entsprechenden Figuren le- diglich die Leitfähigkeit der auf diese Weise hergestellten Strukturen als Referenzwert verwendet wurde. Nachdem ein Kontakt zur flussigen Losung bestanden hatte, unterschied sich die Leitfähigkeit der getrockneten Oberflache teilweise vom Ursprungswert, j e nachdem welches Reinigungsverfahren verwendet wurde. Üblicherweise kehrte die Leitfähigkeit nach Reinigung der Probe mit destilliertem Wasser auf ihren ursprünglichen Wert zurück.
Bei kleinen Vorspannungen war die pH-Abhängigkeit reproduzierbar, wenn der Strom nach Eintauchen des Sensors m die Losung 10 bis 15 s stabilisiert wurde. Allerdings wurde ein starker Anstieg des Stroms bei einer Vorspannung über 5-6 V beobachtet, was auf die Entstehung eines Leckstroms m die flussige Losung hindeutete. In diesem Fall war der Widerstand der Struktur im wesentlichen geringer als der Kanalwiderstand, der m Luft gemessen wurde. Der beobachtete Leckstrom stand im Einklang mit der Bildung von Was- serstoff und Sauerstoff an der Diamant-Oberflache, was auf eine Hydroylse hinweist. Das Auftreten des Leckstroms erfolgte, wenn ein Potentialabfall zwischen Quelle und Senke über die Grenzflache zwischen Flüssigkeit und Diamant m der Größenordnung des Po- tentials der Bandlucke eintrat, was auf eine chemisch bedingte Bandlucke dieser Größenordnung des Materials hinweist .
Der Kanal wurde allmählich durch Erhöhung des pH- Wertes unter Berücksichtigung der Leitfähigkeit in
Luft verarmt. Die entgegengesetzte Abhängigkeit wird
allerdings erwartet, wenn man von einem metallischen Schottky-Kontaktpunkt und einem thermodynamischen Gleichgewicht an der Grenzfläche zwischen Flüssigkeit und Halbleiter ausgeht: nach dem Redox-Bändermodell entspricht eine pH- Zunahme einer Verschiebung im Fermi-Niveau der flüssigen Lösung zu niedrigeren Energien. Der Einfluß des pH sollte dabei ähnlich dem Einfluß eines Metalls mit zunehmender Austrittsarbeit sein. Im Fall eines p-leitenden Halbleiters bedeutet dies ein geringeres Schwellenpotential für die Grenzfläche zur Flüssigkeit mit steigendem pH. Eine zunehmende Verarmung ist für kleinere pH-Werte zu erwarten, wie es in Fig. 3 durch die gepunktete Linie verdeutlicht wird. Die Diskrepanz zwischen den gemesse- nen und den erwarteten Abhängigkeiten macht deutlich, daß sich die Grenzfläche zwischen Flüssigkeit und Diamant nicht im thermodynamischen Gleichgewicht befindet. Dieses Ungleichgewicht an der Diamant-Grenzfläche konnte durch identische pH-Messungen mit der gleichen Struktur, bei der aber eine Referenzelektrode aus Gold mit einem der Kontakte kurzgeschlossen wurde, nachgewiesen werden (s. Fig. 4). Die Referenzelektrode ermöglicht so eine Verbindung, durch die ein Elektronentransfer zur Einstellung des Gleichge- wichts ermöglicht wird. Es wurde festgestellt, daß die pH-Abhängigkeit dieses Sensors den Erwartungen bezüglich des Gleichgewichtes entspricht (s. Fig. 4b) .
Somit kann zusammengefaßt werden, daß innerhalb der durch die Oberflächenbarriere bedingten Schwellenpo- tentialänderungen im pH-Bereich zwischen 1 und 13 ein Elektronentransfer aufgrund der großen Bandlücke verhindert wird. Dies steht in Übereinstimmung mit einer nachfolgend beschriebenen, mit einer FET-Struktur durchgeführten Untersuchung, bei der die Oberfläche
des Bor-dotierten Kanals zuvor einem Wasserstoff- Plasma ausgesetzt wurde (s. Fig. 5). Es ist bekannt, daß die Behandlung von Diamant mit einem Wasserstoff- Plasma zu einer vollständigen Sättigung der an der Oberfläche befindlichen Bindungen mit Wasserstoffato- men führt. Dadurch wird die höchste Dichte von C-H- Oberflächendipolen erzielt.
