Verfahren und Einrichtung zur Behandlung von Saatgut
Beschreibung
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Einrichtung zur Behandlung von Saatgut zur Bekämpfung von samen- und/oder bodenburtigen Schaderregern. Das Verfahren und die Einrichtung nach der vorliegenden Erfindung sind zur Behandlung von landwirtschaftlichem, gärtnerischem oder forstlichem Saatgut vorgesehen, insbesondere zur Behandlung von Getreide. Die Erfindung ist insbesondere für die
Bekämpfung des Flugbrandes bei Weizen und Gerste in der landwirtschaftlichen Produktion geeignet.
Es ist bei bestimmten Getreidekulturarten bekannt, das Saatgut gegen samenbürtige pilzliche Schaderreger zu beizen. Hierfür sind eine Reihe von chemischen und physikalischen
Behandlungsverfahren bekannt. Die chemische Behandlung erfolgt in der Regel mit Beizmitteln, die einen oder mehrere
Wirkstoffe enthalten. Die spezifischen Krankheitserreger des Weizenflugbrandes (Ustilago tritici), des Gerstenflugbrandes (Ustilago nuda) und andere samenbürtige Schaderreger können jedoch wirksam nur mittels Kombinationspräparaten bekämpft werden, die in der Regel aus einer Quecksilberverbindung und einem systemisch angreifenden Wirkstoff oder aus
quecksilberfreien Kombinationspräparaten und mindestens einem systemisch angreifenden Wirkstoff bestehen.
Es ist in diesem Zusammenhang bekannt, hochtoxische,
breitbandig wirkende Chemikalien auf der Basis von
Quecksilberverbindungen zu verwenden, deren Wirkungsbereich die Oberfläche und Samenschale des Samenkornes ist. Die quecksüberfreien Beizmittel mit schmal- oder breitbandiger Wirkung gestatten es auch, tiefer im Samenkorn siedelnde Schaderreger zu bekämpfen. Von der vorbeschriebenen Beizung
mit Chemikalien wird außerdem erwartet, daß sie unter
Anhaftung am Samenkorn dieses auch vor bodenburtigen
Schaderregern schützen. Die Applikation dieser Mittel
erfordert neben einer hohen Anlagerungsgeschwindigkeit auch spezifische Vorrichtungen, die den Applikationsbedingungen genügen.
Die Nachteile der chemischen Beizung liegen in der Toxizität der verwendeten Wirkstoffe für Warmblüter und den Menschen sowie in sich entwickelnden Resistenzerscheinungen bei längerer Anwendung für bestimmte Schaderreger. Die
quecksilberfreien Beizen sind andererseits wesentlich teuerer. Die Resistenzerscheinungen verstärken sich auch dadurch, daß die Mittel zur Bestandsbehandlung (Pflanzenschutzmittel) die gleichen Wirkstoffe oder Wirkstoffe der gleichen Gruppen wie die Beizmittel enthalten. Eine weitere Wirkung der chemischen Beizmittel liegt in ihrem Rückstandsverhalten in den
Kulturpflanzen und den damit verbundenen negativen Wirkungen auf den menschlichen und tierischen Organismus. Dabei spielen die Aufwandsmengen und der Metabolismus eine bedeutende Rolle. Schließlich haben die bekannten Verfahren und Einrichtungen zur chemischen Beizung von Saatgut häufig den Nachteil, daß die fungizide Potenz der Beizmittel nicht voll ausgeschöpft wird und die potentielle Gefahr phytotoxischer Schädigung des Saatgutes durch Überdosierung besteht. Letzteres tritt häufig durch ungleichmäßige Anlagerung des Beizmittels an den
Samenkörnern auf.
Es ist auch bekannt, das Beizmittel auf das Saatgut im Vakuum aufzubringen (DD-PS 18 675, DD-PS 23 421). Das Vakuum dient dabei gleichzeitig zur Verbesserung der Bekämpfung von
Flugbrand bei Getreide durch zusätzliche Einwirkung feuchter Wärme. Einrichtungen dieser Art haben jedoch keine größere Bedeutung erlangt, weil die Prozeßführung sehr zeitaufwendig ist und nur eine verhältnismäßig niedrige Durchsatzleistung
erreichbar ist, die den Erfordernissen einer leistungsfähigen technologischen Prozeßführung, insbesondere in zentralen Saatgutaufbereitungseinrichtungen, nicht entspricht.
Als ein physikalisches Beizverfahren zur Bekämpfung des
Gerstenflugbrandes ist auch das Heißwasserbeizen bekannt.
Dieses ist zwar besonders umweltfreundlich, da es ungiftig und ohne Rückstandsbelastung ist, ergibt andererseits aber nur geringe Bekämpfungserfolge und hat sich daher nicht als sehr praxiswirksam erwiesen.
