Verfahren zur Herstellung selbstorganisierter Strukturen auf einer Substratoberfläche
Technisches Gebiet
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung von selbstorganisierten Oberflächenstrukturen auf einer Substratoberfläche eines, aus einem elastischen Werkstoff bestehenden Substrates.
Stand der Technik
Oberflächenstrukturen, gleichwohl ob es sich dabei um periodisch oder stochastisch verteilte Strukturanordnungen handelt, können mit elektromagnetischen Strahlen in verschiedenartige Wechselwirkung treten. Liegen die Strukturdimensionen oberhalb der Größenordnung der auf die Strukturoberfläche auftreffenden elektromagnetischen Wellenlänge, so treten im Falle periodisch angeordneter Oberflächenstrukturen Beugungseffekte auf, durch die elektromagnetische Strahlung einer bestimmten Wellenlänge durch die strukturierte Oberfläche in einen bestimmten Raumwinkel gerichtet reflektiert wird. Die Herstellung derartiger optischer Oberflächengitter erfolgt in an sich bekannter Weise mit Hilfe lithographischer Verfahren kombiniert mit ätztechnischen Prozeßschritten, die jedoch aufgrund der Vielzahl hintereinander durchzuführender Arbeitsschritte komplizierte und dadurch aufwendige und teure Herstellungsverfahren darstellen. Zwar kann die Anzahl der für die Strukturgeometrie verantwortlichen, maskenunterstützten Belichtungsschritte deutlich reduziert werden, falls die entsprechend mit einem Photolack versehene, zu strukturierende Substratoberfläche mit holographisch erzeugten Interferenzmustern belichtet wird, doch setzt diese Technik teure Anlagenkomponenten voraus, so daß
auch mit diesen bekannten Herstellungsverfahren gewonnene strukturierte Oberflächen mit hohen Kosten verbunden sind.
Die Herstellung von strukturierten Oberflächen mit stochastisch verteilten Strukturgeometrien und Dimensionen kleiner der Wellenlänge der elektromagnetischen Strahlung dienen in erster Linie als Anti-Reflexionsschichten und finden in der jüngsten Literatur unter dem Begriff „Mottenaugen- Strukturoberflächen" Eingang. Diese stochastisch verteilten Oberflächenstrukturen können ebenfalls mit den bekannten Herstellungsverfahren, die im wesentlichen auf lithographischen Verfahren kombiniert mit selektiven Materialabtrageverfahren basieren mit Strukturdimensionen bis hinab zu 200 nm hergestellt werden. Diese Verfahren stellen jedoch ebenso aufwendige und kostenintensive Verfahren dar.
Darstellung der Erfindung
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung von Oberflächenstrukturen auf einer Substratoberfläche eines, aus einem elastischen Werkstoff bestehenden Substrates derart weiterzubilden, daß die Herstellung von Oberflächenstrukturen erheblich vereinfacht werden kann. Insbesondere soll es möglich sein, mit einem Minimalaufwand von Arbeitsschritten eine Substratoberfläche mit einer gewünschten Oberflächenstruktur zu versehen. Die Oberflächenstruktur selbst soll möglichst widerstandsfähig sein. Die bei bekannten Herstellungsverfahren, bei denen strukturierte Oberflächen schichtförmig auf ein darunter befindliches Substrat aufgebracht werden, auftretenden Ablöseprobleme zwischen Oberflächenschicht und darunter befindlichem Substrat sollen bei dem erfindungsgemäßen Verfahren vollständig ausgeschlossen werden.
Die Lösung der der Erfindung zugrundeliegenden Aufgabe ist im Anspruch 1 angegeben. Den Erfindungsgedanken vorteilhaft weiterbildende Merkmale sind Gegenstand der Unteransprüche.
Erfindungsgemäß wird ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 dadurch weitergebildet, daß die Substratoberfläche einer, die innere Struktur des
Substrates in einer oberflächennahen Schicht verändernden physikalischen und/oder chemischen Oberflächenbehandlung derart unterzogen wird, daß sich das Elastizitätsverhalten und/oder der Spannungszustand innerhalb der oberflächennahen Schicht des Substrates von der Elastizität bzw. des Spannungszustandes des übrigen Substrates unterscheidet. Die Oberflächenbehandlung wird entweder in einem gedehnten Zustand des Substrates durchgeführt, wobei sich die Oberflächenstrukturen durch Entspannen des Substrates selbständig bzw. selbstorganisierend bilden. Andererseits ist es möglich, die Oberflächenbehandlung in einem entspannten Zustand des Substrates durchzuführen, wobei sich in diesem Falle die Oberflächenstrukturen durch Dehnen des Substrates ausbilden.
