Langfaserverstärktes thermoplastisches Material und Verfahren zum Herstellen desselben
Die vorliegende Erfindung betrifft ein langfaserverstärktes thermoplastisches Material und ein Verfahren zum Herstellen von langfaserverstärkten Thermoplasten, bei welchem die Fasern mit einem ersten thermoplastischen Material imprägniert werden.
Entsprechende Materialien und Verfahren zur Herstellung derselben sind seit langem bekannt.
Dabei versteht man unter "langen Fasern" im allgemeinen Fasern mit einer Länge von mindestens 1 mm, vorzugsweise in der Größenordnung von 5 mm oder darüber. Derartige Fasermaterialien, die auch als Verbundwerkstoffe bezeichnet werden, finden inzwischen sehr vielfältige Anwendung im Bereich mechanischer Bauelemente, bei denen ein geringes Gewicht und z. B. eine hohe mechanische Festigkeit, elektrische Isolierfähigkeit, oder auch eine geringe oder auch größere Wärmeleitfähigkeit miteinander kombiniert werden sollen. Allgemein bekannt sind z. B. glasfaser- oder kohlenstoffaserverstärke Kunststoffe, die für gleichzeitig leichte, aber mechanisch hochbelastete Bauteile, wie z. B. Flugzeugtragflächen, Bootsrümpfe, Golfschlägerschäfte, technische Spritzgußteile und dergleichen Verwendung finden.
Oftmals werden langfaserverstärkte, thermoplastische Werkstoffe auch als Halbfertigwaren oder Halbzeuge bereitgestellt, indem z. B. ein Thermoplast mit entsprechenden Fasern ve- mischt wird bzw. indem Fasern mit einem thermoplastischen Kunststoff imprägniert werden, woraufhin dieser so hergestellte Werkstoff dann zu Pellets oder einem Granulat zerkleinert wird, welches anschließend als Rohmaterial für die Herstellung von Bauteilen größerer Dimensionen verwendet wird. Hierzu werden die Pellets bzw. Granulatteilchen aufgeschmolzen, in eine Form gegeben oder auf Oberflächen aufgestrichen und auf diese Weise miteinander verbunden.
Allerdings sind die bisher verfügbaren Materialkombinationen für entsprechende langfaserverstärkte Thermoplaste relativ begrenzt. Dies hängt u. a. damit zusammen, daß sich bestimmte Fasern nicht mit jedem thermoplastischen Kunststoff ohne weiteres imprägnieren lassen, so daß der Kunststoff nur sehr schlecht an den Fasern haftet, was andererseits jedoch eine wesentliche Voraussetzung für die Erzeugung der gewünschten kombinierten Eigenschaften solcher Verbundwerkstoffe ist. Dabei sollen die langen Fasern im wesentlichen eine hohe Zugfe-
stigkeit gewährleisten, wahrend andererseits der thermoplastische Kunststoff die gunstige Formbarkeit, Elastizität und andere wünschenswerte Eigenschaften, wie z B Korrosionsbeständigkeit, Temperaturbeständigkeit und allgemeine chemische Widerstandsfähigkeit beitragt
Manche Eigenschaften, wie z B eine gute Oberflache, lassen sich jedoch mit den üblichen langfaserverstarkten Thermoplasten nur sehr schwer erzeugen und erfordern im allgemeinen den Verbund mit zusatzlichen gute Oberflachen erzeugende Materialschichten
Auch die chemische Beständigkeit und Temperaturfestigkeit derjenigen Thermoplaste, die sich bisher für die Imprägnierung langer Fasern bewahrt haben, lassen in den meisten Fallen noch zu wünschen ubπg
Gegenüber diesem Stand der Technik liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein langfaserverstarktes thermoplastisches Material und ein Verfahren zur Herstellung desselben zu schaffen, welches eine erheblich breitere Vaπationsmoghchkeit in den erzielbaren mechanischen, sonstigen physikalischen, chemischen und elektrischen Eigenschaften bietet, als dies bei bisherigen bekannten thermoplastischen, langfaserverstarkten Materialien der Fall war
Hinsichtlich des langfaserverstarkten thermoplastischen Materials selbst wird die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe dadurch gelost, daß die Matrix des Materials aus mindestens zwei verschiedenen Thermoplasten besteht, wobei die Fasern im wesentlichen nur von einem der beiden thermoplastischen Materialien benetzt sind