Die Anwendung ionisierter, hochenergetischer Strahlen, wie Gamma- oder Röntgenstrahlen für die Bekämpfung mikrobieller Schaderreger am Saatgut, ist nicht möglich, da die
erforderliche Bestrahlungsdosis zu mutagenen bzw.
phytotoxischen Wirkungen auf das Saatgut führt.
Es ist weiterhin bekannt, zur Bekämpfung samenbürtiger
Schaderreger niederenergetische Elektronenstrahlen im Vakuum oder in freier Atmosphäre einzusetzen (DD-PS 242 337, DD-PS 238 715, US-PS 4 633 611). Dabei werden die Elektronenenergie und die Strahlendosis so bemessen, daß mikrobielle
Schaderreger an der Oberfläche und in den oberflächennahen Schichten des Saatkornes (Karyopse) ohne ertragsbeeinflussende oder phytotoxische Effekte in bezug auf den Keim abgetötet werden.
Ein solches Verfahren hat zwar den Vorteil, daß es keinerlei toxische Belastung und Gefährdung von Personen oder der Umwelt hervorruft; allerdings werden samenübertragbare Schaderreger in tieferen Schichten des Kornes und im Keim nicht bzw. nur teilweise erfaßt und das Saatgut ist dem Befall durch
bodenbürtige Schaderreger ungehindert ausgesetzt. Das
Elektronenbeizen führt daher bei der Bekämpfung des Gerstenund Weizenflugbranderregers nicht in hinreichendem Maße zum
Erfolg, da diese in den tieferen Schichten der Karyopse angesiedelt sind.
In jüngerer Zeit sind zunehmend biologische
Bekämpfungsverfahren mittels mikrobieller Antagonisten beschrieben worden, die gegen samenbürtige Schaderreger eingesetzt werden (AT-PS 360 274, DE-OS 33 11 071, EP-PS 255 774, US-PS 4 798723 etc.).
Dabei kommen bakterielle Antagonisten wie z.B. Bacillus spp., Streptomyces spp., Pseudomonas spp. und pilzliehe
Antagonisten, wie Chaetomium spp., Gliocladium spp.,
Penecillium spp., Trichoderma spp. u.a. zum Einsatz. Die unter Laborbedingungen bei optimalen Temperaturen über 20°C
aufgefundenen guten fungiziden Wirkungen bestätigen sich beim Übergang zum Freiland allerdings häufig nicht, und es sind erhebliche Wirkungsunsicherheiten aufgetreten. Zur
Verbesserung der Wirksamkeit wurden deshalb Gemische von mikrobiellen Antagonisten und Fungiziden zur Anwendung beschrieben (DE-OS 23 52 403, DE-OS 27 40 052, DD-PS 267 420).
Als Mangel beim gegenwärtigen Stand der Schaderregerbekämpfung mittels Antagonisten wird angesehen, daß deren Vitalität und damit Wirksamkeit durch vorhandene samenbürtige Schaderreger, zugemischte breitbandig wirkende Fungizide oder ungünstige Siedlungsbedingungen für die Antagonisten auf dem Samenkorn eingeschränkt wird.
Schließlich sind auch schon Verfahren zur Saatgutbehandlung mit symbiontischen Mikroorganismen oder Mikorrhizapilzen vorgeschlagen worden. Ziel dieser Maßnahmen ist es, mit dem Samenkorn Mikroorganismen in den Boden zu übertragen, die in Symbiose mit der Nutzpflanze oder in deren unmittelbarer Bodenumgebung lebend mit ihren Stoffwechselprodukten wichtige Makronährstoffe für die Nutzpflanze zur Verfügung stellen.
Auch in diesem Fall können sich allerdings vor allem
samenbürtige Schaderreger bzw. breitbandig wirkende Fungizide nachteilig auf die Entwicklung und damit die Wirksamkeit dieser Mikroorganismen auswirken.
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs genannten Art anzugeben, das eine erhöhte
Effizienz bei der Bekämpfung von samen- und/oder bodenburtigen Schaderregern gestattet, dabei eine erhöhte
Umweltverträglichkeit besitzt und eine hohe Durchsatzleistung gestattet. Das Verfahren soll zudem zu einer vollkommeneren Schaderregerbekämpfung am Saatgut unabhängig von der
Lokalisierung des Schaderregerbesatzes am Saatgutkorn führen.