Die der Erfindung zugrundeliegende Idee beruht auf einer gezielten Einflußnahme auf das Material des Substrates selbst, beschränkt sich jedoch nur auf eine oberflächennahe Schicht des Substrates, so daß sich insbesondere das Elastizitätsverhalten des Substratmaterials durch die entsprechende Oberflächenbehandlung gezielt verändert. Von besonderem Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens ist die Oberflächenbehandlung der oberflächennahen Schicht des Substrates, die einstückig mit dem Substrat verbunden ist. Auf diese Weise kann vermieden werden, daß es zu einer Schichtablösung kommt, wie es bei bekannten, gattungsgleichen Herstellungsverfahren der Fall ist, bei denen das Substrat mit einer zusätzlichen Oberflächenschicht beaufschlagt wird.
Für die sich selbst organisierende Einstellung der Oberflächenstruktur ist es erforderlich, daß das Substrat aus einem elastischen Werkstoff, vorzugsweise aus elastomeren Polymeren, wie Polydimethylsiloxan (PDMS) oder aus Vinyl-Polysiloxan besteht. Selbstverständlich sind grundsätzlich auch beliebig weitere elastische Materialien verwendbar, um sie als Substrat für die im weiteren noch näher zu beschreibende Oberflächenbehandlung zu verwenden.
Das Substrat wird vorzugsweise vor der Oberflächenbehandlung in einen gedehnten Zustand überführt, der beispielsweise durch mechanische oder thermische Dehnung herbeigeführt werden kann. Im Falle der mechanischen Dehnung eignen sich gekrümmt verlaufende Unterstützungsflächen, über die das Flächensubstrat gespannt werden kann. Durch eine derart einfach vorzunehmende Dehnung des elastischen Substrates über eine gekrümmte Fläche, deren Flächenkrümmung einen bestimmten Radius aufweist, kann ein einachsiger Spannungszustand hergestellt werden, der für eine sich selbst einstellende bzw. selbstorganisierende Oberflächenstruktur von wesentlicher Bedeutung ist. Im gedehnten Zustand erfährt das Substrat an seiner Substratoberfläche eine Oberflächenbehandlung, die den Elastizitätsmodul (E-Modul) und/oder den Spannungszustand des Substratmaterials ausschließlich in einem oberen Schichtbereich verändert.
Als mögliche Oberflächenbehandlungen eignen sich Elektronen- oder lonenstrahlbehandlungen (Plasmabehandlungen), durch die die Substratoberfläche mit den entsprechenden elektrisch geladenen Teilchen beaufschlagt wird.
Durch eine derartige Oberflächenbehandlung werden Fragmentations- und Vernetzungsprozesse in der Substratoberfläche induziert, die zu einer Veränderung des Vemetzungsgrades in der Substratoberfläche sowie zum Abbau etwaiger Spannungen führen (durch Aufbrechen des Netzwerkes können Kettensegmente relaxieren). Parallel zur Änderung des Vernetzungsgrades verändern sich auch die mechanischen Kennwerte, wie beispielsweise der E-Modul. Ein Separieren bzw. eine räumliche Abtrennung der oberflächennahen Schicht, die der Oberflächenbehandlung ausgesetzt ist, von dem übrigen Substrat, erfolgt jedoch nicht, so daß nach wie vor ein inniger Materialverbund zwischen der behandelten oberflächennahen Schicht, die eine zum unbehandelten Substratmaterial unterschiedliche Elastizität aufweist, und dem übrigen Substrat besteht.