D h vorzugsweise sind mindestens 80 % der Fasern bzw der Faseroberflachen mit dem ersten der beiden thermoplastischen Materialien benetzt
Dies hat den Vorteil, daß ein Verarbeitungsschritt, nämlich das Mischen oder "Blendmg" in einem Extruder oder einer ähnlichen Maschine wegfallt
Auf diese Weise ist es möglich, die Fasern mit einem ersten thermoplastischen Material zu imprägnieren bzw zu vermischen, welches eine gute Benetzungsfahigkeit und Impragnierfahikeit für die betreffenden Fasern hat Das zweite thermoplastische Material kann dann nach Bedarf im Hinblick auf die für das Endprodukt gewünschten physikalischen oder chemischen Eigenschaften ausgewählt werden Beispielsweise kann das zweite thermoplastische Material eines sein, welches eine höhere Temperaturbeständigkeit, eine höhere Druckfestigkeit oder allgemein mechanische Festigkeit, eine bessere elektrische Isolationsfahigkeit oder wahlweise auch Leitfahiαkeit oder eine bessere Bestandiαkeit αeαen bestimmte Chemikalien hat Je nach dem
Anteil des zweiten thermoplastischen Materials können dann dessen günstige Eigenschaften für das Endprodukt ausschlaggebend sein, wohingegen die mit dem ersten thermoplastischen Material imprägnierten Fasern eine sehr gute Zugfestigkeit und damit eine hohe mechanische Belastbarkeit für das Material beisteuern. Für das zweite thermoplastische Material kann dann eines ausgewählt werden, welches möglicherweise eine sehr schlechte Imprägnierfähigkeit oder Benetzungsfähigkeit für die Fasern hat, sich jedoch mit dem ersten thermoplastischen Material relativ gut und leicht verbinden läßt. Das Ergebnis ist dann ein Material, welches die günstigen Eigenschaften der Langfaserverstärkung mit denen des zweiten thermoplastischen Materials vereint, wobei das erste thermoplastische Material im wesentlichen nur das Bindeglied zwischen den Fasern und dem zweiten thermoplastischen Material bereitstellt.
Es versteht sich, daß demzufolge als zweites thermoplastisches Material vor allem ein solches in Frage kommt, welches eine schlechte Imprägnierfähigkeit bzw. Benetzungsfähigkeit für die in dem Material vorhandenen Fasern hat. Wäre diese Imprägnier- bzw. Benetzungsfähigkeit ebenso gut oder gar besser als für das erste thermoplastische Material, so könnten die Fasern auch unmittelbar mit dem zweiten Material umhüllt oder beschichtet werden und es bedürfte der Kombination zweier thermoplastischer Materialien nicht.
Allerdings kann auch die spezielle mehr oder weniger homogene Mischung zweier thermoplastischer Materialien neue günstige Eigenschaften aufweisen, die keines der beiden Materialien für sich hat, so daß grundsätzlich auch die gemeinsame Verwendung zweier thermoplastischer Materialien als Matrix für Langfasern von dem Grundgedanken der vorliegenden Erfindung umfaßt sein soll, auch wenn die einzelnen Materialien jedes für sich eine gute Benetzungs- und Imprägnierfähigkeit für die Fasern aufweisen.
Als in dem Material enthaltene Fasern sind insbesondere Glas-, Kohlenstoff-, Aramid- oder Naturfasern vorgesehen, wobei zu letzteren z. B. Materialien wie Flachs, Hanf oder Jute zählen, und wobei auch Mischungen aus allen vorgenannten Fasermaterialien verwendbar sind.
Selbstverständlich ist es angesichts der vorstehenden Erläuterungen zweckmäßig, wenn mindestens eines der thermoplastischen Materialien, welches hier als "erstes" thermoplastisches Material bezeichnet wird, ein die Fasern gut benetzendes Material ist, wobei das Material vorzugsweise aus der Gruppe ausgewählt wird, die besteht aus Polypropylen, Polyamid (Polyamid 6, Polyamid 66, Polyamid 12, Polyamid 46), Polyethylen, Acrylnitril/Butadien/Styrolcopoly- meren, Polyphenylensulfid, Polystyrol und Polyether-Etherketon.