Der Erfindung liegt ferner die Aufgabe zugrunde, eine
Einrichtung zur Behandlung von Saatgut zur Bekämpfung von samenbürtigen und/oder bodenburtigen Schaderregern zu
schaffen, die eine hohe Durchsatzleistung bei der Behandlung des Saatgutes und eine allseitige Behandlung desselben mit hoher Effizienz bei der Bekämpfung der Schaderreger unabhängig von deren Lokalisierung am oder im Saatgut gestattet.
In Bezug auf das Saatgutbehandlungsverfahren wird diese
Aufgabe erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß das Saatgut in unmittelbarer zeitlicher Abfolge einer kombinierten Behandlung mit niederenergetischen Elektronenstrahlen und, hieran anschließend, mit chemischen Wirkstoffen und/oder biologischem Material unterzogen wird.
Überraschenderweise wurde gefunden, daß die Saatgutbehandlung zur Schaderregerbekämpfung in zwei unmittelbar
aufeinanderfolgenden Verfahrensschritten, nämlich der
allseitigen Bestrahlung des Saatgutes mit niederenergetischen Elektronen im ersten Verfahrensschritt und der sich hieran unmittelbar anschließenden Behandlung des so bestrahlten
Saatgutes mit einer Applikation chemischer Wirkstoffe und/oder biologischen Materials im zweiten Schritt zu einem
synergistischen Effekt und einem unerwartet guten Ergebnis bei der Bekämpfung von samenund/oder bodenburtigen Schaderregern führt. Diese überraschend gute Wirkung des Verfahrens nach der vorliegenden Erfindung wird darauf zurückgeführt, daß mit den niederenergetischen Elektronenstrahlen zunächst die Bekämpfung der pilzlichen Schaderreger an der Oberfläche und im
oberflächennahen Bereich des Saatgutes bzw. der Samenkörner erfolgt, wobei nicht abgetötete Schaderreger in den genannten Bereichen sensibilisiert werden und infolge dieser
Sensibilisierung durch unmittelbar im Anschluß an die
Elektronenbeizung mit chemischen Wirkstoffen oder Mitteln und/oder mit biologischem Material (insbesondere mikrobiellen Antagonisten) wirksamer bekämpft werden können. Bei Anwendung chemischer Wirkstoffe oder Mittel ist es möglich, hierbei selbst bei verringerten Aufwandsmengen eine höhere
Bekämpfungsrate zu erzielen. Da die durch das Elektronenbeizen hergestellte Sensibilität nicht unbegrenzt erhalten bleibt, führt die erfindungsgemäße Verfahrensführung der Behandlung des Saatgutes in einem kontinuierlichen Behandlungsprozeß, der in unmittelbar abfolgende Verfahrensschritte unterteilt ist, zu besonders guten Ergebnissen bei der Bekämpfung der
Schaderreger. Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird überdies eine bessere Anlagerung der chemischen und/ oder biologischen Applikation sowie eine verbesserte Tiefenwirkung für chemische Wirkstoffe oder mikrobielle Antagonisten erreicht. Die Eindringtiefe kann durch die Wahl der Druckstufe für die Applikation der chemischen Wirkstoffe oder Mittel und/oder des biologischen Materiales zusätzlich gesteuert werden.
Gemäß einem bevorzugten Ausführungsbeispiel der vorliegennen Erfindung wird das Saatgut in einem ersten Verfahrensschritt vereinzelt und in im wesentlichen gleichmäßiger, beabstandeter
Verteilung im freien Fall und im Vakuum durch eine
Bestrahlungskammer bewegt sowie hieran unmittelbar
anschließend in einem zweiten Verfahrensschritt einer
Applikation mit Fungiziden oder deren Wirkstoffen und/oder mikrobiellen Antagonisten oder deren Stoffwechselprodukten und Sporen und/oder das Pflanzenwachstum fördernde Mikroorganismen (Synergisten) gegebenenfalls in Verbindung mit Nährstoffen unterzogen.
Vorzugsweise wird das Saatgut in dem ersten Verfahrensschritt im freien Fall im Bestrahlungsbereich mit allseitig quasimonoenergetischen Elektronenstrahlen, Elektronen wesentlich geringerer Energie (Steuerelektronen) sowie Plasmateilchen bestrahlt, die an der Oberfläche des Saatgutes sowie in einer außerhalb der Keimanlage verlaufenden Randschicht des
Saatgutes einwirken.
Gemäß einer weiteren, bevorzugten Ausgestaltung des
erfindungsgemäßen Verfahrens wird bevorzugt, daß die chemische und/oder biologische Applikation des zweiten
Verfahrensschrittes im Vakuum, während des Abbaus des Vakuums nach der Elektronenstrahlbehandlung des Saatgutes oder unter Atmosphärendruck erfolgt.