Die erhöhte pH-Sensitivität des Bor-dotierten Kanals mit einer Oberflächentermination mit Wasserstoff
(Fig. 5b) kann somit aus einer erhöhten Dichte ionischer Radikale, die an die an der Oberfläche liegenden C-H-Bindungen gebunden sind, erklärt werden.
Aufbauend auf diesen Untersuchungen wird ein Erklärungsmodell, das jedoch für den erfindungsgemäßen Gegenstand nicht einschränkend sein soll, für die Veränderung des Oberflächenpotentials vorgeschlagen. In der an der Oberfläche liegenden C-H-Bindung überträgt das Wasserstoffatom einen großen Teil seiner Elektronenladung zum Kohlenstoffatom, wodurch ein Dipol entsteht. Der elektronische Zustand, der durch die C-H- Bindung erzeugt wird, befindet sich in der Nähe des Valenzbandes, worauf unter Berücksichtigung der ge- ringen Aktivierungsenergie der p-Typ-Leitfähigkeit, die auf die Oberflächen-Termination von nominell undotiertem Diamant mit Wasserstoff zurückzuführen ist, geschlossen werden kann. Die Adsorption von negativ geladenen ionischen Radikalen wie OH" aus basischen Lösungen würden die C-H-Bindung schwächen und eine
Verschiebung des Energieniveaus der der Bindung zugehörigen elektronischen Zustände zu höheren Energien bewirken. Dementsprechend würde das Fermi-Niveau der Oberfläche angehoben, womit eine zunehmende Verarmung p-leitenden Kanals resultieren würde. Fig. 6 zeigt eine schematische Darstellung des Mechanismus einer
pH-Messung mit einer Diamant-Oberfläche. Das Modell hat lediglich eine bildliche Bedeutung, da ein Beweis, welche Oberflächenbindungen für die Festlegung des Fermi-Niveaus zuständig sind und wie genau die Krümmung des Oberflächenbandes bei Anwesenheit adsorbierter Radikale aussieht, derzeit nicht möglich ist.
Interessanterweise zeigt Fig. 5, daß die Extrapolation der pH-Abhängigkeit, sowohl für Kanäle mit Ober- flächen-Termination mit Wasserstoff als auch ohne
Oberflächen-Termination, zu einer Oberflächenleitfähigkeit in der Luft korrespondierend mit dem Fall pH=0 führt, was wiederum bedeutet, daß keine Adsorption negativ geladener Radikale an der Oberfläche stattfindet.
Die Bedeutung der chemischen Oberflächen-Termination auf die Empfindlichkeit gegenüber ionischen Lösungen wurde anhand ähnlicher pH-Messungen, wie sie auch für die Bor-dotierten Kanäle durchgeführt wurden, demonstriert, wobei diese zuvor mit einem Sauerstoff- Plasma behandelt wurden. Nach der Behandlung konnte für die Struktur ohne Steuerelektrode keinerlei pH- Sensitivität über den gesamten pH-Bereich von 1 bis 13 beobachtet werden (s. Fig 7). Gemäß dem vorgeschlagenen Erklärungsmodell ist die fehlende pH- Sensitivtät bei Oberflächentermination mit Sauerstoff auf schwache elektrostatische Wechselwirkungen zwischen den ionischen Radikalen in chemischen Lösungen und den Sauerstoff-nahen Oberflächenzuständen, durch die das Fermi-Niveau der Oberfläche festgelegt wird. Die energetische Lage des Fermi-Niveaus der Oberfläche und die entsprechende Verarmung des Oberflächenkanals werden daher nicht nennenswert durch die ad- sorbierten Radikale beeinflußt.
Mit dem erfindungsgemäßen Sensor konnte zum ersten Mal die Sensitivität gegenüber ionischen Lösungen und deren pH-Werten mit einer FET-Struktur ohne Steuerelektrode (Gate) demonstriert werden. Dabei steht der leitfähige Oberflächenkanal in direktem Kontakt zur flüssigen Lösung, die als flüssige Steuerelektrode fungiert. Zwei verschiedene Arten von p-leitenden Oberflächenkanälen wurden dabei, wie vorstehend gezeigt, untersucht:
(a) p-leitender Bor-dotierter Kanal (Oberflächentermination mit Wasserstoff) ,
(b) Bor-dotierter Kanal (Oberflächentermination mit Sauerstoff) .