Vorteilhafte Eigenschaften des Materials erhält man auch dann, wenn die mindestens zwei in dem Material enthaltenen thermoplastischen Materialien schlecht bzw. nicht mischbar sind und eine inhomogene Mischung bilden. Dabei versteht es sich, daß die Inhomogenitäten relativ klein sein sollten, d. h. die Abmessungen inhomogener Bereiche sollten kleiner sein als die typischen Faserlängen. Auf diese Weise ist es möglich, daß die Fasern, die von jeweils einem der Materialien gut benetzt werden, inhomogene Bereiche, in welchen im wesentlichen das jeweils andere thermoplastische Material vorherrscht, welches eine schlechte Benetzungsfähigkeit aufweist, überbrücken. Auf diese Weise bleiben die günstigen Eigenschaften, die durch die Zugfestigkeit der Fasern geliefert werden, erhalten, während gleichzeitig auch die günstigen Eigenschaften, die das thermoplastische Material beiträgt, welches sich nicht so gut mit den Fasern verbindet, in dem Material erhalten bleiben. Um ein günstiges Verhältnis zwischen den Fasern, welche einen ersten Teil der gewünschten Eigenschaften zu dem Material beitragen, und dem zweiten thermoplastischen Material, welches die weiteren günstigen Eigenschaften liefern soll, zu erhalten, ist eine Variante der Erfindung bevorzugt, bei welcher der Anteil eines ersten, die Fasern gut benetzenden Materials zwischen 10 und 40 % des Matrixmaterials beträgt.
In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist vorgesehen, daß das erste Material Polypropylen und das zweite Material ein Polyamid hoher Qualität, wie z. B. PA66 ist, wobei der Polypropylenanteil zwischen 10 und 40 % liegt und der PA-Anteil dementsprechend 60 - 90 % beträgt.
Zweckmäßig kann es außerdem sein, wenn das Material einen Kompatibilisator erhält, der die Verbindung zwischen den verschiedenen Matrixmaterialien und/oder deren Mischbarkeit erhöht. Auf diese Weise erreicht man eine günstigere Verbindung der beiden schlecht mischbaren Materialien und damit ein größeres Maß an Homogenität, so daß auch relativ kurze Fasern im Bereich von 1 - 5 mm Länge verwendet werden können, die die entsprechend kleinen inhomogene Bereiche ohne weiteres überbrücken.
Hinsichtlich des Verfahrens zur Herstellung von langfaserverstärkten Thermoplasten, bei welchem die Fasern mit einem ersten thermoplastischen Material imprägniert werden, wird die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe dadurch gelöst, daß die bereits imprägnierten Fasern nochmals mit einem zweiten, von dem ersten Material verschiedenen thermoplastischen Material imprägniert bzw. vermischt oder umhüllt werden.
Dieses Verfahren ermöglicht die Kombination der Eigenschaften von Fasern mit thermoplastischen Materialien (die an sich nicht sehr gut für eine direkte Verbindung geeignet sind), ohne
daß ein Verarbeitungsschritt, in dem die Thermoplasten miteinander gemischt werden, nötig ist.
Zweckmäßigerweise beträgt die Länge der zu imprägnierenden Fasern vorzugsweise mindestens 3 oder besonders bevorzugt mehr als 6 mm. Die Fasern können in Form eines Stranges mit im wesentlichen in Längsrichtung ausgerichteten Fasern, aber auch als Fasermatte in ver- filzter Form oder auch einfach als Fasermischung mit beliebig orientierten Fasern zugeführt werden. In einer Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens werden die Fasern zunächst mit dem ersten thermoplastischen Material aufextrudiert oder umhüllt und nach der Verfestigung des thermoplastischen Materials, gegebenenfalls auch einem Formgebungsschritt, um das gesamte Material z. B. in einem Strang mit konstantem Querschnitt zu extrudieren, kann es dann als Strang mit dem zweiten thermoplastischen Material erneut imprägniert werden. In den meisten Anwendungsfällen ist jedoch eine Ausgestaltung des Herstellungsverfahrens bevorzugt, bei welchem nach der Verfestigung und der gegebenenfalls erfolgten Formgebung das so entstandene Material (zumeist in Form eines Stranges) in kleinere Abschnitte zerteilt wird, wobei die Länge dieser Abschnitte mindestens in der Größenordnung der mittleren Faserlänge liegt, um nicht die vorhandenen Fasern unnötig zu kürzen. Wenn allerdings die Fasern besonders lang sind und z. B. deutlich über 6 mm, wie z. B. 25 mm Länge haben oder mehr oder weniger kontinuierliche Fasern sind, so können die Abschnitte, zu denen der mit dem ersten thermoplastischen Material gebildete Strang zerteilt wird, auch kürzer sein als es der mittleren Faserlänge entspricht. Diese zerteilten Abschnitte werden dann mit dem zweiten Material vermischt, gegebenenfalls unter Erhitzung, und das gemischte Material wird dann einem Formgebungsprozeß unterzogen.