Für den Fall, daß die Behandlung des Saatgutes im Anschluß an das Elektronenbeizen unter Vakuum erfolgt, wird hierfür vorzugsweise ein Vakuumdruck gewählt, der in etwa dem
Sättigungsdampfdruck der Applikation entspricht.
Weitere, bevorzugte Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind in den übrigen Unteransprüchen dargestellt.
Zur Lösung der obigen Aufgabe in bezug auf die Einrichtung zur Behandlung von Saatgut zur Bekämpfung von samenbürtigen und/oder bodenburtigen Schaderregern, insbesondere zur
Durchführung des vorerläuterten Verfahrens, ist
erfindungsgemäß eine Einrichtung vorgesehen, die eine
evakuierte Bestrahlungskammer aufweist, in die das Saatgut unter Vereinzelung in einem Saatgutstrom einführbar ist und durch die das Saatgut im freien Fall geführt ist, mit
Elektronenstrahlerzeugern zur Behandlung des Saatgutes unter Auffächern der Elektronenstrahlen in einem Bestrahlungsbereich der Bestrahlungskammer und mit zumindest einer
Behandlungskammer in Strömungsverbindung mit der
Bestrahlungskammer, verbunden mit Applikationseinrichtungen zur chemischen und/oder biologischen Behandlung des Saatgutes.
Vorzugsweist weist die Einrichtung eine evakuierte
Bestrahlungskammer mit an dieser angeordneten
Elektronenkanonen sowie Schleusen zum druckentkoppelten Einund Ausbringen des Saatgutes in die Behandlungskammer hinein und aus dieser heraus auf, ferner eine Verteilereinrichtung an einer Eintrittsstelle des Saatgutes in die Bestrahlungskammer zur Vereinzelung des Saatgutes, einen Fallschacht zwischen der Verteilereinrichtung und einem Bestrahlungsbereich der
Bestrahlungskammer mit zumindest zwei Elektronenkanonen, die in gleicher Höhe einander gegenüberliegen und mit
Ablenkeinrichtungen zum Auffächern des Elektronenstrahles versehen und dem Bestrahlungsbereich zugeordnet sind, und wobei über eine Zwischenschleuse Strömungsverbunden mit der Bestrahlungskammer stromab derselben ein Behandlungsbehälter, insbesondere Vakuumbehälter, angeordnet ist, der
Applikationseinrichtungen für die Behandlung des Saatgutes, die vorzugsweise innerhalb des Behandlungsbehälters angeordnet sind, aufweist und wobei mit dem Behandlungsbehälter ein Vorratsgefäß für die Applikation aus chemischen Wirkstoffen oder Mitteln und/oder biologischem Material wie mikrobiellen Antagonisten verbunden ist.
Weitere, bevorzugte Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen
Einrichtung sind in den übrigen Unteransprüchen dargelegt.
Sowohl im Hinblick auf die Behandlung des Saatgutes mit fungiziden Wirkstoffen oder Mitteln als auch bei Behandlung mit antagonistischen Mikroorganismen und/oder deren
Kulturlösungen, Kulturfiltraten sowie antibiotischen
StoffWechselprodukten im Anschluß an eine Bestrahlung des Saatgutes mit niederenergetischen Elektronen wurde eine überraschende synergistische Wirkungssteigerung gegen samen- und/oder bodenbürtige Schaderreger ohne
ertragsbeeinflussende phytotoxische Effekte festgestellt. Die niederenergetische Elektronenstrahlbehandlung im Vakuum führt zu einer günstigen Prädisposition für eine wesentlich bessere Besiedelung des Saatgutes mit eingesetzten Mikroorganismen bzw. eine dauerhafte Anlagerung von Kulturfiltraten oder antibiotischen Stoffwechselprodukten am Saatgut.
Die Erfindung wird nachstehend anhand von
Ausführungsbeispielen und zugehörigen Zeichnungen näher erläutert. In diesen zeigen:
Fig. 1 ein Samenkorn in schematischer Schnittdarstellung mit Schaderregern und einwirkenden Ladungsträgerteilchen,
Fig. 2 ein Samenkorn nach erfolgter Behandlung durch das Verfahren nach der vorliegenden Erfindung,
Fig. 3 eine Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens schematisch im Längsschnitt,
Fig. 4 eine Einrichtung ähnlich derjenigen in Fig. 3 zur Saatgutbehandlung nach der vorliegenden Erfindung.