Wie gezeigt wurde, wird das pH-Ansprechverhalten für Diamant als Kanalhalbleitermaterial der Sensoren in starkem Maße durch die Oberflächentermination beeinflußt. Für den p-Typ-Kanal, der eine Oberflächen- Termination mit Wasserstoff aufweist, trat eine zunehmende Verarmung des Kanals mit steigendem pH ein. Die Tendenz bei der Verarmung des Kanals zeigt dabei, daß dieser Effekt durch die Adsorption ionischer Radikale (z.B. OH") und deren Einfluß auf die an der Oberfläche befindlichen C-H-Dipole bestimmt wird. Wegen der breiten Bandlücke tritt kein Ladungstransfer an der Diamant-Grenzfläche auf. Das Ungleichgewicht an der Grenzfläche konnte durch pH-Messungen mit ei¬ nem Diamant-Sensor mit einer Gegenelektrode aus Gold bestätigt werden. Die hohe Sensitivität der Oberflä- chentermination mit Wasserstoff ist auf die hohe Dichte von C-H-Bindungen an der Oberfläche zurückzu¬ führen. Es wird vermutet, daß das Oberflachenpotenti¬ al aufgrund der C-H-Bindungen im Bereich des Valenz- bandes zu finden ist. Die Adsorption von OH"-Radika- len würde die C-H-Bindung schwächen und eine Ver-
Schiebung des Energieniveaus des zugehörigen elektronischen Zustands zu höheren Energien bewirken. Die Verschiebung des Fermi-Niveaus der Oberflache fuhrt zu einer Verarmung des p-leitenden Oberflachenkanals, ungeachtet des chemischen Ursprungs des Dotierungsma- teπals. Die Oberflächentermination mit Sauerstoff fuhrt zu einer hohen Dichte von Oberflachenzustanden etwa bei 1.7 eV oberhalb des Valenzbandes. Es tritt keine pH-Sensitivitat auf und somit das Energieniveau des Zustands nicht verändert.
Es wurden zwei weitere Sensoren untersucht, bei denen der Kanal nicht aus Diamant sondern aus Galliumnitrid besteht. Fig. 8 zeigt hierzu die Charakteristik die- ser pH-Sensoren bei Zimmertemperatur. Für die Messung der pH-Abhängigkeit wurden Losungen von H2S04 und KOH und Standardpufferlosungen mit einem pH von 1,0, 4,0, 7,0, 9,1 bzw. 12,7 verwendet. Der Strom I0 entspricht dabei dem Strom gegenüber Luft.
Bezuglich ihres Aufbaus entsprechen die Sensoren vollständig demjenigen in Fig. 1, wobei jedoch der Kanal aus GaN besteht, dessen Oberflache keine Wasserstoffterminierung 7 aufweist. Hierzu wurde eine GaN-Schicht auf ein Saphirsubstrat aufgebracht. Dieser GaN-Kanal besaß eine n-Typ Defektleitfahigkeit . In Fig. 8 sind die Meßwerte für zwei solche Strukturen mit unterschiedlicher Kanaldicke t von 0,9 μm bzw. 1,3 μm angegeben.
Wie in Fig. 8 zu erkennen ist, zeigt der n-Typ GaN- Kanal beider Sensoren eine zunehmende Verarmung mit zunehmendem pH-Wert. Auch hieraus ist zu erkennen, daß Oberflachen von Kanalmateπalien, die einen aus- reichend hohen Bandabstand haben und ein ungepinntes Oberflachenpotential aufweisen, wie beispielsweise
GaN oder A1N, geeignet sind für erfindungsgemäße elektrochemische Sensoren. Im Falle der Verwendung dieser Materialien ist es nicht erforderlich die Meßoberfläche, die mit der zu messenden Lösung in Kon- takt kommt, zu modifizieren. Es kann also unmittelbar mit der GaN- oder AIN-Oberflache gemessen werden.