Durch den in der oberflächennahen Schicht erhöhten Vernetzungsgrad und die dadurch bedingte Änderung im Elastizitätsmodul tritt beim Entspannen des Substrats senkrecht durch die oberflächennahe Schicht und das daran angrenzende,
weitgehend unbehandelte Grundsubstrat, ein Spannungsgradient auf, der beim Entspannen in einem komplizierten, flächenhaften Spannungszustand resultiert, der ein Wellen an der Substratoberfläche bewirkt. Die sich dabei in selbstorganisierender Weise ausbildenden Wellenfronten verlaufen senkrecht in Richtung der durch die Dehnung induzierten ursprünglichen Zugspannung innerhalb des Substrates, so daß ein einachsiger Spannungszustand während der Oberflächenbehandlung eine geordnete Oberflächenstruktur, bestehend aus parallel zueinander verlaufenden Wellen, fester Periode, zur Folge hat. Je nach Art und Stärke der Oberflächenbehandlung kann über die gezielte Modifikation des Vernetzungsgrades innerhalb der oberflächennahen Schicht auf die Dimensionierung der sich selbst organisierend ausbildenden Oberflächenstruktur Einfluß genommen werden. Auch ist es möglich, die Periodizität und die Amplitude der sich ausbildenden Oberflächenstrukturen durch geeignete Materialwahl, durch die Dicke des Substrats selbst sowie die Dicke der oberflächenbehandelten Schicht gezielt zu variieren. Auch können Periode und Amplitude der Oberflächenwelligkeit nachträglich, d.h. nach der Durchführung der Ober lächenbehandlung, durch mechanische oder thermische Dehnung des sich ausbildenden, einstückigen Schichtsystems in bestimmten Grenzen verändert werden.
Wird das elastische Flächensubstrat nicht wie im vorstehend genannten Fall in einer Richtung, sondern in mehrere Richtungen gedehnt, beispielsweise durch ein flächenhaftes Dehnen des Substrates auf einer sphärischen oder asphärischen Grundfläche, so wird ein mehrachsiger Spannungszustand erreicht. Ein derartig herbeigeführter mehr-dimensionaler Spannungszustand resultiert nach entsprechender Oberflächenbehandlung und Entspannung in einer fraktalen Oberflächenstruktur, die sich beispielsweise zur Erzeugung von Antireflexionsschichten eignet.
Typische Dimensionen der sich selbst organisierenden Oberflächenstrukturen bewegen sich zwischen wenigen 100 μm bis in den Submikrometer-Bereich hinein. Damit ist vornehmlich die Periodizität der sich bei geordneten Oberflächenstrukturen einstellenden Strukturwiederholungen gemeint. Derartige parallel verlaufende
periodische Strukturen eignen sich bevorzugt für optische Gitter, die in vielseitiger Weise einsetzbar sind. Beispielsweise können optische Dehnungsmeßstreifen durch derartige Gitter realisiert werden, wobei eine charakteristische Größe für den aktuellen Dehnungszustand die sich ändernde Gitterkonstante ist, die mit Hilfe optischer Meßverfahren erfaßt werden kann.
Von besonderem Vorteil des erfindungsgemäßen Herstellungsverfahren sind die damit verbundenen geringen Kosten. Das Verfahren kommt ohne jegliche lithographische Belichtungsschritte aus, die bei bekannten Verfahren einen die Herstellungskosten bestimmenden Faktor darstellen.
Alternativ zur vorstehend beschriebenen Vorgehensweise, das Flächensubstrat während der Oberflächenbehandlung einen bestimmten gedehnten Zustand zu versetzen, ist es auch möglich, das Flächensubstrat im entspannten Zustand der Oberflächenbehandlung zu unterziehen und nachfolgend in einen gedehnten Zustand zu überführen. Durch die Dehnung stellen sich ebenso geordnet verlaufende Oberflächenwellenfronten ein, die sich in diesem Fall selbstorganisierend parallel in Richtung der aktuell vorherrschenden Zugspannung im Substrat ausrichten.
Die in Rede stehenden Oberflächenbehandlungen, die grundsätzlich die innere Gefügestruktur des Substrates in seiner obersten Flächenschicht zu verändern vermögen, sind Bestrahlungsverfahren, bei denen Elektronen oder Ionen, vorzugsweise Argon-Ionen, auf die Substratoberfläche auftreffen. Durch die Wahl der Bestrahlungsdosis sowie Dosisleistung lassen sich, neben den bereits erwähnten Materialwahlparametern, die Dimensionen der Oberflächenstruktur weitgehend beliebig genau bestimmen.
Kurze Beschreibung der Erfindung
Die Erfindung wird nachstehend ohne Beschränkung des allgemeinen Erfindungsgedankens anhand von Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme auf die Zeichnung exemplarisch beschrieben. Es zeigen:
Fig. 1a bis c schematisierte Darstellung der Verfahrensschritte zur Herstellung selbstorganisierter Oberflächenstrukturen.