Wie in Fig. 1 schematisch dargestellt, ist das Samenkorn 1 an seiner Oberfläche und in der Samenschale 2 von verschiedenen
Schaderregern 3 besiedelt. Weiter Schaderreger 4 sind außer in diesem Bereich auch im Inneren des Samenkorns 1 angesiedelt. Durch die allseitige Bestrahlung des Samenkorns 1 mit
quasimonoenergetischen Elektronenstrahlen 5 wird die
Oberfläche des Samenkorns 1 und eine angrenzende Randschicht desinfiziert. Die Dicke dieser desinfizierten Randschicht ist durch die Elektronenenergie bestimmt und wird abhängig von der Morphologie des Samenkorns 1 so gewählt, daß die Keimanlage 6 nicht mit erfaßt wird. Durch die allseitige Einwirkung von Streuelektronen 7 geringerer Energie als der der
Elektronenstrahlen 5 und von Plasmateilchen 8 wird, wie in Fig. 2 gezeigt, eine aktivierte Oberfläche 9 erzeugt, die sich unmittelbar über der desinfizierten Randschicht 10 befindet. Mit zunehmendem Evakuierungsdruck wird die desinfizierende Wirkung reduziert und die aktivierende Wirkung erhöht. In Abhängigkeit von der jeweiligen Bestrahlungsaufgabe wird ein Evakuierungsdcuck im Bereich von 10 Pa bis zu einigen 100 Pa gewählt. Im unmittelbaren zeitlichen Anschluß an die
Randschichtdesinfektion und Oberflächenaktivierung wird auf die von den Elektronenstrahlen 5 aktivierte Oberfläche 9 eine Applikationsschicht 11 aufgebracht. Diese Applikationsschicht enthält ein spezifisch auf den Schaderreger 4 abgestimmtes Fungizid, fungiziden Wirkstoff oder formuliertes Fungizid (oder eine Wirkstoff- bzw. Fungizidkombination), das bzw. die auch im Innenbereich des Samenkornes 1 wirksam wird oder enthält einen oder mehrere, vorzugsweise auch gegen
bodenbürtige Schaderreger wirkenden mikrobiellen Antagonisten oder das Pflanzenwachstum fördernde Mikroorganismen und
Nährstoffe. Die Applikationsschicht 11 kann auch ein Gemisch aus fungiziden Wirkstoffen und mikrobiellen Antagonisten, deren Stoffwechselprodukten und Sporen, oder das
Pflanzenwachstum fördernden Mikroorganismen und Nährstoffen enthalten.
Durch die Kombination der Bestrahlung des Saatgutes mit
niederenergetischen Elektronen mit der Anlagerung von
antagonistischen Mikroorganismen erfolgt eine schnelle, ungehinderte Besiedelung durch die erfindungsgemäß
eingesetzten Mikroorganismen, so daß eine hohe antagonistische Aktivität ausgebildet wird. Eingesetzte Kulturfiltrate bzw. antibiotische StoffWechselprodukte zeigen eine hohe, lang anhaltende Aktivität auf bzw. im Saatgut.
Bei Verwendung eines fungiziden Wirkstoffes oder Mittels im Anschluß an die Bestrahlung des Saatgutes mit
niederenergetischen Elektronen wird eine bessere Anlagerung des oder der chemischen Wirkstoffe bzw. Mittel an dem
Samenkorn erreicht. Durch das Eindringen des Wirkstoffes ist überdies eine verbesserte Tiefenwirkung zu erzielen. Die Eindringtiefe des Wirkstoffes kann durch die Wahl der
Druckstufe für die Applikation der chemischen Wirkstoffe, die zeitlich in unmittelbarem Anschluß an die Bestrahlung des Saatgutes durch niederenergetische Elektronenstrahlen im Vakuum erfolgt, gesteuert werden.
Nach einem bevorzugten Ausführungsbeispiel der Erfindung wird das Saatgut in einem ersten Verfahrensschritt einer
Elektronenbeizung in einer evakuierten Bestrahlungskammer unterzogen, in der auf das Saatgut allseitig
quasimonoenergetische Elektronenstrahlen, Elektronen mit gegenüber diesen wesentlich geringerer Energie
(Streuelektronen) und Plasmateilchen einwirken. Das Saatgut wird über Schleusen in die Bestrahlungskammer eingebracht. Zum Erreichen der allseitigen Einwirkung der Elektronen auf das Saatgut wird dieses beim Eintritt in die Bestrahlungskammer so vereinzelt, daß es über den gesamten Querschnitt des
Bestrahlungsbereiches gleichmäßig verteilt ist und diesen im freien Fall passiert. Die Erzeugung der Plasmateilchen und der entsprechenden Einwirkbedingungen erfolgt durch geeigneten Einschluß von Elektronenstrahlen in die auf einen konstant
gehaltenen Arbeitsdruck im Bereich von ca. 10 Pa bis zu einigen 100 Pa evakuierte Bestrahlungskammer. Mit dem
quasimonoenergetischen Elektronenstrahl wird die Oberfläche und eine außerhalb der Keimanlage liegende Randschicht des jeweiligen Samenkornes desinfiziert. Mit den Elektronen geringerer Energie und den Plasmateilchen wird gleichzeitig auch die Samenoberfläche aktiviert. In unmittelbarer
zeitlicher Abfolge an diesen ersten Verfahrensschritt wird als zweiter Verfahrensschritt außerhalb der evakuierten
Bestrahlungskammer eine Applikation aufgebracht, die fungizide Wirkstoffe oder Mittel und/oder mikrobielle Antagonisten, deren Stoffwechselprodukte und Sporen oder das
Pflanzenwachstum fördernde Mikroorganismen und Nährstoffe in einem Gemisch oder mit zumindest einer der vorgenannten
Komponenten enthält.