Ein solcher Formgebungsvorgang erfolgt im allgemeinen durch Extrusion, Blasformen oder Spritzgießen. Bei manchen Mischungen thermoplastischer Materialien kann es zweckmäßig sein, daß nach dem Vermischen des ersten faserverstärkten Materials mit dem zweiten Material (in einem Zustand unterhalb des Schmelzpunktes beider Materialien) diese Mischung nur kurzfristig auf den Schmelzpunkt oder geringfügig über den Schmelzpunkt der höher schmelzenden Substanz erhöht wird. Dies kann zwar dazu führen, daß die Mischung nicht vollständig homogen wird, es reicht jedoch aus, wenn die inhomogenen Bereiche im Vergleich zu den Fasern kleine Abmessungen haben, d. h. wenn z. B. wechselweise kleinere Bereiche in dem Material vorhanden sind, die nur aus dem einen oder nur aus dem anderen thermoplastischen Material bestehen, diese Bereiche aber typische Abmessungen haben, die deutlich unter der Faserlänge liegen.
Weitere Vorteile, Merkmale und Anwendungsmöglichkeiten werden deutlich anhand der folgenden Beschreibung einer bevorzugten Ausführungsform und der dazugehörigen Figuren.
Es zeigen:
Figur 1 schematisch ein Verfahren zur Herstellung langfaserverstärkter Thermoplaste mit einer Matrix aus verschiedenen Thermoplasten und Figur 2 schematisch eine Mischung aus einem langfaserverstärkten thermoplastischen
Material mit einer zweiten Matrix.
Man erkennt in Figur 1 links einen Faserstrang 1 , der durch einen Extruder 2 mit einer Zuführeinrichtung 3 für ein erstes thermoplastisches Material hindurchgeführt wird, wobei der Extruder 2 und die entsprechende Zuführdüse 3 hier nur grob schematisch dargestellt sind, ebenso wie auch der Faserstrang 1 nur schematisch dargestellt ist und die Extruder 2 und 4 von links nach rechts durchläuft. Nach dem Hindurchtreten durch den Extruder 2 und durch die Zuführdüse 3 ist der Faserstrang imprägniert und wird nunmehr als imprägnierter Faserstrang 1 1 bezeichnet, der durch einen zweiten Extruder 4 mit einer zweiten Zuführdüse 5 hindurchgeführt wird, so daß der mit dem ersten thermoplastischen Material imprägnierte Faserstrang 1 1 mit der zweiten Matrix umhüllt bzw. die zweite Matrix auf den imprägnierten Strang 1 1 aufgetragen wird und nunmehr als fertiger Faserstrang 21 aus dem Extruder 4 austritt. Diese Vorgehensweise empfiehlt sich vor allem dann, wenn anzunehmen ist, daß die Verbindung zwischen den zwei Thermoplasten schlecht ist und eine nicht homogene Mischung der Kunststoffe bildet, so daß beim Aufextrudieren bzw. Umhüllen mit der zweiten Matrix schon eine möglichst gute Verbindung zwischen den zwei Thermoplasten realisiert werden kann.
In Figur 2 ist ein langfaserverstärktes thermoplastisches Material mit zwei Matrizen dargestellt, welches auf eine etwas andere Weise hergestellt ist, als das in Figur 1 schematisch dargestellte thermoplastische Material 21 . In diesem Fall wird nämlich nach dem ersten Imprägnier- und Extrudierschritt das entstandene, langfaserverstärkte Material 1 1 ', welches nur aus den Fasern und einem ersten thermoplastischen Material besteht, zu Pellets in Stäbchenform zerschnitten und diese Pellets oder Stäbchen aus dem Material 1 1 ' werden dann mit einem zweiten thermoplastischen Material 6 vermischt, wie es in Figur 2 schematisch dargestellt ist. Diese Mischung kann dann nochmals erwärmt und gegebenenfalls auch extrudiert werden, um eine enge Verbindung zwischen dem faserverstärkten ersten thermoplastischen Material 1 1 ' und dem zweiten Matrixmaterial 6 zu erzeugen. Dabei kann das endgültig entstehende Material zwar inhomogen sein und im wesentlichen die Struktur gemäß Figur 2 behalten (im allgemeinen ohne Luftzwischenräume), wobei iedoch die Fasern in den Pellets 1 1 ' die inhomoαenen
Bereiche überbrücken, so daß das Material bei makroskopischer Betrachtung, d. h. bei Abmessungen, die deutlich größer sind als die Länge der einzelnen Pellets 1 1 ', insgesamt homogen erscheint und Eigenschaften hat, die eine Kombination der Eigenschaften üblicher faserverstärkter Materialien mit den Eigenschaften des zweiten thermoplastischen Materials darstellt, obwohl das zweite thermoplastische Material für sich gesehen sich nicht oder nur schlecht mit Fasern verbindet und dadurch herkömmlich nicht als langfaserverstärktes Material herstellbar war.