Beschreibung eines Ausführungsbeispiels sowie gewerbliche Anwendbarkeit
In Fig. 1a ist der Querschnitt durch ein flächenhaft ausgebildetes, elastisches Substrat 1 dargestellt. Das Substrat 1 der Dicke d0 wird durch mechanische Dehnung in einen definierten Spannungszustand überführt, in dem zur rechten und linken Seite des Substrats 1 Zugspannungen σ angreifen, die das Substrat 1 in einen vorbestimmten Spannungszustand überführen. Die Erzeugung des Spannungszustandes kann durch entsprechende Zugmittel, die beidseitig an dem zu dehnenden Substrat 1 angreifen, durchgeführt werden. Eine gängige, möglichst einfache Weise, das Substrat in einen vordefinierten Spannungszustand zu überführen, ist das Auflegen des Substrats auf eine gekrümmte Fläche mit vorbestimmtem Radius.
Auf diese Weise wurde ein 4 cm langer, 0,5 cm breiter und 1 mm dicker Streifen aus Polydimethylsiloxan (PDMS) über eine gekrümmte Fläche mit einem Radius von 5 cm gebogen, befestigt und anschließend unter Hochvakuum für etwa 5 Minuten mit einem Argon-Ionenplasma behandelt.
Dieser Schritt ist in Fig. 1 b dargestellt, bei dem das Substrat 1 durch das Bombardement der Argonionen in seiner oberflächennahen Schicht 2 strukturell verändert wird. Die Strukturveränderung bewirkt eine Änderung des Elastizitätsmoduls E sowie den Abbau der mechanischen Spannungen in der dünnen Oberflächenschicht. Die oberflächennahe Schicht 2 weist aufgrund dessen einen Elastizitätsmodul E1 auf, der sich von dem Elastizitätsmodul E0 des Ausgangssubstrats 1 unterscheidet. Die sich während der Bestrahlung mit Argon- Ionen ausbildende Strukturveränderung innerhalb des Materialgefüges des Substrats 1 begrenzt sich auf eine oberflächennahe Schicht mit einer Schichtdicke d-ι. Typische Schichtdicken di betragen wenige nm bis μm.
In Fig. 1c ist der Zustand dargestellt, der sich nach dem Entspannen des gedehnten Flächensubstrats einstellt. Im vorliegenden Falle stellt sich eine geordnete Welligkeit an der Substratoberfläche mit einer typischen Periode von 10 μm ein. Je nach Wahl der Bestrahlungsdosis können Strukturgrößen bzw. periodische Abfolgen bis hinab zu einigen wenigen 100 nm erzeugt werden. Typische lonenstrahlleistungen betragen 0,15 W/cm2 bei einem Gleichspannungspotential von 160 V. Durchschnittliche Strahldauern, in denen die Substratoberfläche dem Beschüß mit Argon-Ionen ausgesetzt ist, betragen eine bis einige Minuten.
Die Oberflächenbehandlung des Substrats kann auch durch die Bestrahlung mit Elektronen beispielsweise einer Energie von 10keV durchgeführt werden. Im Gegensatz zu der im Hochvakuum durchzuführenden Argon-Ionen-Bestrahlungen ist es auch möglich die Bestrahlung unter atmosphärischen Bedingungen vorzunehmen. Hierbei können ähnliche Ergebnisse erzielt werden wie im Falle des lonenbeschusses.
Mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens können optische „Low-Cost"-Gitter hergestellt werden, die im Rahmen eines passiv optisch auslesbaren Dehnungsmeßstreifens Verwendung finden können. Ein weiteres Anwendungsgebiet selbstorganisierter gewellter Oberflächen stellt der Einsatz als Antireflexionsschichten dar.
Eine weitere, alternative Möglichkeit der Herstellung selbstorganisierter Elastomeroberflächen stellt die Beschichtung der Elastomersubstrate mit einer dünnen, spannungsfreien Adsorbatschicht dar. Als Adsorbat eignen sich, eine ausreichend gute Adhäsion zwischen elastomerem Substrat und dem Adsorbat vorausgesetzt, nahezu alle Materialien der Werkstoffgruppen Metalle, Keramiken und Polymeren. So wurde ein ca. 9 cm langer, 2,5 cm breiter und 1 mm dicker Streifen aus PDMS über eine gekrümmte Fläche mit einem Radius von 20 cm gebogen, befestigt und anschließend mit 5 nm Titan als Haftvermittler und 50 nm Silber bedampft. Die resultierende Welligkeit der Oberfläche des Verbundes stellte sich mit einer Periode von ca. 10 μm, nach dem Entspannen des PDMS-Streifens ein.
Bezugszeichenliste
Substrat Oberflächennahe Schicht