Bei Verwendung eines fungiziden Wirkstoffes oder Mittels ist dieser bzw. dieses vorzugsweise ein biotisch oder abiotisches Fungizid mit spezifischer Wirkung gegen den oder die unterhalb der mit dem Elektronstrahl desinfizierten Randschicht des Samenkorns siedelnden samenbürtigen Krankheitserreger. Die mikrobiellen Antagonisten und/oder die das Pflanzenwachstum fördernden Mikroorganismen sind auf Verträglichkeit mit dem eingesetzten Fungizid abgestimmt, sofern ein Gemisch aus einer chemischen und einer biologischen Wirkkomponente gewählt wird. Die mikrobiellen Antagonisten sind außerdem in bezug auf ihre Wirksamkeit auf bodenbürtige Schaderreger ausgewählt.
Nachfolgend wird unter Bezugnahme auf Fig. 3 und die
beigefügte Tabelle ein Verfahren erläutert, bei dem im
Anschluß an die Bestrahlung des Saatgutes mit
niederenergetischen Elektronen in einem integralen Prozeß die Behandlung des Saatgutes mit bakteriellen und/oder pilzlichen Antagonisten erfolgt.
Für diese Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Saatgutbehandlung eignen sich insbesondere mikrobielle
Antagonisten wie Bacillus spp., Pseudomonas spp., Trichoderma spp., Chaetomium spp., Epicoccum spp., Penicillium spp. (IMET 11424, IMET 11425, IMET 11426, IMET 11427, IMET 11428, IMET 43920, IMET 43921, IMET 43922, IMET 43923, IMET 43924), hefeartige Mikroorganismen und andere bekannte Antagonisten gegen pilzliche Schaderreger. Die vorbezeichneten bakteriellen und pilzliehen Antagonisten wurden bei der Nationalen Sammlung von Mikroorganismen (IMET), Institut für Mikrobiologie und experimentelle Therapie, Beutenbergstraße 11, 0-6900 Jena, DE, hinterlegt (vormals Zentralinstitut für Mikrobiologie und experimentelle Therapie der Akademie der Wissenschaften der DDR, DDR-6900 Jena, Beutenbergstraße 11).
Die Hinterlegung der Stämme IMET 11424 bis IMET 11428 erfolgte am 07.12.1989.
Die Hinterlegung der Stämme IMET 43920, IMET 43921 und IMET 43922 erfolgte am 07.12.1989.
Die Hinterlegung der Stämme IMET 43923 und IMET 43924 erfolgte am 05.01.1990.
In der nachfolgenden Tabelle wird zusammengefaßt der Schutz des keimenden Samenkornes und der Keimpflanze vor
Schaderregerbefall nach Elektronenstrahlbehandlung kombiniert mit dem Einsatz mikrobieller Antagonisten dargestellt. Die Ermittlung der Wirkung gegen die angeführten Schaderreger erfolgte nach vierwöchiger Versuchsdauer bei 10°C
Versuchstemperatur. Es konnte ein deutlicher Schutz der durch das erfindungsgemäße Verfahren behandelten Samenkörner und daraus resultierender Keimpflanzen festgestellt werden.
Anhand von Fig. 3, die eine Einrichtung zum Elektronenbeizen sowie anschließenden Behandeln des elektronenbestrahlten Saatgutes mit einer chemischen und/oder biologischen
Applikation im Vakuum oder bei Atmosphärendruck oder während des Abbaus des Vakuums nach der Elektronenstrahlbehandlung darstellt, wird ein Ausführungsbeispiel einer Einrichtung nach der vorliegenden Erfindung erläutert.
Eine Bestrahlungskammer 12 (Rezipient) ist über einen Anschluß 13 auf einen Arbeitsdruck von etwa 10 Pa bis einige 100 Pa evakuierbar. An seiner Eingangs- oder Oberseite ist die druckabstufende Saatgutzufuhreinrichtung 14, bestehend aus Zellradschleusen 15 sowie einem Anschluß 16, der mit einer Evakuierungseinrichtung, insbesondere einer Vakuumpumpe, verbunden ist, angeschlossen. Die Zellradschleusen 15 bilden gleichzeitig eine Dosiereinrichtung für das Saatgut 17, das über eine Verteilereinrichtung 18, die den Saatgutstrom in Richtung senkrecht zur Zeichenebene in Fig. 1 aufteilt, einem Fallschacht 19 zugeführt wird. Im freien Fall gelangt das Saatgut 17 in und weiter durch einen Bestrahlungsbereich 20. Der Bestrahlungsbereich 20 wird durch zwei Elektronenkanonen 21 erzeugt, die einander radial gegenüberliegend angeordnet sind, indem die Elektronenstrahlen 22 der Elektronenkanonen 21 mittels Scanner 23 über kanoneninterne Strahlablenkeinheiten zweidimensional aufgefächert werden. Durch programmierte Rasterung der Elektronenstrahlen 22 erfolgt im
Bestrahlungsbereich 20 eine allseitige, annähernd gleichmäßige Bestrahlung des Saatgutes 17, welches als homogener
Saatgutstrom den Bestrahlungsbereich 20 passiert.
Wie aus den Fig. 1 und 2 ersichtlich ist, bewirken dabei die aus den Elektronenstrahlen 22 mit größerem Energieverlust herausgestreuten Streuelektronen 7 und die vom
Elektronenstrahl 22 gebildeten Plasmateilchen 8 die
Aktivierung der Oberfläche des Saatgutes 17. Die im
Elektronenstrahl 22 verbleibenden, nur geringfügig gestreuten, quasimonoenergetischen Elektronen 5 desinfizieren die
Randschicht 10 der Samenkörner 1.
Das Ende der Bestrahlungskammer 12 ist über eine
Zwischenschleuse 24 mit einer Behandlungskammer 25 verbunden, die in diesem Fall z.B. als Vakuumbehälter (Rezipient) ausgebildet ist. Dieser Behandlungsbehälter 25 ist mit einer Applikationseinrichtung 26 für die Applikation eines oder mehrerer fungizider Mittel oder lediglich deren Wirkstoffe oder einer Applikation aus mikrobiellen Antagonisten oder anderen bakteriellen oder pilzlichen Formen mikrobiologischer Komponenten oder einem Gemisch chemisch/biologischen
Behandlungsmateriales versehen. Über Anschlüsse 27 und
Dosier- und Fördereinrichtung wird von einem hier nicht gezeigten Vorratsbehälter die Applikation zugeführt. Mit der Applikationseinrichtung 26 wird die Applikation zersprüht und über den Spruhnebel auf das Saatgut 17 aufgetragen. Am Ausgang der Behandlungskammer 25 ist eine druckabstufende
Saatgutabführeinrichtung 28 vorgesehen, die vorzugsweise übereinstimmend zu der Saatgutzuführungseinrichtung 14, bestehend aus Zellradschleusen 15 sowie einem Anschluß 16 für die Verbindung mit einer Evakuierungseinrichtung (Vakcuumpumpe) vorgesehen ist. Der Saatguteintritt in die
Saatgutzuführungseinrichtung 14 und der Saatgutaustritt aus der Saatgutabführungseinrichtung 28 erfolgen bei
Atmosphärendruck.
Es ist selbstverständlich auch möglich, die Applikation aus fungiziden Wirkstoffen oder Mitteln oder aus mikrobiellen Antagonisten sowie der vorerläuterten weiteren mikrobiellen Applikationsformen (oder ein Gemisch aus Fungiziden und biologischen Komponenten zur Bekämpfung der Schaderreger) durch Tauchen des Saatgutes zur Einwirkung auf dieses zu bringen.
Es ist andererseits auch möglich, mehrere Behandlungskammern, gegebenenfalls in unterschiedlichen Druckstufen, zur
Applikation fungizider Wirkstoffe oder Mittel oder zur
Applikation antagonistischer Mikroorganismen (oder Gemischen derselben) abfolgend anzuordnen. Anstelle eines Rezipienten als Behandlungskammer 28 zur chemischen und/oder biologischen Behandlung des elektronenbestrahlten Saatgutes im Vakuum kann diese Behandlung auch unter Belüftung (Atmosphärendruck) oder während des Abbaus des Vakuums nach der
Elektronenstrahlbehandlung des Saatgutes 17 erfolgen.
Unter Bezugnahme auf Fig. 4 wird nachfolgend noch in einer weiteren Ausführungsform der vorliegenden Erfindung eine Einrichtung zur Behandlung von Saatgut mit niederenergetischen Strahlen im Vakuum und sich daran anschließender Behandlung des bestrahlten Saatgutes mit fungiziden Wirkstoffen oder Mitteln erläutert, die in ihrem Aufbau im wesentlichen der Einrichtung nach Fig. 3 entspricht. Auch hier werden für eine integrale Verfahrensführung in einem kontinuierlichen Prozeß mit einem in Richtung der Pfeile 1, 2 fortlaufenden
Saatgutstrom die Fungizide in unmittelbarem Anschluß an die vorangehende desinfizierende und oberflächenaktivierende Bestrahlung des Saatgutes mit niederenergetischen
Elektronenstrahlen appliziert.
Auch nach diesem Ausführungsbeispiel der vorliegenden
Erfindung ist im Anschluß an die Bestrahlungskammer 12
(Rezipient) zwischen den Zellradschleusen 15 und 24 eine Behandlungskammer 25 angeordnet, derart, daß in ihr der gewünschte Druck zur Behandlung des Saatgutes mit chemischen Wirkstoffen bzw. Mitteln erhalten wird. Über eine
Dosiervorrichtung 29 wird in Abhängigkeit von der Menge des durch die Behandlungskammer 25 sich bewegenden Saatgutes die erforderliche Wirkstoffmenge in die Behandlungskammer 25
eingeführt. Vakuumerzeuger, z.B. in den Druckstufen, die eingangsseitig der Behandlungskammer 25 zur Zuführung des Saatgutstroms vorgesehen sind, werden in der Zeichnung nicht dargestellt.
Auch in diesem Ausführungsbeispiel wird das Saatgut, wie auch in der Ausführungsform gemäß Fig. 3, jeweils im freien Fall durch die Bestrahlungskammer 12 sowie durch die
Behandlungskammer 25, jeweils unter Vereinzelung der
Saatgutkörner, bewegt.
Grundsätzlich ist auch die Anordnung mehrerer
Behandlungskammern 25 in abfolgend vertikaler Anordnung möglich, um so die Eindringtiefe von Wirkstoffen beim Einsatz mehrerer unterschiedlicher Wirkstoffe mit Hilfe des jeweiligen Druckregimes in der Behandlungskammer 25 steuern zu können. In diesem Fall wird für jede Behandlungskammer 25 eine gesonderte Dosiervorrichtung 29 sowie ein gesonderter Vorratsbehälter 30 für das Applikationsgut 3, insbesondere Fungizid, vorgesehen.
Es hat sich gezeigt, daß durch die erfindungsgemäße
Verfahrensführung der Behandlung des Saatgutes nach diesem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung mit
niederenergetischen Elektronen und Fungiziden auch
Schaderreger wie Flugbrand (Ustilago nuda) und andere, tiefer in das Getreidekorn eindringende Schaderreger wie
Fusariumarten und Septoria nodorum, erfolgreich bekämpft werden können.
Führt die alleinige Anwendung der Bestrahlung des Saatgutes mit niederenergetischen Elektronen (bei Vermeidung
phytotoxischer Effekte) gegen Schaderreger, die in den Embryo der Sammelanlage eindringen, wie z.B. Flugbrand und teilweise auch Fusarien, aufgrund der zu geringen Tiefenwirkung nicht zu hinreichendem Erfolg, werden bei dem erfindungsgemäß
kombinierten Einsatz des Elektronenbeizens mit einer sich unmittelbar daran anschließenden Behandlung mit fungiziden Wirkstoffen überraschend große Erfolge erzielt.
Es wurde festgestellt, daß bei einem kombinierten Einsatz niederenergetischer Elektronen mit anschließender
Fungizidbehandlung des Saatgutes durch Methfuroxam (15g, 30g/100 kg Saatgut) Wirkungsgrade bei der
Schaderregerbekämpfung von 95 bis 100% erreicht werden können. Ähnliche Effekte sind auch mit den Fungiziden Guazatin (20g, 40g/100 kg Saatgut), Triadimenol (20g, 40g/100 kg Saatgut), Carbendazim (12g, 25g/100k Saatgut), Bitertanol (20g, 20g/100 kg Saatgut) und Carboxin (25g, 50g/100 kg Saatgut) als
Kombinationspartner im Anschluß an die
Elektronenstrahlbehandlung zu erwarten. Durch Kombination von Fungiziden miteinander, wie auch bei Verwendung von
Prochloraz, Imazalil, Fenfuram, Fuberidazol, Iprodion,
Thiabendazol, sind in Verbindung mit der vorangehenden
Elektronenstrahlbehandlung mit niederenergetischen Elektronen weitere Reduzierungen der Einsatzmengen an Fungiziden möglich.